Snowdonia von Tony Boydell – erschienen bei Lookout Spiele
Bevor die Neuheitenflut nächste Woche durch die SPIEL in Essen über mich kommt, "arbeite" ich weiter meine Liste an Spielen ab, die ich aufgrund positiver Rezensionen unbedingt mal ausprobieren will. Nach ROKOKO nun also SNOWDONIA...
Thema... ist einem realen Ereignis nach empfunde: 1894 wurde mit dem Bau einer Eisenbahnstrecke auf den Snowdon begonnen – dem höchsten Berg in Wales. 1896 wurde die Bahnstrecke fertiggestellt und soll nun die einzige Zahnradbahn in Großbritannien sein. Wir dürfen in diesem Spiel nun einer der beteiligten Bauunternehmer sein. Thema ist für mich somit sehr gelungen, da ich es löblich finde, wenn Geschichte nachgespielt werden kann.
Grafik... ist von Tony Boydell, Klemens Franz und Charlie Paull. Da ich noch nicht in Wales war, kann ich nicht sagen, wie gut der Snowdon getroffen ist – aber genau so stelle ich mir zumindest dort einen Berg (oder ist es ein Hügel?) vor. Auch unabhängig davon, ist die Grafik eindeutig und lädt zum Spielen ein. Gefällt mir also gut!
Ausstattung... ist üppig. Viel Holz, viele Karten und ein Beutel, der viel zu klein ist. Letzteres ist ein bekanntes Problem der ersten Auflage gewesen (die ich spielte), welches sich wohl problemlos durch einen anderen Beutel beheben lässt (ArtsCow lässt grüßen). Zusätzlich fällt noch auf, das eine der Spielerfarben rosa ist – das finde ich schon außergewöhnlich! Aber warum eigentlich? Immer doof, wenn man über eigene Vorbehalte stolpert...
Ablauf... ist lupenreines Worker-Placement. Es werden also Arbeiter eingesetzt, die nach der Einsetzphase Aktionen auslösen. Diese sind dann schön thematisch: Schutt wegräumen, Gleise legen, an Stationen bauen usw. Zusätzlich kann man noch den Vermesser den Berg hoch schicken – je weiter er oben steht, desto mehr Siegpunkte erhält man am Ende des Spiels. Außerdem gibt es noch Auftragskarten zu nehmen. Diese bringen einem im Laufe des Spiels Vorteile, aber insbesondere am Spielende auch Punkte, wenn die Aufträge erfüllt wurden. Das klingt bisher alles noch ganz konventionell – ist es auch.
Richtig interessant wird das Spiel aber durch den Wettereinfluss – schließlich sind wir in Wales aktiv. Und wenn dort das Wetter schlecht ist, dann geht teilweise eben nichts mehr (ja, ja, der britische Nebel – darüber stolperten schon Asterix und Obelix). In diesem Fall sind manche Aktionen nicht mehr durchführbar; bei mittelprächtigen Wetter ist der Aktionenertrag geringer als bei gutem Wetter. Glücklicherweise funktioniert aber die kurzzeitige Wettervorhersage ganz gut, so dass die nächste Wetterperiode zumindest eingeplant werden kann. Nichtsdestotrotz kann ein lang anhaltendes Tief das Spiel zäh werden lassen.
Dagegen gibt es allerdings noch einen weiteren schönen Kniff: Ereignisse, die das Spiel beschleunigen. Diese Ereignisse treten jedoch zufällig auf, so dass man sich nie sicher sein kann, wann es so weit ist. Die Ereigniswürfel stecken mit den Rohstoffwürfeln im besagten oberen Sack. Am Anfang der Runde wird eine bestimmte Anzahl an Würfeln aus dem Sack herausgezogen. Sind dabei dann bspw. drei Ereigniswürfel dabei, werden diese entsprechend ausgeführt. Ist dahingegen der Sack recht voll mit Rohstoffwürfeln, dann ist die Wahrscheinlichkeit gering, dass überhaupt Ereignisse auftreten. Dieses Element gefällt mir sehr gut, da man zwar recht gut abschätzen kann, ob Ereignisse eintreten – man kann sich derer aber auch nicht sicher sein.
Die Chance auf einen Zweiteindruck... ist weiterhin gegeben. Spiele mit Wetterabhängigkeiten gefallen mir ohnehin meist (wie z.B. mein empfohlenes K2). Zusätzlich hat mich aber auch das Spiel als solches sehr gut gefallen. Es besitzt eine angenehme Tiefe ohne zu komplex oder anspruchsvoll zu sein. Das Spiel ist sicherlich nichts für Spieler, die alle Informationen offen haben wollen, um dann ihre Züge optimal zu nutzen – und das am liebsten drei Züge im Voraus. Dafür bietet das Spiel zu viele Unwägbarkeiten: Wie wird sich das Wetter die nächsten Runden entwickeln? Welche Ereignis können in den nächsten Runden eintreten? Welche Aufträge stehen einem bald zur Verfügung? Das alles sind Elemente, die nicht komplett vorhersehbar sind. Ich dahingegen finde genau diese Unwägbarkeit gut. Vielleicht wird da mal eine Partie dabei sein, die gar nicht gut für mich läuft – geschenkt, so etwas kann im Leben passieren. Dazu passt es auch, dass nicht jeder Auftrag gleichwertig ist. Hier kann man Pech aber auch Glück haben – aber es ist planbar, da die Aufträge offen ausliegen. Bemüht man sich um das Startspielerrecht, hat man dort die freie Auswahl.
Nicht ganz glücklich waren wir mit dem Vermesser, der die umliegenden Karten abläuft. Zwei-drei mal ist es uns passiert, dass wir beim Rundenabbau diesen als normalen Arbeiter angesehen und zu den Spielern zurück gestellt haben. Klar, da waren wir selbst daran schuld und wir hätten einfach besser aufpassen müssen. Wäre die Figur des Vermessers aber anders gestaltet, wäre uns dieser kleine Fehler sicherlich nicht passiert. Scheinbar stehe ich mit dieser Kritik auch nicht alleine da, denn in einer Kickstarterkampagne wurden entsprechen eindeutige Plastikminiaturen als Ersatz angeboten. Ein weiterer kleiner Kritikpunkt betrifft das Zurücklegen der Baumaterialien. Wir mussten immer wieder in der Regel nachschauen, ob nun verbrauchte Materialien in den Beutel oder auf den Spielplan gelegt werden mussten. Das ganze war nicht intuitiv, hier haben wir auch entsprechende Hinweise auf dem ansonsten tollen Spielplan vermisst (oder sie sind da, und wir haben sie nicht richtig deuten können).
Dies sind jedoch nur ein kleine Kritikpunkte an einem ansonsten tollen Spiel. Ganz stark finde ich dabei die gute thematische Einbindung. Mittlerweile sind durch Erweiterungskarten auch andere Bahnstreckenerschließungen möglich – die dann jeweils regionale Bezüge mit einbeziehen.
Wichtiger Hinweis: Dies ist ein Ersteindruck nach wenigen gespielten Partien! Sehr subjektiv und durchaus auch abhängig von Tageslaune, Mitspielern und sonstigen Einflüssen. Bei grundsätzlichem Interesse empfehle das Lesen "richtiger" Rezensionen oder noch besser: ausprobieren!
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