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kritisch gespielt: Oh my Goods! (Royal Goods)

Oh my Goods! von Alexander Pfister erschienen bei Lookout Spiele

Oh my Goods - Box
Foto: Loo­kout Spiele

Seit 2013 ver­an­stal­tet das Öster­rei­chi­sche Spiele­mu­se­um eine Art Autoren­wett­be­werb. Dar­aus aus­ge­wähl­te Spie­le kann man dann auf der SPIEL in Essen käuf­lich erwer­ben (und dabei unter­stützt man auch kari­ta­ti­ve Ein­rich­tun­gen). Gleich im ers­ten Jahr kam dadurch PORT ROYAL von Alex­an­der Pfis­ter auf den Markt, wel­ches es spä­ter ins Ver­lags­pro­gramm von Pega­sus geschafft hat. Die Erwar­tung an die Gewin­ner ist seit dem recht hoch. Aller­dings wur­de die­se Erwar­tung lei­der nur noch ein­mal voll erfüllt: 2015 wur­de mit ROYAL GOODS wie­der ein Spiel von Alex­an­der Pfis­ter ver­öf­fent­licht. Es war sehr schnell aus­ver­kauft und es gab eini­ge ent­täusch­te Gesich­ter (ich hat­te damals Glück). Die­se Gesich­ter ent­spann­ten sich aber bald wie­der, da es recht schnell bei Loo­kout Spie­le als OH MY GOODS! neu ver­öf­fent­licht wurde.

The­ma... als Arbei­ter stel­len die Spie­ler Waren her, deren Wert vor­ge­ben ist. Die­se kann man spä­ter ver­kau­fen und sofort in neue Pro­duk­ti­ons­stät­ten umwan­deln. Doch Vor­sicht bei der Arbeit: nicht immer ist man erfolg­reich – und wer schlam­pig pro­du­ziert, der erhält auch weni­ger Waren.

So ganz über­zeugt mich das The­ma nicht, aber man soll­te auch bei einem sol­chen klei­nen Kar­ten­spiel nicht all zu kri­tisch damit sein. Die Mecha­nik lässt sich dar­an gut erklä­ren – was will man mehr?

Oh my Goods - Arbeiter
Frau oder Mann? Egal! Wich­tig ist die Fra­ge: schlam­pig oder ordentlich?

Illus­tra­tio­nen... sind von Kle­mens Franz und erin­nern nicht zufäl­lig an ORA ET LABORA. Schließ­lich arbei­te­te er ohne Bezah­lung (wie auch der Autor) und da darf man ruhig mal ein wenig sich selbst kopie­ren. Das Ergeb­nis ist jeden­falls sehr stimmungsvoll.

Aus­stat­tung... ist die eines Kar­ten­spiels: vie­le Kar­ten! Schön sind aber die Details. So kann man sich bspw. als Spie­ler ent­schei­den, ob man nun einen weib­li­chen oder einen männ­li­chen Arbei­ter in die Pro­duk­ti­ons­stät­ten schi­cken will.

Ablauf... ist an sich ein­fach, erschließt sich aber meist erst nach eins-zwei gespiel­ten Run­den. Das Grund­prin­zip ist bekannt: hat man genü­gend Roh­stof­fe, dann wer­den Waren pro­du­ziert. Die­se wie­der­um kann man dazu nut­zen, neue Pro­duk­ti­ons­stät­ten zu errich­ten, für die man wie­der Roh­stof­fe benö­tigt, um neue Waren zu pro­du­zie­ren usw.

Der Clou liegt dar­an, dass die benö­tig­ten Roh­stof­fe zum Teil durch eine offe­ne Aus­la­ge allen Mit­spie­lern zur Ver­fü­gung ste­hen. In zwei Pha­sen ("Son­nen­auf­gang" und "Son­nen­un­ter­gang") wer­den so lan­ge Roh­stoff­kar­ten vom Nach­zieh­sta­pel in der Tisch­mit­te auf­ge­deckt, bis zwei hal­be Son­nen-Sym­bo­le auf­ge­deckt sind (die­se hal­be Son­nen-Sym­bo­le sind auf man­chen Roh­stoff­kar­ten zu finden).

Oh my Goods - Rohstoffe
[singt:] vom Auf­gang der Son­ne, bis zu ihrem Untergang...

Zwi­schen die­sen bei­den Pha­sen müs­sen sich die Spie­ler aller­dings ent­schei­den, zu wel­chem eige­nen Pro­duk­ti­ons­ge­bäu­de man sei­nen Arbei­ter schi­cken will (natür­lich abhän­gig von der bis­he­ri­gen Aus­la­ge bzw. den Hand­kar­ten, da man die­se auch als Roh­stof­fe benut­zen kann). Zusätz­lich darf man dabei ent­schei­den, ob der Arbei­ter ordent­lich oder schlam­pig arbei­ten soll. Bei schlam­pi­ger Arbeit benö­tigt man zur Pro­dukt­her­stel­lung einen Roh­stoff weni­ger als bei ordent­li­cher Arbeit. Aller­dings pro­du­ziert man bei schlam­pi­ger Arbeit auch nur eine Ware, wäh­rend man bei ordent­li­cher Arbeit zwei Waren erhält.

Noch eine Ent­schei­dung hat man in die­ser Zwi­schen­pha­se zu tref­fen: näm­lich wel­ches neue Gebäu­de am Ende der Run­de gebaut wer­den soll. Da man die­se mit bereits pro­du­zier­ten Waren bau­en muss, soll­te man schon abschät­zen, ob wirk­lich die not­wen­di­gen Waren zur Ver­fü­gung stehen.

Es gibt noch einen Kniff bei der Waren­pro­duk­ti­on. Hat man nach Son­nen­un­ter­gang in einem Gebäu­de pro­du­ziert (egal ab ordent­lich oder schlam­pig), dann kann man eine soge­nann­te Pro­duk­ti­ons­ket­te nut­zen. Das bedeu­tet, dass man nun aus der Hand einen Roh­stoff oder eine bereits pro­du­zier­te Ware von einem ande­ren Gebäu­de zusätz­lich auf das aktu­el­le Gebäu­de legen kann. Somit kann man mit weni­ger Auf­wand teu­re Waren pro­du­zie­ren. Die­se "Ver­ede­lung" ist dann auch das Herz­stück, da man natür­lich bestrebt ist, mög­lichst vie­ler sol­cher Pro­duk­ti­ons­ket­ten zu nutzen.

Eine Son­der­funk­ti­on will ich auch noch ein­wer­fen beim kur­zen Über­blick über den Ablauf. Anstatt eines Gebäu­de zu bau­en, kann man auch einen Gehil­fen anwer­ben, der dann fest einem Gebäu­de zuge­ord­net wird und dort bei aus­rei­chend Roh­stof­fen auch Waren pro­du­ziert (immer ordent­lich und immer eine Ware). Um solch einen Gehil­fen anzu­wer­ben benö­tigt man neben dem ent­spre­chen­den Geld auch bereits gebau­te Gebäu­de in den auf dem Gehil­fen abge­bil­de­ten Farben.

Oh my Goods - Gehilfen
immer ger­ne gese­hen bei der Arbeit: nütz­li­che Gehilfen

Sobald ein Spie­ler acht Gebäu­de aus­lie­gen hat, wird die lau­fen­de Run­de noch zu Ende und eine wei­te­re kom­plett gespielt (bei denen man dann aus­nahms­wei­se sogar alle! Pro­duk­ti­ons­ket­ten nut­zen darf). Danach ver­gleicht man die Sieg­punk­te auf Gebäu­den und Gehil­fen und tauscht Waren eben­falls noch in die­se um. Na ja, und wie der Gewin­ner dann bestimmt wird, ist wohl jedem klar.

Das gefällt mir nicht so gut: Da ich Besit­zer der Erst­auf­la­ge bin, habe ich anfangs noch nach den ursprüng­li­chen Regeln gespielt. Mitt­ler­wei­le gibt es schon eine zwei­te Ver­si­on, die bei Loo­kout zum Down­load zur Ver­fü­gung steht (wer kei­ne aktu­el­le Auf­la­ge besitzt). Damit kann man das Nach­zieh­glück etwas ein­schrän­ken und man geht sicher, dass teu­re Gebäu­de zumin­dest auch ein­mal nutz­bar sind (durch die bedin­gungs­lo­se Pro­duk­ti­ons­ket­ten-Nut­zung am Ende).

Damit wur­den zwei Kri­tik­punk­te ein­ge­schränkt, die ich auch hat­te. Denn natür­lich soll ein Kar­ten­spiel auch die Glücks­kom­po­nen­te beim Nach­zie­hen besit­zen, aller­dings hat­te man frü­her kei­ne Mög­lich­keit, schlech­te Kar­ten irgend­wie auch wie­der los zu wer­den. Nun kann man am Anfang alle sei­ne Hand­kar­ten aus­tau­schen. Dabei kann man natür­lich immer noch Pech beim erneu­ten Zie­hen haben, aber zumin­dest hat man das Gefühl, etwas dage­gen getan zu haben. Außer­dem muss man sich das gut über­le­gen, weil man schließ­lich sei­ne aktu­el­le Hand­kar­ten ver­liert (und da ist doch das eine Gebäu­de dabei, was man unbe­dingt bau­en will).

Eine Par­tie ist recht kurz (acht Gebäu­de kön­nen schnell gebaut sein) und da war es irgend­wie unbe­frie­di­gend, dass die Par­tie dann auf­hör­te, wenn man gera­de das Gefühl hat­te, sich etwas auf­ge­baut zu haben. Die­ses Gefühl ist immer noch da, aber zumin­dest kann man nun ein­mal sicher sei­ne Pro­duk­ti­ons­ket­ten spie­len. Somit wer­den die teu­ren Gebäu­de auf­ge­wer­tet, da es sich doch loh­nen kann, die­se zu bau­en (neben den höhe­ren Sieg­punk­ten). Gefühlt ist mir das Spiel trotz­dem noch zu schnell vor­bei (was sich aber pro­blem­los durch Haus­re­geln ändern lässt).

Oh my Goods - Spielerauslage
gutes oder schlech­tes Zei­chen: gefühlt zu schnell vorbei!

Das gefällt mir gut: OH MY GOODS! dampft sei­nen Kern­me­cha­nis­mus wun­der­bar in ein Kar­ten­spiel ein [iro­ni­scher Ein­wurf: Uwe Rosen­berg hät­te dar­aus sicher­lich drei gro­ße Brett­spie­le gemacht – die ich wahr­schein­lich auch alle ganz toll fän­de]. Aller­dings wird es nicht zu stra­te­gisch oder grüb­le­risch, da immer die Unge­wiss­heit besteht, wel­che Roh­stof­fe über­haupt in der aktu­el­len Run­de zur Ver­fü­gung stehen.

So kommt ein tol­les Zocker-Gefühl ins Spiel. Soll ich mei­nen Arbei­ter ordent­lich pro­du­zie­ren las­sen oder gehe ich lie­ber auf Num­mer sicher und arbei­te schlam­pig (hier fin­de ich auch die gewähl­te Wort­wahl köst­lich)? Beim Auf­de­cken der Roh­stoff-Kar­ten kann man dann wun­der­bar sei­nen Emo­tio­nen frei­en Lauf las­sen, wes­we­gen am Tisch geze­tert, geschimpft geju­belt und gejohlt wird. So soll Spie­len sein!

Der Rest ist hand­werk­lich ein­wand­frei (also nicht schlam­pig) umge­setzt. Die Gestal­tung ist hübsch und vor allem ein­deu­tig – ins­be­son­de­re wenn man bedenkt, dass die ein­zel­nen Kar­ten auf drei Arten genutzt wer­den können.

Fazit: OH MY GOODS! gibt nicht vor, etwas zu sein, was es nicht ist. Es ist ein schnel­les Kar­ten­spiel mit ent­spre­chen­dem Glücks­an­teil, was sich ganz auf einen tol­len kna­cki­gen Kern­me­cha­nis­mus stützt. Wer mehr stra­te­gi­sche Tie­fe benö­tigt, muss zu grö­ße­ren Brett­spie­len grei­fen. Wer ein schnel­les Pro­duk­ti­ons- und Auf­bau­spiel zocken will, der ist mit OH MY GOODS! sehr gut versorgt.

TitelOh my Goods! (vor­mals Roy­al Goods)
AutorAlex­an­der Pfister
Illus­tra­tio­nenKle­mens Franz
Dau­er20 – 30 Minuten
Spie­ler­an­zahl2 bis 4 Spieler
Ziel­grup­peKen­ner­spiel
Ver­lagLoo­kout Spiele
Jahr2015

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