Animal Kingdoms von Steven Aramini – erschienen bei Game Factory
Wenn von einem König der Tiere die Rede ist, dann wird gerne der Löwe als Sinnbild genannt. Dabei ist dieser nur die zweitgrößte Raubkatze der Welt – Platz 1 wird vom Tiger eingenommen. So gesehen ist es nur konsequent, wenn die Cover-Illustration von ANIMAL KINGDOMS einen solchen in den Mittelpunkt stellt.
Thema... wir kämpfen zur Abwechslung mal wieder um die Vorherrschaft. Allerdings nicht etwa nur in einem, zwei oder gar drei Königreichen. Nein, es sind fünf an der Zahl! Da ist es schon logisch, dass wir nicht überall selbst anwesend sein können. Aus diesem Grund schicken wir unsere Tiere in die einzelnen Reiche. Und da diese höflicher sind als wir Menschen, halten sie sich streng an die gerade dort herrschenden Gesetze. Klingt doch alles ganz nachvollziehbar, oder?
Illustrationen… sind von Katy Grieson und diese setzt die einzelnen Tiere wunderbar in Szene. So sehr, dass nicht nur ich begeistert bin. Denn ihre Arbeiten für ANIMAL KINGDOMS sind auch für den Graf Ludo nominiert – völlig zurecht!
Ausstattung… nicht nur die Karten der acht unterschiedlichen Tierarten sind bunt gestaltet, auch das weitere Material ist eher farbenfroh. Den Spielplan puzzeln wir aus fünf Regionen zusammen und versehen diesen am Anfang zufällig mit jeweils drei Wertungsplättchen. Zusätzlich wird in jeder Region zufällig eine der vielen möglichen Gesetzeskarten ausgelegt. Wir Spielende erhalten dann ganz viele kleine Holz-Schilde in unserer Farbe und zu guter Letzt sollten wir noch die Zähltafel auslegen.
Ablauf…im Kern ist ANIMAL KINGDOMS ein Mehrheitenspiel. Um diese in den fünf unterschiedlichen Regionen überblicken zu können, legen wir dort unsere Schilde ab. Allerdings müssen wir dabei die Bedingungen auf den jeweiligen Gesetzeskarten berücksichtigen. Diese zeigen an, wie wir welche Handkarten spielen müssen, damit wir uns dann in der entsprechenden Region ausbreiten dürfen.
Lege ich dabei mein Schilde auf den letzten freien Platz einer Region, dann endet für mich die Runde. Hat das vor mir niemand gemacht, erhalte ich noch einen nicht zu unterschätzenden Siegpunktbonus. Allerdings kann ich dann auch nicht mehr bei der Mehrheitenbildung eingreifen. Haben schließlich alle anderen auch ein Endfeld belegt, endet die aktuelle Runde und jede Region wird einzeln gewertet. Die Person mit den meisten eigenen Schildmarkern erhält dabei einen Bonus, die anderen können gegebenenfalls ebenfalls an diesem teilhaben. Sollte jedoch ein Gleichstand an Schilden herrschen, müssen vorher die Beteiligten noch ein Kartenduell austragen. Dabei spielen diese eine Karte verdeckt aus der Hand aus und der höhere Wert gewinnt (wobei die 1 die 8 schlägt).
Zu Beginn einer neuen Runde werden neue Gesetzeskarten in die Regionen gelegt, so dass nun andere Ausspiel-Bedingungen bestehen. Nach drei Runden endet dann die Partie.
Das gefällt mir nicht so gut: ANIMAL KINGDOMS ist laut Box für 1 bis 5 Personen ausgelegt. Allerdings ist das in meinen Augen etwas Augenwischerei. Über den besonderen Reiz, ein Mehrheitenspiel alleine spielen zu wollen, müsste ich wohl mal mit einer Person diskutieren, die passioniert solo spielt. Ich habe da keinen gefunden. Denn selbst im 2‑Personen-Spiel fehlt es an Konkurrenz. In einer Variante wird diese zwar durch die Simulation einer dritten Person erzeugt, aber trotzdem fehlt dabei etwas – vielleicht auch nur der unzureichende Table Talk. Für das Spiel zu fünft wiederum bieten die einzelnen Regionen leider zu wenig Schild-Ablageplätze. Bei dieser Konstellation hat man zu selten das Gefühl, dass sich Mehrheiten noch ändern können. Mindestens für diese Personenanzahl wäre eine Anpassung des Spielplans wünschenswert.
Ein weiterer Kritikpunkt am 5‑Personen-Spiel ist, dass es zu oft zu Gleichständen kommt. Deren Abwicklung stellt immer einen Bruch im Ablauf dar und ist komplizierter und glücksabhängiger als nötig. Denn ein Gleichstand wäre einfach aufzulösen gewesen, wenn die Plätze für die Schilde eine Reihenfolge hätten (wer dort früher aktiv war, bricht den Gleichstand zum eigenen Gunsten). So werden nun nach und nach Kartenduelle gespielt – und die unbeteiligten Personen fiebern dabei nur so semi mit.
Das gefällt mir gut: ANIMAL KINGDOMS hat eine sehr befriedigende Spannungskurve. Die Punktechips in den Regionen werden aufsteigend angeordnet. Somit bekommen wir gewöhnlich in der letzten Runde mehr Punkte als in der ersten. Zusätzlich sind manche Regionen auch attraktiver als andere. Das wird häufig durch einen weiteren Regel-Kniff interessant. Besetze ich den letzten freien Platz in einer Region, dann wandert das dazu eingesetzte Schild nach der Auswertung auf ein zusätzliches Feld – und liegt dadurch schon in der neuen Runde als weiteres Schild aus. Ich kann somit schon auf bestimmte Wertungen in der Zukunft Einfluss nehmen. Ob dabei meine Pläne aufgehen, kann ich natürlich nicht wissen. Denn dafür müssen meine Handkarten auch zu den Gesetzeskarten passen. Aber das hindert mich natürlich nicht daran, diese Pläne zu schmieden.
Bei der Umsetzung dieser Pläne ist man glücklicherweise nicht komplett von den Handkarten abhängig. Erstens gibt es für diese meistens mehrere interessante Alternativen und zweitens kann ich die Handkarten auch austauschen. Das ist zwar mit einem kleinen Tempoverlust verbunden, aber ich habe zumindest diese Wahl.
Das Salz in der ANIMAL KINGDOMS Suppe sind ganz sicher die Gesetzeskarten. Diese sorgen für die notwendige Abwechslung. Im Grunde machen wir über drei Runden immer das Gleiche – aber jede Runde fühlt sich anders an, weil jeweils neue Bedingungen bestehen. Habe ich eben an die Graslandschaft nur gerade Zahlenwerte anlegen dürfen, sind es nun Tierarten, die bisher noch nicht ausgespielt sind. Durch diese auf sich selbst verweisende Gesetzeskarten entsteht übrigens noch eine zusätzliche Ebene der Emotionen. Interaktion ist durch das Mehrheitenprinzip ohnehin schon vorhanden. Aber durch manche Gesetzeskarten schränken mich vielleicht die ausgespielten Karten meiner Mistpielenden ein – was selten unkommentiert bleibt. Ich fiebere also nicht nur wegen der immer weniger freien Plätze auf dem Spielplan mit, sondern manchmal auch, dass bitte schön nicht die "falschen" Karten gespielt werden.
Gelungen ist übrigens auch der Regelkniff mit den Bonuspunkten, wenn ich als erste Person aus der aktuellen Runde ausscheide. Denn normalerweise ist das eher ein Nachteil, kann ich doch dann nicht mehr die Mehrheiten beeinflussen. Aber nun bekomme ich dafür Bonuspunkte, die bei den meist knappen Partien am Ende das Zünglein an der Waage sein können. Mit diesem Wissen steigt man also vielleicht nochmals früher aus, um eine Regionen-Mehrheit zu sichern.
Abgerundet wird ANIMAL KINGDOMS durch eine gute Anleitung und überzeugendem Material, was in einem sinnvollen Insert gelagert wird. Selbst die relative Farbgleichheit von pink und rot ist für die meisten Menschen mit einer Farbfehlsichtigkeit kein Problem. Das hatte ich anders befürchtet, da ich bei diesen beiden Farben manchmal schon genauer hinschauen musste.
Fazit: Die etwas unglückliche Auflösung von Gleichständen trübt minimal den Glanz, den ANIMAL KINGDOM ansonsten ausstrahlt: leichte Zugänglichkeit gepaart mit Varianz, toller Optik und reichlich Emotionen.
Titel | Animal Kingdoms |
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Autor | Steven Aramini |
Illustrationen | Katy Grieson |
Dauer | 45 Minuten |
Personenanzahl | (1 bis) 3 bis 5 Personen |
Zielgruppe | flexible Familienspielrunden |
Verlag | Game Factory |
Jahr | 2022 |
Hinweis | für die Besprechung wurde vom Verlag ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt |
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