Auf den Wegen von Darwin von Gregory Grard und Matthieu Verdier – erschienen bei Gigamic
Ich habe eben extra noch einmal die biografischen Daten von Charles Robert Darwin überprüft. Denn ich wollte sichergehen, dass ich nicht irgendein besonderes Jubiläum übersehen habe. Aber das letzte "Darwin-Jahr" war 2009 mit seinem Geburtstag vor 200 Jahren und dem Erscheinen seines Hauptwerkes Über die Entstehung der Arten vor 150 Jahren. Somit kann ich die aktuelle Schwemme an Darwin-Spielen nicht wirklich erklären: DARWIN’S JOURNEY, DARWINAUTS, ENCYCLOPEDIA und nun auch AUF DEN WEGEN VON DARWIN. Es ist immer wieder spannend, solche Themen-Ballungen mitzuerleben.
Thema... als wissenschaftliche Hilfskraft sollen wir dem alten Meister zuarbeiten. Also rauf auf die HMS Beagle und immer im Kreis um die Objekte unserer Begierde segeln. Zwischendurch legen wir einen Stopp ein und dokumentieren gefunden Spezies – sauber geordnet nach Gattung und Herkunft. Und da AUF DEN WEGEN VON DARWIN keine wissenschaftliche Simulation ist, sollten wir dabei nicht alles auf die Goldwaage legen und lieber die...

...Illustrationen von Maud Briand und David Sitbon bewundern. Denn diese sind eine echte Augenweide! Zusätzlich ist trotz der dominierenden Darstellung der einzelnen Tiere oder Personen die verwendete Symbolsprache jederzeit klar und eindeutig zu erkennen. In dieser Beziehung wurden die Hausaufgaben mit Bravour erledigt.
Ausstattung… kann mit der Qualität der Illustrationen problemlos mithalten. Das fängt schon bei den ausgewählten Materialien an, bei denen komplett auf Kunststoff verzichtet wurde – was aber zu keiner Zeit zulasten des Komforts geht. Das clevere Papp-Insert organisiert makellos die vielen größeren Tier- und Endpunkte-Plättchen und für die weiteren kleinen Marker und die Holzfigur der Beagle steht extra ein Stoffsäckchen zur Verfügung.
Die eigenen Tableaus sehen zugeklappt aus wie Bücher; aufgeklappt organisieren sie die Komponenten zielgerecht. Das Gleiche macht auch der zentrale Spielplan mit seiner Ablage für die zu nehmenden Plättchen und den restlichen Markern.
Ablauf… über 12 Runden sammeln wir unterschiedliche Tiere ein. Diese zeigen manchmal direkte Siegpunkte oder aber lediglich Siegpunkt-Multiplikatoren. Zusätzlich können wir über bestimmte Zielerfüllungen weitere Punkte gewinnen, wenn wir die entsprechenden Voraussetzungen erfüllen. Wir beginnen die Partie mit einer solchen speziellen Vorgabe. Im Verlauf der Partie erhalten wir weitere, wenn wir eines unserer bestehendes Tierplättchen überdecken. Denn alle genommen Tiere werden auf unserem Tableau entsprechend ihrer Lebensräume und ihrer Klassifizierung eindeutig in ein festes Raster zugeordnet. Nehme ich ein zweites Mal ein Reptil aus Afrika, dann überdecke ich bspw. mein vorherigen Panzergürtelschweif durch das gerade genommene Chamäleon.
Doch wie erhalte ich denn die Tiere? Das ist simpel. Am Anfang meines Zuges steht die Beagle außen an einer Reihe des 3×3 Felder umfassenden Rasters des zentralen Spielplans. Aus dieser angrenzenden Reihe darf ich mir nun ein Plättchen nehmen. Nachdem ich das getan habe, zähle ich nun den Abstand des leeren Platzes zur Beagle und rücke diese entsprechend vor. Habe ich beispielsweise das Plättchen direkt angrenzend zur Beagle genommen, dann bewegt sich das Schiff ein Feld weit. Habe ich dahingehen das Plättchen am Ende der Reihe genommen, muss ich die Beagle drei Felder in Fahrtrichtung vorsetzen. So dreht sich die Beagle im Uhrzeigersinn um die Auslage und wir haben wechselnde Zugriffsmöglichkeiten. Durch die Abgabe von Helfer-Plättchen kann ich noch die Position der Beagle bzw. das Angebot in der Auslage manipulieren.
Das gefällt mir nicht so gut: Habe ich in meiner Auslage eine Zeile oder Spalte vollständig gefüllt, erhalte ich einen nicht zu unterschätzenden Bonus. Leider ist durch die zufällige Verteilung der Tierplättchen nicht sichergestellt, dass tatsächlich auch jede Symbol-Kombination überhaupt im Spiel ist. Wenn es unglücklich läuft, kann ich bspw. vergeblich auf ein Säugetier aus Afrika hoffen, weil von vorneherein dieses gar nicht mit in die Auswahl kam. Das fühlt sich schon sehr unbefriedigend an. Natürlich müsste man ansonsten vor dem Spiel einiges sortieren und könnte nicht sofort drauf los spielen, aber diese Extra-Handgriffe würde ich mir für eine Chancengleichheit schon gönnen.
Zumal am Ende noch ein Stimmungskiller eintreten kann. Durch die Abgabe eines Helferplättchens ist es mir erlaubt, die komplette Auswahl einer Reihe des 3*3‑Rasters zu erneuern. Dabei kommen dann aber nicht etwa Plättchen aus der Reserve ins Spiel, sondern lediglich aus dem Plättchen-Pool, welches am Anfang für die Partie abgezählt wurden. Warte ich also schon das ganze Spiel auf mein Säugetier aus Afrika, dann ist diese Helfer-Aktion völlig nutzlos. Denn das erhoffte Plättchen kann auch nicht darüber noch zufällig ins Spiel kommen. Diese künstliche Beschränkung kann ich nicht nachvollziehen.
Das gefällt mir gut: AUF DEN WEGEN VON DARWIN lässt sich wunderbar entspannt spielen. In überschaubaren zwölf Zügen müssen wir immer wieder kleine Entscheidungen treffen, die uns zu keiner Zeit überfordern. In erster Linie denken wir dabei an uns selbst. Aber ein Blick nach rechts und nach links kann auch nie schaden – und vielleicht fährt die Beagle doch lieber einen Schritt mehr, nur damit meine Nachfolgerin ihr benötigtes Plättchen nicht all zu leicht nehmen kann.
Im Spiel können wir unterschiedliche Ziele verfolgen. Ein lückenloses Füllen bringt die Spalten-Boni, durch das Überlagern bestehender Plättchen komme ich dahingegen an neue Endwertungs-Plättchen heran. Je nachdem welche davon zur Verfügung stehen, kann das ebenfalls ein sehr lukrativere Weg sein. Dabei gilt es manchmal noch darauf zu achten, dass wir dabei möglichst wenig Siegpunkte oder Multiplikatoren abdecken – denn schließlich zählen diese nur, wenn sie am Ende auch sichtbar sind.
Dabei geht uns der Auswahlmechanismus sehr leicht von der Hand. Für mich bietet AUF DEN WEGEN VON DARWIN den schönsten "Günter-Burkhardt-Plättchenauswahl-Rondell-Mechanismus", der nicht von Günter Burkhardt stammt – und das meine ich als Qualitätsmerkmal. Ebenso sehe ich es als besondere Qualität an, wenn nach einer Partie AUF DEN WEGEN VON DARWIN der Ausruf kommt, das Spiel sei "zu schnell vorbei gewesen". Das stimmt., denn zwölf Züge sind schnell gespielt und das Tableau weist noch viele freie Flächen auf. Aber ich spiele lieber eine direkte Revanche, als dass ich mich durch Spiele quäle, die sich wie Kaugummi ziehen.
Abgerundet wird dieses kurzweilige Familienspiel von einer überzeugenden Aufmachung. Die Illustrationen sind zum Verlieben, das Material ist hochwertig und es wurde auch auf viele kleine Details Wert gelegt, wie die stimmige Gestaltung der Planrückseiten. Zusätzlich bietet uns die Anleitung über die reine Regelvermittlung auch noch interessante Informationen zu Darwin und seinem Wirken.
Fazit: AUF DEN WEGEN VON DARWIN ist nicht nur wegen des auf den Punkt gebrachten Rondell-Mechanismus ein gelungenes rundes Familienspiel. Zusätzlich überzeugen die hübschen äußeren Werte und auch die entspannte Stimmung am Tisch, wenn wir gemütlich nach und nach Plättchen einsammeln und katalogisieren.
Titel | Auf den Wegen von Darwin |
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Autoren | Gregory Grard und Matthieu Verdier |
Illustrationen | Maud Briand und David Sitbon |
Dauer | 20 bis 40 Minuten |
Personenanzahl | 2 bis 5 Personen |
Zielgruppe | entspannte Familienspielrunden |
Verlag | Gigamic / Sorry We Are French |
Jahr | 2023 |
Hinweis | Vielen Dank an den Vertrieb Asmodee für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars! |
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