
Es gibt manche Themen, die werden meist erst dann in der Gruppe besprochen, wenn es meist zu spät ist. Eines diese Tabu-Themen ist das Thema "Aufgeben" von Partien. Allgemeiner Konsens ist, dass sich das nicht gehört. Oder nehme ich das falsch wahr? Dieser Frage wollen wir mit der aktuellen #BG2GETHER-Aktion nachgehen. Es wäre doch schade auf Teufel komm raus an einer Partie festzuhalten, wenn eigentlich alle auch für einen Abbruch sind.
"Wir kennen alle Brettspielpartien, die dem Untergang geweiht sind. Aus den unterschiedlichsten Gründen möchte man das Handtuch werfen. Kommt das bei euch vor? Wie geht ihr mit entsprechenden Wünschen um? Ist das eine gängige Praxis oder doch eher verpönt? Und unter welchen Umständen könnt ihr euch den Abbruch einer Partie vorstellen. Was müsste geschehen, dass ihr dem nicht zustimmen würdet?"
Ich komme aus dem Sport und deswegen habe ich die Einstellung in mir, dass Aufgeben keine Option ist. Wie oft habe ich es schon erlebt, dass sich Wettkämpfe trotz eines katastrophalen Start noch gedreht haben. Oder das man Situationen erlebt, die einem in späteren Partien vielleicht noch helfen können. Jede gespielte Minute ist zudem auch bestes Training, weswegen es immer Sinn ergibt, alles zu geben und das Ergebnis zu optimieren. Aber: Brettspiele sind nicht Sport! Ich sehe hier schon deutliche Unterschiede und deswegen bin ich am Tisch über die Jahre deutlich entspannter zu diesem Thema geworden.
In erster Linie geht es mir beim Spielen von Gesellschaftsspielen nicht um das Gewinnen oder Verlieren. Viel wichtiger ist es mir, mit den Leuten am Tisch eine schöne Zeit zu verbringen. Natürlich versuche ich beim Spielen auch im Sinne des Spielziels zu agieren, welches meistens eben das Gewinnen ist. Aber das ist im Endeffekt zweitrangig und ich kann auch eine Menge Spaß haben, wenn es bei mir vielleicht nicht so super-duper läuft. Aufgrund dieses fehlenden unbedingten Ehrgeizes, gewinnen zu wollen, käme bei mir wohl auch nur selten der Gedanke auf, ein Spiel abzubrechen, nur weil ich ohnehin nicht mehr gewinnen kann. Und wenn nicht Erster, dann will ich zumindest nicht Letzter werden, was mir meist als Motivation ausreicht. Stattdessen kann ich schon maulig werden, wenn die Person, die haushoch führt, noch 10 Minuten über einen Spielzug nachdenken will, nur um noch ein Siegpünktchen mehr zu generieren. Das empfinde ich dann als unsportlich.
Dahingegen habe ich kein Problem damit, wenn sich die Gruppe einen Abbruch wünscht. Das passiert bei uns aber eigentlich nur, wenn das Spiel so wirklich gar keinen Spaß macht. Da ist mir mittlerweile unsere Zeit zu kostbar und ich muss nicht unbedingt ein Spiel zu Ende spielen, nur damit wir sagen können, wir haben uns dort durchgebissen. Zumal es durchaus auf die Gruppe ankommt. Ich kann das Spiel dann ja auch in einer anderen Gruppe auf den Tisch bringen. Manchmal passiert es auch, dass wir mittendrin einen von uns gemachten Fehler entdecken. Da biete ich auch immer an, dass wir nochmals von vorne beginnen, weil das Spiel bis dahin eben falsch gespielt wurde. Viel öfter versuchen wir aber den Fehler zu heilen und ab diesem Zeitpunkt dann einfach nach den richtigen Regeln weiter zu spielen.
Dann erlebe ich es in öffentlichen Spieletreffs manchmal, dass Personen sich überschätzt haben und vom Spiel überfordert sind. Das sind mit die schwierigsten Situationen. Denn einerseits will man die Person nicht bloßstellen, andererseits will man aber auch den anderen nicht den Spaß vermiesen. Hier versuche ich dann, helfend beizustehen und die Züge für die überforderte Person größtenteils mitzumachen. Das klappt oftmals ganz gut, weil das dann auch meistens als Hilfe angesehen wird und beide Seiten sind dann dankbar, die Partie in akzeptabler Zeit zu Ende gebracht zu haben.
Noch etwas komplizierter sind 2‑Personen-Spiele. Im Schach ist es anscheinend üblich, die Partie abzubrechen, wenn man nicht mehr gewinnen kann. Warum ein Spielende hinaus zögern, wenn es doch ohnehin unausweichlich ist. Aber wie soll man sich auf der anderen Seite verbessern, wenn nicht über Niederlagen? Ich spiele bspw. sehr gerne KAMISADO, finde aber kaum Mitspielende dafür – weil ich das Spiel sehr gut kann und ich somit zwangsläufig anfangs sehr dominiere. Aber soll ich nun extra schlecht spielen, damit andere eine Chance haben? Fühlen die sich nicht mehr noch gespielt, wenn ich ihnen Punkte schenke, die ich später auf keinen Fall zulassen täte? Ich finde das immer ein schwierig. Das ist wohl ein allgemeines Problem bei solchen sehr verkopften Duell-Spielen. Diese machen eigentlich nur richtig Spaß, wenn auf gleichem Niveau gespielt wird. Aber wie kommen beide Seiten dorthin?

Doch wie sieht das bei den anderen aus? Folgt doch mal den nun aufgeführten Links:
Kommentar hinzufügen