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kritisch gespielt: Café Barista

Café Barista von Euijin Han – erschienen bei Korea Boardgames

Café Barista - Box
Bild: Asmo­dee

Schon als ich über CAFE schrieb, offen­bar­te ich, dass ich selbst gar kei­nen Kaf­fee trin­ke. Ich lie­be ledig­lich den Geruch frisch gemah­le­ner Kaf­fee­boh­nen – aber trin­ken? Nö, lie­ber nicht. Bei CAFE BARISTA ist aber des­we­gen glück­li­cher­wei­se über­haupt kei­ne Über­win­dung nötig, denn in die­sem hip­pen Laden kann ich pro­blem­los auch einen Eis­tee oder eine hei­ße Scho­ko­la­de bestellen.

The­ma... wir füh­ren ein Café und wol­len dabei nicht nur Geld, son­dern auch ganz vie­le Likes ein­sam­meln. Und weil wir damit recht schnell erfolg­reich sind und somit bestimmt in ganz vie­len Bewer­tungs-Top-Lis­ten auf­ge­führt wer­den, rennt uns auf ein­mal die Kund­schaft die Bude ein. Doch wie sol­len wir die­sen Ansturm hän­deln? Da kann es dum­er­wei­se schon pas­sie­ren, dass die ein oder ande­re Bestel­lung nicht erfüllt wird.

Illus­tra­tio­nen... stam­men von Siwon Hwang und haben so über­haupt nichts asia­ti­sches an sich. Was über­haupt nicht wer­tend gemeint ist. Es zeigt nur gut, dass ein Unter­neh­men wie Korea Board­ga­me schon längst inter­na­tio­nal denkt und des­we­gen kon­se­quen­ter­wei­se die Baris­ta-Kul­tur gar nicht erst in Asi­en ansie­delt – was auch durch die gelun­ge­nen Illus­tra­tio­nen deut­lich gemacht wird.

Cafe Barista - Übersicht
nicht japa­nisch minimalistisch

Aus­stat­tung… ist noch viel mehr ein Hin­gu­cker als die Illus­tra­tio­nen. Denn die Zuta­ten für unse­re Geträn­ke-Krea­tio­nen schmei­cheln unse­rem Seh­sinn. Klei­ne Eis­wür­fel, Mini­scho­ko­la­den­stü­cke und Dampf­wol­ken wol­len nicht nur bewun­dert, son­dern auch ange­fasst wer­den – und spä­ter auch die trans­pa­ren­ten Tas­sen fül­len. Min­des­tens genau­so oft ger­ne wer­den aber auch die ein­zel­nen Kar­ten mit den Geträn­ke-Bestel­lun­gen bewundert.

Zusätz­lich ste­hen uns noch per­sön­li­che Tableaus zur Ver­fü­gung, wel­che nicht nur die Rei­hen­fol­ge der Bestel­lun­gen anzei­gen, son­dern auch Akti­ons-Boni vor­hal­ten, die wir im Lau­fe des Spiels frei­schal­ten kön­nen. Auf dem zen­tra­len Spiel­plan sehen wir wie­der­um die ein­zel­nen Zuta­ten-Quel­len, auf denen wir mit unse­rer Spiel­fi­gur hin und her huschen werden.

Ablauf… CAFE BARISTA simu­liert ein­drück­lich den Stress hin­ter der The­ke in einem über­füll­ten Café. Dau­ernd kom­men neue Bestel­lun­gen rein, die wir bear­bei­ten müs­sen. Doch vor­her müs­sen auch noch die not­wen­di­gen Zuta­ten beschafft werden.

Cafe Barista - Auswahl
Besor­gun­gen im Planquadrat

Dafür bewe­gen wir unse­re Holz­fi­gur bis zu drei Schrit­te auf dem zen­tra­len Plan. Die­ser zeigt in einem 4*4‑Raster ver­schie­de­ne Zuta­ten. Wenn wir unse­re Figur auf ein Feld zie­hen, dann kön­nen wir die ent­spre­chen­de Zutat zu uns neh­men. Aller­dings dür­fen wir nur ortho­go­nal lau­fen und nicht auf einem Feld enden, auf dem schon eine ande­re Figur steht.

Die so erwor­be­nen Zuta­ten sam­meln wir in Tas­sen. Davon haben wir jedoch nur drei Stück zur Ver­fü­gung, so dass wir auch immer nur drei Bestel­lun­gen gleich­zei­tig bear­bei­ten kön­nen. Aller­dings lau­fen deut­lich mehr Bestel­lun­gen in unse­rem Café auf. Denn immer, wenn ich eine erfül­le, müs­sen die ande­ren eine wei­te­re zu sich neh­men. Zusätz­lich habe ich nicht ewig Zeit für die Erfül­lung zur Ver­fü­gung – die jun­gen Leu­te von heu­te haben ein­fach kei­ne Geduld. Am Ende mei­nes Zuges wan­dern alle Bestel­lun­gen einen Zeit­ab­schnitt an mei­nem Tableau nach unten. Wenn ich nach vier Run­den die ent­spre­chen­de Bestel­lung nicht erfüllt habe, dann ver­lie­re ich dafür am Ende Punkte.

Cafe Barista - Spielbereich
mein eige­nes – vol­les – Café

Mit erfüll­ten Bestel­lun­gen kann ich dahin­ge­gen mei­nen Ser­vice aus­bau­en. Dann kann ich mich bspw. auf dem Ras­ter auch dia­go­nal bewe­gen oder bekom­me dop­pelt so vie­le Zuta­ten, wenn ich ein Eck­feld auf­su­che. Ansons­ten geben mir die erfüll­ten Bestel­lun­gen zufrie­de­ne Kun­den und somit Sieg­punk­te. Das Ende tritt übri­gens ein, wenn eine Per­son fünf ver­pass­te Bestel­lun­gen gesam­melt hat oder der Kar­ten-Sta­pel leer gespielt ist.

Das gefällt mir nicht so gut: Man muss schon der Typ Mensch sein, um ger­ne in der Gas­tro­no­mie zu arbei­ten. So ähn­lich ist das auch bei CAFE BARISTA. Man muss es schon mögen, die gan­ze Zeit von den ein­ge­hen­den Bestel­lun­gen gestresst zu wer­den. Nie­mals eine kur­ze Ruhe­pau­se zu haben und, wenn man ehr­lich ist, immer wie­der­keh­ren­de Sachen zu machen. Die Akti­ons-Boni durch mei­ne Café-Erwei­te­run­gen sind zwar hilf­reich und ich erle­be eine Ent­wick­lung, weil ich mir auf ein­mal mehr Zuta­ten neh­men kann. Trotz­dem mache ich wäh­rend des gesam­ten Spiels immer das Glei­che: Zuta­ten ein­sam­meln, die­se auf Tas­sen ver­tei­len und Bestel­lun­gen erfül­len – und hof­fen, dass eine ande­re Per­son den Über­blick über die ein­ge­gan­gen Bestel­lun­gen ver­liert und das Spiel somit früh­zei­tig beendet.

Cafe Barista - Bestellungen
Glück und Pech bei den Bestel­lun­gen möglich

Wobei manch­mal gar nicht der Über­blick aus­schlag­ge­bend dafür ist, ob man eine Bestel­lung durch­rut­schen lässt oder nicht. Oft­mals ist es die pure Über­for­de­rung! Und dann müs­sen wir uns schmerz­lich für eine Nicht-Erfül­lung ent­schei­den. Bei den ein­ge­hen­den Bestel­lun­gen ist viel Zufall im Spiel. Mal pas­sen die Bestel­lun­gen per­fekt zuein­an­der, mal habe ich gefühlt nur Spe­zi­al­auf­trä­ge zu erfül­len. Die­se ver­lan­gen ent­we­der Zuta­ten, die in der Aus­la­ge weit von­ein­an­der ent­fernt sind. Oder vier Zuta­ten, was im kras­sen Gegen­satz zu einem schnel­len Ess­pres­so steht, der nur Kaf­fee­boh­nen und Was­ser­dampf benö­tigt. Bei die­sem Aspekt kann man ein­fach Pech oder Glück haben, was zu akzep­tie­ren ist.

Durch die gestell­te Denk­sport-Auf­ga­be, die Bestel­lun­gen mög­lichst effi­zi­ent zu erfül­len, führt CAFE BARISTA zu nicht weni­gen Down­ti­me-Pau­sen. Die Schrit­te im Ras­ter wol­len gut geplant sein. Manch­mal begin­ne ich mei­ne Lauf­stre­cke, möch­te aber ger­ne wie­der von vor­ne anfan­gen, weil ich mer­ke, dass mir für mei­nen eigent­li­chen Plan doch noch eine Zutat fehlt. Und da ich im Ras­ter durch­aus auch von den ande­ren Figu­ren abhän­gig bin, kann ich erst seri­ös pla­nen, wenn ich selbst an der Rei­he bin. Um dann die opti­ma­le Rou­te zu fin­den, muss ich mir oft­mals ein wenig Zeit nehmen.

Cafe Barista - Komponenten
eine gewis­se Fein­mo­to­rik ist förderlich

So viel Augen­schmaus das Mate­ri­al auch­ver­mit­telt, für wenig fein­mo­to­ri­ge Men­schen kann es zur Tor­tur wer­den. Zusätz­lich geht auch ger­ne der Über­blick ver­lo­ren, was sich denn schon alles in den klei­nen Acryl-Tas­sen befin­det. Auch wenn ich das Fül­len der Tas­se und das abschlie­ßen­de Auf­räu­men nach einer erfolg­rei­chen Bestel­lung in die Sor­tier­hil­fe zele­brie­re, so kann ich schon gut nach­voll­zie­hen, war­um man­che Per­so­nen lie­ber die Zuta­ten direkt auf die Kar­te legen und dann dar­auf ach­ten, dass nur maxi­mal drei Kar­ten als Zwi­schen­la­ger dienen.

Die Anlei­tung bie­tet vie­le pas­sen­de Bei­spie­le und erklärt recht aus­führ­lich, was zu machen ist. Lei­der hat sie aber teil­wei­se auch eine unglück­li­che Struk­tur, so dass das Nach­schla­gen nicht immer ein­fach ist. So ste­hen bspw. die Aus­sa­gen zum Ende nicht gebün­delt an einer Stel­le, son­dern sind im Unter­text zu den ein­zel­nen Aktio­nen versteckt.

Cafe Barista - Aufbewahrung
gut aus­se­hend – und auch gut eingeräumt

Das gefällt mir gut: CAFE BARISTA lebt zu einem gro­ßen Teil von sei­ner ein­drucks­vol­len Tisch­prä­senz. Das Mate­ri­al will nicht nur im pas­sen­den Inlay ver­staut, son­dern auch in die Hand genom­men wer­den. Die vie­len bun­ten Bestel­lun­gen zei­gen zudem ein­drucks­voll, wel­che Geträn­ke-Spe­zia­li­tä­ten heut­zu­ta­ge en vogue sind. Bei den gan­zen Namen und Beschrei­bun­gen fühl­te ich mich nicht nur sehr an ORDER OVERLOAD CAFE erin­nert, son­dern auch als ech­ter Kaffeehaus-Noob.

Aller­dings ver­tuscht die Optik etwas den eigent­li­che Kern des Spiels. Denn CAFE BARISTA ist ein knall­har­tes Res­sour­cen-Opti­mie­rungs-Mons­ter. Jeder Schritt auf dem Ras­ter will wohl­über­legt sein. Stän­dig pla­ne ich im Kopf mei­ne nächs­ten Aktio­nen: wel­che Bestel­lun­gen will ich erfül­len? Wie kann ich mei­ne Ras­ter-Schrit­te effi­zi­ent nut­zen? Habe ich dort durch ver­dien­te Tem­po-Mar­ker zusätz­li­che Schrit­te zur Ver­fü­gung? Lohnt es sich, die­se nun schon ein­zu­set­zen? Die­se Tem­po-Mar­ker erhal­te ich, wenn ich einen Spe­zi­al­auf­trag erfül­le oder wenn mir eine Bestel­lung durch die Lap­pen geht. Die­ses Ele­ment gefällt mir sehr gut, weil es einen Aus­gleich schafft für das Glück oder Pech bei den Bestel­lun­gen. Es gab schon Par­tien, wo ich anfangs schwer Fuß fas­sen konn­te, ich dann aber auf­grund die­ser Mar­ker doch noch wie­der den Anschluss fand.

Cafe Barista - Detail
das könn­te mei­ne Bestel­lung sein

Ohne­hin stört mich das Zufalls­ele­ment der Bestel­lun­gen wenig. Haupt­säch­lich des­we­gen, weil ich es mir the­ma­tisch her­lei­ten kann. Denn als Café-Betrei­ber weiß ich nun ein­mal nicht im Vor­feld, was die Leu­te heu­te trin­ken wol­len. Natür­lich prot­ze ich ger­ne mit einem Iced Cara­mel Mac­chia­to auf der Kar­te. Aber wenn der nun zu oft bestellt wird, dann muss ich manch­mal beken­nen, dass mir dafür lei­der lei­der die Zuta­ten aus­ge­gan­gen sind. Ist doof, lässt sich nicht ändern und des­we­gen kon­zen­trie­re ich mich dann lie­ber auf die ande­ren Bestel­lun­gen. Bei CAFE BARISTA müs­sen wir ler­nen, auch mal einen Wunsch durch­rut­schen zu lassen. 

Für das 2‑Per­so­nen-Spiel müs­sen wir noch ein paar weni­ge Regel­an­pas­sun­gen vor­neh­men. So spie­len wir bspw. mit jeweils zwei Figu­ren im Aus­wahl-Ras­ter. Die­se Anpas­sun­gen sind gut gelun­gen. Das 2‑Per­so­nen-Spiel ist somit noch etwas tak­ti­scher und ver­mit­telt ein pas­sen­des Duell-Gefühl.

Die Boni der Café-Erwei­te­run­gen sind je nach der bestehen­den Situa­ti­on unter­schied­lich wert­voll. Das Dia­go­nal-Lau­fen ist bei mir eigent­lich immer einer der ers­ten frei­ge­schal­te­ten Boni. Aber bei den ande­ren drei­en schaue ich schon sehr auf die aktu­el­le Lage. Wel­che Bestel­lun­gen lie­gen vor mir aus? Was machen mei­ne Mit­spie­len­den wohl? Meist ver­zich­te ich auch ganz bewusst auf den voll­stän­di­gen Aus­bau. Denn pro Aus­bau ver­lie­re ich effek­tiv einen Sieg­punkt, was nur auf den ers­ten Blick banal aus­sieht. Denn die fina­le Sieg­punkt­an­zahl lässt sich meist mit zwei Fin­gern abzählen.

Fazit: Not­wen­di­ger­wei­se müs­sen in CAFE BARISTA die eige­nen Züge gut durch­dacht wer­den. Da hilft es, einen wachen Kopf zu haben, wes­we­gen par­al­le­ler Kaf­fee­ge­nuss wahr­schein­lich för­der­lich ist. Glück­li­cher­wei­se ist das schmuck­vol­le Mate­ri­al zu klein, um es mit einer ech­ten Tas­se zu ver­wech­seln. Auf­grund der doch sehr wie­der­ho­len­den Tätig­kei­ten und vie­ler Denk­pau­sen hal­ten sich bei mir am Ende die Likes und Dis­li­kes die Waage.

Titel Café Baris­ta
AutorEuijin Han
Illus­tra­tio­nenSiwon Hwang
Dau­er30 – 45 Minuten
Per­so­nen­an­zahl2 bis 4 Personen
Ziel­grup­peStress erprob­te Familienspielrunden
Ver­lagKorea Board­ga­mes
Jahr2024
Hin­weisVie­len Dank an den Ver­trieb Asmo­dee Ger­ma­ny für
die Bereit­stel­lung eines Rezensionsexemplars!

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