Star Realms von Robert Dougherty und Darwin Kastle – erschienen bei White Wizard Games
Jeder kennt wohl die Geschichte von DOMINION. Wie es immer so schön heißt, hat dieses Spiel den Deckbuilding-Mechanismus in die Brettspielwelt eingeführt. Puristen haben dann immer aufgestöhnt, dass dieser Mechanismus doch schon längst durch MAGIC: THE GATHERING bekannt sein sollte. Interessant wird es aber dann, wenn zwei Magic-Großmeister ein eigenes Deckbuilding-Spiel kreieren. Solche Expertenspiele können manchmal ganz schön in die Hose gehen – oder sie werden großartig, so wie STAR REALMS!
Und noch eine interessante Sache: aus erfolgreichen Brettspielen werden gerne digitale Apps erstellt. STAR REALMS hat den umgekehrten Weg genommen. Erst als App erschienen, kann man es mittlerweile ganz schnöde analog auch auf dem Küchentisch spielen. Wobei ich gleich zu Anfang sagen muss: die App ist schon klasse – nicht ohne Grund steht sie bei mir auf Nummer 1 der entsprechenden Top-Liste! Aber auch analog macht das Spiel großen Spaß!
Um was geht es? Kurz und krass ausgedrückt: im Weltraum werden sich die Köppe eingeschlagen! Jeder Spieler baut sich eine Flotte auf und versucht gleichzeitig, die vorhandenen 50 Autoritätspunkte (oder nennen wir es beim Namen "Lebenspunkte") des Gegners auf 0 zu stellen.
Wie es typisch ist für ein Deckbuilding-Spiel, beginnt jeder Spiel mit einer überschaubaren Anfangshand. Jeder beginnt mit etwas Geld und hat auch noch kleine lausige Treffer-Karten auf der Hand. Im Laufe des Spiels versucht man dann, diese Treffer gegen den Mitspieler zu spielen (dafür verliert dieser entsprechende Lebenspunkte) und zusätzlich wertvollere Karten einzukaufen.
Diese einzukaufenden Karten liegen in der Tischmitte als Markt aus. Dort liegen jedoch nur fünf Karten zur Auswahl (bzw. sechs, denn eine besondere Art von Geldkarten stehen immer zum Kauf zur Verfügung). Wird eine Karte aus diesem 5er-Markt gekauft, wird sie sofort durch eine neue ersetzt.
Dabei sind noch folgende Merkmale der zu kaufenden Karten zu beachten. Die meisten Karten sind Schiffe. Diese werden später ganz normal als Karte gespielt: Effekt beachten, schauen ob sie Geld mitbringen und/oder Schaden verursachen und danach ab auf den Ablagestapel. Dann gibt es aber auch noch Stationen. Diese werden auch ausgespielt (und können Effekte haben, Geld zur Verfügung stellen oder Schaden verursachen), bleiben dann aber so lange ausliegen, bis sie der Gegner zerstört hat.
Warum ist das ein Vorteil? Alle Karten gehören bestimmte Fraktionen an (oder nennen wir es wieder beim Namen:" Farben"). Die meisten Karten haben einen verstärkenden Effekt, wenn sie zusammen mit gleichfarbigen Karten gespielt werden. Beispiel: spiele ich die gelbe Korvette, dann verursacht sie einen Schaden und ich darf sofort noch eine weitere Karte nachziehen. Spiele ich dann aber noch eine weitere gelbe Karte (oder liegt eben eine gelbe Station aus), dann verursacht die Korvette zusätzlich noch zwei weitere Schadenspunkte beim Mitspieler. Somit wird auch klar, welche Strategie jeder Mitspieler anstrebt. Halbwegs "farbenreine Decks" sind das Zauberwort. Dies wird jedoch durch den nur sehr beschränkten Markt ziemlich erschwert.
Weiteres schönes Detail: die Fraktionen (also Farben) spielen sich sehr unterschiedlich. Die grünen Blobs sind meist aggressive Angriffskarten (viel Wumms, wenig Geld). Die blaue Handelsföderation bringt hohes Einkommen und zusätzlich heilt sie eigenes Leben. Das gelbe Sternenimperium hat auch Wumms, greift aber zusätzlich noch gerne in das Handkartenmanagement ein (der Gegner muss Karten abwerfen, man selbst darf Karten nachziehen). Die roten Maschinenkults wiederum ermöglichen es, Karten aus dem eigenen Deck dauerhaft zu entfernen und dieses somit möglichst schlank zu halten.
Ach ja, und wie wird gespielt? Ganz einfach: der aktive Spieler zieht fünf Karten und spielt diese aus. Dabei werden dann eben Effekte ausgelöst und ich kann so viel einkaufen, wie ich es mir leisten kann (also mehr als eine Karte – gerne auch die Karten, die erst beim Kauf einer anderen neu in den Markt kommen). Meist am Ende des Zuges werden dann die summierten Treffer ausgespielt. Hier muss sich der Spieler entscheiden, ob er erst Stationen angreifen will (um deren langfristige Effekte zu verhindern) oder ob er sich gleich auf die eigentlichen Lebenspunkte des Gegners fokussiert. Manche Stationen haben allerdings eine "Schildfunktion", was bedeutet, dass man erst diese zerstören muss, bevor ich die Lebenspunkte des Gegners angreifen kann. Und dummerweise kann ich Stationen nur am Stück zerstören. Ich muss also die entsprechende Trefferanzahl auf der Hand haben. Ich kann nicht erst in dieser Runde der Station zwei Schaden zufügen und dann in der nächsten Runde die restlichen Treffer ausspielen.
Was macht den besonderen Reiz aus? STAR REALMS ist herrlich direkt! Es gibt nur einen Gegner und dem will ich auf die Mütze hauen. Gut, man kann mir mehreren Grundspielen STAR REALMS auch aufbohren und mit mehreren Spielern spielen – aber dann geht meiner Meinung nach ein großer Reiz verloren (es sei denn, man spielt als Team).
Das klingt jetzt plump, aber genau das ist das Spiel eben nicht. Durch die vielen möglichen Effekte ergeben sich sehr unterschiedliche Spiele. Mal ist das Spiel sehr schnell um und man kam kaum dazu, das Deck irgendwie effektiver zu machen. Ein anderes Mal hat man viel mehr Zeit und das Sparen auf teure Karten lohnt sich. Es kommt schon sehr darauf an, mit welchen Karten gerade am Anfang der Markt so bestückt ist.
Auch ist es wichtig, den Gegenspieler genau im Auge zu behalten. Welche Farben bevorzugt er? Besitzt er viele Stationen? Insbesondere beim Kauf auf dem Markt sollte man sich überlegen, ob man dadurch nicht vielleicht die Auslage für den Mitspieler besser macht und dann lieber auf einen Kauf verzichten.
STAR REALMS lebt von vielen kleinen Entscheidungen. Welche Karten kaufe ich? Greife ich erst eine Station an oder gehe ich direkt gegen die Lebenspunkte des Gegner vor? Bei manchen Karten kann ich noch entscheiden, ob ich sie nicht gleich zerstören will, um noch einen weiteren Effekt zu nutzen. Aber benötige ich die Karte nicht noch im weiteren Spiel? Ohne Frage: STAR REALMS reißt einen gleich zu Beginn mit und lässt einen nicht mehr los. Die tollen Grafiken tun ihr Übriges, um ein stimmungsvolles Deckbuilding-Spiel zu erzeugen.
Natürlich gibt es auch Kritikpunkte. Spätestens beim Handling mit den Lebenspunkten merkt man dem Spiel seine App-Vergangenheit an. Dort werden diese natürlich einfach abgezogen und gut ist. In der analogen Variante liegen dazu Karten bei, die ich dann entsprechend abgeben muss. Durch die unterschiedlichen Werte (auch auf Vor- und Rückseite) ist das aber ein ganz schöner Verwaltungsaufwand. Einfacher ist es hier sicherlich sich schlicht mit Papier und Bleistift auszustatten. Ich benutze aber mittlerweile gerne zwei zehnseitige Würfel und stelle damit die aktuellen Autoritätspunkte ein. Vielleicht finde ich irgendwann auch mal die Zeit und bastel mir tolle Drehscheiben.
Das ist aber auch schon alles, was mich an STAR REALMS stört. Für zwei Personen habe ich in STAR REALMS das perfekte Deckbuilding-Game gefunden. Und da zwei MAGIC-Meister am Werk waren, gibt es dafür nun natürlich auch schon entsprechende Erweiterungsbooster bzw. Adaptionen auf andere Themen...
Titel | Star Realms |
Autoren | Robert Dougherty und Darwin Kastle |
Illustrationen | Vito Gesualdi |
Dauer | 20 bis 30 Minuten |
Personenanzahl | 2 Personen (mit mehreren Basisspielen auch mit mehr Personen) |
Zielgruppe | duellierende Kennerspielrunden |
Verlag | White Wizard Games |
Jahr | 2015 |
Wie gesagt, STAR REALMS funktioniert auch wunderbar als digitales Spiel. Um eine Version für seine Lieblingsplattform (PC, Apple-Geräte, Android) zu erlangen, einfach die STAR REALMS Website besuchen.
Dein Review sorgt dafür, dass ich mir Star Realms wohl holen werde.
Hast du schon Hero Realms gespielt? Das soll ja noch besser sein, da es zusätzlich Charakter-Decks gibt etc.
Hallo!
Hero Realms habe ich leider noch nicht spielen können. Allerdings spricht es mich überraschenderweise vom Thema und insbesondere von der Grafik weniger an als Star Realms (dabei lese ich wesentlich lieber Fantasy als Science Fiction). Trotzdem würde ich Hero Realms schon gerne auch mal ausprobieren.
Viele Grüße,
Tobias
PS: Wenn du dir unsicher wegen des Kaufs bist: probier die App aus – besser kann man ein Spiel kaum vorab testen!