Troyes von Sébastien Dujardin, Xavier Georges und Alain Orban – erschienen bei HUCH!
Mit TROYES führe ich schon jahrelang einen inneren Kampf. Dieser begann bereits direkt nach Ankündigung mit Äußerlichkeiten. Die besonderen Illustrationen von Alexandre Roche haben mich nie so wirklich abgeholt. Anders als bei BRUXELLES 1893 hat mich die Optik nicht neugierig gemacht, sondern eher abwarten lassen, was die Spielerschaft von diesem neuen Spiel berichten wird. Die dann eingeholten Meinungen waren sehr unterschiedlich. Es gab die Fraktion, die TROYES feierte – und es gab eine starke Opposition gegen diese Meinung. Somit half alles nichts, ich musste mir selbst eine Bild vom Spiel machen. Und war danach immer noch zwiegespalten. Auf der einen Seite wusste ich nach der Erstpartie überhaupt nicht, was das Spiel eigentlich von mir wollte. Auf der anderen Seite war ich aber auch von dem wilden Mechanismen-Mix fasziniert. Die Irritation sorgte für Motivation. Ich habe mich dann in TROYES reingebissen, bin aber auch jetzt immer noch unsicher, wie ich das Spiel für mich einordnen soll. Mit der Zeit ist es jedenfalls leiser um TROYES geworden und auch bei mir verschwand das Spiel etwas aus dem Blickfeld.
Nun gibt es seit diesem Sommer aber eine deutsche Neuauflage – und schon war der Reiz vorhanden, es doch wieder mit dem Spiel aufnehmen zu wollen. Zwölf Jahre sind seit der Erstveröffentlichung vergangen. Eine lange Zeit, in der unzählige Spiele auf den Markt gekommen sind. Davon besitzen auch viele besondere Würfel-Auswahl-Mechanismen. Allerdings ist TROYES immer noch ein Unikat – und in meinen Augen auch immer noch ein Biest, was ich nicht zähmen kann.
Was bleibt unverändert? Wenn ich es richtig überblickt habe, dann wurde überhaupt nichts verändert. Da ich keine ältere Ausgabe mehr hier zu Hause habe, kann ich mich zum Vergleich nur auf Fotos aus dem Netz stützen. Aber da sind mir genauso wenig Änderungen aufgefallen wie bei der Anleitung, die ich mit einer älteren pdf-Version verglichen habe.
Was ist neu? "Neu" in der Box sind die zusätzlichen vier Karten Bäcker, Bankett, Prior und Widerstand, die im Jahr 2011 als Promo-Karten verteilt wurden. Wirklich neu sind diese Karten somit nicht. Spürbar mehr Abwechslung wird dadurch auch nicht erzeugt. Erst mit der Erweiterung DIE DAMEN VON TROYES wird spürbar mehr Varianz gegeben. Allerdings schaden die neuen Karten auch nicht – selbst wenn ich den Widerstand als Ereignis ziemlich eklig finde.
Ebenfalls hat es nun die Anleitung für das Solo-Spiel nachträglich in die Grundbox geschafft. Diese Variante wurde schon vor längerer Zeit von Shadi Torbey entwickelt und man konnte sich die entsprechende Anleitung herunterladen. Nun ist sie also auch offiziell Bestandteil des Spiels. Es gibt zwar noch eine weiterentwickelte Version dieser Solo-Variante mit Extra-Karten, aber diese hätte zusätzliches Material benötigt und wurde somit nicht realisiert.
Im Endeffekt beinhaltet die Neuauflage somit vier zusätzliche Karten sowie ein zusätzliches Anleitungsblatt, auf dem diese Karten und die Solo-Variante erklärt wird. Nicht unbedingt ein Anschaffungsgrund, wenn man schon ein TROYES zu Hause im Regal stehen hat.
Wie gefällt mir der neue Anstrich? Als ich die Ankündigung dieser Neuauflage gelesen habe, war ich schon ein wenig angefixt. Hat der Verlag etwa noch einmal etwas Hand an das Spiel angelegt? Sollte es am Ende etwas zugänglicher und fein geschliffener sein? Sind Regelanpassungen oder neue Inhalte eingeflossen? So war ich dann doch etwas enttäuscht, als im Endeffekt lediglich das Spiel nur wieder verfügbar gemacht wurde und nicht daran gefeilt wurde. Allerdings wurde auch nie etwas anderes behauptet. Diese Erwartungshaltung habe ich nur aus eigenem Wunschdenken heraus entwickelt.
Trotzdem sehe ich diese Konservierung als verlorene Chance an. Die Spielelandschaft hat sich in den letzten Jahren enorm weiter entwickelt und es schadet manchmal nicht, einen kritischen Blick auf alte Schätze zu werfen. CAYLUS 1303 hat gut vorgemacht, wie ein Spiel erfolgreich entschlackt werden kann ohne dabei seinen reizvollen Kern zu verlieren. So einen Feinschliff hätte ich mir von TROYES auch erhofft – von mir aus auch gerne ohne ein Face-Lifting, weil die besondere Gestaltung schon so etwas wie ein Markenzeichen für TROYES geworden ist.
Stattdessen wurde nun eine Solo-Variante beigefügt, die eigentlich perfekt zu TROYES passt. Denn selten habe ich eine solche Variante weniger intuitiv erlebt als nun. So wie ich anfangs nicht verstanden habe, was das Spiel von mir will erging es mir nun mit dieser Solo-Variante. Das beginnt bei der ungewöhnlichen Handhabung und endet mit der tabellarischen Aufmachung der Ereignisse. Liebhabende von Fußnoten kommen dabei voll auf ihre Kosten. Ich bin das nicht und ich hätte mir hier lieber ein Flussdiagramm gewünscht. Aber da ich ohnehin nicht so der Solo-Spieler bin, ist das für mich keine wirklich Enttäuschung. Ich sehe die Aufmachung dieser Variante nur ebenfalls als verpasste Chance an, wenn man sieht, wie das Solo-Spiel zumindest in der Wahrnehmung der Blase boomt.
Titel | Troyes |
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Autoren | Sébastien Dujardin, Xavier Georges und Alain Orban |
Illustrationen | Alexandre Roche |
Dauer | 90 Minuten |
Personenanzahl | 1 bis 6 Personen |
Zielgruppe | vertrakt denkende Kennerspielrunden |
Verlag | HUCH! |
Jahr | 2022 |
Hinweis | für die Besprechung wurde vom Verlag ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt |
Sieht auf jeden Fall sehr unterhaltsam aus;)
Dennis