Café von Costa und Rôla – erschienen bei Huch!
Ich bin aufgrund der besonderen Stimmung recht gerne in Cafés. Dort – und auch sonst nirgendwo – trinke ich allerdings keinen Kaffee. Nie! Schmeckt mir nämlich nicht. Doch glücklicherweise gibt es in Cafés meist auch feinen Tee oder eine heiße Schokolade. Und Kuchen! Also, wer braucht schon Kaffee, wenn es Kuchen gibt?
Thema... einmal Kaffeekunde in Schnellform. Denn in CAFÉ durchlaufen wir die klassischen Produktionsschritte Anbauen, Trocknen, Rösten und Liefern. Zusätzlich lernen wir dabei noch etwas über Effizienz, da man insgesamt nur wenige Aktionen zur Verfügung hat und diese optimal nutzen will.
Illustrationen... sind von Marina Costa und etwas besonderes. Die Meinungen über die durchaus etwas spezielle Covergestaltung gehen dabei ziemlich auseinander. Ich finde das Endergebnis jedenfalls total hübsch und ansprechend – kann aber auch die Gegenmeinnungen nachvollziehen. Aber lieber eine mutige Gestaltung, als 08–15-Brei. Die Illustrationen des Spielmaterials sind auch weniger speziell und mehr funktional. Das ist auch gut so, da man sich somit auf das Wesentliche konzentrieren kann.
Ausstattung... ist erfreulich kompakt. Denn das Spielmaterial besteht in erster Linie aus großformatigen Karten und vielen kleinen farbigen Holzklötzchen. Mehr braucht es nicht. Die Karten sind dabei in Firmenkarten (zur Organisation des eigenen Spielzugs), Startkarten und Planungskarten unterteilt.
Die Start- und Planungskarten bestehen dabei aus sechs einzelne Feldern. Diese zeigen symbolhaft die verschiedenen möglichen Aktionen. Für die Anbau-Aktion werden dabei die Kaffeebohnen sogar farblich unterschieden. Das Trocknen wird über ein Trocken-Feld dargestellt und das Rösten über eine entsprechende Maschine. Geliefert wird dahingegen an Kaffeehäuser, die alle reale Vorbilder haben. Zusätzlich sind noch einzelne Kaffeetassen und Dampfer abgebildet.
Ablauf... Aus einer offenen Auslage von drei Planungskarten wird sich über acht Runden eine Karte ausgesucht und diese im eigenen "Firmengelände" abgelegt. Dabei müssen aber mindestens zwei Felder von der neuen Karte zwei Felder von den bestehenden Karten überdecken. Je nach Menge der dann zu sehenden Kaffeetassen hat man nun eine entsprechende Anzahl an Aktionen zur Verfügung.
Führt man die Aktionen aus, aktiviert man meist ein zusammenhängendes Symbol-Gebiet. Wird angebaut, dann suche ich mir ein durchgehendes Gebiet aus Kaffeebohnen aus und lege auf jedes leeres Feld davon ein passendes farbiges Klötzchen. Trockne ich diese Bohnen, dann nehme ich meist das Gebiet mit den meisten zusammenhängenden Trocknen-Felder. Denn auf jedes einzelne Feld kann ich dort nun alle vorher angebauten Klötzchen einer Farbe zusammen ablegen. Das Rösten funktioniert ähnlich, nur dass ich nun pro Rösterei alle gleichfarbigen Klötzchen von Trocknen-Felder verarbeite. Nur das Liefern läuft etwas anders ab, da man nun in einem Schritt alle Klötzchen aus den Röstereien entweder auf ausliegende Kaffeehäuser verteilt oder in das eigene Lager legt. Dort bringen diese Klötzchen am Spielende Siegpunkte – oder müssen teilweise ausgegeben werden, um Karten mit den aktionsspendenten Kaffetassen ausspielen zu dürfen. Um das ohne Kosten machen zu dürfen, bedarf es übrigens zwei der Dampfer-Symbole in der eigenen Auslage.
Das gefällt mir nicht so gut: CAFÉ ist sehr interaktionsarm. Denn lediglich bei der Auswahl der Karten kann man vielleicht den Mitspielenden etwas wegnehmen. Anderen Einfluss kann man nicht nehmen. Dieses solistische Spielgefühl finde ich per se gar nicht problematisch. Allerdings kann sich das Auswählen der Karten doch ziemlich in die Länge ziehen, weil die Wahl nicht immer trivial ist. Gerne werden dabei die Karten nacheinander in die Hand genommen und über das Firmengelände gehalten, um die Auswirkungen besser abschätzen zu können. Die Mitspielenden können dabei nur tatenlos zusehen und vielleicht den ein oder anderen hoffentlich gut gemeinten Rat geben. Mehr ist in der Zwischenzeit nicht zu tun (idealerweise nimmt man sich währenddessen ein Stück vom nebenbei zu essenden Kuchen).
Zusätzlich lässt sich aufgrund der überschaubaren Auswahl wenig langfristig planen. Oder anders gesagt: gegen Spielende ist man sehr vom Zufall abhängig, welche Karten in der Auslage liegen und wie diese zum bisherigen Spiel passen. Da habe ich mich den Großteil der Zeit darauf konzentriert, viele braune Kaffeeklötzchen zu produzieren und am Ende bringt das mir gar nichts, weil keine entsprechenden Kaffeehäuser auftreten. Aufgrund der knizia'schen Endwertung des Lagers (man bekommt nur Punkte für die beiden am wenigsten vorhandenen Kaffeesorten), kann man auf einem Berg voll Kaffee sitzen, der nichts bringt. Andere haben dann mehr Glück, weil deren letzten Karten wie die Faust aufs Auge passen.
Um das ein wenig abzumildern, wurde noch eine Fortgeschrittenen-Regel eingeführt, bei der das Erstzugriffsrecht auf die Auslage versteigert wird. Aber so richtig zündet diese Variante auch nicht. Denn oftmals streitet man sich gar nicht um die ein oder andere Karte, so dass dieser Auktionsmechanismus größtenteils verpufft. Viel lieber hätte ich in der Situation Klötzchen ausgegeben, um ein zusätzliches Angebot zu erhalten.
Personen mit einer Farbfehlsichtigkeit können mit dem vorliegenden Material übrigens richtig Pech haben. Die gewählten Farben für die Holzwürfel sind vielleicht durch tatsächliche Farben der Kaffeebohne zu erklären – aber die mangelnde Unterscheidung zwischen rot, grün und gelb kann für Probleme sorgen. Bei den Anbau-Symbolen wurde noch auf eine mögliche Unterscheidung geachtet, bei den Holzklötzchen und den Kaffeehäusern hilft das aber nicht weiter. Auch wenn andere Farben vielleicht weniger thematisch oder weniger hübsch gewesen wären, hätte das doch die Spielbarkeit für einige Menschen deutlich verbessert.
Das gefällt mir gut: CAFÉ ist mit einer gewissen Vorsicht zu genießen. Denn die Gestaltung und die schlanken Regeln lassen ein gemütliches Kaffee-und-Kuchen-Spiel erwarten. Zur Überraschung vieler ist das Spiel dann aber ein kleiner Hirnverzwirbler – und die mag ich meist recht gerne. Insbesondere dann, wenn so wenig Regelaufwand notwendig ist, wie bei CAFÉ.
Dauernd hat man kleine Entscheidungen zu treffen. Die gewichtigste ist sicherlich die Auswahl der folgenden Karte und wie man diese sinnvoll in das eigene Firmengelände integriert. Dabei muss man meist schmerzhaft die ein oder andere bestehende Aktionsmöglichkeit überdecken. Zusätzlich versucht man möglichst große zusammenhängende Flächen herzustellen. Man muss also eine vielfältige "Landschaft" aufbauen – und diese dann so effizient wie möglich nutzen. Dabei kommt es auch auf einen bestimmten Rhythmus an, da die Wahl der Aktions-Reihenfolge durchaus von Belang ist. Ich finde das sehr reizvoll und bin positiv überrascht gewesen, wie viel Spiel doch in der kleinen Box vorhanden ist.
Zusätzlich gefällt mir auch die puristische Ausstattung sehr. Die Box ist angenehm kompakt und gut gefüllt. Somit wird der häusliche rare Regalplatz nicht unnötig beansprucht. Dabei bleibt das Spielgeschehen aber übersichtlich, zumal nicht auf auf hilfreiche Kleinigkeiten verzichtet wird. So ist der weiße Würfel auf der eigenen Übersicht sehr hilfreich, um die durchgeführten Aktionen mitzählen zu können. Kleiner Helfer, große Wirkung.
Mich stört der hohe Glücksanteil am Ende einer Partie übrigens weniger als einige meiner Mitspielenden. Denn bis zu diesem Finale wurde ich angenehm gefordert und aufgrund der Kürze der Spielzeit kann ich auch ein wenig Pech am Ende verkraften. Meist hat man nämlich noch die Zeit, direkt im Anschluss eine Revanche zu spielen. Denn CAFÉ ist normalerweise ein schnelles Spiel, wenn die Mitspielenden nicht in Analyse-Paralyse verfallen. Man kann nämlich recht gut die einzelnen Aktionen simultan durchführen, da schließlich nur die Kartenauswahl nacheinander abgehandelt werden muss.
Fazit: Ist das Grübelbedürfnis der Mitspielenden nicht zu hoch, dann kann eine Partie CAFÉ recht zügig gespielt werden. Aufgrund des leichten Zugangs kann es somit gut als anspruchsvoller Füller für zwischendurch benutzt werden – am besten zu Kaffee/Tee und Kuchen! Ich mag CAFÉ recht gerne, obwohl ich keinen Kaffee mag.
Titel | Café |
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Autoren | Costa und Rôla |
Illustrationen | Marina Costa |
Dauer | 20 bis 45 Minuten |
Personenanzahl | 1 bis 4 Personen |
Zielgruppe | solistisch grübelnde Familienspielrunden |
Verlag | Huch! |
Jahr | 2021 |
Hinweis | für die Besprechung wurde vom Verlag ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt |
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