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kritisch gespielt: ChronoCops Einsteins Relativitätskrise und Da Vincis Universal-Dilemma

ChronoCops Einsteins Relativitätskrise und Da Vincis Universal-Dilemma von Matthias Prinz und Martin Kallenborn – erschienen bei Pegasus Spiele

ChronoCops - Boxen
Bild: Pega­sus Spiele

Moment mal, wo ist mei­ne Ein­lei­tung zu CHRONOCOPS hin? Ich hat­te dafür viel recher­chiert und min­des­tens drei Wiki­pe­dia-Links zum The­ma Zeit­rei­sen ein­ge­fügt. Und nun alles weg? War ich da etwa etwas ganz Gro­ßem auf der Spur und das soll nun ver­tuscht werden?

The­ma... wir sind Chro­no­Cops. Dabei rei­sen wir durch die Zeit und jagen den wahn­sin­ni­gen Pro­fes­sor Knix und sei­ne pel­zi­gen Hel­fer­we­sen. Denn Pro­fes­sor Knix will einen Zeit-Para­do­xo­mat bau­en, der die gan­ze Welt in Cha­os stür­zen wird – und er hat schon mit sei­nen fie­sen Taten begon­nen. Des­we­gen müs­sen wir uns teil­wei­se von der bekann­ten Zeit­ge­schich­te lösen, wol­len wir erfolg­reich sein.

ChronoCops - Einsteins Relativitätskrise - Zeitlinien
meh­re­re Zeit­li­ni­en in EINSTEINS RELATIVITÄTSKRISE

Illus­tra­tio­nen... sind von Fol­ko Stree­se, der sich mit der Gestal­tung von Aben­teu­er­spie­len aus­kennt – hat er doch an diver­sen ADVENTURE GAMES mit­ge­wirkt. Bei CHRONOCOPS soll über den gewähl­ten Stil deut­lich gemacht wer­den, dass nicht alles bier­ernst zu neh­men ist. Die­se Auf­ga­be wird erfüllt, auch wenn mir per­sön­lich die Gestal­tung etwas zu sehr auf wit­zig getrimmt ist.

ChronoCops - Einsteins Relativitätskrise - Übersicht
Aus­stat­tung eines ChronoCops

Aus­stat­tung... ist in den ein­zel­nen Boxen ähn­lich. Neben gro­ßen Kar­ten, die man als ver­schie­de­ne geschlos­se­ne Zeit­li­ni­en aus­legt, ist noch eine Viel­zahl klei­ne­rer Kar­ten im Ange­bot. Die­se unter­tei­len sich in num­me­rier­te Aben­teu­er­kar­ten, eben­falls durch­num­me­rier­te Tipp­kar­ten sowie vier Ant­wort­kar­ten. Wesent­lich prä­gnan­ter ist aber der dop­pel­sei­tig bedruck­te Deco­der. Die grü­ne Rück­sei­te wird für die Tipps gebraucht, die blaue Vor­der­sei­te für die eigent­li­chen Ent­schei­dun­gen im Aben­teu­er. Nicht zu ver­ges­sen sind die klei­nen Papp-Zeit­kap­seln, mit denen wir unse­re Erfol­ge festhalten.

Ablauf... die Spiel­idee von CHRONOCOPS basiert auf den klas­si­schen Point-and-Click-Adven­tures, die ich aber in mei­ner Jugend ver­passt habe, da ich mich lie­ber stun­den­lang mit Fuß­ball-Mana­gern aus­ein­an­der­ge­setzt habe.

ChronoCops - Einsteins Relativitätskrise - Einstieg
Ein­satz­be­spre­chung mit Com­man­der Karla

Zu Beginn unse­res Aben­teu­ers gibt es eine Ein­satz­be­spre­chung, in der grob gesagt wird, was wir zu tun haben. Dann wer­den uns ver­schie­de­ne Zeit­li­ni­en in Form von ver­deck­ten Kar­ten­sta­peln auf­ge­zeigt, wobei min­des­tens eine davon geöff­net ist. Die­se kön­nen wir nun näher unter­su­chen und erle­ben dann eine wech­sel­vol­le Geschich­te quer durch die Zeit.

ChronoCops - Einsteins Relativitätskrise - Wegweisung
wei­ter geht es mit Kar­te 43

Wäh­rend die­ser Rei­se müs­sen wir klei­ne Rät­sel lösen und eini­ge Ent­schei­dun­gen tref­fen. Dabei hilft uns der Deco­der und die Ant­wort­kärt­chen. Denn über eine aus­ge­klü­gel­te Anzei­ge bekom­men wir dar­über mit­ge­teilt, wel­che neu­en Aben­teu­er­kar­ten wir nun zie­hen dür­fen. Bes­ten­falls öff­net sich dadurch eine neue Zeit­li­nie, schlimms­ten­falls müs­sen wir Zeit­kap­seln abge­ben. Und ganz am Ende tref­fen wir natür­lich auf den Ober-Böse­wicht Pro­fes­sor Knix!

Das gefällt mir nicht so gut: Mei­nem Emp­fin­den nach hät­te es die Zeit­kap­seln nicht gebraucht. Ich bin aber ohne­hin kein Fan von Wer­tun­gen am Ende sol­cher Spie­le. Mich inter­es­siert es nicht, ob ich ein Escape-Spiel mit 6 oder 4 Ster­nen abge­schlos­sen habe, für mich ist der Weg dort­hin wich­ti­ger als das Ergeb­nis. So auch bei CHRONOCOPS. Ich möch­te ger­ne unter­hal­ten wer­den und nicht am Ende gesagt bekom­men, ob ich nun effi­zi­ent dabei war oder nicht. Denn damit geht die Lust am Aus­pro­bie­ren ver­lo­ren. Natür­lich ahne ich, dass die Kom­bi­na­ti­on von die­sem Gegen­stand mit die­ser Per­son viel­leicht nicht sinn­voll ist, aber ich möch­te das aus Neu­gier trotz­dem ger­ne ver­su­chen. Ich möch­te mit den Situa­ti­on im wahrs­ten Sin­ne spie­len und nicht ver­su­chen, die Wege des Lösungs­buch so exakt wie mög­lich zu treffen.

ChronoCops - Da Vincis
mehr zu tun bei DA VINCIS UNIVERSAL-DILEMMA

Der zwei­te Fall DA VINCIS UNIVERSAL-DILEMMA ist spür­bar umfang­rei­cher als der ers­te Fall EINSTEINS RELATIVITÄTSKRISE. Für eini­ge Grup­pen dau­ert er somit aber zu lan­ge. Die­ses Gefühl ist sicher­lich auch davon abhän­gig, wie gut oder schlecht man durch­kommt. Aber DA VINCIS UNIVERSAL-DILEMMA bie­tet auch deut­lich mehr Ver­zwei­gun­gen, weil nun vier zusätz­li­che Zeit­li­ni­en im Spiel sind. Dies mün­de­te aber ledig­lich in einer län­ge­ren Spiel­zeit und nicht etwa in einer grö­ße­ren Tie­fe. Denn mecha­nisch macht man immer noch das Glei­che. Nur je län­ger es dau­ert, umso generv­ter kann man vom Kar­ten­ma­nage­ment sein. 

ChronoCops - Da Vincis Universal-Dilemma - Tipp
nur Tipps und kei­ne Lösungen

Die­se ange­spro­che­ne Grup­pe hat­te zudem auch das Pro­blem, dass sie ein­mal hän­gen geblie­ben ist und dann die hel­fen­den Tipps nicht aus­rei­chend gehol­fen haben. Denn die­se sind nun ein­mal Tipps und kei­ne Lösun­gen. Wenn man aber auf dem Schlauch steht, dann will man irgend­wann kei­ne unkla­ren Hin­wei­se haben, son­dern ein­deu­ti­ge Hand­lungs­an­wei­sun­gen. In die­sem Kon­text hät­te ich mir ein Hil­fe-Sys­tem wie bei den EXIT-Boxen gewünscht. Erst Hin­wei­se, dann spä­ter aber auch ein­deu­ti­ge Lösun­gen, damit kei­ne Sack­gas­sen ent­ste­hen und eine Per­son gezwun­gen ist, sich schon ein­mal die Aben­teu­er­kar­ten anzu­se­hen, damit es für die Grup­pe wei­ter geht. 

Ich habe es oben schon ange­deu­tet: mir gefal­len die Illus­tra­tio­nen nicht. Das ist natür­lich total sub­jek­tiv und Geschmacks­sa­che, aber mir wäre eine etwas weni­ger kind­li­che Gestal­tung deut­lich lie­ber gewe­sen. Das ver­gleich­ba­re CANTALOOP zeig­te gut, dass ein spe­zi­el­ler Humor pro­blem­los durch dezen­te­re Illus­tra­tio­nen ver­mit­telt wer­den kann. Bei CHRONOCOPS wirkt die Gestal­tung auf mich alles ein wenig zu gewollt lustig.

ChronoCops - Da Vincis Universal-Dilemma - Karten
kei­ne lan­gen Tex­te auf klei­nen Karten

Das gefällt mir gut: Nach­dem ich nun schon CANTALOOP genannt habe, kann ich auch gleich bei die­sem Spiel blei­ben – und mich sofort einem Ver­gleich ent­zie­hen. Für mich sind das zwei völ­lig unter­schied­li­che Kon­zep­te, was auch durch die Äußer­lich­kei­ten ver­mit­telt wird. CANTALOOP ist ein Spiel­buch. Da set­ze ich mich allei­ne oder zu zwei davor, lese vie­le Tex­te und tüf­te­le mich durch die Geschich­te. CHRONOCOPS dahin­ge­gen ist eher etwas für Grup­pen. Die Tex­te auf dem Kar­ten sind ver­gleichs­wei­se kurz gehal­ten, so dass man die­se schnell vor­le­sen kann. Die "Rät­sel" kön­nen in der Regel gemein­sam durch Vor­stel­lungs­kraft gelöst wer­den, so dass man kein Mate­ri­al extra in die Hän­de neh­men muss und ent­täuscht ist, wenn das gera­de jemand ande­res unter­sucht. Ob jetzt 6 Per­so­nen eine opti­ma­le Anzahl ist, kann man kri­tisch hin­ter­fra­gen. Aber zumin­dest kann man es recht pro­blem­los in grö­ße­ren Grup­pen spie­len und gemein­sam eine gute Zeit haben.

Dabei ist es dann hilf­reich, nicht alles zu ernst zu neh­men. Oder anders gesagt: man muss sich von sei­nem Wis­sen lösen und Spaß am Fabu­lie­ren ent­wi­ckeln. Es geht näm­lich nicht dar­um, durch Geschichts­wis­sen zu glän­zen und die His­to­rie akku­rat nach­zu­spie­len. Im Gegen­teil, der Witz an CHRONOCOPS besteht dar­in, alter­na­ti­ve Zeit­strän­ge zu erzeu­gen und durch geziel­te Ein­grif­fe das Gesche­hen in die ein oder ande­re Rich­tung zu ver­än­dern. Die­se Mög­lich­kei­ten, die durch Zeit­rei­sen ent­ste­hen, wer­den erzäh­le­risch sehr schön umge­setzt. Natür­lich hät­te man ger­ne noch den ein oder ande­ren alter­na­ti­ven Erzähl­strang erlebt und man fühlt sich etwas zu sehr auf Schie­nen unter­wegs. Aber die ein­zel­nen Geschich­ten wis­sen durch ihre Vol­ten zu über­zeu­gen und so bleibt die Spiel­zeit kom­pakt. Noch mehr Ver­äs­te­lun­gen wür­den einen höhe­ren Zeit­be­darf nach sich zie­hen. Doch wie so oft liegt in der Kür­ze die Würze.

ChronoCops - Einsteins Relativitätskrise - offene Zeitlinie
klei­ner Blick in die Zukunft (oder Vergangenheit)?

Mecha­nisch funk­tio­niert auch alles ein­wand­frei. Der Deco­der erfüllt sei­nen Zweck und lei­tet einen gut durch das Aben­teu­er. Am Spie­len­de kann man alle Kar­ten wie­der zurück set­zen und eine ande­re Grup­pe kann sich ins Aben­teu­er stür­zen. Bei den ein­zel­nen Zeit­li­ni­en kann man kri­ti­sie­ren, dass man schon auf Zeit­punk­te hin­ge­wie­sen wird, die man noch gar nicht ken­nen kann. Aber somit erhält man auf der ande­ren Sei­te auch eine Ahnung und außer­dem gibt es durch­aus auch die ein oder ande­re Sack­gas­se, in die man somit gera­ten kann. 

Fazit: CHRONOCOPS über­zeugt durch sei­nen Humor und die kon­se­quen­te Anwen­dung des Zeit­rei­se-Gedan­kens. Man muss Din­ge in der Gegen­wart, Ver­gan­gen­heit oder Zukunft tun, um damit die Gegen­wart, Ver­gan­gen­heit oder Zukunft zu ver­än­dern. Dabei darf man nicht zim­per­lich sein und ger­ne in die uns bekann­te Ver­gan­gen­heit ein­grei­fen. Hof­fen wir mal, dass das nur eine ver­rück­te Idee ist...

TitelChro­no­Cops Ein­steins Rela­ti­vi­täts­kri­se und Da Vin­cis Universal-Dilemma
AutorenMat­thi­as Prinz und Mar­tin Kallenborn
Illus­tra­tio­nenFol­ko Streese
Dau­er60 bis 150 Minuten 
Per­so­nen­an­zahl1 bis 6 Personen
Ziel­grup­peFami­li­en­spiel­run­den mit Sinn für Humor
Ver­lagPega­sus Spiele
Jahr2022
Hin­weisfür die Bespre­chung wur­de vom Ver­lag ein
Rezen­si­ons­exem­plar zur Ver­fü­gung gestellt

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