Claim von Scott Almes – erschienen bei Game Factory
Vorsicht, es gibt schon wieder eine Covid-19-gefärbte Einleitung – auch wenn ich selbst wenig Lust darauf habe. Wie wohl viele andere auch, verspüre ich kaum noch den Drang, mich mit diesem Thema intensiv auseinander setzen zu wollen. Aber was soll man machen? Dieses blöde Virus ist nun einmal das bestimmende Thema in unserem Alltag und so spielt es überall ein. Ich bin es leid, ich bin müde. Aber darauf nimmt das Virus leider keine Rücksicht. So ist also positives Denken angesagt. Bekanntlich gilt es, immer das Gute in den Dingen zu suchen und glücklicherweise wird man meist auch fündig. So konnte ich bspw. die Covid-19-Zeit dafür nutzen, mich intensiver mit CLAIM auseinander zu setzen – und ihr habt nun etwas zum Lesen.
Thema... mal wieder gilt es, einen verwaisten Thron zu besetzen. Wobei auf diesen Thron möchte ich mich gar nicht setzen, sieht die darauf liegende Krone doch ziemlich spitz aus. Aber das soll nicht das Problem sein, schließlich ist man kein Dummerchen und kann die vorher zur Seite legen. Ohnehin sollte man eher das Gegenteil sein, wenn man zukünftig über das Reich herrschen will. Doch auch wenn wir Ritter, Gestaltenwandler oder gar Zyklope im Kampf um den Thron für uns nutzen, geht es im Endeffekt nur darum, cleverer zuzustechen als die anderen. Dabei reicht es allerdings aus, sich auf eine gegnerische Person zu konzentrieren, da CLAIM im Basisspiel ein lupenreines 2‑Personen-Spiel ist.
Illustrationen… sind von The Micu (Mihajlo Dimitrievski) und ein echtes Highlight. Ein wenig habe ich mich zwar schon an seinem Stil satt gesehen, was mich aber nicht davon abhält, mir jede neue Karte bei CLAIM genauestens anzusehen und dabei in Jubelstürme auszubrechen. Dort sind so viele liebevolle Details versteckt, dass ich vollends verstehen kann, warum die grafische Gestaltung von CLAIM für den Graf Ludo 2019 nominiert war.
Ausstattung… besteht nicht nur in erster Linie, sondern ausschließlich aus Karten. Die Grundbox von CLAIM sowie CLAIM 2 beinhalten jeweils 5 unterschiedliche Fraktionen, die man unter bestimmten Bedingungen durchmischen kann. Die zusätzlichen Erweiterungen (ORTE, MAGIE und SÖLDNER) bringen einerseits neue Fraktionen mit sich, aber auch weitere Funktionen wie bestimmte Begleiter oder Zaubertränke. Doch davon unten mehr, wenn ich näher auf die einzelnen Verstärkungs-Boxen eingehe.
Wichtig sind übrigens in allen Boxen die Übersichtskarten, die kurz und prägnant die Funktionen der einzelnen Fraktionen erklären. Somit kommen die Karten mit wenig Symbolen aus und man kann mehr die Illustrationen genießen. Alles, was über die Fraktions-Fähigkeiten hinaus geht, wird dann per Text erklärt, so dass man nicht von Symbolen erschlagen wird.
Ablauf… Eine Partie CLAIM wird in zwei Phasen gespielt. Dabei ist das eigentliche Spielprinzip in beiden Phasen unverändert und für die meisten von uns leicht zu verstehen. Denn CLAIM ist ein klassisches Stichspiel. So müssen Fraktionen bekannt werden und die jeweils höhere Karte gewinnt – wobei die unterschiedlichen Fraktionen immer kleine Regeländerungen mit sich bringen. Beide Phasen werden mit jeweils 13 Handkarten begonnen, so dass immer 13 kleine Stich-Duelle ausgetragen werden.
Die Besonderheit liegt darin, dass man in Phase 1 um die Karten spielt, mit denen man dann in Phase 2 das Spiel gewinnen will. Man macht also so etwas wie Deckbau in einem Stichspiel. Dabei wird in Phase 1 immer eine Karte offen vom Nachziehstapel aufgedeckt. Wer den Stich gewinnt, erhält diese Karte und die verlierende Seite muss sich stattdessen eine verdeckte Karte vom Nachziehstapel nehmen. Im Anschluss werden die gespielten Karten zur Seite gelegt. In Phase 2 spielt man dahingegen um beide Karten, mit denen der Stich gebildet wird. So sammelt man nach und nach Karten und gewinnt, wenn man am Ende die Karten-Mehrheit von mindestens 3 der 5 teilnehmenden Fraktionen erringt.
Das gefällt mir nicht so gut: Aufgrund der 5 Fraktionen bei nur 13 Karten passiert es häufig, dass man schon anfangs nur wenig bis gar keine Karten einer Fraktion auf der Hand hält. Man ist dadurch manchmal etwas zu sehr davon abhängig, ob man ausspielen darf oder nicht. Oder anders gesagt: zwischen ich bekomme nun die nächsten sechs Stiche bis ich gewinne keinen einzigen mehr, liegt manchmal nur ein Punkt Differenz bei einer Bestimmung des Stichsieges. CLAIM ist somit weniger planbar als ich mir das manchmal wünschen würde.
Dieser fehlende Einfluss trifft übrigens auch auf den Deckbau-Mechanismus in Phase 1 zu. Nur durch das Gewinnen der Stiche kann man aktiv sein Deck für die Phase 2 bestimmen. Wenn man verliert, bekommt man zufällig eine Karte zugeteilt. Diese kann sogar perfekt für später passen, nur hat man darauf eben keinen Einfluss.
Somit wird auch deutlich, dass Glück eine wichtige Rolle bei CLAIM spielt. Das finde ich gar nicht verwerflich, denn etwas anderes erwarte ich gar nicht von einem lustigen 2‑Personen-Spiel, was man in 15 bis 20 Minuten gespielt hat. Das Glück wird nur dann ausgehebelt, wenn eine Person derart geübt in Stichspielen ist, dass diese durch Mitzählen der Kartenwerte in Phase 1 schon die Kartenverteilung in Phase 2 bestimmen kann. Das klingt nach einem theoretischen Fall, allerdings habe ich das schon erleben dürfen. Dann war CLAIM nicht mehr chaotisch-lustig, sondern eher witzlos. Bei mir reicht dafür glücklicherweise die Denkleistung nicht aus, so dass ich CLAIM mehr aus dem Bauch heraus als mit dem Kopf spiele. Aber wer eher ein strategisches 2‑Personen-Stichspiel sucht, sollte sich wohl besser mit DER FUCHS IM WALD befassen.
Das gefällt mir gut: Ich sehe CLAIM als eine taktische Herausforderung an. Wie kann ich mich in Phase 1 für die anstehende Phase 2 rüsten? Will ich wirklich den Stich gewinnen, wenn es dafür nur einen 3er-Toll gibt? Wenn man nur wüsste, was als verdeckte Karte stattdessen verteilt wird. Und wie kann ich dann mit meinen erspielten Karten in Phase 2 erfolgreich die Mehrheiten manipulieren? Kann ich mir währenddessen ansatzweise merken, welche Karten schon gespielt wurden? Bei den mir wichtigen Fraktionen gelingt mir das halbwegs, aber in der Summe sind mir das zu viel Informationen, als dass ich mir das alles merken kann (und will). Somit bin ich immer wieder überrascht, in welche Richtungen sich die Partien entwickeln können. Oft genug sah ich mich nach der Hälfte von Phase 2 schon als sicheren Sieger, um dann noch böse Überraschungen zu erleben.
Die besten Momente erschafft CLAIM dann, wenn der letzte Stich entscheidet – und man durch die eigene Unfähigkeit vorher nicht abzuschätzen weiß, welche Karten daran noch beteiligt sind. So aus dem Bauch heraus gespielt ist CLAIM ein Fest, was definitiv auch schon als Familienspiel funktioniert. Denn das Spielprinzip ist schnell verinnerlicht und die Fähigkeiten der Fraktionen sind auch nicht überbordend kompliziert. Vor allem Kinder mögen auch das direkte Spielprinzip. Nach jeder gespielten Karte passiert etwas. Mal ärgert man sich, mal freut man sich. Zu jeder Zeit werden Emotionen frei. Hinzu kommt die spielerische Gestaltung, die dem Ganzen etwas die Schwere nimmt und darauf verweist, dass das Spiel sich selbst nicht all zu bierernst nimmt. In diesem Zusammenhang ist auch die Kreativität bei den unterschiedlichen Fraktionen zu loben. Deren Fähigkeiten sind oftmals überzeugend im Einklang mit deren Benennung.
Allerdings lohnt es sich, in die ein oder andere Erweiterung zu investieren, da diese neue Fraktionen und somit mehr Abwechslung ins Spiel bringen. Die zusätzlichen Boxen sind somit für mich das Salz in der Suppe. Ähnlich wie ich DOMINION nicht immer mit den gleichen Karten spielen würde wollen, möchte ich auch bei CLAIM gerne abwechselnde Kombinationen ausprobieren. Denn spielt man mit den Zwergen, dann muss man anders agieren als wenn die Riesen mit von der Partie sind. Für eine solche Abwechslung reicht schon eine Erweiterungs-Box, eine zweite kann aber nicht schaden. Deswegen werde ich diese Boxen gleich etwas näher beleuchten.
Fazit: CLAIM ist ein schönes Hauen und Stechen für zwei Personen, die sich nicht zu sehr mit Kartenverteilungen auseinandersetzen wollen. Mir gefällt es als schnelles Duell für Zwischendurch, wofür sich insbesondere CLAIM POCKET eignet, da man es überall hin mitnehmen kann.
Claim 2
CLAIM 2 ist eine eigenständige Box, die auch ohne CLAIM gespielt werden kann. Der Grund dafür ist, dass auch CLAIM 2 fünf Fraktionen anbietet, die alle komplett neue Funktionen haben – ohne allerdings das Spiel elementar zu verändern. Zusätzlich ist es nun auch möglich, zusammen mit CLAIM eine 3er- oder 4er-PArtie zu spielen. Allerdings sehe ich dafür wenig Anreiz, denn in solchen Konstellationen bringe ich dann lieber die Klassiker auf den Tisch. Wenn ich schon ein stichiges Teamspiel erleben will, dann wird gleich Doppelkopf ausgepackt (was nun eine perfekte Vorlage ist, nochmals auf DOUBLEHEAD KIDS aufmerksam zu machen, was in meinen Augen immer noch zu wenig Beachtung erfährt). Die Fraktionen von CLAIM 2 gefallen mir bis auf die "Seher" insgesamt aber weniger gut, weswegen ich immer CLAIM vorziehen würde.
CLAIM und CLAIM 2 sind somit die Basis-Boxen, die man für die nun nachfolgenden VERSTÄRKUNGEN benötigt. Diese sind:
Verstärkung Orte
Die VERSTÄRKUNG ORTE bringt neben drei neuen Fraktionen auch die Namen gebenden Orte mit ins Spiel. Diese unterscheiden sich in Gebäude und Gegenden. Maximal spielt allerdings immer nur mit einem Ort aus diesen beiden Kategorien. Diese Orte ändern schon wesentlich deutlicher die bestehenden Regeln, was nicht in allen Fällen eine Verbesserung des Spielablaufs darstellt. Aus diesem Grund haben es die Orte bei uns schwer. Aber dafür sind die drei enthaltenen Fraktionen allesamt Highlights, weswegen diese Erweiterung in meinen Augen trotzdem lohnenswert ist. Vor allem Harry Potter Fans finden mit den Phönixen und den Basilisken nette Anknüpfungspunkte. Die Phönixe, die als Feuerphönixe wieder auferstehen können, sorgen zudem dafür, dass CLAIM in Phase 2 nicht mehr völlig durch kalkuliert werden kann, weil nun eine unbekannte Variable ins Spiel kommt.
Verstärkung Magie
Die VERSTÄRKUNG MAGIE hat ebenfalls drei neue Fraktionen im Gepäck, die alle frischen Wind ins Spiel bringen. Besonders die Zauberer sind dabei interessant, da man mit diesen Zaubertränke zu sich nehmen kann. Diese verstärken später dann den eigenen Kartenwert – sofern man nicht das Pech hat, einen Zaubertrank mit negativem Wert an sich genommen zu haben. Da das Nehmen aber verdeckt geschieht, stellen die Zaubertränke eine Unbekannte dar, die das Chaos nochmals vergrößert – und damit auch die Emotionen. Außerdem kann man sich nun mit Artefakten ausstatten. Von diesen 18 Gegenständen im Angebot bekommt man anfangs zufällig drei Stück auf die Hand, die man dann im Laufe der Partie zum geeigneten Zeitpunkt ausspielen kann, um die Regeln ein wenig anders auslegen zu dürfen. In meinen Augen sind diese Artefakte aber verzichtbar, da sie nur begrenzt einsetzbar sind und eher die Spielzeit durch eine weitere Entscheidungsebene erhöhen, ohne dass dadurch der Spielspaß deutlich ansteigt. Allerdings muss man zugestehen, dass aufgrund der Artefakte das Spiel auch nicht mehr durchrechenbar ist und bis zum Ende Überraschungen parat halten kann. Da das allerdings noch nie unser Problem war, verzichten wir meist auf dieses Element.
Verstärkung Söldner
Auch die VERSTÄRKUNG SÖLDNER bringt mit den Helden Karten mit einmaligen Fähigkeiten ins Spiel. Diese Helden ersetzen allerdings schon bei der Vorbereitung zufällig fünf Fraktionskarten, so dass nun auch die "Kartenmitzählenden" effektiv an ihre Grenzen stoßen. Schließlich weiß man vorher nicht, welche Karten aus dem Spiel genommen wurden. Ansonsten sind die Helden-Fähigkeiten vergleichbar mit manchen Fraktionen und somit auch nicht zu übermächtig. Ansonsten erhöht sich mit den SÖLDNERN auch die Auswahl um drei weitere neue Fraktionen. Mit dabei ist auch mit den "Elks" eine ganz neuer Kartentyp: halb Elf, halb Ork darf man sich bei jedem Stich aussuchen, was diese Karte im Zweifelsfall sein soll. Dieses Element gefällt uns ebenfalls sehr gut, so dass die SÖLDNER in einer persönlichen Rangfolge vor den ORTEN, aber hinter der MAGIE stehen.
Claim Pocket
Eine echte Empfehlung ist übrigens CLAIM POCKET. Wie auch das ebenfalls zu unterhalten wissende GOLD kommt CLAIM POCKET in einer kleinen praktischen Blechdose daher und passt somit wunderbar in jede Hosentasche. Der Inhalt ist deckungsgleich mit CLAIM, nur dass nun sogar mit den Geistern noch eine exklusive Fraktion hinzukommt. Man hat also schon mit der kleinsten Box etwas Varianz, so dass CLAIM POCKET der ideale Einstieg ist – und bspw. perfekt als Oster- oder Nikolausgeschenk geeignet ist
Titel | Claim & Co |
---|---|
Autor | Scott Almes |
Illustrationen | The Micu (Mihajlo Dimitrievski) |
Dauer | 15 bis 20 Minuten |
Personenanzahl | 2 Personen |
Zielgruppe | stichelnde Duellanten |
Verlag | Game Factory |
Jahr | 2018 (Grundspiel) |
Hinweis | für die Besprechung wurden vom Verlag Rezensionsexemplare zur Verfügung gestellt |
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