Codex Naturalis von Thomas Dupont – erschienen bei HUCH!
Natürlich konnte ich der Versuchung nicht widerstehen und habe in Vorbereitung zu diesem Beitrag bei Wikipedia nach Codex Naturalis gesucht. Pustekuchen, den gibt es gar nicht. So habe ich nur allgemein etwas über Kodizes bzw. Kodexe gelesen – und kam eine Stunde später als gewollt ins Bett, weil ich mal wieder auf einer wilden Wikipedia-Link-Party versackt bin.
Thema... Laut Beschreibung sollen wir die Manuskript-Seiten des Codex Naturalis neu zusammensetzen. Diese Sammlung soll geheime Aufzeichnungen von verschiedenen Spezies der vier Königreiche zeigen. Also genau dieser vier Königreiche, ihr wisst schon, oder?
Wenn nicht, auch nicht schlimm! Denn das Thema ist komplett aufgesetzt. Im Kern ist CODEX NATURALIS ein abstraktes Legespiel. Durch den Titel und die damit verbundenen besonderen Illustrationen weckte es aber bei mir Interesse – und damit war die Wahl des Themas zumindest einmal von Erfolg gekrönt.
Illustrationen... sind von Maxime Morin und eine echte Augenweide. Man fühlt sich beim Betrachten der Karten tatsächlich an Abbildungen aus alten Folianten erinnert. Hinzu kommen viele kleine grafische Spielereien, die meist das Eintauchen in eine entspannte Stimmung begünstigen.
Ausstattung... qudratisch, praktisch, gut. Der Handel klagt zwar gerne über Blechdosen, aber zu CODEX NATURALIS passt eine solche schon perfekt. In der Dose befinden sich dann ein paar farbige Holzscheiben und eine Menge Karten. Diese unterteilen sich in Startkarten, Aufgabenkarten sowie Ressourcen- und Goldkarten. Wobei irgendwie alle Karten als Goldkarten bezeichnet werden könnten. Denn immer wenn besondere Elemente auf den Karten auftauchen, sind diese golden beschichtet. Bei den Goldkarten weiß man nur schon im Vorfeld, dass solche siegpunktbringende Elemente zu erkennen sind.
Ansonsten zeigen die Ressourcen- und Startkarten bis zu vier unterschiedliche Symbole an. Die meisten sind davon in den Ecken zu finden – was allerdings Nachteile hat, da diese im Spielverlauf wieder überdeckt werden.
Ablauf... zu Beginn bekommt man eine Startkarte zugeteilt und man erhält schon mal zwei "normale" Ressourcenkarten und eine Goldkarte auf die Hand. Dann wählt man aus zwei zugeteilten Auftragskarten geheim eine aus – zwei andere Auftragskarten liegen offen für alle Mitspielenden schon aus. Nun geht die Partie los. Dabei legt man eine Karte aus der Hand an die Startkarte an, so dass sich eine Ecke überdeckt. Um auf diese Art Goldkarten ausspielen zu können, muss man vorher allerdings die geforderte Anzahl an Ressourcen in der eigenen Auslage sehen können. Manchmal erhält man nun für das Ausspielen Siegpunkte.
Danach nimmt man sich wieder eine neue Karte auf die Hand. Im Angebot befinden sich dabei offen zwei Ressourcenkarten und zwei Goldkarten. Zusätzlich darf man auch eine Karte vom verdeckten Nachziehstapel ziehen. Das ist nicht ganz so banal, wie es auf dem ersten Blick klingen mag. Denn man kann beim Ausspielen auch immer die Karten mit der Rückseite ausspielen. Dort zeigt sich mittig ein Symbol und hat immer vier freie Ecken für das spätere Überbauen. Zusätzlich gibt das Symbol der Rückseite Anhaltspunkte, was für Symbole auf der Vorderseite zu sehen sein werden.
Sobald eine Person auf diese Art und Weise 20 Punkte erreicht hat, wird noch die aktuelle Runde beendet und eine finale gespielt. Anschließend wertet man die einzelnen Aufgabenkarten aus.
Das gefällt mir nicht so gut: Die Gestaltung finde ich wunderschön – sie ist aber leider auch ziemlich unpraktisch. Die Goldbeschichtung der Karten sorgt einerseits dafür, dass man bei einem unglücklichen Lichteinfall kaum etwas auf den ausliegenden Karten erkennen kann. Anderseits ist sie aber auch nicht eindeutig genug, um die Karten am Ende wieder schnell auseinander sortieren zu können. Klassischer Fall von gut gemeint, aber nicht gut gemacht.
Auch die Anordnung der Punktestände auf der Zähltafel ist leider unübersichtlich bzw. wird intuitiv nicht richtig erfasst. Ganz oft passieren Fehler bei der Punkteberechnung, weil man die Scheiben in die falsche Richtung weiter schiebt.
Außerdem ärgere ich mich jedes Mal beim Start, dass ich erst die Startkarte platzieren soll und dann erst die Ressourcenkarten sowie die persönliche Aufgabenkarten erhalte. Denn oftmals habe ich mit diesen zusätzlichen Informationen den Drang verspürt, die Startkarte doch anders herum zu legen. Natürlich kann man das hausregeln, aber unglücklich finde ich diese Regel trotzdem.
Das gefällt mir gut: CODEX NATURALIS besticht durch sein einfaches Konzept. Die Regeln sind in fünf Minuten erklärt und verstanden, schon kann die Partie beginnen. Diese dauert auch nur überschaubare 20 bis 30 Minuten und in der Zwischenzeit fühlt man sich zwar gefordert, aber nie überfordert. Die ständig zu treffenden Entscheidungen haben dabei eine angenehme Tiefe. Es ist nicht trivial, was man macht, aber man kann auch nicht wirklich etwas falsch machen.
Bei CODEX NATURALIS ist man dauernd in dem verzwickten Zwiespalt, dass man eigentlich gar keine Symbole überdecken will, weil man die entweder für das Ausspielen der Karten oder für die Endwertung benötigt. Durch manche Aufgabenkarten sind dann auch noch bestimmte räumliche Anordnungen zu beachten, die man sich leider viel zu schnell verbaut, weil man nicht achtsam genug ist. So muss man schon konzentriert sein – aber durch die Leichtigkeit des Spielprinzips ist das nicht anstrengend. So empfinde ich das ganze Spiel im Vergleich zum ähnlichen CAFÉ deutlich zugänglicher.
Gut gefällt mir auch, dass durchaus unterschiedliche Wege zum Sieg bestehen. Man kann sich einerseits auf die Aufgabenkarten konzentrieren, oder man macht sich frei davon und versucht lieber mithife der einzelnen Ressourcenkarten zu punkten. Dabei drückt man gerne auch auf das Spieltempo, damit die anderen nicht so gut ihre Aufgabenkarten erfüllen können. Durch die geheimen Aufgabenkarten ist das aber auch nicht komplett durchzurechnen, denn schließlich weiß man nicht, für welche Karten die Mitspielenden noch Punkte erhalten. Allerdings spekuliert man diesbezüglich gerne ein wenig und versucht durch gezieltes Nehmen aus der Auslage die anderen etwas auszubremsen. Entsprechend kommen durchaus Emotionen beim Spielen auf, auch wenn CODEX NATURALIS größtenteils eine solistische Angelegenheit ist.
Für CODEX NATURALIS benötigt man übrigens etwas Platz. So kompakt die Box auch ist, auf den beengten Tischen der Bahn wird man keine Partie spielen können. Denn die Karten wollen sich ausbreiten. Das dann entstehende Gebilde ist zwar eher abstrakter Natur und hat nicht mit einer Manuskriptsammlung am Hut. Es ist aber trotzdem irgendwie auch schön.
Fazit: CODEX NATURALIS ist eines meiner aktuellen Lieblingsspiele. Ich mag die abwechslungsreichen Aufgaben und die kleinen Knobeleien – ohne dass sich das Spiel dabei anstrengend anfühlt. Zusätzlich empfinde ich das Material als wunderschön, auch wenn die Goldelemente leider unpraktisch sein können.
Titel | Codex Naturalis |
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Autor | Thomas Dupont |
Illustrationen | Maxime Morin |
Dauer | 20 bis 30 Minuten |
Personenanzahl | 2 bis 4 Personen |
Zielgruppe | entspannte Familienspielrunden |
Verlag | HUCH! |
Jahr | 2021 |
Hinweis | für die Besprechung wurde vom Verlag ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt |
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