Die Baumeister des Colosseum von Klaus-Jürgen Wrede erschienen bei Schmidt Spiele
Dies ist ein Update des Ersteindrucks!
Manche Spiele lassen sich schwer erklären, Meistens ist es dann besser, eine Probepartie zu spielen, um die ungewöhnlichen Abläufe zu verinnerlichen. MIT LIST UND TÜCKE fällt mir da z.B. ein, aber auch RAPA NUI von Klaus-Jürgen Wrede. Ein tolles Kartenspiel mit einer schwer zu erklärenden Wertung. Wie das auch einfacher geht, hat Wrede nun selbst mit DIE BAUMEISTER DES COLOSSEUM gezeigt. Aber ist das neue Spiel auch genauso spannend und gut?
Thema... ist wohl dem Massenmarkt geschuldet und somit eher gewöhnlich. Die Spieler sind BAUMEISTER DES COLOSSUEM und müssen zur Errichtung der Seiten-Fertigteile entsprechende Baustoffe abgeben. In meinem Bauingenieurs-Studium habe ich zwar gelernt, dass die Römer als "Erfinder" des Betons gelten; dass sie auch derartige Fertigteile herstellten, war mir aber neu. Und warum der Konsul Chefeinkäufer vom Dienst war, dass erschließt sich mir auch nicht. Aber im Großen und Ganzen ist das Thema schnuppe, was mich an so einem Familienspiel aber auch wenig stört.

Grafik... ist von Michael Menzel. Dieses Mal führt er uns also in die ewige Stadt – damals noch ohne Ruinen. Wie immer versucht er durch klein gezeichnete Protagonisten Leben in die Grafik zu bekommen. Zusätzlich sind wieder vorbildhaft die einzelnen Zug-Möglichkeiten auf dem Plan aufgezeigt (und bei diesem Spiel sogar angenehm dezent). Mir gefällt die Grafik jedenfalls sehr gut.
Ausstattung... ist mal wieder ein schöner echter Hingucker: es wird wirklich das Colosseum als 3D-Modell aufgebaut!
Die einzelnen Teile sind aus fester Pappe und werden bei Bau in das Tiefziehteil gesteckt. Mit der Zeit wächst das Colosseum somit Seitenteil für Seitenteil. Konsequenterweise ist das Spiel auch sofort dann beendet, wenn das letzte Teil gebaut und das Colosseum fertig gestellt wurde. Ein weiterer Eyecatcher ist die schöne Holzfigur des Konsuls, der sich auf einer Art Rondell im Laufe des Spiels fortbewegt. Aber auch die anderen Spielmaterialien sind hochwertig: schöne Rohstofffelder aus dicker Pappe (und mit leicht variierender Grafik), kleine Holzkuben und ein sehr nützliches Tiefziehteil runden den sehr guten Eindruck ab.
Ablauf... ist recht einfach und einprägsam – genau so, wie es bei einem guten Familienspiel zu erwarten ist. Der Spieler, der an der Reihe ist, bewegt den Konsul um ein Feld weiter. Dort angekommen, kann er in vier von sieben Fällen entweder ein Landschaftsplättchen nehmen oder ein Colosseum-Seitenteil bauen (sofern er die passenden Baustoffkarten dafür auf der Hand hält – zur Not tauscht man auch 3:1). Der Clou beim Nehmen der Landschaftsplättchen ist die darauf folgende Baustoffwertung: wie bei RAPA NUI bestimmt nämlich das nachfolgende Plättchen, welcher Baustoff gewertet wird. Die Ausschüttung ist aber direkter gehalten. denn für jedes beim Spieler ausliegende Plättchen bekommt man eine entsprechende Baustoffkarte.
Auf zwei weiteren Rondell-Feldern kann man sein Lager erweitern (um das Handkartenlimit zu erhöhen) und auf dem letzten verbleibenden Rondell-Feld ist eine variable Funktion möglich (im Standardspiel wird eine Baustoffwertung durchgeführt). Durch Abgabe von bereits erworbenen Siegpunkten bzw. durch das Nutzen von Fuhrwerken kann man die Konsulfigur auch mehr als das eine Feld bewegen.
Während des Spiels sammelt man Siegpunkte durch den Bau am Colosseum. Je länger das Spiel dauert, desto mehr Baustoffe muss man für die einzelnen Seitenteile bezahlen – und ohne Ausbau des Lagers hat man keine Chance, später genügend Handkarten zur Verfügung zu haben. Am Ende des Spiels erfolgt noch eine Schlusswertung. Für Mehrheiten an Baustofffeldern (bzw. Lager und Stall) erhält man ebenso noch Punkte wie für ungenutzte Baustoffkarten.
Das gefällt mir nicht so gut: Auch wenn mir die Gestaltung an sich sehr gut gefällt, so verwirren die unterschiedlich breiten Rondell-Felder. In fast jeder Partie taten sich neue Mitspieler schwer damit, die Kurvenfelder richtig einzuordnen. Mit ein wenig Spielerfahrung ist das dann aber kein Problem.
Problematischer ist eher, dass es für manche Spieler richtig schlecht laufen kann. Dann ist man zu langsam bei den Landschaftsplättchen und später ebenso bei den Bauteilen. Man hat dann das Gefühl, dass man dauernd hinterher hinkt und kaum was vernünftiges machen kann – und das Gefühl trügt auch nicht. Bei RAPA NUI war das nicht so extrem, da es unterschiedliche Strategien gab. DIE BAUMEISTER DES COLOSSEUM sind aber so geradlinig komponiert, dass es eigentlich nur die eine Strategie gibt: Landschaften erweitern und Bauen. Und so entscheidet dann eher eine glückliche Verteilung der Landschaftsplättchen bzw. der Bauteile über Sieg und Niederlage als die bewussten Entscheidungen der Spieler.
So ist auch die Spannungskurve recht flach. Die höheren Baukosten werden dadurch aufgefangen, dass man im Spielverlauf auch mehr Erträge erhält. Nur wer hier geschlafen hat und sein Handkartenlimit nicht aufgestockt hat, der schaut in die Röhre – was für diese Spieler aber natürlich kein positives Spielgefühl entwickeln lässt. Für die anderen Spieler ist es eher ein vorhersehbares Wettrennen, bei dem lediglich die Mehrheitenwertungen am Ende noch interessant sind.
Das gefällt mir gut: Das klingt jetzt alles sehr negativ, weil relativ belanglos. Das möchte ich aber ungern zu stehen lassen, da ich mich durchaus von dem Spiel gut unterhalten gefühlt habe. Die tolle Ausstattung ist ein echter Hingucker. Von dieser fühlen sich Gelegenheitsspieler angezogen – und diese werden dann auch nicht vom Spielprinzip überfordert. Dauernd müssen immer kleine Entscheidungen getroffen werden. Wie weit will ich noch ziehen? Welche Landschaftsplättchen benötige ich noch? Und sollte ich nicht mal wieder das Lager ausbauen?
Geübte Spieler haben sogar noch mehr Aspekte zu berücksichtigen. So sollte man sich schon immer fragen, ob das Anhalten auf dem Wunschfeld nicht eine zu gute Vorlage für den Nachfolger ist – und ob es dann nicht besser wäre, doch noch ein Feld weiterzuziehen. Auch kann man auf den Landschaftsertrag verzichten und stattdessen einen Siegpunkt erhalten – was kein schlechter Kurs ist, wenn man sowieso nur eine Karte dafür erhalten würde.
Fazit: DIE BAUMEISTER DES COLOSSEUM sind ein schönes Familienspiel. Hier wird keiner überfordert und das tolle Material lädt zum Mitspielen ein. Manche Partie können aber unrund laufen und die Spannungskurve ist mir auch etwas zu flach. Aus diesen Gründen bevorzuge ich das komplexere RAPA NUI, weil es wesentlich vielfältiger und auch spannender ist. Bevor ich aber Gelegenheitsspielern RAPA NUI "zumuten" will, kann ich diese mit den Baumeistern gut darauf vorbereiten. Also sind DIE BAUMEISTER DES COLOSSEUM ein gutes Einsteigerspiel für Spieleanfänger.
Titel | Die Baumeister des Colosseum |
Autor | Klaus-Jürgen Wrede |
Illustrationen | Michael Menzel |
Dauer | 45 bis 60 Minuten |
Spieleranzahl | 2 bis 4 Spieler |
Zielgruppe | Familienspiel |
Verlag | Schmidt Spiele |
Jahr | 2016 |
Kommentar hinzufügen