Die Burgen von Burgund – Das Würfelspiel von Stefan Feld und Christoph Toussaint – erschienen bei alea (Ravensburger)
Etwas befremdlich fand ich die Ankündigung schon: zum würfelbasierten DIE BURGEN VON BURGUND gibt es nun also ein DIE BURGEN VON BURGUND – DAS WÜRFELSPIEL. Mmhhh! Das musste ich erst einmal sacken lassen. Auf der anderen Seite war aber auch meine Neugier geweckt. Schließlich mag ich Würfelspiele und DIE BURGEN VON BURGUND sowieso. Als ich dann die ersten Bilder sah, wollte ich es doch genauer wissen – und lasse euch natürlich gerne daran teilhaben.
Thema... wir sind immer noch im 15. Jahrhundert im Tal der Loire. Als einflussreiche Landesherren wollen wir unser Fürstentum wachsen und gedeihen lassen. Allerdings gehen wir geplant vor, da wir schon einen gewünschten Ausbau vor Augen haben (und nicht nur vor den geistigen Augen). Jetzt fragt sich nur, ob wir wirklich all diese Städte, Klöster, Minen usw. auch wirklich ausbauen können? Ich nehme es vorweg: nö, das schaffen wir nicht. Aber wir wollen zumindest so viel wie möglich unseres Plans erfüllen.
Illustrationen... sind größtenteils aus dem Fundus des Basisspiels und somit von Harald Lieske. Da aber auch noch weiter Hand angelegt wurde und die Box mit Julien Delval einen weiteren Grafiker benennt, gehe ich mal davon aus, dass dieser die Besonderheiten des Würfelspiels umgesetzt hat – ganz im Stile der großartigen Illustrationen von Harald Lieske.
Ausstattung... was wohl? Natürlich sind Würfel in der Box – und zwar fünf an der Zahl. Allerdings unterscheiden die sich. Zwei davon sind gewöhnliche Augen-Würfel, zwei sind Farb-Würfel und ein letzter zeigt entweder eine oder zwei Sanduhren.Zusätzlich ist ein Block dabei und – vorbildlich – auch gleich fünf Bleistifte. Das Besondere am Block ist, dass nicht alle Blätter gleich sind. Denn der Block beinhaltet vier verschiedene Fürstentümer-Spielpläne – eine erste schöne Analogie zum Basisspiel. Dankenswerterweise sind die Blätter doppelseitig bedruckt, weswegen man schon einige Partien spielen kann. Ich bin mir aber sicher, dass es bestimmt auch bald einzelne Blöcke zum Nachkaufen geben wird – vielleicht dann sogar mit weiteren unterschiedlichen Fürstentümern.
Ablauf... zu Beginn wird ein Mitspieler ausgesucht, der nun in der Partie die Würfel werfen wird. Damit ist klar: die geworfenen Würfel gelten immer für alle Spieler. Diese suchen sich aus dem Würfelergebnis eine Farb-Zahl-Kombination aus, die sie nun auf ihrem Spielplan markieren (=bauen). Dabei gibt es je nach Gebiet verschiedene Bedingungen, die zu beachten sind. Bspw. kann man den lila Würfel nur mit einer 1 oder 2 kombinieren, um ein entsprechendes Klosterfeld auf dem Spielplan zu markieren. Anfangs sucht man sich übrigens eine Startburg aus und im weiteren Verlauf muss immer angrenzend an markierte Felder gebaut werden.
Immer, wenn man dass letzte Feld eines Gebietes markiert hat, werden Siegpunkte ausgeschüttet. Dabei gilt: "je größer ein Gebiet, desto mehr Punkte erhält man" (bekannt aus dem Basisspiel) sowie "je früher ein Gebiet gewertet wird, desto mehr Punkte erhält man" (auch bekannt aus dem Basisspiel). Neu ist, dass man zusätzlich zu den Siegpunkten auch weitere kleine Boni erhält (die allerdings auch aus dem Basisspiel bekannt sind: Arbeiter, Waren, Silber – neu ist nur der Mönch). Mit diesen Boni kann man Würfel für sich manipulieren oder zwei Würfelkombinationen nutzen. In diesem Zusammenhang ist noch folgende Regel zu nennen. Verzichtet man ganz auf das Markieren eines Feldes (gewollt oder ungewollt), darf man sich einen Arbeiter nehmen (mit dem man nur den Zahlenwürfel manipulieren kann).
Aufmerksame Leser fragen sich nun, für was es denn den Würfel mit den Sanduhren gibt. Dieser gibt an, wieviele Runden gespielt werden. Eine Partie geht über drei Durchgänge und für jeden Durchgang bestehen 10 Sanduhrfelder. Der immer mit gewürfelte Sanduhrwürfel gibt an, wieviele diese Felder jeweils abgestrichen werden müssen. Somit besteht ein Durchgang aus mindestens 5 und maximal 10 Würfelrunden. Die Anzahl der Würfelrunden pro Partie ist also nicht vorhersehbar – was die Planungen erschwert! Zusätzlich kann man über diesen 2‑Sanduhrwürfel Waren verkaufen, die es vorher als Boni gab, wenn man ein Seegebiet vervollständigt hat.
Als Bonbon bietet die Anleitung neben kleinen Varianten zu vorgegebenen Startaufstellungen eine Solovariante an. Bei dieser ist die Anzahl der Würfelrunden festgesetzt (3×8 Runden) und man sollte damit schon die 50 Siegpunkte knacken.
Das gefällt mir nicht so gut: Über die Größe der Spielpläne kann man sich sicherlich streiten. Ja, alles ist recht klein und fuddelig, aber dadurch ist das Spiel kompakt und auch preisgünstig. Allerdings hat man auch das Gefühl, dass an Qualität gespart wurde. Wie liebe ich doch die typischen alea-Würfel, wie sie bspw. in LAS VEGAS oder ALEA IACT EST enthalten sind. Schönes haptisches Plastik in tollen Farben. Die nun beiliegenden Würfel sind dagegen aus leichtem Holz – mit dem Nachteil, dass sie recht schnell einen Grauton durch die beiliegenden Bleistift annehmen.
Das wäre ja alles kein Problem, wenn es nicht schon wieder ein Problem bei der farblichen Zuordnung gäbe (das ist momentan ein öfters auftretendes Problem, was bspw. auch bei DAS FUNDAMENT DER EWIGKEIT auftrat). Es hat etwas von Selbstironie, dass nun für die hellgrünen Weiden die gelbe Würfelseite herhalten muss. In der Erstauflage des Basisspiels gab es damals Probleme mit den hellgrünen Weiden- und den gelben Wissensplättchen, da sich diese farblich zu ähnlich waren. Im DIE BURGEN VON BURGUND – DAS WÜRFELSPIEL muss nun also die unnötige Transferleistung erbracht werden, dass der gelbe Würfel für hellgrüne Felder gilt. Ist es denn so schwer, hier eine vernünftige Vereinheitlichung zu schaffen?
Auch spielerisch gibt es leider einiges zu bemängeln. So kann man während einer Partie schwer etwas langfristig planen, da man nicht sicher ist, wieviele Würfelrunden überhaupt gespielt werden. Lohnt es sich denn noch, im dritten Durchgang ein vier Felder umfassendes Gebiet anzufangen oder nicht? Natürlich darf ein Würfelspiel gerne auch eine Glückskomponente haben – aber in diesem Detail ist mir das zu viel! Wir spielen mittlerweile – wie beim Solospiel – immer mit festen acht Würfelrunden pro Durchgang. Darauf kann man sich einstellen und entsprechend planen.
Eine weitere Hausregel haben wir beim Aussetzen am Start (also wenn man eine Kombination nicht spielen will oder kann). Statt wie vorgesehen dafür einen Arbeiter zu erhalten, darf man sich bei uns alternativ auch einen Mönch nehmen. Denn es ist auf Dauer einfach unbefriedigend, wenn man zwar die Augenzahl aber nicht die Farbe manipulieren kann – zumal die Ausbreitung hauptsächlich über die Farbzuordnung der einzelnen Felder erfolgt. Diese Beschränkung kann ich nicht nachvollziehen und nahm mir anfangs einiges an Spielspaß.
Im Großen und Ganzen ist DIE BURGEN VON BURGUND – DAS WÜRFELSPIEL erstaunlicherweise schlecht intuitiv spielbar. Bis die Abläufe sitzen, dauert es meist eine ganze Partie. Die meisten neuen Mitspieler sind davon verwirrt, dass man Zahlen in die Felder schreiben muss – kreuzt man doch bei der allerersten Aktion etwas an (nämlich die ausgewählte Startburg). Die Burgen sind also eine Ausnahme, mit der jedoch die Partie beginnt. So auch bei deren Boni. Die Burg-Boni werden von Anfängern eigentlich immer bei den entsprechenden Gebieten eingetragen und nicht bei den davor vorgesehenen Burg-Feldern.
Das gefällt mir gut: als Kenner und Liebhaber des Basisspiele gefallen mir die vielen Referenzen. Bei DIE BURGEN VON BURGUND – DAS WÜRFELSPIEL erkennt man viele Elemente wieder. Selbst der Warenverkauf hat es ins Würfelspiel geschafft. Hier ist also eindeutig die gemeinsame Verwandtschaft gegeben und man hat das Gefühl, dass das Würfelspiel aus dem Basisspiel entwickelt wurde (und nicht ein x‑beliebiges Spiel so weit verändert wurde, dass es irgendwie passt).
Auch wenn anfangs viele Notationsfehler passieren, ist die Grafik und die gewählte Symbolik gut. Wenn man erst einmal die Regeln verinnerlicht hat, ist vieles selbst erklärend und eindeutig. Es liegt also mehr an der Sperrigkeit des Regelwerks als an der grafischen Aufmachung, dass man sich anfangs gerne noch einen Radiergummi zu den Bleistiften wünscht. Die beigefügten Bleistifte finde ich übrigens vorbildlich – ebenso die doppelseitig bedruckten Spielpläne. Ebenso topp, dass vier unterschiedliche Spielpläne angeboten werden und somit andere Ausgangssituationen für die Mitspieler bestehen.
Im Grunde ist DIE BURGEN VON BURGUND – DAS WÜRFELSPIEL ein Solitärspiel. Jeder muss mit den gleichen Würfeln das optimale Ergebnis herausholen. Wirkliche Interaktion gibt es lediglich bei den Wettlauf-Boni für die fertigen Gebiete. Vielleicht gefällt mir deswegen das Solospiel fast schon besser als das gemeinsame Spiel.
Fazit: Christoph Toussaint scheint ein Spezialist für Verwürfelungen von Brettspielen zu sein. Nachdem er mit OCTODICE AQUASPHERE verwürfelte, hat er sich nun gleich mit Stefan Feld zusammengetan und DIE BURGEN VON BURGUND – DAS WÜRFELSPIEL entwickelt. Allerdings überzeugt mich auch diese Umsetzung nicht nachhaltig. Man erkennt zwar vieles wieder aus dem Basisspiel, aber mich packt es nicht emotional. Anders als bspw. bei NO SIESTA fehlt mir ein origineller Würfelmechanismus und so plätschert DIE BURGEN VON BURGUND – DAS WÜRFELSPIEL relativ belanglos vor sich hin. Da helfen auch die eingeführten Hausregeln nicht, mit denen wir die Mängel auszumerzen versuchen.
Titel | DIE BURGEN VON BURGUND – DAS WÜRFELSPIEL |
Autor | Stefan Feld und Christoph Toussaint |
Illustrationen | Julien Delval und Harald Lieske |
Dauer | 20 bis 30 Minuten |
Spieleranzahl | 1 bis 5 Spieler |
Zielgruppe | Familienspiel |
Verlag | alea (Ravensburger) |
Jahr | 2017 |
Ich bedanke mich bei Ravensburger für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars. Ich bin mir sicher, dass durch diese Bereitstellung meine Meinung nicht beeinflusst wurde. Die Besprechung spiegelt meine gemachte Erfahrung wider.
Hallo sind vielen Dank fürs irgendwie ausführliche Rezension. Für mich gehört dieses Würfelspiel auch nicht gerade in die Top 10. mir persönlich gefällt Octo Dice um Längen besser. Vielleicht aber auch, weil mir das Thema mehr liegt 😉
Trotzdem hole ich Die Burgen von Burgund ab und an gerne für ein Spiel aus dem Schrank. Und deine Hausregeln finde ich super! Ich glaube, die werde ich auch mal umsetzen.
Super!