Imagenius von Olivier Mahy – erschienen bei Piatnik
Welches Bild verbindet ihr mit dem Begriff IMAGENIUS? Ich mittlerweile ein Auge, eine Muschel, einen blauen Trank und einen böse schauenden Kürbis – und dann hoffe ich, dass ich schon etwas erkenne.
Thema... angehende Zauberbegeisterte stöbern in einem alten Folianten und versuchen durch geschickte Handführung die Geheimnisse des Großmeisters Imagenius zu entschlüsseln. Verwirrt das nun weniger als meine Einleitung?
Illustrationen… sind von Guillaume Bernon. Das Cover ist liebreizend gestaltet, die Tableaus haben eher den Charakter einer Clip-Art-Sammlung. Aber das ist genau so gewollt und muss auch so sein. Spannend finde ich, dass das Cover der französischen Original-Ausgabe wesentlich phantastischer gestaltet ist und dabei ein wenig an DIXIT erinnert. So unterschiedlich sind also anscheinend die Sehgewohnheiten der einzelnen Märkte.
Ausstattung… eine Menge Karten, eine Sanduhr, Stifte und abwischbare Tableaus. Diese identischen Pläne zeigen auf der einen Seite ganz viele bunte Symbole und auf der anderen Seite genau die gleichen Symbole – dieses Mal aber in schwarzweiß.
Die Karten zeigen einige der Tableau-Symbole, welche im Spielverlauf verbunden oder eingekreist werden müssen. Wie das genau geht, wird durch ein kleines Tutorial vorgeführt, bei dem man Schritt für Schritt die einzelnen Zeichenanweisungen erlernt.
Ablauf… Ziel ist es, so schnell wie möglich einen Gegenstand zu erraten. Dabei spielen alle gleichzeitig und verbinden so schnell wie möglich die auf der Karte angezeigten Symbole. Sobald ich glaube, den gesuchten Gegenstand zu erkennen, schreibe ich dieses Lösungswort auf mein Tableau und drehe die Sanduhr um. Jetzt beginnt der Timer für die anderen und diese haben noch etwa 30 Sekunden Zeit, um fertig zu zeichnen und ebenfalls den Gegenstand zu erraten.
Alle richtigen Tipps werden mit einem Stern belohnt. Habe ich die Sanduhr aktiviert, erhalte ich noch einen zusätzlichen Stern – aber nur, wenn der Tipp richtig war. Ansonsten wird mir zur Strafe ein Stern abgezogen. Zusätzlich starte ich die nächste Runde mit einem echten Handicap, denn dann muss ich die schwarz-weiße Seite meines Tableaus benutzen.
Das gefällt mir nicht so gut: Der Großteil des Box-Inhalts ist Luft, der Rest wird durch lose herumfliegende Karten gefüllt. Für die Stifte wurde noch ein Zipp-Beutel zur Verfügung gestellt, der Rest muss ohne Insert und Halt in der Box auskommen. Das ist nervig, denn es wäre schon hilfreich, wenn man die Einführungskarten und idealerweise auch die bereits gespielte Karten von den restlichen Karten trennen könnte.
Bei IMAGENIUS hat man Vorteile, wenn man das Spiel öfter gespielt hat und somit schon grob weiß, wo welche Symbole sind. Nach spätestens zwei Wochen Pause ist bei mir dieses Wissen aber wieder weg. Allerdings gab es eine Zeit, da haben wir IMAGENIUS sehr oft gespielt. Habe ich es dann neuen Leuten beigebracht, musste ich mich merklich zurück nehmen, damit diese nicht durch meine Schnelligkeit demotiviert waren.
Das gefällt mir gut: IMAGENIUS kennt keine Einstiegshürde. Das Spielprinzip ist in 30 Sekunden verstanden und das Tutorial erklärt didaktisch wertvoll die drei Zeichenregeln. Nach der Anleitung spielt man acht Runden, aber diese Zahl kann nach eigenem Befinden problemlos angepasst werden. Man hat nur zehn Minuten Zeit zwischen Abendessen und Zu-Bett-Gehen? Kein Problem, dann spielen wir nur vier Karten (und die Kinder freuen sich, weil es dann meist doch mehr werden). Wir warten noch auf eine weitere Person zum Spieleabend? Lasst uns bis dahin mal ein paar Begriffe raten! Mit IMAGENIUS füllt man sicherlich nicht einen solchen Abend aus. Aber man wird feststellen, dass es gar nicht so leicht ist, sich gegen den besonderen Reiz zu wehren.
Okay, man muss schon aufgeschlossen sein gegenüber dem Spielprinzip und auch eine gewisse Hektik mögen. Aber selbst skeptische Geister waren überraschend oft von IMAGENIUS angetan. Denn das Spiel bietet immer wieder schöne Aha-Effekte. Man zeichnet seine Linien und erkennt ... nichts! Dreht man dann aber das Tableau um 90° oder 180°, fallen einem die Schuppen von den Augen. Für mich als zeichnerisch unbegabter Mensch ist es immer wieder faszinierend, wie man mit wenigen Strichen zielsicher unterschiedlichste Gegenstände darstellen kann.
Normalerweise spiele ich solche Spiele ungern auf Siegpunkte. Auch bei IMAGENIUS muss man das nicht unbedingt machen – man kann es aber machen. Denn durch das Handicap des schwarz-weißen Tableaus werden schnell zeichnende Mitspielende deutlich ausgebremst. Wenn man den Trank nicht mehr anhand der Farbe, sondern nur durch die Biegung der Flasche unterscheiden kann, ist man deutlich länger am Suchen als ohne diese Beeinträchtigung. Damit steht ein sehr wirksamer Aufholmechanismus parat, der für zusätzliches lautes Stöhnen und Lamentieren sorgt – Geräusche, die durchaus öfters vorkommen, weil mit Feuereifer die unterschiedlichen Kürbisse kommentiert werden.
Fazit: IMAGENIUS ist eine kleine Perle im Familienspielbereich. Schnell aufgebaut und gespielt weiß es für eine überschaubare Zeit gut zu unterhalten. Mehr will und muss es auch nicht bieten. Für den lockeren Spaß zwischendurch ist es genau richtig.
Titel | Imagenius |
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Autoren | Olivier Mahy |
Illustrationen | Guillaume Bernon |
Dauer | 20 Minuten |
Personenanzahl | 2 bis 4 Personen |
Zielgruppe | eilige Familienspielrunden |
Verlag | Piatnik |
Jahr | 2021 |
Hinweis | für die Besprechung wurde vom Verlag ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt |
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