Kannste knicken von Klaus-Jürgen Wrede und Ralf Querfurth – erschienen bei Schmidt Spiele
Die "klein & fein"-Reihe von Schmidt Spiele besticht nicht nur durch clevere Spielideen und nervige schwarze Filzstifte, sondern auch durch eine perfekte Titelgebung. NOCH MAL!, GANZ SCHÖN CLEVER und MAN MUSS AUCH GÖNNEN KÖNNEN gehen direkt vom Ohr ins Langzeitgedächtnis – zumal sie auch noch so hellseherisch passend sind. Aber hat man mit KANNSTE KNICKEN dann nicht ein Eigentor geschossen? Denn so richtig positiv konnotiert ist dieser Ausspruch ja nicht unbedingt.
Thema... kannst knicken – es gibt keines (und man braucht es auch nicht).
Gestaltung… ist wieder das Ergebnis der Arbeit von Leon Schiffer. Dabei wird dem bisherigen Stil der Reihe treu geblieben. Aufgrund der unterschiedlichen Level und der damit einher gehenden Icon-Sammlung erinnert es vor allem an DIZZLE, was interessanterweise damals aber von Anna Pätzke gestaltet wurde.
Ausstattung… bringt altbekanntes: ein Block, vier nervige kleine Filzstifte, zwei W6-Würfel. Diese zeigen allerdings nicht etwa schnöde Werte von 1 bis 6, sondern bieten ungewöhnliche Zahlenkombinationen an. Außerdem wird im Spielverlauf darauf zu achten sein, dass der eine Würfel schwarz ist und der andere weiß. Beim genaueren Hinsehen fällt zusätzlich auf, dass der Block insgesamt vier unterschiedliche Pläne aufweist. Denn so unterscheidet man die Level 1 bis 4. Dabei ist Level 1 hauptsächlich zum Erlernen des Spielprinzips gedacht, Level 4 ist dahingegen auch eine Herausforderung für geübte Knicker.
Ablauf… ist recht eingängig Die aktive Person wirft beide Würfel und sucht sich einen davon aus. Der andere Würfel steht dann den Mitspielenden zur Verfügung. Die Würfelseiten zeigen eine oder auch zwei Zahlenwerte, die dann von allen als orthogonale Kreuzreihen eingetragen werden. Das Ende der Reihe wird mit einem Kreis versehen und kann dann in der nächsten Runde als neuer Startpunkt einer Reihe benutzt werden.
Ziel ist es, alle fünf Zielsymbole miteinander zu verbinden. Allerdings sieht man von diesen Symbolen anfangs nur eines direkt in der Mitte des Planes. Die anderen verstecken sich in den Ecken auf der Rückseite. Diese Ecken müssen erst "frei" gespielt werden, damit man dann die jeweilige Rückseite "aufknicken" darf. Dazu müssen in allen Ecken die Level-Symbole angekreuzt sein. Dabei kann ich entscheiden, ob ich nur eine kleine Ecke umknicken will oder lieber eine große Ecke. Dafür benötige ich zwar mehr abgekreuzte Symbole, kann dann aber dauerhaft einen Bonus nutzen: damit darf man auch die andere Würfelfarbe nutzen oder einen Würfelwert um einen Punkt erhöhen.
Das gefällt mir nicht so gut: Die Idee mit dem Umknicken ist schon nett. Allerdings nervt mich die praktische Konsequenz. Denn dauernd steht die umgeknickte Ecke nach oben. Ich erkenne somit auch nicht auf dem ersten Blick, wie die aktuelle Situation ist. Dauernd drücke ich also auf die Ecke und hoffe, dass diese endlich mal plan auf dem Blatt aufliegt. Tut sie aber nicht.
Aber auch auf spielerischer Ebene überzeugt mich KANNSTE KNICKEN nicht. Der Spielverlauf variiert zu wenig. Alle Partien fühlen sich gleich an. Auch wenn die Level immer neue Elemente einbringen, ändert sich am Spielgefühl wenig. Anders als bei DIZZLE hat man nicht das Gefühl, dass hier eine Weiterentwicklung passiert (Ausnahme ist dabei Level 4). Zusätzlich ist das Spielgeschehen recht monoton und gefühlt auch belanglos. Erstaunlich oft habe ich ein Unentschieden erlebt, weil mehrere Personen gleichzeitig das Ziel erreicht haben. Dabei war es dann auch relativ egal, ob man nun die kleine oder die große Ecke umgeknickt hatte.
Diese Idee mit den unterschiedlichen Knickzeitpunkten zündet auch nicht so richtig, denn meist sind die Boni so wertvoll, dass sie den kleinen Zeitverlust locker wieder ausgleichen. Zusätzlich finde ich die Hälfte der Boni kontraproduktiv für das Spielgefühl. Wenn sich alle die Boni mit der alternativen Würfelfarbe frei geschaltet haben, fällt auch die einzig interaktive Komponente von KANNSTE KNICKEN weg. Ich kann dann meine Mitspielenden gar nicht mehr ärgern, in dem ich diesen eine Würfelfarbe wegnehme. Dadurch ist dann auch egal, wer eigentlich die aktive Person ist und man spielt eine Bingo-Variante.
Das gefällt mir gut: Der Charakter eines Wettrennens wird ganz gut getroffen. Man lernt dabei, wie wichtig Effizienz ist und muss vor allem zu Beginn einer Partie immer mal wieder abwägen, ob man nun diesen oder jenen Würfel wählt. Leider lernt man recht schnell die optimalen Kniffe und es fehlen die Stöcke, die man den anderen zwischen die Beine werfen kann, damit wirklich Leben in die Bude kommt.
Schön sind natürlich auch die einzelnen kleinen Veränderungen in den einzelnen Leveln. Das doppelte Knicken in Level 4 hat schon was, auch die Schlitter-Eisflächen und das Beamen sind reizvoll. Mehr als ein anerkennendes Nicken gibt es dafür aber auch nicht, weil man bei DIZZLE gesehen hat, das diesbezüglich noch viel mehr möglich gewesen wäre.
Fazit: Machen wir es kurz: KANNSTE KNICKEN kannste im Vergleich zu den vielen anderen tollen Titel der "klein & fein"-Reihe leider wirklich knicken.
Titel | Kannste knicken |
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Autor | Klaus-Jürgen Wrede und Ralf Querfurth |
Illustrationen | Leon Schiffer |
Dauer | 20 Minuten |
Personenanzahl | 1 bis 4 Personen |
Zielgruppe | würfelnde Familienspielrunden |
Verlag | Schmidt Spiele |
Jahr | 2021 |
Hinweis | für die Besprechung wurde vom Verlag ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt |
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