Meadow – Im Reich der Natur von Klemens Kalicki – erschienen bei rebel studio
Okay, schon lange ist nichts mehr Neues hier auf dem Blog erschienen. Ich könnte mich jetzt damit herausreden, dass ich mich gerade intensiv der Feldforschung für MEADOW gewidmet und deswegen keine Zeit mehr vor dem PC verbracht habe. Die Wirklichkeit ist leider schnöder, denn ich habe mich in den letzten Tagen viel mit der Technik im Hintergrund beschäftigen müssen. Aber das soll jetzt gar nicht das Thema sein, denn nun gilt es die Natur zu würdigen.
Thema... wie man es durch die Cover-Gestaltung ahnen kann, erkunden wir in MEADOW die Natur. Doch nicht nur die Wiese, was schließlich die Übersetzung von MEADOW ins Deutsche ist, sondern auch Moore, Steinflächen und weitere Landschaften werden von uns mit vielen Tieren und Pflanzen bevölkert. Da bekommt man doch direkt Lust darauf, den Spieletisch zu verlassen und selbst raus vor die Tür zu gehen. Das liegt in erster Linie an den tollen...
Illustrationen… von Karolina Kijak. MEADOW ist einfach nur wunderschön! Ich könnte mir stundenlang die einzelnen Karten ansehen – und davon gibt es glücklicherweise viele! Aber auch das Cover ist eine Augenweide und wäre für mich ein Wunschmotiv, wenn mal wieder Puzzle mit Brettspiel-Covern angeboten werden.
Ausstattung… Herzstück von MEADOW sind die 180 Karten, für die auch noch eigene Kartenhalter zur Verfügung stehen. Drei davon kann man auf dem großen Spielplan platzieren, der ansonsten Ordnung für die offene Auslage bietet und mit 12 Einkerbungen versehen ist. Auch der kleinere "Lager-Plan" hat (etwas andere) Einkerbungen und kommt gleich in doppelter Ausfertigung daher, so dass für alle vier unterschiedlichen Personenanzahlen eine entsprechende Seite zur Verfügung steht.
Das restliche Spielmaterial ist etwas kleinteiliger, kann aber durch das Insert bestens in der Box geordnet werden. Von besonderer Bedeutung sind die vier Sätze von jeweils fünf Wanderplättchen, wovon alle Mitspielenden einen erhalten. Diese Plättchen sind pfeilförmig und mit unterschiedlichen Aktionsmöglichkeiten bedruckt – und passen mit der einen Seite in die Einkerbung des großen Spielplans und mit der anderen Seite in die Einkerbung des Lager-Plans. Ansonsten sind noch Bonus‑, Wege- und Zielplättchen vorhanden sowie ein wenig zusätzlichem Material für das Solospiel. Abgerundet wird alles durch ein umfangreiches separates Kartenregister und außerdem gibt es noch fünf geschlossene Umschläge mit weiteren Karten!
Ablauf… nachdem man sich anfangs mit Handkarten bestückt hat, kann man nun aus der Auslage weitere Karten aufnehmen und dann sofort eine Karte in das eigene Habitat ausspielen. Allerdings wird dieses "von der Auslage nehmen" erschwert. Denn dafür müssen wir unsere Wanderplättchen in eine noch freie Einkerbung ablegen und dann in Pfeilrichtung ablesen, welche Karte wir uns überhaupt nehmen dürfen.
Auch beim Karten ausspielen gibt es Beschränkungen. Denn für die meisten Karten benötigt man Voraussetzungen, die auf den anderen Karten zu sehen sein müssen. Wenn ich bspw. einen Schmetterling spielen will, dann muss in meiner Landschaft schon eine Raupe und eine Wald zu sehen sein. Eines dieser Symbole wird nun von der ausgespielten Karte abdeckt, welche aber glücklicherweise dafür selbst mit einem neuen Symbol aufwarten kann.
Zusätzlich besteht noch eine Alternative zum Karten aus der Auslage nehmen. Ich kann nämlich meine Wanderplättchen auch mit der Hinterseite an den Lager-Plan anlegen und somit Sonderfunktionen frei schalten (bspw. zwei Karten ausspielen, eine Karte frei aus der Auslage nehmen oder drei Karten direkt vom Nachziehstapel ziehen und eine behalten). Doch auch hier gilt: sind die freien Plätze alle belegt, dann habe ich Pech gehabt.
Das macht man über eine feste Rundenanzahl. Bei Halbzeit wird einmal die Auslage komplett geleert und der mittlere Kartenstapel wird durch einen neuen ersetzt. Am Ende wird abgerechnet, wer die meisten Siegpunkte in der eigenen Landschaft liegen hat. Zusätzlich gibt es noch Sonderpunkte, wenn man zu erst bestimmte Paare von benachbarten Symbolen gesammelt hat.
Das gefällt mir nicht so gut: Man soll bekanntlich nicht durch die Natur eilen, sondern lieber dort verweilen. Dieses spezielle Gefühl vermittelt auch MEADOW. Spielt man es mit mehr als zwei Personen kann es nämlich etwas langatmig werden. Das liegt auch daran, dass man schlecht vorausplanen kann. Denn einerseits kann sich die Auslage verändern, andererseits aber auch der Zugriff darauf. So kann zwar immer noch die erhoffte Karte in der Auslage liegen, aber durch eine nun blockierte Einkerbung habe ich keine Möglichkeit mehr, an diese ran zu kommen. Also wartet man zwangsläufig erst einmal ab und entscheidet, wenn man an der Reihe ist. Spielt man MEADOW dahingegen nur zu zweit, dann ist die Auslage eher zu träge und es geschehen zu wenig Wechsel. Dann kann es bei einer ungünstigen Kartenverteilung auch dazu kommen, dass zu selten die Symbole auftauchen, die man für die eigenen Karten bzw. für die Bonus-Ziele der Symbolpaare benötigt. Für diese Konstellation wäre ein wenig mehr Durchlauf wünschenswert.
Das Verweilen in der Natur wird oftmals dadurch begründet, dass diese eine meditative Wirkung haben soll. Ein solch meditatives Gefühl vermittelt auch MEADOW, da der Spannungsbogen doch eher flach ist. Man macht dauernd die gleichen Aktionen. Am Ende hat man mal mehr Glück oder Pech, wenn passende oder unpassende Karten in der Auslage landen. Aber es gibt keinen großen Bogen, kein Ziel auf das man lange hinarbeitet oder gar eine Maschine, die man sich Stück für Stück ausbaut. MEADOW plätschert eher vor sich hin. Vor allem am Ende einer Runde macht man meist das, was einem überhaupt noch möglich ist – damit man überhaupt was macht. Dieses Spielgefühl mögen manche Mitspielende, weil es so schön unaufgeregt ist. Ich selbst hätte aber gerne ein paar mehr Reizpunkte gesehen.
So passiert es auch, dass sich die meisten Partien ähneln. Es fehlen die besonderen Momente, die dafür sorgen, dass man sich an diese oder jene Partie zurück erinnert. Man freut sich, dass man dieses mal den Fuchs ausgelegt hat, weil der so schön gezeichnet und überhaupt so knuffig ist. Aber dadurch passiert nichts und man hätte vielleicht genauso gut auch den Hermelin ausspielen können. Es entstehen keine Geschichten im Kopf, das Ausspielen der Karten ist beliebig, da man ohnehin nur darauf schaut, wie viele Punkte man dadurch erhalten kann.
Das gefällt mir gut: MEADOW kann man von zwei Seiten angehen. Man kann es einerseits ganz entspannt spielen und sich an der Schönheit der Aufmachung berauschen. Andererseits kann man sich auch aufgrund des Optimierpotenzials das Hirn verzwirbeln: Wie kann man sich Optionen für spätere Karten erhalten? Was gibt einem dabei die Auslage vor? Wie werden sich wohl die lieben Mitspielenden verhalten? Kann ich dabei noch eine Paar-Bonus mitnehmen? Beide Spiel-Arten sind möglich und je nach Tagesform kann man die eine oder die andere Möglichkeit wählen. Mit dem ersten Weg macht man vielleicht keinen neuen Punkte-Highscore, wird aber durch die Auslage und dem meditativen Flow belohnt.
Durch die grandiose Aufmachung kann man mit MEADOW wunderbar Gelegenheitsspielende an den Tisch bringen. Die Illustrationen sind schon ein absoluter Hingucker, aber auch das restliche Material weiß zu überzeugen. Da stimmen viele Details und man fühlt sich gut an die Hand genommen. So ist bspw. das begleitende Kartenregister mit den vielen Informationen ein toller Service. Zusätzlich sind die einzelnen Aktionen schnell verstanden und das ganze Spielsystem ist nicht zu kompliziert. Höhepunkt sind aber die Umschläge, die einen wahrhaft magischen Reiz erzeugen. Diese spielt man sich nicht etwa nur durch irgendwelche Ereignisse im Spiel selbst frei, sondern es müssen auch Bedingungen abseits davon erfüllt werden, in dem man z.B. einen Nationalpark besucht und einen Umschlag an Weihnachten öffnet. Den haben wir immer noch verschlossen, aber wir freuen uns schon auf den 24. Dezember! Diese besonderen Bedingungen gefallen mir deswegen so gut, weil damit das Spiel eine besondere Note erhält. Es verlässt die Ebene des reinen Brettspiels und sorgt bspw. dafür, dass das Ziel des nächsten Sonntagsausflugs weniger diskutiert werden muss. Insbesondere Kindern identifizieren sich voll mit dem Thema. Da wird die Spinne links liegen gelassen, weil man die nicht mag, das Flughörnchen dahingegen ist ein gefühltes Muss!
Trotzdem spiele ich MEADOW fast schon am liebsten alleine. Der Solo-Modus ist nämlich genau nach meinem Geschmack. Man simuliert ohne großen Regelaufwand einen Gegenpart, der aber durchaus aktiv ins Spielgeschehen eingreift und Plätze blockiert sowie Karten aus der Auslage verschwinden lässt. Bei dieser Spielart kann ich wieder für mich entscheiden: Will ich einfach nur zur Entspannung spielen oder einen Highscore knacken? Außerdem muss man dabei kein schlechtes Gewissen haben, wenn man mal wieder etwas länger wegen der Auslage tüftelt. Ich spiele nicht oft solo, weil meistens zu selten das eigentliche Spielgefühl getroffen wird. Aber der Solo-Modus von MEADOW schafft das erstaunlich gut.
Fazit: Wie schon bei MEIN TRAUMHAUS gelingt es Autor Klemens Kalicki durch einfache Aktionen in Kombination mit einer überzeugenden Aufmachung ein wohliges Spielgefühl zu erzeugen. Das spricht vor allem Gelegenheitsspielende und Kinder an. Aber auch die Hobbyisten unter uns können ausreichend gefordert werden, wenn der flache Spannungsbogen und die gewisse Beliebigkeit der ausgespielten Karten nicht zu sehr als Makel empfunden werden.
Titel | Meadow – Im Reich der Natur |
---|---|
Autor | Klemens Kalicki |
Illustrationen | Karolina Kijak |
Dauer | 60 bis 90 Minuten |
Personenanzahl | 1 bis 4 Personen |
Zielgruppe | Familienspielrunden mit Sinn für Ästhetik |
Verlag | rebel studio (Asmodee Germany) |
Jahr | 2021 |
Hinweis | für die Besprechung wurde vom Verlag ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt |
Kommentar hinzufügen