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kritisch gespielt: Memoarrr!

Memoarrr! von Carlo Bartolini – erschienen bei Edition Spielwiese

Memoarrr - Box
Foto: Pega­sus

Eines der Über­ra­schungs­spie­le auf der dies­jäh­ri­gen Emp­feh­lungs­lis­te zum Spiel des Jah­res war für man­che DEJA-VU. Kein Wun­der, denn rein äußer­lich macht das Spiel kaum was her. Wer dann noch den Boxt­ext liest und dabei Memo-Spie­le nur in den Kin­der­gar­ten ver­or­tet, der wird sich kaum dar­auf ein­las­sen – und etwas ver­pas­sen! Bei MEMOARRR! spricht einen im Ver­gleich zu DEJA-VU zumin­dest das Box­co­ver mehr an und es hat ein klein wenig The­ma. Aber kann es auch spie­le­risch überzeugen?

The­ma... ist ganz flach vor­han­den – dafür aber wit­zig umge­setzt. Wir Spie­ler sind Pira­ten, die auf einer Insel den legen­dä­ren Schatz von Kapi­tän Gold­fisch (nicht Iglo) gefun­den haben. Dum­mer­wei­se ist die­se Insel eine Vul­kan­in­sel und es kommt nun zu einem Aus­bruch. Auf­grund der vie­len Lava, die ins Meer strömt, wird die klei­ne Insel sofort fast voll­stän­dig in dich­te Was­ser­dampf­wol­ken ein­ge­hüllt – und wir sehen den Weg nicht mehr zurück zu unse­rem Schiff. Glück­lich ist also, wer sich den Weg gemerkt hat. Eben­so glück­lich ist, wer sich solch einen Rah­men­hand­lung aus­den­ken kann.

Illus­tra­tio­nen... sind von Pablo Fon­tagnier, den vie­le in der Graf­fi­ti-Sze­ne bes­ser als Hombre SUK ken­nen. Brett­spie­le hat der gute Mann bis­her noch nicht illus­triert – bringt so aber einen schö­nen fri­schen Stil in die Sze­ne. Ich fin­de es klas­se von der Edi­ti­on Spiel­wie­se, dass bei der Wahl nach einem Illus­tra­tor auch neue Wege gegan­gen werden.

Memoarrr - Tiere
Far­be oder Tier? Was lässt sich bes­ser merken?

Aus­stat­tung... besteht aus vie­len qua­dra­ti­schen Kar­ten. Der Groß­teil davon (für die Genau­en: 25) sind soge­nann­te Orts­kar­ten. Die Rück­sei­te zeigt die Was­ser­dampf­wol­ken auf­grund des Vul­kan­aus­bruchs, die Vor­der­sei­te wird dahin­ge­gen von einem Tier und einer Land­schaft (in ver­schie­de­nen auf­fäl­li­gen Far­ben) geziert. Mathe­ma­ti­ker unter uns hegen nun den Ver­dacht, dass es genau fünf ver­schie­de­ne Land­schaf­ten und fünf ver­schie­de­ne Tie­re gibt. Rich­tig, genau so ist es!

Zusätz­lich sind auch noch sie­ben Schatz­kar­ten im Spiel, die bei glei­cher Rück­sei­te zwi­schen einem und vier Rubi­ne zei­gen. Die rest­li­chen Kar­ten sind einer­seits Vul­kan­kar­ten (kom­me ich noch zu) und schö­ne Spielhilfen.

Ablauf... anfangs wer­den die die Schatz‑, Vul­kan- und Orts­kar­ten jeweils gut gemischt. Die Orts­kar­ten wer­den ver­deckt in einem 5×5 Ras­ter aus­ge­legt, wobei davon die Kar­te in der Mit­te unbe­se­hen aus dem Spiel ent­fernt wird. In die­ses freie Ras­ter­feld wer­den nun erst ver­deckt die Schatz­kar­ten gelegt und oben drauf noch die Vul­kan­kar­ten (davon immer eine weni­ger als Spie­ler mitspielen).

Memoarrr - Spielszene
noch über­wiegt der Nebel

Zu Beginn darf sich nun jeder Spie­ler geheim drei Kar­ten am Rand anse­hen. War­um das Gan­ze? Weil jetzt beginnt das gefürrrrch­te­te Memo-Spiel. Nach dem Lüf­ten einer ers­ten Kar­te muss nun der fol­gen­de Mit­spie­ler eine Kar­te auf­de­cken, die ent­we­der das glei­che Tier oder die glei­che Hin­ter­grund­far­be zeigt. Macht er das rich­tig, geht die­se Auf­ga­be nun an den nächs­ten Spie­ler wei­ter – und so wei­ter und so wei­ter. Das wie­der­holt sich so lan­ge, bis sich ein Spie­ler irrt und eine unpas­sen­de Kar­te auf­deckt. Die­ser Spie­ler nimmt sich eine Vul­kan­kar­te aus der Mit­te und wird in die­ser Run­de nicht mehr aktiv. Auch das wie­der­holt sich so lan­ge, bis alle Vul­kan­kar­ten genom­men wur­den. Der letz­te akti­ve Spie­ler freut sich, da er nun die ers­te frei lie­gen­de Schatz­kar­te erhält. So endet die ers­te von sie­ben Runden.

Memoarrr - Schätze
ich will mehrrrrrr Rrrrrubine

Für eine neue Run­de wer­den wie­der alle Orts­kar­ten umge­dreht, die Schatz­kar­ten wie­der von Vul­kan­kar­ten über­deckt und begon­nen wie die vor­he­ri­ge Run­de (Start­spie­ler ist übri­gens der­je­ni­ge, des­sen vor­he­ri­ge Vul­kan­kar­te die meis­ten Vögel gezeigt hat). Nach­dem alle sie­ben Schatz­kar­ten ver­teilt sind, endet die Par­tie. Sie­ger ist natür­lich der­je­ni­ge, der die meis­ten Rubi­ne ein­sam­meln konnte.

Wie sich zeigt, ist das The­ma doch mit bedacht gewählt wor­den. Denn anfangs ist das ein ganz schö­nes Sto­chern im Nebel. Erst nach und nach kom­men mehr Infor­ma­tio­nen an die Ober­flä­che. Dabei zeigt sich, dass sich man­che Spie­ler bes­ser Far­ben und man­che bes­ser Tie­re mer­ken kön­nen. Oft­mals kommt es auch zu glei­chen Ket­ten­zü­gen – bis ein Spie­ler die­se bewusst durch­kreuzt und eine Kar­te so auf­deckt, dass dazu erst ein­mal kei­ne Wei­ter­füh­rung bekannt ist. Mit ein wenig Glück, kann der nun fol­gen­de Mit­spie­ler noch vom Wis­sen um sei­ne drei anfäng­li­chen Kar­ten zeh­ren. Funk­tio­niert das nicht, dann ist nun noch mehr Glück von­nö­ten, da nun unbe­kann­te Kar­ten auf­ge­deckt wer­den müssen.

Memoarrr - Expertenregel
ein Exper­te, wer die Exper­ten­über­sicht versteht?

Für erfah­re­ne Spie­ler wird auch noch eine Exper­ten­re­gel ange­bo­ten. Bei die­ser haben die auf­ge­deck­ten Tie­re Spe­zi­al­fä­hig­kei­ten. So kön­nen Orts­kar­ten ver­tauscht oder für nach­fol­gen­de Spie­ler kurz­fris­tig gesperrt wer­den. Damit wird MEMOARRR! wesent­lich anspruchs­vol­ler, ver­liert aber auch ein wenig sei­nen fri­schen Charme. Auf der ande­ren Sei­te ver­hin­dert die­se Exper­ten­re­gel aber, dass das Spiel auf Dau­er zu ein­di­men­sio­nal wird.

Das gefällt mir nicht so gut: Eigent­lich gefällt mir alles gut, so dass ich nun schon zum Erb­sen­zäh­ler wer­den muss, um die­se Kate­go­rie zu fül­len. So ist der ein­zi­ge Kri­tik­punkt, dass die Spiel­box doch arg viel Luft ent­hält. Das weni­ge Mate­ri­al hät­te wesent­lich kom­pak­ter unter­ge­bracht wer­den kön­nen – aber wür­de es dann nicht im Han­del unter­ge­hen? Ich kann schon ver­ste­hen, war­um es in der bestehen­den Box-Grö­ße ver­öf­fent­licht wurde.

Memoarrr - Ablauf
Regel für Analphabeten

Das gefällt mir gut: MEMOARRR! macht vie­les, wenn nicht gar alles rich­tig. Das Spiel­prin­zip ist ein­fach zu ver­ste­hen und mit den weni­gen Regeln wird ein tol­les Spiel­ge­fühl erzeugt. Auch die Illus­tra­tio­nen laden zum Spie­len ein und auf­grund des Memo-Anteils las­sen sich in einer Run­de gut Kin­der mit Erwach­se­nen mischen – ein per­fek­tes Familienspiel!

Beson­ders ange­tan bin ich von der Varia­bi­li­tät. Wer es unbe­dingt kna­ckig haben will, der spielt die Exper­ten­ver­si­on. Wer den ohne­hin schon vor­han­de­nen Span­nungs­bo­gen noch etwas anzie­hen will, der spielt mit geord­ne­ten Schatz­kar­ten (die wer­den dann so sor­tiert, dass die wert­volls­ten Kar­ten unten lie­gen). Ich mag es am liebs­ten aber ein­fach und zufäl­lig. Da kann jemand vier Schatz­kar­ten ergat­tern, muss aber trotz­dem nicht gewin­nen, wenn jemand ande­res zufäl­lig die bei­den wert­volls­ten Schät­ze geho­ben hat. Das ent­spricht in mei­nen Augen am ehes­ten dem fluf­fi­gen Wohl­fühl­spiel, was MEMOARRR! für mich ist.

Noch ein­mal her­vor­he­ben möch­te ich den anzie­hen­den Span­nungs­bo­gen. Wie bspw. bei LEO MUSS ZUM FRISEUR oder ZAUBEREI HOCH DREI kom­men in jeder Run­de mehr Infor­ma­tio­nen ins Spiel. Man muss sich mehr mer­ken, hat aber auch mehr Mög­lich­kei­ten zur Ver­fü­gung. Und wehe, man spielt zwei Par­tien hin­ter­ein­an­der (was öfters pas­siert, da ger­ne eine Revan­che gefor­dert wird)...

Fazit: MEMOARRR! erin­nert mich vom Ablauf ein wenig an GAME OVER – was ähn­lich wie DEJA VU bei der Jury zum Spiel des Jah­res recht gut ankam. Da mir MEMOARRR! von die­sen drei Spie­len am Bes­ten gefällt, wage ich die Aus­sicht, dass man von die­sem Memo­spiel im nächs­ten Mai reden wird. Mei­ner Mei­nung nach dann völ­lig zurrrrrecht!

TitelMemo­arrr!
AutorCar­lo Bartolini
Illus­tra­tio­nenPablo Fon­tagnier
Dau­er10 bis 20 Minuten
Spie­ler­an­zahl2 bis 4 Spieler
Ziel­grup­peFami­li­en­spiel
Ver­lagEdi­ti­on Spielwiese
Jahr2017

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