Moesteiro von Costa und Rôla – erschienen bei Huch!
Wenn MOESTEIRO nur ein Dreivierteljahr früher erschienen wäre, dann hätte ich im letzten Sommer-Urlaub ein zusätzliches Ziel gehabt.
Thema... auf dem Cover fehlt zwar der obligatorische Baumeister mit Blick auf seinen Plan, aber trotzdem wetteifern wir in MOESTEIRO mal wieder ganz klassisch um Prestige durch unser Mitwirken am Bau des Klosters Santa Maria da Vitória. Vielleicht lässt sich der fehlende Bartträger auf der Cover-Illustration auch durch die lange Bauzeit des Klosters erklären. Glaub ich nämlich meinem Reiseführer, dann waren fünf Baumeister in der Zeit zwischen 1386 und 1515 tätig – wahrscheinlich ein Grund, warum MOESTEIRO über fünf Phasen gespielt wird.
Illustrationen... sind von Chema Román und Pedro Soto und überzeugen mich nicht. Ich kann allerdings gar nicht so genau festmachen, warum mich die Gestaltung nicht wirklich abholt. Vielleicht begründet sich dieses Gefühl durch den etwas uneinheitlichen Stil oder durch die vielen Perspektivwechsel auf dem Spielplan. Zumindest stimmt überwiegend das "Spiele-Handwerk", denn die Symbol-Sprache ist schnell zu erlernen und in sich schlüssig. Ein paar kleine Unklarheiten, wie bspw. bei den Siegpunkten auf der Stärkeleiste, sind aber dennoch vorhanden.

Ausstattung... ist ähnlich klassisch wie das Thema: ein großer Spielplan, viele Pappmarker sowie Spielfiguren, Baumaterial und Würfel aus Holz.
Bei den Plättchen können wir uns zu Spielbeginn entscheiden, ob wir für den Bau des Klosters die grünen oder blauen Bauplättchen nutzen wollen. Das Ergebnis wird das gleiche sein, aber der Weg dorthin ist mit grünen Plättchen etwas weniger beschwerlich. Dahingegen kommen immer alle Dorfplättchen zum Einsatz und auch die sechs unterschiedlichen Königsplättchen stehen immer vollständig zur Verfügung – sorgen diese doch für etwas asymmetrische Spielbedingungen. Zu guter Letzt sind noch Verzierungsplättchen auf dem Spielplan zu verteilen, mit denen wir später etwa Set Collection betreiben werden.
Ach, auf eine Besonderheit will ich noch hinweisen. Es hat bei mir bis Mitte der dritten Partie gedauert, bis ich realisiert habe, dass die großen Würfel nur die Werte 1 bis 3 anzeigen. Bis dahin hatte ich mich gewundert, warum niemals eine 6 auftaucht...
Ablauf... Zu Beginn der Runde suchen wir uns in Reihenfolge unserer Figuren auf der Stärkeleiste einen König als Unterstützer aus. Dieser bringt uns einerseits besondere Boni und regelt andererseits die Spielreihenfolge der weiteren Runde. Nach weiteren kleinen Verwaltungsschritten beginnt das Herzstück: die vorher geworfenen Würfel werden nun auf die Aktionsbereiche gesetzt. Dabei spielt die Augenanzahl und die Größe des Würfels eine Rolle. Denn die großen Würfel verschieben die kleinen Würfel bei gleicher Augenanzahl nach rechts. Andererseits verschiebt aber eine niedrigere Augenzahl alle Würfel mit höherer Zahl ebenso nach rechts.
Das ist für die folgende Phase wichtig, wenn die einzelnen Aktionsbereiche der Reihe nach abgearbeitet werden. Denn nun dürfen die links liegenden Würfel zuerst auf die Aktion zugreifen – auch wenn deren Ertrag in der Regel abhängig ist von der Augenanzahl. Durch Bewegung auf der Stärkeleiste können wir aber nun noch den Würfelwert manipulieren.
Die Aktionsbereiche sind ganz klassisch: wir besorgen uns Baumaterial, schreiten auf Leisten voran, Bauen für einmalige Boni am Dorf und besorgen uns Verzierungen, für die am Ende Punkte für Sets ausgeschüttet werden. Am Ende einer jeden Runde können nun noch die Bauplättchen des Klosters genutzt werden. Sollte davon dann noch Plättchen übrig bleiben, werden diese ohne Zutun der Spielenden trotzdem auf den Spielplan gelegt. So ist sichergestellt, dass am Ende der 5. Runde alle Bauplättchen gelegt sind und das Kloster in voller Pracht erstrahlt.
Das gefällt mir nicht so gut: MOESTEIRO ist ein solides Eurospiel in bekannter Tradition. Das Thema fühlt sich dabei trotz bestehender Referenzen etwas über den Mechanismus gestülpt an. Das gipfelt darin, dass sicher nach fünf Runden das Kloster fertig gebaut ist – im nicht sehr wahrscheinlichen Extremfall, ohne dass eine Person auch nur ein Bauplättchen erfüllt hätte. Das wird so nicht passieren, weil wir alle Siegpunkte erlangen wollen. Aber in meinen Augen hätte es sich stimmiger angefühlt, wenn das Weiterkommen des Baus direkt mit unseren Handlungen zusammen hängt. Entsprechend mechanisch fühlt sich das Spielerlebnis an. Schon nach wenigen Partien hatte ich dabei das Gefühl, alles relevante gesehen zu haben. Es fehlen die Überraschungen, die ungewöhnlichen Spielverläufe. Wir folgen einem vorgegeben Plan und schauen uns am Ende an, welche Person diesen am effizientesten unterstützt hat.
Apropos schauen. Aufgrund des gelungenen Einsetzmechanismus schauen wir oft auf die unterschiedlichen Würfel – und hoffen dabei, dass keine Person sich für Gelb als Spielfarbe entschieden hat. Denn unglücklicherweise liegen dem Spiel nur gelbe Würfel mit weißen Augen bei. Somit erkennt man leider kaum auf den ersten Blick, was der Würfel nun anzeigt. Das Problem ist mit einem schwarzen Edding sicherlich schnell gelöst – ärgerlich ist es trotzdem. Mein ästhetisches Empfinden stört sich übrigens auch an dem Größenverhältnis des Materials für die Sturzbogen und Säulen. Aber ich bin auch einer dieser Menschen, die in Pausen gerne mit dem vor sich liegenden Spielmaterial Türmchen bauen.
Insgesamt fehlt mir etwas die Originalität. Die einzelnen Bereiche funktionieren, aber es fehlt eine sinnstiftende Verbindung. Die Gebäude im Dorf ergeben schnelle Boni, haben aber leider darüber hinaus keine weitere Bedeutung – und die Boni lassen sich auch nur bedingt mit dem Thema erklären. Das Set-Collection Element mit den Verzierungen ist ein ähnlicher Fall. Das funktioniert als solches im bewährten Maße, aber man fragt sich, in welchem Zusammenhang das nun eigentlich steht. Zumal auch hier ein nicht unerheblicher Glücksanteil eingestreut wird. Der Zugriff auf diese Verzierungen ist nur bedingt planbar, die damit zu generierenden Punkte sind aber nicht zu unterschätzen. Zusätzlich sind wir auch beim Würfeln naturgemäß dem Glück ausgesetzt. Würfeln wir dauerhaft nur niedrige Werte, dann erkennen wir schnell die Endlichkeit der Stärkeleiste. Mir fehlt dabei ein ausgleichendes Element.
Ein weiterer negativer Aspekt ist die verbesserungswürdige Anleitung. Es gibt zahlreiche Regelunklarheiten, die nicht weniger werden, wenn man sich fragt, warum es manche Symbole auf dem Spielplan geschafft haben und warum manche nicht.
Das gefällt mir gut: MOESTEIRO ist ein solides Eurospiel in bekannter Tradition. Der Würfelmechanismus ist durch das neue Element der unterschiedlichen Würfelgrößen eine interessante Weiterentwicklung und funktioniert gut. Ständig belauern wir und gegenseitig. Welche Würfel stehen den anderen noch zur Verfügung? Wo will ich unbedingt früh aktiv werden, wo kann ich mich auch hinten anstellen? Mit wenig Aufwand wird ein interaktives Gerangel um die Einsetzfelder erzeugt. Leider hilft ein guter Mechanismus nicht weiter, wenn das restliche Gewand nicht überzeugt. So ist es eben nur ein weiteres Eurospiel, bei dem die Summe der einzelnen Elemente kein komplett befriedigendes Ganzes erzeugen. Das ist etwas schade, da z.B. die Wahl des helfenden Königs am Anfang einer Runde schon ein Anzeichen dafür ist, dass man ständig durchaus gewichtige Entscheidungen treffen muss. Nur leider emotionalisiert das Ergebnis dieser Entscheidungen am Ende zu wenig.

Trotzdem kann MOESTEIRO durchaus bei einigen Punkten in meiner Gunst punkten. Sehr angenehm ist beispielsweise die knackige Spielzeit. Zu zweit kann man problemlos eine Partie in einer halben Stunde spielen. Dabei skaliert der Mechanismus auch gut die fehlende Konkurrenz durch vorher einzusetzende Dummy-Würfel. Auch der Zugang fällt verhältnismäßig leicht, weil auf überbordende Sonderregeln verzichtet wird. Eine kleine Spielhilfe wäre vielleicht nett gewesen, aber wirklich gebraucht wird diese auch nicht, weil der Großteil durch den Spielplan vermittelt wird und das Spiel sehr stringent ist. Löblich ist auch, dass man auf verschiedene Wege Punkte erhalten kann. Anfangs hatte ich die Befürchtung, dass der Bau am Kloster ein Muss ist. Aber die ein oder andere Auszeit dort können wir uns durchaus erlauben. Zusätzlich besteht auch die Möglichkeit, unvollständig zu bauen. Dadurch erhalten wir vielleicht nicht die optimale Punktzahl, aber durch ein fehlendes Material werden wir auch nicht völlig aus dem Konzept geworfen. Sympathisch finde ich auch, dass die anderenorts beliebte Strategie, erst einmal ganz viel Material zu sammeln und das dann gewinnbringend zu verbauen, nicht möglich ist. Ohnehin ist überzähliges Material am Ende nichts mehr wert, so dass Effizienz belohnt wird.
Fazit: Ich könnte jetzt zum dritten Mal meinen Textbaustein zu Beginn eines Abschnitts wiederholen, schließlich ist MOESTEIRO damit ausreichend in Kurzform beschrieben. Als bekennender Würfelschubser verbringe ich gerne die Zeit mit dieser Art von Spielen. Allerdings fallen mir ganz viele andere Spiele in ähnlicher oder gar besserer Qualität ein, so dass MOESTEIRO ganz sicher nicht fünf Generationen bei mir verweilen wird.
Titel | Moesteiro |
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Autoren | Costa und Rôla |
Illustrationen | Chema Román und Pedro Soto |
Dauer | 30 bis 60 Minuten |
Personenanzahl | 2 bis 4 Personen |
Zielgruppe | klassische Kennerspielrunden |
Verlag | Huch! |
Jahr | 2023 |
Hinweis | für die Besprechung wurde vom Verlag ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt |
Ihr schreibt "Allerdings fallen mir ganz viele andere Spiele in ähnlicher oder gar besserer Qualität ein". Wäre nett, wenn ihr die dann auch nennt. Dann wäre das eine echte Hilfe. Ich möchte ja wissen, ob das Spiel gut ist, oder welches Spiel ich mir lieber kaufen sollte, um ein schönes Spiel zu haben. So steht man nur ratlos da. Vielen Dank für eine Antwort.
Manuel
Hallo Manuel!
Danke für dein Kommentar. Allerdings sehe ich das ein wenig anders. Ich sehe mich als Kritiker und nicht als Kaufberater. Wäre ich letzteres, dann müsste ich dich nun genauer fragen, welche Spiele du denn gerne magst. Ist dir das Thema wichtiger oder die Mechanik? Soll das Spiele lieber friedlicher sein oder konfrontativ? Welche Art von Spielen bringst du bisher gerne auf den Tisch? All das müsste ich wissen, um dir dann fundierte Tipps geben zu können. Aber darin sehe ich gar nicht meine Aufgabe. Mein Selbstbild ist, dass ich Spiele kritisch betrachte; dass ich aufzeige, was mir an einem Spiel gefällt und was nicht; dass ich einordne. Was die Lesenden dann daraus für Rückschlüsse für sich selbst ziehen, das kann und will ich gar nicht beeinflussen. Vielleicht sind meine Kritikpunkt an MOESTEIRO für dich gar nicht so wichtig. Und ein alternatives Spiel, was ich nennen würde, hätte bspw. gar nicht grün als Spielfarbe und wäre für dich somit ein No-Go.
Aber trotzdem noch ein Tipp: ich habe hier die Kategorie "Empfehlungen". Alle dort eingeordneten Spiele haben in meinen Augen eine höhere Qualität als MOESTEIRO. Du darfst dich nur nicht vom Schreibstil abschrecken lassen, weil ich in der Kategorie meist ein wenig experimentell unterwegs bin.
Viele Grüße,
Tobias