Oh my Goods! – Longsdale in Aufruhr von Alexander Pfister erschienen bei Lookout Spiele
OH MY GOODS! war eine meiner positiven Überraschungen der SPIEL 2015 – allerdings erst, nachdem es durch die Regeländerungen richtig rund wurde. Was mir daran besonders gefällt, ist die Konzentration auf das Wesentliche. Darum war ich sehr skeptisch, als ich von einer "Erweiterung" hörte. Sollte das Spiel nun doch noch aufgebläht werden? Allerdings hatte ich dabei das Wörtchen "Story" vor "Erweiterung" überlesen. Und dieses Wörtchen macht ganz schön was aus, denn es heißt nicht ohne Grund LONGSDALE IN AUFRUHR!
Thema... ist nun der große Pluspunkt von LONGSDALE IN AUFRUHR. Denn war OH MY GOODS! thematisch eher bieder bzw. abstrakt, wird nun ein richtige Geschichte über mehrere Kapitel erzählt. Zu Anfang gibt es Unruhen in der Hauptstadt Longsdale und der König bittet um Hilfe. Im Laufe des Spieles kann man sich dann entscheiden, ob man die Unruhestifter bekämpfen will oder ob es vielleicht doch berechtigte und unterstützenswerte Forderungen sind. Außerdem stehen da noch die Nordländer vor der Tür...
Illustrationen... sind wieder von Klemens Franz und setzen den Stil von OH MY GOODS! fort. Gut so, denn die Illustrationen gefallen mir!
Ausstattung... entspricht natürlich wieder der eines Kartenspiels: viele Karten! Diese sind nun aber in den unteren rechten Ecken fortlaufend durchnummeriert (kennt man so bspw. von SNOWDONIA – insbesondere der Erweiterungs-Szenarien), so dass man sie jederzeit neu ordnen kann. Das ist ein wichtiges Detail, da die neuen Karten nur nach und nach ins Spiel gelangen. Dabei gibt es einige Details bezüglich der einzelnen Kapitel zu beachten, was aber sich nicht als schwerwiegendes Schwierigkeit herausstellt.
Ablauf... ist der gleiche wie im Grundspiel. Allerdings wird nun am Anfang einer Runde noch ein Ereignis ausgespielt. Diese Ereignisse beeinflussen etwas den Ablauf, da nun bspw. in Phase III so lange Karten aufgedeckt werden, bis drei halbe Sonnen erschienen sind (statt normalerweise zwei Sonnen).
Eine Partie hat nun auch eine feste Dauer, in der alle vorbereiteten Ereignisse auch ausgespielt werden. Somit ist es also kein Wettrennen mehr um den Bau von acht Gebäuden. Erfahrungsgemäß dauert dadurch eine Partie etwas kürzer als bisher.
Neu ist auch der Solo-Modus. Da der gegenseitige Einfluss bisher ohnehin überschaubar war (er beschränkte sich auf das Wegnehmen der Gehilfen), funktioniert der auch gut und ohne Sonderregeln.
Das gefällt mir nicht so gut: Die erzählte Geschichte ist zu kurz! Das ist natürlich ein Luxusproblem, was aber auch zeigt, wie gut mir diese Story-Erweiterung gefallen hat. Glücklicherweise ist es auch ein lösbares Problem, da nun zur SPIEL 2017 schon die nächste Story-Erweiterung angekündigt ist. Das ist auch wichtig, da die Geschichte mit einem üblen Cliffhanger endet. 😕
Der Solo-Modus ist übrigens brutal schwer, was recht deprimierend ist. Kommt man im Gruppenspiel ohne Bedingungen in die nächste Runde, so soll man im Solo-Modus erst alle Voraussetzungen schaffen, bevor man ins nächste Kapitel übergeht. Diese sind aber richtig heftig und man braucht schon eine glückliche Kartenverteilung dafür. Hier hätte es gerne auch weniger knackig sein dürfen – wobei das natürlich auch in Hand der Spieler liegt.
Ein weiteres kleines Problem bereitet mir die Unterbringung. Wirklich praktisch ist die ursprüngliche Verpackung nicht. Außerdem habe ich lieber das Grundspiel und die Erweiterung in einer Schachtel – insbesondere dann, wenn Elemente beider zusammen benutzt werden. Die Box des Grundspiels hat aber auch keine Luft mehr für LONGSDALE IN AUFRUHR. Doch zum Glück gibt es da so ein paar Exit-Spiele, die sich nach einmaligem Gebrauch nicht noch einmal spielen lassen. Denn deren Box kann man sehr wohl wieder verwenden...
Das gefällt mir gut: Durch die einzelnen Kapitel wird nun den Spielern eine Richtung vorgegeben, an der sie sich orientieren können. Das tut dem Spiel erstaunlich gut – denn das Fehlen dieser Vorgaben hat mich im Grundspiel bisher gar nicht gestört. Das liegt aber auch daran, dass die Spieler hauptsächlich über Belohnungen in diese Richtung gelockt werden. Man kann das aber auch ignorieren und sein bisheriges Ding machen (man bezahlt zwar mit einem Malus, aber das kann sich immer noch lohnen). Die Vorgaben sind ein Kann, aber kein Muss. Zusätzlich entstehen die Vorgaben aus der Geschichte, so dass man aus thematischer Sicht gerne die Vorgaben erfüllen will. Und da sich die Geschichte weiter entwickelt, ändern sich auch die jeweiligen Vorgaben.
Neben den Ereignissen kommen nun auch neue Gebäude ins Spiel. Vor allem die Wachtürme erhöhen die (zugegebenermaßen spärliche) Interaktion zwischen den Spielern. Wichtig daran ist: LONGSDALE IN AUFRUHR bleibt ein kompetitives Spiel! Weiterhin spielen die Spieler gegeneinander und können dabei auch unterschiedliche Interessen entwickeln (will man die Unruhestifter unterstützen oder nicht?).
Während des Spielens entsteht ein schöner Sog: man will unbedingt wissen, wie die Geschichte weiter geht. Man freut sich über frei gespielte Gebäude und möchte diese dann natürlich auch nutzen. Besonders gut gefällt mir, dass die Geschichte sich unterschiedlich entwickeln kann. So kam es dann auch, dass ich mit Gruppe A eine andere Geschichte erlebte als mit Gruppe B. Dabei werden aber keine Karten zerstört oder überklebt (das Legacy-Prinzip lässt grüßen), sondern es bleibt reproduzierbar. Auch kann man den ganzen Story-Überbau beiseite lassen und gleich "All inclusive!" mit allen neuen Elementen spielen.
Fazit: LONGSDALE IN AUFRUHR hat ein kleines feines Kartenspiel in eine neue Dimension gehoben. War es vorher ein guter Vertreter eines knackigen Kartenspiels ist es nun ein herausragendes Erlebnis. Denn nun rückt eine interessante Geschichte in den Vordergrund und lässt dieses Kartenspiel ganz anders erleben. So sollen Spiele in meinen Augen sein. Es müssen nicht immer noch mehr und komplizierte Regeln sein, manchmal sind es einfache kleine Dinge, die einen emotional berühren. Ich freue mich jedenfalls schon riesig auf die Fortsetzung!
Titel | Oh my Goods! – Longsdale in Aufruhr |
Autor | Alexander Pfister |
Illustrationen | Klemens Franz |
Dauer | 30 bis 45 Minuten |
Spieleranzahl | 1 bis 4 Spieler |
Zielgruppe | kartenspielende Kennerspieler |
Verlag | Lookout Spiele |
Jahr | 2016 |
Besten Dank! Ich habe eine ausführliche kritische Auseinandersetzung mit der Erweiterung gesucht und hier gefunden.