Push von Prospero Hall – erschienen bei Ravensburger
Ich muss mich mal outen: ich bin eine totale Niete, wenn es darum geht, vor Türen mit einem dicken "Push"- oder "Pull"-Aufkleber das Richtige zu tun. Ich kann mir einfach nicht merken, was nun "Drücken" und was "Ziehen" bedeutet. Zusätzlich ist mein Brettspielfachvokabular bei dieser Frage eher kontraproduktiv, wenn ich mir das Ganze dann über Push-Your-Luck zu erklären versuche. Denn oftmals "ziehe" ich dabei eine Karte und "drücke" mich nicht vor Entscheidungen. Aber seit PUSH auf dem Markt ist, dämmert Besserung. Denn nun merke ich mir das Ganze darüber, dass ich mit gehässigem Grinsen meinen Mitspielern eine Würfel-Karte reindrücke. Ich sage doch immer: spielen bildet!
Thema... gibt es nicht, braucht es nicht!
Design… wurde von der Spieleschmiede Prospero Hall neben der Idee gleich mitgeliefert. Dabei wurde ganz tief ins Grafik-Reportoire der 1980er-Jahre gegriffen. Manche hassen PUSH dafür, ich liebe es! Die Karten sind so hässlich, dass sie schon wieder schön sind. Aber unabhängig davon funktioniert PUSH auch gut mit farbfehlsichtigen Mitspielenden und darauf kommt es letztendlich an.
Ausstattung… 120 Karten, 1 Würfel und massig Anleitungen in fremden Sprachen, damit man irgendwann auch in Spanien oder Italien nicht doof vor der Tür steht.
Die Karten unterscheiden sich übrigens in Würfelkarten, Richtungswechselkarten und Zahlenkarten mit den Werten von 1 bis 6 in fünf unterschiedlichen Farben.
Ablauf… Ziel ist es, am Ende die meisten Punkte zu haben, die man über gesammelte Karten generiert. Ist man am Zug, kann man entweder alle Karten einer Farbe der eigenen Auslage sichern oder aber man deckt neue Karten auf. Diese werden dann nach und nach maximal drei Reihen zugeordnet. Pro Reihe darf aber jede Farbe und jeder Wert nur einmal vorhanden sein. Das macht man so lange, bis man nicht mehr weitermachen will – oder eben nicht mehr kann. Hat man das Kartenaufdecken rechtzeitig beendet, nimmt man sich eine Reihe und legt die erbeuteten Karten in die eigene Auslage. Nun müssen die restlichen Reihen von den folgenden Nachbarn aufgenommen werden – normalerweise im Uhrzeigersinn, aufgedeckte Richtungswechsel machen ihrem Namen aber Ehre. Das ist übrigens keine Kann-Entscheidung sondern ein Muss. Denn dabei kann es passieren, dass man eine Würfelkarte zu sich nimmt. Die sorgt dafür, dass man nun den Würfel werfen und alle Karten in der eigenen offenen Auslage dieser Farbe abwerfen muss. Man muss dummerweise auch mit der gleichen Konsequenz würfeln, wenn man nicht rechtzeitig aufgehört hat, Karten aufzudecken.
Es gibt noch eine kleine aber fiese Variante. Der Würfel ist ein Sechsseiter und zeigt demnach bei fünf vorkommenden Kartenfarben noch eine nicht zugeordnete schwarze Seite. Würfelt man die, hat man normalerweise Glück (weil man die Farbe nicht abgeben kann). In der Variante sorgt die schwarze Seite aber dafür, dass man alle Karten der eigenen Auslage verliert. Autsch!
Das gefällt mir nicht so gut: natürlich ist PUSH ein reines Glücksspiel! Da kann nach drei gezogenen Karten schon der eigene Zug vorbei sein, während andere Karte um Karte aufdecken. Da würfelt jemand andauernd die schwarze Seite, während bei einem selbst immer zielgerichtet die Farbe fällt, von der man aktuell die meisten Punkte ausliegen hat. PUSH ist also ungerecht und gemein! Wer sich darüber aufregt und stundenlang ärgern kann, der sollte etwas anderes spielen und lieber das Herz schonen.
Am Spiel selbst habe ich wenig bis gar nichts auszusetzen. Gute Durchmischen ist natürlich eminent wichtig, weil sonst viel von dem Spaß verloren geht. Ansonsten sind mir noch die stinkenden Karten negativ aufgefallen. Nach Öffnung der Plastikbanderole kommt einem ein unschöner Duft entgegen, der auch noch einige Zeit nachhält. Mit der Dauer geht der Geruch weg, aber gesund roch das nicht.
Das gefällt mir gut: PUSH reduziert den Push-Your-Luck-Mechanismus auf das Wesentliche. Da gibt es keinen unnötigen Klimbim, das Spielprinzip ist rein und unmittelbar. Das verstehen alle am Tisch in zwei Minuten und spätestens nach dem ersten Würfelwurf ist klar, wo die Reise hingeht.
Rein aus mechanischer Sicht ist PUSH somit auf den ersten Blick wenig besonders. Aber mit der Zeit merkt man dann, dass es doch diese berühmten Kleinigkeiten aufweisen kann. Denn durch die offenen Reihen in der Tischmitte, sind die Mitspielenden immer am Spielgeschehen beteiligt, was wiederum durch die Sonderkarten oftmals ziemlich wild durcheinander geschüttelt wird. Folgende Gedanken treten öfter auf: Da liegen jetzt zweimal eine 6 und eine 5. Da würde ich ja eine entsprechende Reihe bekommen. Super, da freue ich mich drauf! Doch was ist das? Ein Richtungswechsel? Dann gehe ich ja leer aus? Und jetzt kam noch eine 3 hinzu? Unfair! Aber ha, noch ein Richtungswechsel. Super, jetzt profitiere ich wieder von der Auslage. Doch nein, jetzt wurde mir noch eine Würfelkarte dazu gelegt. So ein Sch....!
Meist bleibt es aber nicht bei den stillen Gedanken, sondern diese werden lautstark geäußert. Bin ich mit Aufdecken an der Reihe wird also ständig mein Tun kommentiert. Die eine Seite will, dass ich weitermache, die andere Seite fordert ein Aufhören. Und was freut man sich, wenn man selbst viele Punkte aufnehmen kann und in der Mitte nur noch Würfelkarten liegen. Wobei diese Würfelkarten müssen ja noch nichts schlechtes bedeuten, denn es gibt Menschen mit schier unglaublichem Würfelglück.
PUSH spielt mit den vielen Emotionen, die als Gruppe an einem Spieltisch erlebt werden. Da wird gelacht, geflachst, geflucht und sich geärgert. Schadenfreude pur. Dafür braucht es manchmal glücklicherweise nicht mehr als ein paar Karten und einen Würfel. Gut so!
Fazit: Schadenfreude gilt als typisch deutsch, weswegen es auch als Lehnwort in anderen Sprachen benutzt wird. Von solchen Klassifizierungen halte ich allerdings wenig. So finde ich es tröstlich, dass ein amerikanisches Entwicklungsstudio mit PUSH zeigt, wie Schadenfreude par excellence funktioniert. Ich habe keine Ahnung, wie erfolgreich das Spiel in anderen Ländern läuft. Aber ich finde PUSH in seiner Einfachheit großartig – aber ich mag auch Schadenfreude im Spiel und kann über mich selbst lachen.
Titel | Push |
Autor | Prospero Hall |
Illustrationen | Prospero Hall |
Dauer | 20 bis 30 Minuten |
Spieleranzahl | 2 bis 6 |
Zielgruppe | das Glück herausfordernde Familienspieler |
Verlag | Ravensburger |
Jahr | 2020 |
Ich bedanke mich bei Ravensburger für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars. Ich bin mir sicher, dass durch diese Bereitstellung meine Meinung nicht beeinflusst wurde. Die Besprechung spiegelt meine gemachte Erfahrung wider.
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