Seikatsu von Matt Loomis und Isaac Shalev – erschienen bei Huch!
Ich hatte kurz überlegt, mir den Spaß zu machen und statt SEIKATSU immer schön die entsprechenden japanischen Schriftzeichen zu nutzen. Dann habe ich aber feststellen dürfen, dass 生活 nicht unbedingt die Lesbarkeit fördert. Dabei bedeutet es doch das schöne Wort "Leben" – und wer aktuell aus dem Fenster schaut, der sieht ganz viel frühlingshaftes 生活.
Thema... schon wieder wird der Gärtner in uns Spielern angesprochen. Bei SEIKATSU wird allerdings ein gemeinsamer Garten zwischen drei Pagoden angelegt. In jeder dieser Pagoden sitzt ein Mitspieler und genießt darin den Ausblick – der sich aber für jeden Spieler anders darstellt (schließlich wird aus verschiedenen Perspektiven auf den Garten geschaut). Allerdings mögen wir es dabei gerne halbwegs aufgeräumt. Zu viel Vielfalt verwirrt unser Auge. Wir haben es lieber halbwegs einfarbig.
Doch machen wir uns nichts vor: SEIKATSU ist im Kern ein abstraktes Spiel. Das Thema soll lediglich den trickreichen Mechanismus unterstützen.
Illustrationen... sind von Peter Wocken und haben mich leider nicht überzeugt. Damit meine ich nicht die einzelnen Illustrationen an sich. Die gefallen mir eigentlich recht gut. Allerdings passen die einzelnen Elemente meiner Meinung nach nicht zusammen. Die Gestaltung des Spielplans folgt einem ganz anderer Stil als die Illustrationen auf den Plastik-Chips – und zusammen beißt sich das. Auch die Covergestaltung – so wunderschön sie auch ist – folgt wieder einem eigenen Stil. Vor allem der Cover-Stil hätte sehr gerne in der Art durchgängig beibehalten werden dürfen. So sieht das Gesamtwerk leider ziemlich zusammen geschustert aus.
Zusätzlich bin ich auch mit der Farbgebung einzelner Element nicht glücklich, da sich diese somit kaum unterscheiden lassen. Ob auf den Chips nun ein rosa oder ein hell-lila Blumenkranz zu sehen ist, lässt sich nur schwer erkennen. Zumal dann auch noch einem ein Drittel des Spielfeldrandes in rosa entgegen stahlt, so dass man von dieser Farbe ohnehin ein wenig geblendet ist.
Ausstattung... halte ich – ähnlich wie auch bei TA-KE aus dem Hause Huch! – für gehoben. Auslöser für diese Beurteilung sind wieder tolle Plastik-Chips, die nun sogar hochwertig bedruckt sind. Zu sehen ist darauf ein Vogel, der von einem Blumenkranz eingerahmt wird. Dabei gibt es vier verschiedene Vögel und vier verschiedene Blumenkränze (und auch ein paar Koi-Teiche, die als Joker fungieren). Damit diese Chips geheim gezogen werden können, liegt auch noch ein Stoffbeutel bei. Ein Spielplan zur Ablage der Chips sowie kleine hölzerne Wertungsmarker in Form einer Blüte runden den Inhalt der Box ab.
Ablauf... ist recht einfach zu verstehen. Man hat immer zwei Chips auf der Hand und legt einen davon auf dem Spielbrett ab – immer angrenzend zu schon abgelegten Chips. Danach erfolgt eine kleine (Vogelschwarm-)Wertung, bei der nur die auf den Chips abgebildeten Vögel einbezogen werden – und das auch nur dann, wenn in direkter Nachbarschaft Chips mit dem gleichen abgebildeten Vogel liegen. Danach zieht man wieder einen Chip nach und die Mitspieler sind an der Reihe.
Das macht man so lange, bis alle Chips gelegt wurden und das Spielbrett voll belegt ist. Dann erfolgt eine Endwertung (bzw. Blumenwertung) für jeden Spieler. Dabei werden nur noch die Blumenkränze auf den Chips betrachtet. Ausgehend von der Lage der eigenen Pagode, betrachtet man dabei die einzelnen Reihen und zählt die Chips der Blumensorte, die in dieser Reihe am häufigsten vertreten ist. Gemäß einer einfachen Summenfunktion gibt es dann mehr Punkte für eine Reihe, in der nur eine Blumenfarbe vertreten ist als wenn viele unterschiedliche Blumen vorhanden sind. Dies erfolgt für alle Reihen aller Mitspieler. So werden die einzelnen Chips also mehrfach bewertet – abhängig vom jeweiligen Blickwinkel kommt es aber zu anderen Mehrheiten.
Die Koi-Teiche sind bei diesen beiden Wertungen jeweils als Joker anzusehen. Also entweder als Vogel meiner Wahl bei der Schwarmwertung bzw. als Blumenfarbe meiner Wahl bei der Endwertung.
Im 4‑Personen-Spiel werden zwei 2er-Teams gebildet, die zusammen eine Pagoden-Farbe übernehmen. Allerdings darf sich nicht über die Chips auf den Händen abgesprochen werden. Im Solo-Modus puzzelt man sich eine Auslage zusammen, die analog zum Mehrpersonenspiel gewertet wird. Die Besonderheit daran ist, dass die normalen Chips nur an den zuletzt gelegten Chip angelegt werden dürfen. Nur mit den Koi-Teichen kann man an einem beliebigen Chip anlegen. So muss man sich neben der Wertung auch überlegen, welche Ablagen man nutzt, ohne sich selbst zu blockieren.
Das gefällt mir nicht so gut: Ich habe es bei den Illustrationen schon angesprochen. Mir gefällt einerseits der Stil-Wirrwarr nicht, andererseits bin ich aber auch unglücklich mit der Funktionalität der Grafik auf den Chips. Der erste Punkt ist natürlich auch viel Geschmackssache, der zweite betrifft aber eigentlich alle Spieler. Es ist anstrengend, wenn man immer ganz genau hinsehen muss, ob nun auf dem Chip der rosa oder der hell-lila Blumenkranz abgebildet ist.
Die Koi-Teiche sind sehr mächtig, da man sie universell einsetzen kann. Zieht ein Spieler alle Koi-Teiche und die anderen gehen leer aus, dann haben diese es schon sehr schwer, um den Sieg mitzuspielen. Deswegen sind wir dazu übergegangen, die Koi-Teiche im Vorfeld gemäß der in der Regel beschriebenen Turnierversion gleichmäßig an die Spieler zu verteilen. Natürlich bleibt dann Glück weiter ein Faktor im Spiel. Aber es nimmt nicht all zu große Ausmaße an.
Die Solovariante von SEIKATSU hat mir nicht ganz so gut gefallen. Aber ich bin auch kein passionierter Solo-Spieler und knobel lieber anders an Rätseln (bspw. braue ich dann an einem BRAINS-ZAUBERTRANK). Auch die 4‑Personen-Variante hat mich nicht wirklich überzeugt, da ich diese als gezwungen empfunden habe. Für ein solches Team-Spiel geht SEIKATSU zu schnell, als dass sich wirklich eine Team-Startegie entwickeln kann. Für mich wirkt diese Variante jedenfalls aufgesetzt, um die marketingtechnischen wichtigen "4 Personen" auf die Box schreiben zu können.
Das gefällt mir gut: Dahingegen macht SEIKATSU als 2- bzw. noch mehr als 3‑Personen-Spiel richtig Spaß. Denn wie es sich für ein gutes abstraktes Legespiel gehört, paart es einfache Regeln mit einer cleveren Wertung. So steht man öfters vor der Entscheidung: Will ich nun kurzfristig Punkte für meine Vögel erhalten oder setze ich lieber auf die Endwertung? Und wenn ich den Chip mit den gelben Blumen dorthin lege, bringt er dann vielleicht meinen Mitspielern am Ende mehr als mir selbst?
Das kann kurz vor Schluss einer Partie, wenn kaum noch freie Ablageplätze bestehen, in kleine Grübeleien ausarten. Meist ist aber eher ein schnelles Tempo angesagt. Das liegt auch daran, dass man am Ende seines Zuges wieder auf die zwei Chips nachzieht. Während also die Mitspieler an der Reihe sind, kann man selbst schon recht gut seinen nächsten Zug überlegen. Natürlich kann es dann vorkommen, dass der anvisierte freie Platz vom Mitspieler besetzt wird – aber so etwas fördert doch die geliebten Emotionen am Tisch.
Den Glückseinfluss halte ich für zielgruppengerecht. Ja, man kann Pech beim Nachziehen haben und sogar zwei gleiche Chips auf der Hand haben. Aber bei einem 20 bis 30 Minuten langen Familienspiel kann ich damit ganz gut leben. Für Freunde des abstrakten Denkvergnügens ist SEIKATSU möglicherweise zu seicht und glückslastig. Ich würde SEIKATSU in dieser Hinsicht aber in einer Liga mit EINFACH GENIAL oder auch QWIRKLE sehen – und da gibt es bestimmt schlechtere Referenzen. Auch bei SEIKATSU braucht man ein gewisses Nachziehglück und ist ein wenig von den Vorlagen der Mitspielern abhängig.
Zu guter Letzt möchte ich nochmals die gute Ausstattung loben. Da ist wirklich einiges durchdacht (bspw. auch das gute Tiefziehteil). Erst war ich skeptisch, ob die Chips durch den Abrieb nicht den Aufdruck verlieren würden. Es hat sich aber (zumindest bei mir) gezeigt, dass dem nicht so ist. Lediglich eins-zwei wenige Chips hatten einen minimalen kaputten Aufdruck. Der war aber von Beginn an so und hat sich im Laufe der Zeit nicht verschlechtert. Außerdem haben die kleinen Macken zu keiner Zeit die Spielbarkeit beeinflusst.
Fazit: Als flotter Auftakt oder Abschluss eines Spieleabends kann ich SEIKATSU empfehlen. Denn es versprüht eine gewisse Leichtigkeit ohne dabei banal zu sein. Vor allem für drei Leute, die noch auf ihren vierten Mitspieler warten, ist es ideal. Wenn das Spielmaterial doch nur so schön illustriert wäre wie das geniale Cover...
Titel | Seikatsu |
Autor | Matt Loomis und Isaac Shalev |
Illustrationen | Peter Wocken |
Dauer | 15 bis 30 Minuten |
Spieleranzahl | 1 bis 3 Spieler (4 Spieler als 2er-Team) |
Zielgruppe | Familienspieler |
Verlag | Huch! |
Jahr | 2018 |
Ich bedanke mich bei Huch! für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars. Ich bin mir sicher, dass durch diese Bereitstellung meine Meinung nicht beeinflusst wurde. Die Besprechung spiegelt meine gemachte Erfahrung wider.
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