Terra Futura von Petr Vojtěch – erschienen bei Albi
Ich habe lange überlegt, ob ich wirklich an Heilig Abend noch einen Beitrag raus hauen soll oder nicht. Denn, sind wir mal ehrlich, das muss dann schon ein besonderes Ding sein, oder? So gesehen, hätte ich mit TERRA FUTURA wohl noch ein wenig warten müssen. Aber aufgrund des besonderen Ansatzes habe ich mich dann doch für dieses Spiel entschieden...
Thema... in TERRA FUTURA bauen wir die Welt von morgen auf. Dabei können wir uns für zwei unterschiedliche Wege entscheiden: der schnelle Weg , der meist zu Umweltverschmutzungen führen wird und uns somit sogar hindern kann, bestehende Gebiete zu nutzen. Oder aber man geht es langsamer und sauberer an, ist dann aber vielleicht nicht effizient genug.
Illustrationen… sind von Jindřich Pavlásek und gefallen mir recht gut. In den gefälligen Bildern hätte man vielleicht noch die ein oder andere Überraschung einbauen können, um das Thema noch mehr durchschimmern zu lassen. Aber insgesamt passt das schon alles gut zusammen, zumal auch die Symbolsprache eindeutig und leicht zu verstehen ist.
Ausstattung… ist ganz klassisch: viele Karten, Wertungsblock, Ressourcen und Waren aus Holz sowie Geld aus Pappe. Allerdings gibt es doch noch eine Besonderheit: zur Aufbewahrung der einzelnen Materialien sind kleine Faltboxen mitgegeben werden, die man auch sehr gut während des Spiels benutzen kann.
Die Karten unterteilen sich übrigens in Start-Karten, Übersichts-Karten, Wertungs-Karten sowie zwei Arten von Landschaften. Der erste Landschaftstyp ermöglicht ein "Ernten" von Rohstoffen, der zweite Landschaftstyp sorgt dahingegen für Umwandlungen. Die Endkarten sind ebenfalls zweigeteilt. Die obere Sequenz gibt an, welche Karten man am Spielende nochmals aktivieren kann und der untere Bereich zeigt individuelle zusätzliche Siegpunkt-Belohnungen für bestimmte Waren-Kombinationen.



Ablauf… im Laufe der Partie bildet man jeweils ein 3*3‑Raster aus Karten. Zu Beginn liegt lediglich die Startkarte im eigenen Gebiet. Nach und nach nimmt man sich eine Karte aus der offenen Auslage und bringt diese in dieses Raster unter. Dabei werden dann alle Karten in der gleichen Spalte und Zeile inklusive der gerade ausgelegten Karte aktiviert, wobei man sich die Reihenfolge aussuchen kann. Somit erhält man Ressourcen, die man dann gegen Waren umtauschen kann.
Bei manchen Tauschaktionen erzeugt man dabei eine Umweltverschmutzung, die in Form kleiner schwarzer Klötzchen daher kommt. Diese kann man auf manchen Karten ohne Konsequenz lagern. Sind diese Lagerplätze allerdings alle belegt, dann muss man die Umweltverschmutzungen zentral auf eine Karte legen. Das hat dann zur Konsequenz, dass diese Karte nicht mehr aktiviert werden kann.
Nachdem man das 3*3‑Raster gelegt hat, kann man über eine der beiden anfangs erhaltenen Wertungs-Karten nochmals final vier bestimmte Karten in der Auslage aktivieren. Am Ende erhält man dann Siegpunkte für übrig gebliebene Ressourcen sowie für erzeugte Waren. Außerdem erhält man noch einen Malus für Karten, auf denen Umweltverschmutzungen liegen. Zu guter Letzt sucht man sich noch eine der beiden möglichen Endwertungen auf der Wertungskarte aus.
Das gefällt mir nicht so gut: Spielt man zu fünft, dann wird das Material knapp. Das ist bei den Markern vielleicht schon ein wenig nervig, aber doch noch irgendwie zu handhaben. Ärgerlicher ist allerdings, dass auch die Karten recht knapp bemessen sind. Wenn es ungünstig läuft, hat man am Ende als fünfte Person keine echte Auswahl mehr. Das ist deswegen ein Problem, weil TERRA FUTURA so weit herunter gekocht ist, dass man sehr effizient spielen muss, um erfolgreich zu sein. Die letzte Karte im eigenen System kann somit entscheidend sein – und dabei keine Auswahl zu haben, ist frustrierend. Diese Mangelerscheinungen bestärken mich in dem Gefühl, dass ich TERRA FUTURA nicht mehr zu fünft spielen will.
Das Spielgefühl ist recht gemächlich und man kann schon sehr von einem glücklichen Kartenangebot profitieren. Manchmal passt dieses besser, manchmal schlechter. Bei der gegebenen Spielzeit von 20 bis 40 Minuten finde ich diesen Zufallsanteil aber als akzeptabel, zumal man auch aktiv die Auslage beeinflussen kann. Größeres Problem ist, dass der Wiederspielreiz nicht sehr ausgeprägt ist. Die meisten Partien fühlen sich gleich an und man hat nicht das Gefühl, dass man über die Zeit noch etwas Neues erlebt.
Denn mir fehlen etwas die Emotionen bei TERRA FUTURA. Insgesamt ist es ziemlich interaktionsarm und man konzentriert sich fast ausschließlich auf die eigene Auslage. Zusätzlich hätte ich gut mit einem größeren moralischen Zeigefinger leben können. So würde es mir besser gefallen, wenn Umweltverschmutzungen sich noch negativer auswirken. Im aktuellen Zustand kann man relativ problemlos die Karten mit Müllklötzchen zu pflastern, die man ohnehin nicht mehr aktivieren will. Das ist spielmechanisch meist sinnvoll, aber soll das wirklich die gewollte Aussage sein? Wo bleibt da der propagierte Nachhaltigkeitsgedanke? Ich hätte diesbezüglich mehr Zwänge gut gefunden. Beispielsweise, dass man automatisch verliert, wenn man mehr Müll produziert, als man auf den eigenen Auslagen lagern kann. Dies würde vielleicht auch mehr Spannung und Emotionen erzeugen.
TERRA FUTURA wirbt mit der eigenen Nachhaltigkeit. Ausdruck dafür sollen u.a. die netten Aufbewahrungsboxen sein. Die sind auch wirklich toll und praktisch – großes Lob dafür! Allerdings fühlt man sich dann ein wenig verschaukelt, wenn gleichzeitig trotzdem noch eine Menge Plastik-Zipptüten in der Box liegen, um wohl die Karten aufbewahren zu können. In diesem Punkt hätte ich mir also etwas mehr Konsequenz gewünscht und entweder Papier-Banderolen oder eben auch Boxen für die Karten angeboten. Zusätzlich wäre es auch praktisch, wenn diese Aufbewahrungsboxen halbwegs vernünftig in die Schachtel passen würden.
Das gefällt mir gut: In nur acht Zügen gilt es effizient die Möglichkeiten der Karten zu nutzen. Es muss ein Rad ins nächste greifen, damit der Motor dieses kleinen aber feinen Enginge Builders ins Laufen kommt. Das ist eine tüftelige Aufgabe, die mich fordert und reizt. Aufgrund der kurzen Spielzeit wird man aber auch nicht überfordert, sondern bewegt sich in einem klar abgesteckten Bereich. Mehr als fünf Aktionsmöglichkeiten hat man nie, so dass alles überschaubar bleibt – zumal man auch ganz gemächlich beginnt.
Dabei sollte man aber unbedingt die finalen Aktivierungs-Möglichkeiten der Wertungskarten im Hinterkopf behalten. Bei diesem Element trennt sich oftmals die Spreu vom Weizen. Wer ohne groß Nachzudenken gemütlich Karte um Karte auslegt wird sehr wahrscheinlich weniger Punkte am Ende aufweisen, als Mitspielende, die einem genauen Plan folgen, wie man am Ende nochmals die Produktionskette anschmeißen kann. Ich mag solche Optimierungsaufgaben gerne! Dabei ist es von Vorteil, dass man zwei Wertungs-Karten zur Auswahl hat und diese sogar kombinieren kann (ich nutze die Aktivierung der einen Karte und die Endwertung der anderen Karte).
TERRA FUTURA ist sehr auf den Kern herunter gebrochen. Das führt leider zu einer gewissen Eintönigkeit, da man eigentlich immer das Gleiche macht. Auf der anderen Seite ist es auch eine Leistung, die Mechanismen so herunter zu brechen, dass damit auch noch ein leichter Einstieg möglich ist. Die Regeln sind in fünf Minuten erklärt, trotzdem ist das Spielen keinesfalls banal, da man schon ein wenig im Kopf tüfteln muss. Dabei wird man glücklicherweise gut durch das Material unterstützt. Als bekennender Würfelschubser freue ich mich immer über kleine Holzklötzchen als Ressourcen. Die Aufwertung dieser in die wertvolleren Waren wird schön durch die entsprechenden Meeples deutlich gemacht. Mehr brauche ich in Brettspielen gar nicht, was gerne als dezenter Seitenhieb gegen Plastikminiaturen gelten darf.
Dass solche nicht zu TERRA FUTURA gepasst hätten, wird spätestens im Nachwort der Anleitung deutlich. Dort heißt es so wahr: "Wir leben auf einem Planeten mit endlichen Ressourcen und sollten versuchen, Wertstoffe so effizient wie möglich zu nutzen. Eine Praktikable Lösung ist die sogenannte Kreislaufwirtschaft, die von den natürlichen, perfekt geschlossenen Kreisläufen ohne Abfall inspiriert und in unserem Wirtschaftssystem umsetzbar ist." TERRA FUTURA wurde mithilfe von Fördermitteln der EU unterstützt, um genau solche Zusammenhänge spielerisch erlebbar zu machen. Ob das wirklich komplett gelingt, muss man anzweifeln. Aber ich finde es gut, dass über Spiele versucht wird, ein Bewusstsein für solche Themen zu schaffen. Das rechne ich dem Spiel hoch an, auch wenn es in meinen Augen dabei noch zu zahm vorgeht.
Fazit: TERRA FUTURA ist ein cleverer kleiner Engine Builder, der aufgrund seiner guten Zugänglichkeit leider auf Dauer etwas seicht wirkt. Aber vor allem aufgrund des thematischen Hintergrunds ist es für mich schon eine gewisse Besonderheit, die gerne für Umweltsünder noch etwa strafender hätte sein dürfen.
Titel | Terra Futura |
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Autor | Petr Vojtěch |
Illustrationen | Jindřich Pavlásek |
Dauer | 20 bis 40 Minuten |
Personenanzahl | 2 bis 5 Personen |
Zielgruppe | Familienspielrunden mit Sinn für Ästhetik |
Verlag | Albi |
Jahr | 2021 |
Hinweis | für die Besprechung wurde vom Verlag ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt |
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