The Castles of Tuscany von Stefan Feld – erschienen bei alea (Ravensburger)
Klopf, klopf, hier bittet ein THE CASTLES OF TUSCANY um Einlass!
Thema... Wir sollen zur Nicht-Abwechslung mal wieder Landesfürsten sein, die nach und nach ihr Reich ausbauen. Dieses Reich liegt nun aber in der Toskana und nicht im Burgund – weswegen wir nun auch keine Minen betreiben, sondern Marmor in einem Steinbruch abbauen. Man kann also THE CASTLES OF TUSCANY nicht vorwerfen unthematisch zu sein.
Illustrationen... sind von Antje Stephan und Claus Stephan, die auch für die Neuauflage von THE CASTLES OF BURGUNDY (DIE BURGEN VON BURGUND) verantwortlich waren. Entsprechend ähnlich ist auch die Gestaltung der einzelnen Landschaften. Mir gefällt dabei der gewählte Stil mit den vielen kleinen lebhaften Details. Sogar absolut großartig finde ich die Cover-Gestaltung! In dieser Hinsicht hat sich die Neuausrichtung bei alea auf alle Fälle gelohnt.
Ausstattung... erinnert durch die vielen Sechseck-Plättchen natürlich ebenfalls an THE CASTLES OF BURGUNDY. Allerdings fehlen nun die Spielertableaus, auf denen man diese Plättchen ablegt. Denn bei THE CASTLES OF TUSCANY wird die zu füllende Landschaft vorher durch drei unterschiedliche Spielplan-Teile zusammengestellt. Trotzdem gibt es auch noch kleine Spielertableaus für die Aufbewahrung der eigenen Hex-Plättchen. Zusätzlich werden darüber die Aktionsmöglichkeiten aufgezeigt und man hat einen vorgewiesenen Platz für die drei Bonuskärtchen, die man im Laufe der Partie sammeln kann.
Auffällig sind die Holzkomponenten für Arbeiter und Stein, die in früheren Zeiten bestimmt ebenfalls als kleine Pappplättchen daher gekommen wären. Was man allerdings vergeblich sucht sind Würfel. Die werden aber auch gar nicht gebraucht, da nun Landschaftskarten als "Motor" fungieren. Und da sich diese Karten wahrscheinlich ohne Beistand alleine gefühlt haben, sind auch noch Bonuskarten mit in der Box.
Ablauf... ist sehr einprägsam. Bin ich an der Reihe, dann habe ich drei Aktionsmöglichkeiten. So kann ich mir aus der offenen Auslage von acht Hex-Plättchen eines aussuchen, welches ich dann im Austausch zu einem eigenen Plättchen bei mir auf dem Tableau zwischenlagere. Später kann ich solch gelagerte Plättchen ausspielen und auf meinem Spielplan ablegen. Dafür muss ich passende Karten bezahlen – womit ich bei Aktionsmöglichkeit 3 bin. Denn mit dieser kann ich neue Karten nachziehen.
Der Kern des Spiels ist das Plättchen ablegen. Denn immer wenn ich das mache, zieht das eine weitere Aktion nach sich. Bspw. bekommt man zusätzliche Bonusplättchen oder auch Arbeiter, die man statt Karten abgeben kann. Schließt man ein farbiges Gebiet vollständig ab, erhält man Punkte auf der äußeren Punkteleiste. Zusätzlich wird man mit Punkten belohnt, wenn man zuerst einen Farbtyp vollständig mit Plättchen belegt hat.
Das Ganze macht man über drei Runden, die dadurch bestimmt werden, dass eine Person 7, 14 oder 21 der eigenen Plättchen im Heimatreich verbaut hat. Am jeweiligen Rundenende werden dann die Punkte von der äußeren Zählleiste auf die innere übertragen. Im Anschluss daran wird die äußere Punkteleiste allerdings nicht zurück gesetzt, was die deutsche Anleitung leider nicht explizit erwähnt.
Das gefällt mir nicht so gut: Womit wir auch schon gleich beim größten Kritikpunkt wären: die Anleitung lässt in meinen Augen zu viele Fragen offen. Da werden manche Sachen nicht zu Ende ausgeführt und man muss sich so einiges selbst erschließen. Insgesamt wurde mir das das Gefühl geben, dass man nicht konzentriert bei der Sache war. Da Anleitungen in mehren Sprachen in der Box beiliegen, kann man sich nun den Spaß machen, diese miteinander zu vergleichen. Dabei merkt man, dass die englische Anleitung am besten das Spiel erklärt und für mich somit die Referenz darstellt. Interessanterweise ist das englische THE CASTLES OF TUSCANY allerdings 200 Jahre früher angesiedelt als das deutsche – und steht damit sinnbildlich für eine gewisse Schlampigkeit.
Denn nicht nur die Anleitung ist verbesserungswürdig, auch andere redaktionelle Dinge sind kritisch zu hinterfragen. So werden Symbole für die einzelnen Landschaftstypen ausgewiesen, die dann aber weder auf den Plättchen noch auf den Landschaftsplänen abgebildet sind. Das hat zur Folge, dass man die Plättchen nicht immer problemlos zuordnen kann. Bei den Wiesen soll man zusätzlich noch die Tiere unterscheiden, die aber so klein sind, dass man sie kaum erkennen kann. Warum zeigt man nicht einfach die entsprechenden Symbole? Zumal diese sogar auf den Kartenrückseiten und auch auf dem überdimensionierte Zählerplan erscheinen. Diesen Zählerplan wiederum hätte man wunderbar dazu nutzen können, darüber die Auslage der acht Hex-Plättchen zu organisieren. Denn ganz oft passiert es, dass man sich aus der Auslage ein Plättchen nimmt, dann aber vergisst ein eigenes nach zu legen. Da könnte doch ein deutlich zu sehender freier Platz auf der Ablage beim Erinnern helfen.
![The Castles of Tuscany - Karten](https://www.fjelfras.de/wordpress/wp-content/uploads/2020/12/The-Castles-of-Tuscany-Karten-1024x398.jpg)
Durch die sich aufsummierenden Punkte ist es übrigens schwer, Führende wieder einzuholen. Dadurch, dass Gebiete nur maximal drei Felder umfassen, fehlen die ganz großen Punktesprünge, mit denen man bei THE CASTLES OF BURGUNDY am Ende nochmals ganz schön Boden gut machen konnte. Das Spielgefühl ändert sich somit bei THE CASTLES OF TUSCANY deutlich. Ziel ist es nun, schnell Punkte zu erlangen, die dann doppelt und dreifach zählen. Diesen unterschiedlichen Charakter finde ich allerdings erfrischend, da somit THE CASTLES OF TUSCANY eigene Wege geht und kein dahin geklatschter Nachfolger ist.
Bei den Bonusplättchen streiten sich etwas die Geister. Manche sind der Meinung, dass man immer zu Anfang gefälligst den Bonus nehmen muss, der es erlaubt, eine zusätzliche Karte nachzuziehen. Denn ein großes Angebot an Karten hat schon immense Vorteile. Das stimmt in gewisser Weise. Allerdings macht es mir auch Spaß, ganz bewusst auf diesen Bonus zu verzichten und andere Wege zu finden – und damit kann man durchaus auch erfolgreich sein. Lediglich das Plättchen mit der zusätzlichen Bonuskarte fällt meiner Meinung nach deutlich ab, da dieses Element ohnehin recht schwach und zufällig ist. Schließlich lässt sich darauf keine Strategie aufbauen. THE CASTLES OF TUSCANY ist so auf Schnelligkeit getrimmt, dass man besser mit den Sachen plant, die man sieht und erreichen kann.
Dementsprechend sind auch manche Landschaften deutlich beliebter als andere. Im Grunde kann man es sich gar nicht erlauben, anfangs auf die roten Städte zu verzichten, die zusätzliche Bonusplättchen ins Spiel bringen. Somit gibt es anfangs einen Run auf diese Plättchen und man stöhnt ziemlich laut auf, wenn man anderen in dieser Hinsicht eine Vorlage gibt.
Das gefällt mir gut: THE CASTLES OF TUSCANY hat eine angenehme Tiefe, ohne dabei all zu komplex oder regellastig zu sein. Es ist aber merklich auch der kleine Bruder von THE CASTLES OF BURGUNDY. Es hat ein ähnliches Spielgefühl – dabei aber eine ganz eigene Note, da es den Renncharakter und hat und auch deutlich leichtgewichtiger daher kommt. Das ist vor allem dann von Vorteil, wenn man Gelegenheitsspieler am Tisch sitzen hat oder in der Woche Lust auf ein schnelles Spiel am Abend verspürt. Insbesondere zu zweit weiß dann THE CASTLES OF TUSCANY zu überzeugen, da man es problemlos in 30 Minuten gespielt haben wird – auch, weil sich der Verwaltungsaufwand in Grenzen hält.
Trotz des leichteren Zugangs ist das Spiel aber keinesfalls banal. Es sind dauernd schöne kleine Entscheidungen zu treffen und durch die vielen unterschiedlichen Bonusplättchen kann man gut verschiedene Wege ausprobieren. Natürlich spielt auch immer ein wenig Glück mit hinein, da Karten und Auslage zueinander passen wollen. Aber dieser Glücksanteil ist keinesfalls zu hoch, sondern sorgt eher für das notwendige Maß an Emotionen. THE CASTLES OF TUSCANY ist nun einmal kein komplett durch zu denkender Strategiehammer, sondern ein fluffiges Kennerspiel.
Auch wenn ich ein wenig am redaktionellen Feinschliff herum gemäkelt habe, so sind das eher kleine Schönheitsfehler, welche leichte Abzüge in der B‑Note verursachen. Die A‑Note ist nah am Optimum! Und gäbe es eine C‑Note für die Ausstattung, dann ist THE CASTLES OF TUSCANY deutlich höher zu bewerten als viele ältere alea-Spiele. Man ist in dieser Beziehung auf dem richtigen Weg, wenn man sich die ansprechenden Holzkomponenten und die grafische Gestaltung vergegenwärtigt. Somit kann das Potential des Spieles von Anfang an genossen werden und muss sich nicht erst nach Überwindung der grafischen Abneigung erschließen, wie es bei CARPE DIEM der Fall war. Jetzt wäre es noch schön, wenn man beim nächsten Mal nicht das dringende Bedürfnis hätte, das Material erst einmal drei Tage lang auszulüften, da es anfangs schon deutlich unangenehm roch.
Fazit: Da ich kein Weinkenner bin, kann ich jetzt schlecht die Behauptung aufstellen, dass toskanischer Rebensaft leichter mundet als der aus dem Burgund. Bei Spielen scheint das aber zuzutreffen. Denn wenn es für den lauen Sommerabend gerne mal leichtere Kost sein darf, dann sollte man immer ein THE CASTLES OF TUSCANY in Betracht ziehen.
Titel | The Castles of Tuscany |
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Autor | Stefan Feld |
Illustrationen | Antje Stephan und Claus Stephan |
Dauer | 15–20 Minuten pro Person |
Personenanzahl | 2 bis 4 Personen |
Zielgruppe | eilige Kennerspielrunden |
Verlag | alea (Ravensburger) |
Jahr | 2020 |
Hinweis | für die Besprechung wurde vom Verlag ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt |
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