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kritisch gespielt: The King's Dilemma

The King's Dilemma von Lorenzo Silva und Hjalmar Hach – erschienen bei Horrible Guild (bzw. HeidelBär Games)

Die­ser Bei­trag erhält kei­ne Spoi­ler zum Spiel THE KING'S DILEMMA

The Kings Dilemma - Box deutsch
Foto: Hei­del­BÄR Games

Beson­de­re Zei­ten und so! THE KING'S DILEMMA stand schon vor lan­ger Zeit auf mei­ner inter­nen Beob­ach­tungs­lis­te für die SPIEL 18. Anfäng­lich nur wegen der inter­es­san­ten Optik, spä­ter, als ers­te Inhal­te bekannt wur­den, dann auch wegen des Spiel­prin­zips. Doch je inter­es­san­ter ich den Titel fand, umso siche­rer war ich mir, dass ich für die­ses Lega­cy-Spiel kei­ne Grup­pe vor Ort fin­den wür­de. Des­we­gen hat­te ich es inner­lich auch schon abge­schrie­ben. Dann kam Covid-19 und die Wür­fel wur­den neu gerollt. Denn wenn die eigent­li­chen Grup­pen sich nicht mehr tref­fen kön­nen, müs­sen Alter­na­ti­ven gesucht wer­den – und die­se fan­den sich im digi­ta­len Raum. Jür­gen von der Spiel­bar frag­te näm­lich eines Tages, ob ich nicht Zeit und Lust hät­te, zusam­men mit ihm und ein paar Bekann­ten THE KING'S DILEMMA über Zoom zu spie­len. Wie sich her­aus­stell­te waren die Bekann­ten Ingo und Dani­el von The Spiel­träu­mers und Chris­ti­an (sei­nes Zei­chens Redak­teur bei AMIGO Spie­le) – eine bes­se­re Run­de hät­te ich mir gar nicht erträu­men können. 

Aller­dings erklärt das auch, war­um ich nun recht vie­le Ver­lag-Fotos in dem Bericht ver­wen­de. Mir selbst liegt das Spiel näm­lich gar nicht vor. Dan­kens­wer­ter­wei­se hat Hei­del­Bär Games aber Mate­ri­al zum Down­load zur Ver­fü­gung gestellt, um genau das zu machen, was wir taten: THE KING'S DILEMMA als Web­cam-Spiel auf den Tisch zu brin­gen. Wie schon bei mei­nen Bei­trä­gen zu PANDEMIC LEGACY SEASON 1 und SEASON 2 habe ich aller­dings auch noch einen Erleb­nis­be­richt mit Spoi­lern ver­fasst, der dann auch Fotos aus der Par­tie zeigt. Zusätz­lich haben wir Betei­lig­ten mitt­ler­wei­le einen Spoi­ler-Pod­cast auf­ge­nom­men, der sich im Brett­spiel­ra­dio bzw. als Pod­käst­chen anhö­ren lässt.

The Kings Dilemma - Geschichtenkarte
Geschich­te in frem­der Spra­che [Foto: Hei­del­BÄR Games]

The­ma... als Ver­tre­ter mäch­ti­ger Fami­li­en im König­reich Ankist sit­zen wir im ehr­wür­di­gen Kron­rat und müs­sen dort Ent­schei­dun­gen tref­fen, die für Wohl­stand und Sicher­heit in unse­ren Her­zog­tü­mern sor­gen sol­len – und bes­ten­falls auch im gesam­ten König­reich. Dabei wer­den wir nach und nach mit Ereig­nis­sen kon­fron­tiert und müs­sen uns dann gemein­sam auf eine ange­mes­se­ne Reak­ti­on eini­gen. Und die­se wird Kon­se­quen­zen haben! Denn die Her­aus­for­de­run­gen sind man­nig­fal­tig und nicht auf die leich­te Schul­ter zu neh­men. Es geht nicht etwa bloß um die Fest­set­zung einer ange­mes­se­nen Steu­er­erhö­hung, son­dern die ein­zel­nen Fra­gen wer­den hei­kel und moralisch.

Illus­tra­tio­nen… ent­stam­men aus der Feder von Gior­gio Baro­ni und Car­lo Burel­li und kom­men sehr stim­mungs­voll daher. Mit der Zeit wer­den einem ein­zel­ne Per­so­nen ver­traut und man bekommt sofort ein mul­mi­ges Gefühl, wenn das ein oder ande­re Ele­ment auf den Kar­ten zu sehen ist. Die Illus­tra­tio­nen unter­stüt­zen somit auch wun­der­bar das beson­de­re Spiel­ge­fühl von THE KING'S DILEMMA.

The Kings Dilemma - Übersicht
[Foto: Hei­del­BÄR Games]

Aus­stat­tung… besteht in ers­ter Linie aus Kar­ten, die größ­ten­teils erst nach und nach über durch­num­me­rier­te Umschlä­ge ins Spiel gebracht wer­den. Ein wei­te­res bekann­tes Lega­cy-Ele­ment sind Auf­kle­ber, die in Form eines wahr­lich dicken Sti­cker-Hefts daher kom­men. Der Rest dient größ­ten­teils der Ver­wal­tung. Da gibt es bspw. Mar­ker für Macht, für Mün­zen und zum Haus­hal­ten der ein­zel­nen Ressourcen.

Jedes Haus bekommt auch einen indi­vi­du­el­len Sicht­schirm, der Buch über den Kam­pa­gnen­ver­lauf führt. Dort wird gesam­mel­tes Anse­hen und Ambi­ti­on fest­ge­hal­ten, der Sicht­schirm defi­niert aber auch lang­fris­ti­ge Zie­le der ein­zel­nen Häu­ser. Zusätz­lich gibt ein Fla­vour­text Anhalts­punk­te, wel­che poli­ti­sche Ein­stel­lung die­ses Haus hat. 

Es exis­tie­ren aber nicht nur lang­fris­ti­ge Haus­zie­le, son­dern in jeder Run­de wer­den auch gehei­me Agen­da-Kar­ten ver­teilt. Die­se geben an, wel­ches kurz­fris­ti­ge Ziel jedes Haus in der aktu­el­len Par­tie hat. Idea­ler­wei­se kom­bi­niert man dann die lang­fris­ti­gen Zie­le mit der kurz­fris­ti­gen Agen­da – aber auch die Welt von THE KING'S DILEMMA ist kei­ne per­fek­te Welt, so dass es oft genug vor­kommt, dass einem das nicht gelingt.

Ablauf… THE KING'S DILEMMA ist ein Lega­cy-Spiel und soll im Durch­schnitt etwa 15 Par­tien umfas­sen (wir haben genau die­sen Durch­schnitts­wert getrof­fen). In jeder Par­tie wer­den nach und nach Kar­ten abge­han­delt, was meis­tens eine Abstim­mung über ein Ja oder Nein zur Fol­ge hat. Über die­se Abstim­mun­gen und den dadurch aus­ge­lös­ten Ergeb­nis­sen wer­den nach und nach sechs ein­zel­ne Geschichts­strän­ge erzählt. Dabei haben die Ent­schei­dun­gen meist eine direk­te Aus­wir­kung dar­auf, in wel­che Rich­tun­gen die Geschich­ten wei­ter­erzählt wer­den: es kom­men neue Kar­ten ins Spiel und außer­dem wer­den auf Auf­kle­bern man­che Ent­schei­dun­gen für die Nach­welt dokumentiert.

Denn die­se Ent­schei­dun­gen haben nicht nur lang­fris­tig eine Kon­se­quenz für die Geschich­ten, son­dern meist auch kurz­fris­tig auf die ein­zel­nen Res­sour­cen im König­reich (Ein­fluss, Ver­mö­gen, Moral, Wohl­erge­hen und Wis­sen). Die­se ste­hen in Kor­re­spon­denz mit­ein­an­der, was über einen soge­nann­ten Sta­bi­li­täts­mar­ker sym­bo­li­siert wird. Die­ser fun­giert ein wenig als Takt­ge­ber, denn schlägt er an einem der bei­den Rän­der an, dann ist eine Par­tie been­det (oder spä­tes­tens nach elft gespiel­ten Kar­ten). Die­se Res­sour­cen sind auch wich­tig für die gehei­men Agen­da-Kar­ten und somit für die End­ab­rech­nung einer Par­tie. Für gut erfüll­te Agen­da-Kar­ten gibt es vie­le Par­tien-Punk­te, eben­falls wer­den noch Punk­te für die reichs­ten Häu­ser und für die Häu­ser mit der noch am meis­ten vor­han­de­nen Macht ver­ge­ben. All das wird spä­ter in Anse­hen und Ambi­ti­on umgerechnet.

The Kings Dilemma - Dilemmakarte
Ja oder Nein – ganz sicher kein Jein! [Foto: Hei­del­BÄR Games]

Reich­tum? Macht? Ja, das sind die zwei zen­tra­len Spiel­ma­te­ria­li­en, mit denen man als Haus agiert. Zu Beginn einer Run­de erhält man Mün­zen und Macht­mar­ker. Bei den Abstim­mun­gen setzt man die­se dann ein. Dabei ist das Pro­ze­de­re der Abstim­mung ein wenig kom­pli­ziert. Die­ses Sys­tem gewährt aber, dass ziem­lich oft ver­han­delt und abge­wo­gen wird. Dabei ver­lie­ren die Gewin­ner der Abstim­mung ihre Macht­mar­ker, wäh­rend die Ver­lie­rer ihre zurück­be­kom­men. Da man auch Pas­sen kann, um somit wie­der an Macht­mar­ker zu gelan­gen, bleibt die Macht ziem­lich im Gleich­ge­wicht. Man muss dem­nach aber auch gut über­le­gen, ob einem die Abstim­mung wich­tig ist oder nicht.

Wäh­rend der Kam­pa­gne sam­melt man somit nach und nach Anse­hen und Ambi­ti­on. Was das genau bedeu­tet, weiß man aber gar nicht. Das bleibt genau­so in der Schwe­be, wie die Aus­wir­kun­gen der ein­zel­nen Ent­schei­dun­gen. Bei die­sen wer­den zwar meist Ten­den­zen auf­ge­zeigt, aber man kennt nicht die Hef­tig­keit und manch­mal trifft es auch noch ande­re nicht vor­her benann­te Res­sour­cen. Somit hat man bei den Abstim­mun­gen zwar Anhalts­punk­te, aber eben kein Wissen.

Die­ses Spiel­prin­zip bleibt im gro­ßen und gan­zen wäh­rend der Kam­pa­gne unver­än­dert. Die Auf­kle­ber brin­gen kei­ne neu­en Regeln ins Spiel, son­dern beein­flus­sen ledig­lich die Res­sour­cen am Anfang einer Par­tie und kön­nen noch für Bonus oder Malus bei der Punk­te­be­rech­nung sor­gen. Ledig­lich das Ende der Kam­pa­gne unter­schei­det sich dann deut­lich von den ein­zel­nen Par­tien davor.

Das gefällt mir nicht so gut: Man mag es kaum glau­ben, aber ich habe ver­sucht, den Ablauf und die Regeln so kom­pakt wie mög­lich zu erklä­ren. Aller­dings fehlt da noch eine Men­ge an klei­nen Zusatz­re­geln. Vom Grund­satz ist THE KING'S DILEMMA sehr ein­gän­gig: es wird eine Kar­te auf­ge­deckt, dar­über dis­ku­tiert und dann abge­stimmt. Das Pro­blem ist, dass um die­ses Prin­zip ein ziem­li­cher Ver­wal­tungs­akt auf­ge­baut ist. Die­ser ist mit so vie­len Klei­nig­kei­ten und Details gefüllt, dass man eigent­lich jedes Mal aufs Neue nach­schaut, wie nun der Auf­bau und das Ende einer Par­tie abzu­ar­bei­ten sind. Dabei ist die Anlei­tung per se nicht schlecht, aber die gewähl­te Struk­tur macht einem das Nach­schla­gen nicht leicht. Ein Bei­blatt mit einer Über­sicht wäre sehr hilf­reich gewe­sen und ich ärge­re mich ein wenig, dass ich zu spät auf BGG danach gesucht habe – und natür­lich fün­dig wur­de.

Etwas unpas­send emp­fand ich das Ende der Kam­pa­gne. Das war zwar als sol­ches reiz­voll, ich hät­te es aber bes­ser gefun­den, wenn dabei der spiel­me­cha­ni­sche Kern von THE KING'S DILEMMA erhal­ten geblie­ben wäre. Statt­des­sen wer­den auf ach­te Kar­ten­sei­ten in kleins­ter Schrift neue Regeln ein­ge­führt. Das alles muss­te in kur­zer Zeit erfasst wer­den, damit man dann ein wür­di­ges Fina­le spie­len kann. Mein Tipp des­we­gen: nehmt euch für das Fina­le Zeit! Im Zwei­fel lie­ber noch eine eige­ne Ses­si­on pla­nen als gera­de noch schnell mal das Fina­le spielen. 

Doch auch an ande­ren Stel­len gibt es die ein oder ande­re unglück­li­che Abschwei­fung. Ins­ge­samt bin ich mir nicht sicher, ob ich die­sen gan­zen Ver­wal­tungs­kram benö­ti­ge. Ich bin jeden­falls gespannt, wie sich die­se Dilem­ma-Kar­ten­sys­tem wei­ter ent­wi­ckeln wird. Das ist näm­lich rich­tig toll und ich könn­te mir sehr gut klei­ne Geschichts­strän­ge in ein­zel­nen Boxen vor­stel­len, die sich dann nur auf die Ent­schei­dun­gen kon­zen­trie­ren und den gan­zen Unter­bau einer Kam­pa­gne weg las­sen (bspw. ver­gleich­bar mit einem DECKSCAPE oder SHERLOCK).

Bezüg­lich der Spie­ler­an­zahl kann ich mir nicht vor­stel­len, dass THE KING'S DILEMMA auch zu dritt Spaß macht. Zu viert fän­de ich es schon grenz­wer­tig, da sich dann bestimmt zwei Lager bil­den – was aber natür­lich auch reiz­voll sein kann. Trotz­dem wür­de mir das aus­glei­chen­de Ele­ment eines fünf­ten Spie­lers feh­len. Somit ist mei­ne Emp­feh­lung ganz deut­lich: spielt THE KING'S DILEMMA zu fünft und idea­ler­wei­se auch immer in einer fes­ten Grup­pe. Zusätz­lich ist es bestimmt hilf­reich, wenn die­se Grup­pe auch schon Erfah­run­gen mit Rol­len­spiel gemacht hat bzw. in der Spiel­ge­schich­te auf­ge­hen kann. Das ist für mich essen­ti­ell. Denn wenn man THE KING'S DILEMMA nur aus spiel­me­cha­ni­scher Sicht betrach­tet (und auch spielt), dann ist es sicher­lich auf Dau­er zu lang­wei­lig. Der spe­zi­el­le Reiz wird nicht durch die stän­di­gen Wie­der­ho­lun­gen der Spiel­me­cha­nik erreicht, son­dern durch die ver­mit­tel­ten Inhal­te. Wenn man damit aber nichts anfan­gen kann oder sich nicht dar­auf ein­las­sen will, soll­te man lie­ber die Fin­ger davon lassen.

Zusätz­lich soll­te man auch eine gewis­se Tole­ranz gegen­über klei­ne­ren Recht­schreib- oder Gram­ma­tik­feh­lern zei­gen. Aller­dings spre­che ich das ledig­lich mit einem gewis­sen Augen­zwin­kern an. Denn ich habe trotz klei­ner Stol­pe­rer oder auch einer feh­len­de Num­me­rie­rung bei einer Geschichts­kar­te Respekt vor der Leis­tung des Ver­la­ges und des Über­set­zungs­teams. Ich kann mir nicht ein­mal ansatz­wei­se vor­stel­len, wie viel Arbeit in die­ses Gesamt­pa­ket gesteckt wer­den muss­te. Da kann ich unglück­li­che For­mu­lie­run­gen wie dop­pel­te Ver­nei­nun­gen und den ein oder ande­ren Feh­ler pro­blem­los ver­zei­hen – zumal ich selbst auch genü­gend davon produziere.

The Kings Dilemma - Abstimmung
so ein­fach, so span­nend – eine Abstim­mung in THE KING'S DILEMMA (mit eige­nem Behelfsmaterial)

Das gefällt mir gut: Die Anlei­tung beginnt mit einem Haf­tungs­aus­schuss. Dabei wird dar­auf hin­ge­wie­sen, dass in THE KING'S DILEMMA ethisch-­mo­ra­li­sche Ent­schei­dun­gen zu heik­len The­men zu tref­fen sind, bei denen es auch um Unge­rech­tig­keit, Gewalt, Skla­ve­rei und Dis­kri­mi­nie­rung gehen wird. Das trifft auch zu. Das König­reich Ankist ist kein Para­dies und es kann grau­sam wer­den. Aller­dings hat­te ich dabei nie das Gefühl, dass es hier um bil­li­ge Schock­ef­fek­te geht oder dass man sich in einem Splat­ter­film befin­det. In unse­rer Grup­pe gab es auch kei­ne maka­be­ren Schen­kel­klop­fer, son­dern wir haben größ­ten­teils ver­sucht, die Gräu­el­ta­ten als Teil die­ser Welt anzu­se­hen und uns ernst­haft damit aus­ein­an­der zu set­zen. Dabei habe ich oft genug fest­stel­len dür­fen, dass ich selbst in eine Dilem­ma-Situa­ti­on kam. Aus eige­nen Über­zeu­gun­gen müss­te ich für ein "Nein" stim­men, wenn ich aber die Par­tie bzw. die Kam­pa­gne gewin­nen will, dann soll­te ich für ein "Ja" stim­men. Glück­lich sind dabei die­je­ni­gen, deren Haus in etwa den eige­nen mora­li­schen Ansprü­chen ent­spricht. Das war bei mir nicht der Fall. Ich kam öfters in die Situa­ti­on, in der ich aus spie­le­ri­scher Sicht etwas befür­wor­tet habe, was mir im rea­len Leben undenk­bar erscheint.

Aber THE KING'S DILEMMA macht einem auch dann die Ent­schei­dun­gen nicht leicht, wenn man ver­meint­lich mit dem eige­nen Haus auf Wel­len­län­ge liegt. Denn in den sel­tens­ten Fäl­len geht es um schwarz oder weiß, meist herrscht die Far­be grau vor. Hin­zu kom­men auch die spiel­me­cha­ni­schen Unsi­cher­hei­ten. So weiß man eigent­lich bis zum Fina­le nicht, auf was man eigent­lich spielt. Es gibt die Sieg­punkt­wäh­run­gen Anse­hen und Ambi­ti­on, aber wie die­se sich zum Ende hin aus­wir­ken, ist einem nicht bekannt. Anfangs fand ich das will­kür­lich und unbe­frie­di­gend. Aber am Ende glau­be ich, dass es dem Spiel gut tut, dass man hier nichts genaue­res weiß. Man fängt an zu spe­ku­lie­ren. Wenn mei­ne Haus­er­fol­ge alle nur mit Ambi­ti­on belohnt wer­den, soll­te ich dann wirk­lich auf Anse­hen spielen? 

Aller­dings wird man auch fest­stel­len, dass die­se Haus­er­fol­ge gar nicht so ent­schei­dend sind und es sich loh­nen kann, sich von die­sen frei zu machen. Zumal sie auch im Gegen­satz zu den Haus­zie­len der ande­ren sein kön­nen. Rela­tiv schnell habe ich in unse­rer Par­tie fest­ge­stellt, dass ein Haus­er­folg nicht zu errei­chen ist, da zwei ande­re Häu­ser gegen­tei­li­ge Zie­le hat­ten und oft­mals gemein­sam in die­se Rich­tung abge­stimmt haben. Hier wäre es ver­lo­re­ne Lie­bes­müh gewe­sen, dage­gen zu stim­men. Aller­dings kommt dabei dann der Fak­tor Zeit hin­zu. Hat man näm­lich ein­mal den Haus­er­folg erreicht, gibt es wenig Inter­es­se, die­ses Ziel wei­ter zu ver­fol­gen. Dann schlägt die Stun­de der Opportunisten.

The Kings Dilemma - Agenda-Karten
gehei­me Agen­da-Kar­ten in der Ausschneidversion

Somit merkt man recht schnell, dass die eigent­li­chen Sieg­punk­te über die gehei­men Agen­den gene­riert wer­den, die am Anfang einer Par­tie ver­teilt wer­den. Die­se geben eine Situa­ti­on vor, die am Par­tien-Ende erreicht wer­den soll und ent­spre­chen­de Punk­te erzeugt. Somit unter­schei­det sich aber die jewei­li­ge Spiel­wei­se von Par­tie zu Par­tie. In einer Par­tie ver­su­che ich, am Ende die meis­ten Mün­zen zu besit­zen und die ein­zel­nen Res­sour­cen nicht zu sehr in Extre­me abglei­ten zu las­sen. In einer ande­ren Par­tie sind mir die Mün­zen egal und nun möch­te ich ger­ne eine gro­ße Spann­wei­te zwi­schen den ein­zel­nen Res­sour­cen haben. Somit ändern sich auch die Ein­stel­lun­gen der ein­zel­nen Häu­ser. Man kann somit nicht sicher vor­her­sa­gen, dass Haus XY immer Wis­sen för­dern will. Manch­mal kom­men da ganz über­ra­schen­de Stimm­ab­ga­ben zustan­de, weil auf ein­mal die gehei­me Agen­da wich­ti­ger ist als ein Haus­er­folg. Das erzeugt eine Dyna­mik, die sich bes­ten­falls auch auf die Grup­pe aus­wirkt. Denn es wäre lang­wei­lig, wenn man dann nur ein paar Macht­mar­ker auf "Ja" oder "Nein" schiebt. Span­nend ist doch, die Erklä­run­gen dafür zu hören. "Unser Haus för­dert seit Gene­ra­tio­nen das Erlan­gen von Wis­sen, aber nun ist es an der Zeit, Ver­ant­wor­tung zu über­neh­men und Wis­sen ver­schlos­sen zu hal­ten. Wir machen das schwe­ren Her­zens, aber..."

Das Fina­le habe ich kri­ti­siert, da nun eine kom­plett neue Spiel­me­cha­nik erscheint. Das fin­de ich unglück­lich und hät­te durch­aus anders gere­gelt wer­den kön­nen. Aber trotz­dem hat mich das Fina­le auch begeis­tert. Denn trotz der Abkopp­lung vom eigent­li­chen Spiel ist es doch auch ein Destil­lat der gesam­ten Kam­pa­gne. Denn es stellt sich die mora­li­sche Fra­ge: möch­te ich die Geschich­te des König­reichs zum "rich­ti­gen" Ende füh­ren oder will ich am Ende die Kam­pa­gne gewin­nen? Für was soll ich mich ent­schei­den? Die­se Fra­ge schweb­te in unse­ren Köp­fen. Das fand ich über­aus span­nend und ger­ne hät­te ich dabei die ein­zel­nen Gesich­ter mei­ner Mit­spie­ler genau­er gesehen.

Trotz­dem soll­te einem klar sein, dass es bei THE KING'S DILEMMA nicht in ers­ter Linie um das Gewin­nen gehen kann. Dafür sind im Spiel auch viel zu vie­le Unwäg­bar­kei­ten vor­han­den. So kom­men bspw. die ein­zel­nen Kar­ten in zufäl­li­ger Rei­hen­fol­ge ans Tages­licht. Da habe ich extra gepasst, um bei der nächs­ten Ent­schei­dung wie­der mit vol­ler Macht ein­grei­fen zu kön­nen, doch dann ist die­se Fra­ge für mei­ne Zie­le uner­heb­lich – und wenn es doof läuft, endet danach die Par­tie. So glau­be ich, einem Geschichts­strang eine Rich­tung vor­ge­ben zu müs­sen, doch bei der ent­schie­de­nen Fra­ge habe ich kei­ne Macht mehr im Vor­rat oder wer­de von der Grup­pe gna­den­los über­stimmt – weil ich gar nicht weiß, wann die Fra­ge kommt oder wie sie am Ende lau­tet. Oder eine Geschich­te endet ganz abrupt und uner­war­tet. Man soll­te THE KING'S DILEMMA also nicht um des Erfol­ges wil­len spie­len, son­dern um Situa­ti­on zu erle­ben, die einen prä­gen kön­nen. So sehe ich noch eini­ge Abstim­mun­gen vor mei­nem geis­ti­gen Auge – ohne mich aber an deren Kon­se­quenz für das kon­kre­te Spiel­ergeb­nis zu erinnern.

The Kings Dilemma - Umschlag
noch so vie­le unge­öff­ne­te Umschlä­ge und nicht gese­he­ne Kar­ten [Foto: Hei­del­BÄR Games]

Aus die­sem Grund könn­te ich mir tat­säch­lich vor­stel­len, noch­mals eine Par­tie THE KING'S DILEMMA zu spie­len. Es sind noch so vie­le Umschlä­ge unge­öff­net und Sti­cker nicht ver­ge­ben wor­den, dass mei­ne Neu­gier­de mit der Fra­ge geweckt ist, wie denn die sechs Geschichts­strän­ge noch so ver­lau­fen könn­ten. Der gro­ße Vor­teil von THE KING'S DILEMMA ist, dass es im Ver­gleich zu PANDEMIC LEGACY oder ande­re Kon­sor­ten ein ver­än­der­tes Lega­zy-Prin­zip besitzt. Die recht über­schau­ba­ren Regeln blei­ben größ­ten­teils unver­än­dert. Die Umschlä­ge und Sti­cker ändern dahin­ge­gen ele­men­tar die erleb­te Geschich­te. Die Sto­ry kann sich dadurch frei­er ent­wi­ckeln und muss am Ende nicht wie­der auf eine gemein­sa­me Bahn für alle gebracht wer­den. Somit gibt es auch nicht den einen erfolg­rei­chen Lösungs­weg, son­dern man folgt unter­schied­li­chen Pfa­den – und ist gespannt, wie die­se noch so ver­lau­fen können.

Fazit: Wenn die Kam­pa­gne von THE KING'S DILEMMA nicht so viel Zeit benö­ti­gen wür­de (wir haben etwa 20 Stun­den gespielt), dann wäre ein neu­er­li­cher Aus­flug nach Ankist schon in Pla­nung. So ste­cke ich aber im Dilem­ma: noch­mals ein THE KING'S DILEMMA auf den Tisch brin­gen oder doch lie­ber neue Spie­le erkun­den? Mal abwar­ten, auf was ich mei­ne Macht set­zen werde...

TitelThe King's Dilemma
AutorLoren­zo Sil­va und Hjal­mar Hach
Illus­tra­tio­nenGior­gio Baro­ni und Car­lo Burelli
Dau­erca. 60 Minu­ten für eine Par­tie der Kampagne
Spie­ler­an­zahl3 bis 5 Spieler
Ziel­grup­peent­schei­dungs­freu­di­ge Ken­ner­spie­ler
Ver­lagHor­ri­ble Guild (Loka­li­sie­rung durch Hei­del­BÄR Games)
Jahr2019

Am Ende noch ein­mal der Hin­weis auf den Erleb­nis­be­richt mit Spoi­lern ...

2 Kommentare

  • Ver­ste­he ich es rich­tig, dass man, um die Kam­pa­gne noch mal zu spie­len, ein neu­es Exem­plar des Spiels kau­fen müsste?
    Oder könn­te man dafür auch mit den vie­len noch unge­öff­ne­ten Umschlä­gen über die Run­den kommen?

    • Ja, das siehst du rich­tig und des­we­gen wird es auch bewusst als Lega­cy-Spiel bezeich­net (und nicht etwa als Kam­pa­gnen-Spiel). Neben den Umschlä­gen und den Kar­ten gibt es bspw. die zu beschrif­ten­den Auf­kle­ber, die eine Rol­le spie­len. Auch ande­re Ele­men­te müss­ten dop­pelt genutzt wer­den und wur­den in der ers­ten Kam­pa­gne beschrif­tet. Wenn man also ein zwei­tes Mal die Kam­pa­gne spie­len will, benö­tigt man ein zwei­tes Exemplar.

      Am liebs­ten wür­de ich ja nun ein zwei­tes THE KING'S DILEMMA in einem ande­ren Set­ting spie­len. Aller­dings ist die Ent­wick­lungs­zeit für ein sol­ches der­ma­ßen lang, dass man dies bestimmt erst in ein paar Jah­ren machen kann. Und bis dahin wer­de ich viel­leicht weich, doch noch ein­mal die­se Kam­pa­gne zu spielen.