Tiefseeabenteuer von Jun Sasaki und Goro Sasaki – erschienen bei Oink Games
Das moderne Vorurteil besagt: japanische Spiele kommen mit wenig Material daher und bestechen durch eine originelle Spielidee. Ein maßgeblicher Verursacher dieses Vorurteils war bestimmt LOVE LETTER, bestätigt wurde es eben auch durch das nun vorliegende TIEFSEEABENTEUER. Die Sache mit dem Material geht aber auch anders – und das werde ich die nächsten Tage noch zeigen (mit YOKOHAMA). Nun aber erst einmal ab in die Tiefe (am besten mit dem tollen Soundtrack von Eric Serra zu Le grand bleu bzw. Im Rausch der Tiefe).
Thema... tief im Meer gibt es wertvolle Schätze. Davon angelockt werden einige wagemutige Abenteurer, die nach diesen Schätzen tauchen wollen. Allerdings sind alle etwas knapp bei Kasse, weswegen sie sich gemeinsam ein U‑Boot mieten – nebst gemeinsamen Sauerstofftank. Da aber jeder Abenteurer auch gierig auf die Schätze ist, wird dieser gemeinsame Sauerstoff schnell knapp für alle.
Illustrationen... sind wie die ganze Gestaltung sehr reduziert. In Kombination mit dem sehr kompakten Gesamtpaket wirkt das sehr fein bzw. edel. Das gesamte Grafikdesign ist in sich stimmig und gefällt mir richtig gut.
Ausstattung... ist, wie schon gesagt, sehr kompakt. In der recht kleinen Spiebox ist Platz für ein kleines U‑Boot nebst Sauerstoffanzeiger, sechs farbigen Tauchern, zwei Würfeln sowie einigen Tauchchips. Diese unterscheiden sich in Form und Farbe, so dass sie sich verschiedenen Tauchtiefen zuordnen lassen. Je tiefer ein Schatz anfangs liegt, desto höher ist die Siegpunktskalierung.
Ablauf... ist eingängig. Am Anfang eines Zuges entscheidet der Spieler, ob er weiter abwärts tauchen will oder ob er seinen Auftauchvorgang einleitet. Dann wird die Zugweite mit den zwei Würfeln bestimmt (wobei von den Mitspielern besetzte Felder nicht mitgezählt werden) und entsprechend gezogen. Dort angekommen, kann man entweder einen Schatz aufnehmen oder einen wieder fallen lassen (wenn an dieser Stelle schon einmal Schatz gelegen hat).
Warum sollte man einen bereits eingesammelten Schatz wieder fallen lassen? Dafür gibt es zwei Gründe – durchaus gute Gründe. Denn einerseits wird der gemeinsame Sauerstoffvorrat am Anfang des Zuges um die Anzahl der im Besitz des Spielers befindlichen Schätze reduziert. Andererseits wird auch die eigene Zugweite durch die Anzahl der Schätze reduziert (diese Schätze wiegen ganz schön was). Würfelt man eine 4 und hat zwei Schätze, dann kann man sich eben nur zwei Felder weiter bewegen.
Gespielt wird über drei Runden mit dem immer gleichen Ablauf. Allerdings rücken die Schätze am Ende der Runde näher zusammen. Zusätzlich werden bereits eingesammelte Schätze von Tauchern, die es nicht rechtzeitig ins U‑Boot geschafft haben, am Ende gestapelt und werden somit erst recht zum Objekt der Begierde.
Das gefällt mir nicht so gut: Man ist schon sehr von den Würfeln abhängig. Da ist man mal bescheiden und vorsichtig – und würfelt dann nur noch Einsen. Im nächsten Durchgang will man etwas mutiger sein und nur noch eine Runde nach unten tauchen – und würfelt dann die fast schon tödliche sechs. Man muss definitiv Frust resistent sein, denn wirklich planen lässt sich wenig.
Das liegt natürlich auch an den Mitspielern. Ist hier einer zu wagemutig, kann es für die ganze Gruppe gefährlich werden. Hat dieser dann für sich entschieden, dass er sowieso nicht mehr erfolgreich auftauchen kann, dann wird er einen Teufel dafür tun, schonend mit dem Sauerstoffvorrat um zu gehen.
Dieses rücksichtslose – aber aus Erfolgsgründen natürlich logische – Verhalten kann sich auch in anderen Situationen auszahlen. Wenn ich als Spieler in den ersten beiden Runden augenscheinlich erfolgreicher war als meine Mitspieler, dann kann ich schon aktiv dafür sorgen, dass in der letzten Runde für die Mitspieler wenig zu holen ist.
Je mehr Mitspieler teilnehmen, um so kleiner wird natürlich auch der eigene Einfluss. In Vollbesetzung ist er mir fast schon zu gering. Allerdings ist erst dann auch richtig was los und man kann schon in den ersten beiden Runden die tiefen Schätze angehen. So bin ich etwas zwiegespalten, was die optimale Spieleranzahl ist.
Das gefällt mir gut: TIEFSEEABENTEUER ist eine spannende Geschichte! Es werden Absprachen gesucht, es wird gepokert – und es wird geflucht oder gejohlt, wenn im Endspiel die Würfel fallen. Das ist in der richtigen Gruppe großes emotionales Kino. Nicht zu unterschätzen ist die psychologische Komponente. Ab wann darf man sich gegen die Gruppe stellen, um selbst erfolgreich zu sein?
Durch das Zusammenschieben der Schätze hält auch der Spannungsbogen über die drei Runden. Sind in der ersten Runde die punkteträchtigen tiefen Schätze noch in weiter Ferne, so können sie in der letzten Runde zum realistischen Ziel werden. Trotz repetitivem Ablauf trägt somit der Mechanismus über die gesamte Spielzeit.
Sehr gut gefällt mir auch, dass die Werte der Schätze nicht bekannt sind. Man kann bspw. bei Schätzen der ersten Tiefe sogar nur null Punkte erwerben. Damit ist aber auch nicht berechenbar, was die anderen so haben. Auch die Abstufung der Werte halte ich für gut gelungen. Wer das Risiko eines tiefen Schatzes eingeht, wird auch mit entsprechend vielen Punkten belohnt.
Fazit: Die Grundidee von TIEFSEEABENTEUER finde ich genial. Natürlich inhaltlich nicht realistisch, aber das soll es auch gar nicht sein. Es ist immer wieder spannend zu beobachten, wie die Gruppe als solche reagiert. Wann beginnt der erste Abenteurer mit dem Aufsammeln bzw. mit dem Auftauchen? Kann man dann selbst noch wagen, tiefer hinab zu tauchen oder sollte man nicht sofort nachziehen? Meistens verliert man durch seine Gier – aber manchmal eben auch nicht. Allerdings ist mir der Glücksanteil fast schon zu hoch, den die ganze Pokerei ist wertlos, wenn die Würfel öfters ungünstig fallen. Der große Vorteil von TIEFSEEABENTEUER ist seine Kompaktheit und die außergewöhnliche Gestaltung. Spielerisch würde ich aber DIAMANT vorziehen. Das ist in meinen Augen direkter und hat mehr Raum für eigene Entscheidung – und somit gefällt es mir persönlich wesentlich besser.
Titel | Tiefseeabenteuer |
Autor | Jun Sasaki und Goro Sasaki |
Illustrationen | nicht bekannt |
Dauer | 10 bis 20 Minuten |
Spieleranzahl | 2–6 Spieler |
Zielgruppe | risikofreudige Würfelspieler (Familienspiel) |
Verlag | Oink Games |
Jahr | 2016 |
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