Trails of Tucana von Kristian Amundsen Østby und Eilif Svensson – erschienen bei Pegasus Spiele
Traditionen müssen gepflegt werden – insbesondere in den aktuellen Zeiten. Deswegen schließe ich mal wieder eine Roll-and-Write-Besprechungs-Trilogie mit einem Flip-and-Write-Spiel ab. Wenn ich schon inkonsequent bin, dann mache ich das jedenfalls konsequent. Aber braucht es mit TRAILS OF TUCANA wirklich ein weiteres Spiel in dieser Gattung?
Thema... Noch nie etwas von Tucana gehört? Wundert mich nicht. Denn das soll eine in Vergessenheit geratene Inselgruppe sein, auf der endlich auch mal echte Yetis zu sehen sind. Damit man diese aber als Tourist besichtigen kann, muss erst einmal ein vernünftiges Wegenetz aufgebaut werden. Und wenn man schon dabei ist, würden sich die Dorfbewohner freuen, wenn ihre Heimstätten untereinander verbunden werden.
Illustrationen... stammen von Gjermund Bohne und sind erstaunlich stimmungsvoll. Okay, das war ein wenig böse. Aber ich verbinde mit Gjermund Bohne unfairerweise immer seine Arbeiten zu SANTA MARIA, was für mich als Sinnbild für eine verunglückte grafische Gestaltung gilt. Deswegen muss ich hier und heute eine Lanze für ihn brechen: er kann auch anders! Wobei ich die Darstellung der Yetis auch schon weder etwas grenzwertig finde...
Ausstattung... bietet, was ein klassisches Flip-and-Write-Spiel bieten muss: ein Block mit doppelseitigen Inselplänen, acht Bleistifte und etliche Karten. Letztere werden unterteilt in Geländekarten, Bonuskarten und Aufbaukarten. Mehr braucht es nicht, um los zulegen.
Aber lasst uns das Material noch einmal genauer ansehen! Die Inselpläne kommen in zwei Ausführungen daher und weisen unterschiedliche Landschaften auf. "Isla Petit" für das kurze Spiel über zwei Runden und "Isla Grande" für eine Partie über drei Runden. An den Rändern sieht man die mit Ziffern versehenen Dörfer und im Inneren der Inseln verschiedene Sehenswürdigkeiten (u.a. der Yeti aber bspw. auch der namensgebende Tukan).
Die Geländekarten zeigen in unterschiedlicher Anzahl die Landschaftstypen Wüste, Wald, Gebirge und See (außerdem gibt es zwei Joker). Die Aufbaukarten zeigen eine Buchstabenkombination, die alle Mitspielenden am Anfang der Partie in dieser Reihenfolge auf die einzelnen Dorfplätze übertragen. Allerdings erfolgt das im Versatz zueinander, so dass alle unterschiedliche Buchstaben in den jeweiligen Dörfern stehen haben (aber immer in der gleichen Reihenfolge). Das ist deswegen interessant, da die Bonuskarten diejenigen belohnen, die erstmals zwei gleiche Buchstaben miteinander verbunden haben (oder auch zwei Sehenswürdigkeiten).
Ablauf... nach und nach werden zwei Geländekarten aufgedeckt. Nun zeichnet man auf dem Spielplan einen Weg zwischen zwei benachbarte Felder, die diesen Karten entsprechen. Dabei ist man völlig frei und muss nicht an bereits bestehende Wege anknüpfen. Trotzdem versucht man das, da man nur dann Siegpunkte für erreichte Sehenswürdigkeiten erhält, wenn diese über eine durchgehende Wegeverbindung mit einem Dorf verknüpft sind. Bindet man übrigens die letzte Sehenswürdigkeit einer Art an, erhält man sogar den Bonus, einen zusätzlichen Weg an beliebiger Stelle einzuzeichnen.
Am Rundenende erhält man immer alle frei geschaltete Siegpunkte der Sehenswürdigkeiten. Macht man das schnell, bekommt man demnach die entsprechenden Punkte mehrfach. Außerdem erhält man am Spielende ebenfalls Siegpunkte, wenn Dörfer mit gleichen Buchstaben miteinander verbunden sind sowie die möglichen Bonuspunkte für erste Verbindungen.
Das gefällt mir nicht so gut: TRAILS OF TUCANA ist wunderbar zugänglich und lädt damit auch Kinder zum Mitspielen ein. Die Altersangabe von 8+ ist rein von den Regeln und Abläufen passend – nur habe ich es noch nicht erleben dürfen, dass ein jüngeres Kind tatsächlich auch um den Sieg mitspielt. Denn trotz aller Einfachheit ist vorausschauendes Planen eigentlich unabdingbar. Man muss schon versuchen, sich genügend Optionen offen zu halten und sollte dabei die Wahrscheinlichkeiten der Karten im Blick. Damit haben meine jüngeren Mitspielenden meist ein Problem gehabt (und das sind Kinder, die mich bspw. bei DOMINION auch mal in Grund und Boden spielen können). Doch auch manche Erwachsene kamen damit wenig gut zurecht, wenn ihnen der Blick für solche Landschaften fehlt. Trotzdem war eigentlich bei allen immer die Bereitschaft vorhanden, sofort noch eine Revanche-Partie anzuschließen. Dem eigenen Empfinden nach war für die Niederlage dann eher Pech als Unvermögen schuld – was auch durchaus stimmen kann. Denn in TRAILS OF TUCANA spielt Glück sehr wohl eine große Rolle.
Auf die Dauer fände ich neue Pläne wünschenswert. Wahrscheinlich bin ich in der Beziehung etwas von DIZZLE verwöhnt. Aber so langsam hat sich bei mir doch ein gewisses Lieblingsvorgehen herauskristallisiert. Was ist gefragt? Wasser zu Wasser? Okay, dann zeichne ich wie immer diesen Weg ein. Ich habe demnach mittlerweile den Wunsch auf noch ein wenig mehr Abwechslung.

Das gefällt mir gut: Eigentlich müsste TRAILS OF TUCANA staubtrocken sein. So ist es auch kein Wunder, dass man dieses Spiel auch sehr gut alleine spielen kann. Denn die eigentlichen Spielzüge sind solitär: Karten aufdecken, Weg einzeichnen, Karten aufdecken, Weg einzeichnen... Trotzdem fühlt sich TRAILS OF TUCANA in der Gruppe nie langweilig an. Der Wettlauf um die Bonuspunkte ist spannend, zumal man auch selten die Zeit findet, sich die Spielpläne der Mitspielenden anzusehen. Also setzt man auf eine Karte und freut sich, wenn der Plan aufgeht und man schneller als die anderen war. Wobei, man setzt eher auf zwei Karten. Denn natürlich würden alle meine anvisierten Kettenzüge klappen, wenn doch nun bitte, bitte schön die Kombination Wald – Gebirge auftritt. Macht sie aber nicht! So erlebt man während des Spielens manche Tiefe aber auch Höhe. Und spätestens gegen Spielende wird jedes Aufdecken der Kartenpaare kommentiert.
Noch schöner sind allerdings die Diskussion danach. Ja wenn nur noch diese oder diese Kombination gekommen wäre, dann hätte ich noch das oder das machen können. Allerdings geht es jedem so! TRAILS OF TUCANA nimmt gefangen und erzeugt auf einfache Art und Weise Emotionen. Glück und Ärger halten sich die Waage, zumal man immer das Gefühl hat, konstruktiv zu wirken – schließlich wird das Wegenetz immer größer.
Die Spielanleitung von TRAILS OF TUCANA ist übrigens ein gutes Beispiel für gendergerechte Sprache. Das ist ein Thema, bei dem ich bei mir selbst noch Defizite erkenne. Für den Blog und meine Schreibe habe ich leider noch keinen so richtig zufriedenstellenden Weg gefunden. Somit bin ich immer noch ein wenig auf der Suche und freue mich über gelungene andere Texte.
Ansonsten ist TRAILS OF TUCANA das perfekte Spiel für die aktuelle Corona-Zeit. Es ist nicht nur gut zu Hause mit der Familie zu spielen, sondern es eignet sich auch ganz hervorragend zum Spielen über Videokonferenzen. Dabei ist es allerdings hinderlich, dass man die gewonnenen Bonuskarten nicht an die entsprechenden Personen überreichen kann. Doch dankenswerterweise hat der ursprüngliche Verlag Aporta Games nun leicht modifizierte Pläne zur Verfügung gestellt (Isla Petit und Isla Grande), bei denen man sich die Boni bequem markieren oder abstreichen kann.
Fazit: TRAILS OF TUCANA ist für mich ein Highlight des Jahrgangs. Nach WELCOME TO... und DER KARTOGRAPH hat es die Flip-and-Write-Mechanik endlich in ein sehr ansprechendes Familienspiel geschafft. Dabei wurde alles richtig gemacht, so dass wir nun nach mehr Futter in Form neuer Pläne oder Bonuskarten rufen!
Titel | Trails of Tucana |
Autor | Kristian Amundsen Østby und Eilif Svensson |
Illustrationen | Gjermund Bohne |
Dauer | 15 bis 30 Minuten |
Spieleranzahl | 1 bis 8 Spieler |
Zielgruppe | Wege malende Familienspieler |
Verlag | Pegasus Spiele |
Jahr | 2020 |
Ich bedanke mich bei Pegasus für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars. Ich bin mir sicher, dass durch diese Bereitstellung meine Meinung nicht beeinflusst wurde. Die Besprechung spiegelt meine gemachte Erfahrung wider.
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