Trek 12: Himalaya von Bruno Cathala und Corentin Lebrat – erschienen bei Lumberjacks Studio
Würfelspiel? Bergsteigen? Da kann ich normalerweise nicht stoppen ein hohes Risiko einzugehen. Aber TREK 12: HIMALAYA ist kein Push-Your-Luck-Spiel und somit bestimmt ganz anders, oder? Sagen wir mal so, ganz ohne Risiko wird man es auch in diesem Spiel nicht schaffen in die hohen Punkte-Regionen zu kommen.
Thema... ist augenscheinlich, schließlich bewirbt auch das Cover TREK:12 HIMALAYA als ein Bergsteig-Abenteuer. Dem ist nichts hinzuzufügen. Wobei das Spielprinzip auch problemlos in andere Gefilde übertragen werden kann, wie TREK 12: AMAZONIA zeigt – oder der gelungene Gag zu Weihnachten.
Illustrationen… sind gestaltet von Jonathan Aucomte und Olivier Derouetteau – und rauben einem die Luft wie auf einem 8.000er! Ich habe zwar keine Ahnung, wie es wirklich auf den Bergen im Himalaya aussieht, aber ich wünschte, es wäre dort so schön, wie es das Material von TREK 12 einem glauben machen will.
Ausstattung… scheint im ersten Moment ganz klassisch für ein Roll-and-Write-Spiel zu sein: zwei Würfel und ein paar Blöcke. Aber TREK 12 hat noch mehr zu bieten. Nicht nur ein gutes Dutzend Unterstützungskarten und unterschiedliche Anleitungen für verschiedene Spiel-Modi, nein, sogar auch noch verschlossene Umschläge! Wie man es aus manch einem Legacy-Spiel kennt, warten somit ein paar Überraschungen auf uns. Um diese Umschläge öffnen zu dürfen, müssen bestimmte Spielsituationen erreicht werden, was natürlich eine ganz besondere Motivation auslöst.
Bei genauer Betrachtung der beiden Holzwürfel erkennen wir übrigens, dass diese nicht nur verschiedenfarbig sind, sondern auch andere Zahlenwerte zeigen. Beträgt bei dem gelben Würfel die Bandbreite von 0 bis 5, sind auf dem roten Würfel Zahlenwerte von 1 bis 6 zu finden.
Ablauf… zu Beginn einer Runde werden beide Würfel geworfen und alle müssen nun daraus eine Zahl bilden, die dann auf dem Plan angrenzend notiert werden. Dazu kann ich die Zahlen zusammenzählen, voneinander abziehen oder miteinander mal nehmen. Oder aber ich trage stattdessen den höchsten oder niedrigsten Einzelwert ein. Problem daran ist, jeder dieser Möglichkeiten steht mir nur maximal viermal zur Verfügung. Habe ich anfangs schon viermal die Summe gebildet, kann ich diese Option später nicht mehr nutzen. Da wir insgesamt 19 Zahlen eintragen werden, muss ich also mit den Möglichkeiten haushalten. Hinzu kommt noch die Besonderheit, dass 12 der höchste einzutragende Wert ist, so dass nicht immer das gewürfelte Produkt eingetragen werden kann.
Auf dem Plan versuche ich einerseits aufeinander folgende Zahlenketten zu bilden (bspw. 2−3−4−5−6) oder aber Zahlen gleichen Wertes miteinander zu verbinden (bspw. 6−6−6−6). Da eine Zahl aber sowohl für die Kette wie auch für die Fläche benutzt werden kann, kombiniere ich idealerweise beides. Allerdings werde ich auch mit vielen Punkten belohnt, wenn ich eine ganz lange Kette oder eine große Zahlen-Flächen gebildet habe.
Die Punktewertung ist auch deswegen so tricky, weil man sich immer anschaut, welches der höchste Zahlenwert des Wertungseinheit ist. Diesen nehme ich als Basis und addiere dann noch die Anzahl der zusätzlichen Kreise dazu. Die Wegekette von eben (2−3−4−5−6) ergibt somit 6+4 = 10 Punkte. Das mache ich für alle Wertungseinheiten und zusammen mit den Boni ermittele ich somit meine Punktzahl. Allerdings muss ich davon noch Punkte abziehen, wenn Zahlen komplett alleine ohne passenden Nachbarn im Plan eingetragen wurden.
Im schnellen Spiel besteigen wir einen Berg und sind fertig. Wir können uns aber auch auf eine größere Expeditions-Tour einigen und dann drei unterschiedliche Aufstiege am Stück spielen. Dann kommen noch als zusätzliches Element die Ausrüstungsgegenstände auf den Karten dazu. Zu guter Letzt gibt es auch noch einen eigenen Solo-Modus, bei dem ein virtueller Gegner simuliert wird, der es durchaus in sich hat.
Das gefällt mir nicht so gut: Mir persönlich dauert die Expeditions-Variante mit den drei Aufstiegen zu lange. Das Spielprinzip von TREK 12 trägt gut für einen schnellen Aufstieg, aber das Ganze dreimal hintereinander machen zu müssen, ist mir zu wiederholend. Zusätzlich ist mir für diese lange Spielart auch der systembedingte Zufallsanteil etwas zu hoch. Denn um hohe Punktzahlen erreichen zu können, muss man auch mal zocken. Dabei fühlt es sich unangebracht an, wenn am Ende der finale Erfolg eines langen Spiels von all zu wenigen Würfelwürfen abhängt. Für mich passt diese ausgeprägte Glückskomponente somit nicht so ganz mit dem Kampagnengedanken einer Expedition zusammen.
Ähnlich unglücklich bin ich mit manchen Inhalten der Herausforderungs-Umschläge. Durch diese erhält man u.a. Sonderfunktion, die schon starken Einfluss auf weitere Partien nehmen können. Uns waren diese Fähigkeiten zu stark, weswegen wir dieses Element in weiteren Partien ignoriert haben – auch wenn die Ideen als solche durchaus charmant sind.
Leider muss ich mal wieder bemängeln, dass Stifte in der Box fehlen. Das ist schon ein Ärgernis bei vielen anderen Roll-and-Write-Spielen, aber bei TREK 12 wirkt das fast wie blanker Hohn. Das Spiel glänzt durch sein Material. Alles sieht toll aus, die Holzwürfel und die Umschläge aus Recycling-Papier vermitteln einen Umweltbezug, es werden unterschiedliche Anleitungen beigelegt, es steckt so viel Liebe im Detail – und dann hat das Budget für ein paar Bleistifte nicht mehr ausgereicht? Ich will das nicht wahrhaben. Gegen zweiseitig bedruckte Spielpläne hätte ich übrigens auch nichts gehabt, denn als Zweitgebrauch für den nächsten Einkausfszettel sind die Blätter fast schon ein wenig zu voluminös.
Das gefällt mir gut: Natürlich macht TREK 12 nicht wirklich etwas Neues. Es werden Würfel gewürfelt und deren Ergebnisse in einem Plan eingetragen. Trotzdem fühlt sich das Spiel erstaunlich frisch an. Wahrscheinlich deswegen, weil man die ein oder andere Sache neu denken muss. Die Beschränkung der einzelnen Ankreuzmöglichkeiten ist spannend, weil man immer am abschätzen ist, was man noch wagen kann und was nicht. Dabei ist das Spiel mit den Wahrscheinlichkeiten ungewohnt. Die Chance, eine 7 oder 11 eintragen zu können, ist deutlich kleiner als beispielsweise bei der 6 oder 10. Aber hohe Zahlen möchte ich eintragen, weil durch die besondere Art der Wertung damit deutlich mehr Punkte zu holen sind, als wenn man sich nur im niederen Zahlenbereich aufhält. Also gehe ich Wetten ein. Ich versuche vorzuarbeiten und hoffe dann auf den passenden Würfelwurf. Das baut Spannung auf und weckt Emotionen.
Zusätzlich schielt man die ganze Zeit auf die Herausforderungs-Umschläge. Es macht nun einmal kindlichen Spaß, diese öffnen zu dürfen – zumal man dann auch mit mehr Abwechslung belohnt wird. Ohne die Umschläge wäre TREK 12 vielleicht nur ein weiteres Roll-and-Write-Spiel. Mit diesen Umschlägen wohnt ein Zauber inne, den man sich schwer entziehen kann.
Wobei auch die viele Liebe zum Detail ansteckend ist. Man bekommt dauernd das Gefühl vermittelt, dass in dieses Projekt viel Herzblut geflossen ist. Beim Spielen mit dem wunderschönen Material wird eine wohlige Stimmung transportiert, wie diese auch kleine Start-Up-Unternehmen vermitteln wollen. Ich habe mich durchaus davon fangen lassen.
Beim Solo-Modus bin ich mir etwas unsicher, wie ich diesen bewerte. Einerseits finde ich es gut, dass dieser keine reine Highscore-Jagd darstellt. Andererseits ist er aber auch mit nervigem Verwaltungsaufwand verbunden, weil man parallel zum eigenen Spielplan noch einen zweiten füllen muss. Allerdings entsteht dadurch tatsächlich ein Konkurrenzgefühl, weswegen ich irgendwie dann doch meinen Frieden damit geschlossen habe. Wobei genrebedingt die Interaktion bei TREK 12 ohnehin nicht hoch ist. Allerdings spiele ich selten solo und dann meist keine Roll-and-Write-Spiele, so dass es im Endeffekt ohnehin eine eher akademische Frage für mich ist.
Fazit: Durch den cleveren Wertungsmechanismus und die Beschränkung der Ankreuzmöglichkeiten gilt es bei TREK 12: HIMALAYA viele kleine Entscheidungen zu treffen. Dadurch ist das Spiel spannend und weckt Emotionen. Allerdings nur für die Zeitspanne eines kurzen Aufstiegs. Für lange Expeditionstouren ist das Spielprinzip in meinen Augen dann doch zu wiederholend.
Titel | Trek 12: Himalaya |
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Autoren | Bruno Cathala und Corentin Lebra |
Illustrationen | Jonathan Aucomte und Olivier Derouetteau |
Dauer | 15 bis 30 Minuten |
Personenanzahl | 1 bis sehr viele Personen |
Zielgruppe | Würfelspielrunden |
Verlag | Lumberjacks Studio |
Jahr | 2021 |
Hinweis | für die Besprechung wurde vom Vertrieb Asmodee ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt |
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