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kritisch gespielt: Tulpenfieber

Tulpenfieber von Uwe Rosenberg – erschienen bei AMIGO

Tulpenfieber - Box
Bild: AMIGO

Natür­lich könn­te man das ein oder ande­re Wort­spiel mit TULPENFIEBER machen. Aber auf­grund der aktu­el­len Covid-19-Lage ver­zich­te ich lie­ber auf solch lau­ni­gen Sprü­che. Momen­tan ist mir da lei­der näm­lich wenig zum Scher­zen zumute...

The­ma... der Titel lies mich einen spie­le­ri­schen Schau­platz wäh­rend der Tul­pen­ma­nie im Gol­de­nen Zeit­al­ter der Nie­der­lan­de erwar­ten. Viel­leicht ein Auk­ti­ons­spiel, bei dem man augen­zwin­kernd zum Opfer einer Spe­ku­la­ti­ons­bla­se wer­den kann? Oder ein Auf­bau­spiel, bei dem man durch geschick­tes Kreu­zen der Samen neue Tul­pen­so­r­ten kre­iert? Weit gefehlt! Denn es geht ledig­lich dar­um, durch glück­li­ches Wür­feln ein eige­nes Tul­pen­feld zu füllen.

Illus­tra­tio­nen… stam­men aus der Feder von Rober­to Frei­re. Anschei­nend ist TULPENFIEBER sein ers­tes Brett­spiel-Pro­jekt – und stellt mei­ner Mei­nung nach nicht unbe­dingt den gelun­gens­ten Ein­stieg in die­ser Bran­che dar. 

Tulpenfieber - Inhalt
noch unbe­stell­te Fel­der nebst Pflanz­mög­lich­kei­ten im Sack

Aus­stat­tung… 7 Wür­fel, ganz vie­le klei­ne qua­dra­ti­sche Pappplätt­chen, vier Spiel­plä­ne und noch ein paar grö­ße­re recht­ecki­ge Pappplätt­chen. Mehr braucht es nicht für eine Par­tie TULPENFIEBER.

Tulpenfieber - Beutel
so ein Beu­tel kann ger­ne Schu­le machen

Löb­lich ist der zusätz­lich Sack, um die vie­len klei­nen Pap­p­qua­dra­te lagern zu kön­nen. Eigent­lich passt da auch das kom­plet­te klei­ne Mate­ri­al hin­ein, wobei die vier Mini-Son­der­plätt­chen für das Solo-Spiel dann müh­sam wie­der her­aus­ge­sucht wer­den müss­ten. Da ich für so etwas meist zu faul bin, habe ich die­se dann doch noch in ein kei­nes zusätz­li­ches Zipp­tüt­chen gepackt.

Ablauf… machen wir es kurz, weil sich ohne­hin alle dar­un­ter etwas vor­stel­len kön­nen: TULPENFIEBER ist eine KNIFFEL-VARIANTE. Begin­nend mit vier Wür­feln ver­sucht man ent­we­der eine bestimm­te Anzahl an glei­chen Wür­fel­wer­ten oder Stra­ßen zu erwü­feln. Für jede erfolg­rei­che Kom­bi­na­ti­on kann man sich das ent­spre­chen­de Feld mit einem Tul­pen­qua­drat abde­cken. Hat man dadurch bestimm­te Flä­chen ver­bun­den, darf man mit mehr Wür­feln star­ten oder sogar zu Beginn einen Wür­fel­wert einstellen. 

Tulpenfieber - Zwischenstand
lang­sam wächst das Feld

Das Spiel endet, wenn eine bestimm­te Anzahl in der unters­ten Rei­he oder die kom­plet­te vor­letz­te Rei­he besetzt ist – was bei uns noch nie vor­kom­men ist, weil man meist unten schnel­ler ist. Das liegt auch dar­an, dass man sich zu den klas­si­schen 3 mög­li­chen Wür­fen noch wei­te­re Wurf­ver­su­che erkau­fen kann, in dem man dafür bestehen­de Tul­pen­fel­der umdreht. Spart man sich das für die End­pha­se auf, hat man schon eini­ge Ver­su­che zur Ver­fü­gung. War man trotz allem nicht erfolg­reich, dann erhält man als Trost­pflas­ter ein Tul­pen­feld, wel­ches man außer­halb des Spiel­plans lagert. Die­se Fel­der kann man eben­falls für die Erhö­hung der Wurf­ver­su­che benutzen.

Tulpenfieber - Luft
Viel Luft um nichts!

Das gefällt mir nicht so gut: Im Kern ist TULPENFIEBER ein abs­trak­tes Spiel, was auf­grund der zu bele­gen­den Fel­der dann mit die­sem künst­li­chen The­ma über­zo­gen wor­den ist. Die­ses The­ma ist aber nicht nur wenig hilf­reich, son­dern rich­tig gehend stö­rend. Denn einer­seits wer­den fal­sche Erwar­tun­gen geschürt und ande­rer­seits ist man von der Hand­ha­bung der klei­nen Pappplätt­chen genervt. Die unter­schied­li­chen Tul­pen­fel­der sind nicht nur häss­lich gestal­tet, son­dern es kom­men auch Fra­gen auf, was die ver­schie­de­nen Far­ben bedeu­ten sol­len. Die Anlei­tung klärt zwar früh­zei­tig auf, dass die unter­schied­li­chen Far­ben kei­ne Hin­ter­sinn besit­zen – aber die Fra­ge steht dann schon im Raum und hät­te von vorn­her­ein ver­mie­den wer­den kön­nen. Mei­ner Mei­nung nach wäre der zugrun­de lie­gen­de Mecha­nis­mus zu TULPENFIEBER ohne­hin als Roll-and-Wri­te-Spiel bes­ser geeig­net gewe­sen. Dann hät­te man sich die­sen gan­zen Klad­de­ra­datsch mit dem fit­ze­li­gen Mate­ri­al auch spa­ren kön­nen. Im Ide­al­fall hät­te auch die Box weni­ger volu­mi­nös sein kön­nen – und die gan­ze unnö­tig ver­pack­te Luft wäre ver­mie­den worden.

So ein wenig bezwei­fe­le ich aller­dings, dass mir dann das Spiel­ge­fühl wesent­lich bes­ser zusa­gen wür­de. Denn im Ver­gleich zu vie­len ande­ren moder­nen Wür­fel­spie­len pas­siert bei TULPENFIEBER zu wenig. Man selbst macht wäh­rend des Spiels immer die glei­chen Sachen. Wenn ich aber nicht aktiv bin, schaue ich den ande­ren zu, wie sie wür­feln und kann viel­leicht mal den ein oder ande­ren dum­men Kom­men­tar abge­ben. Mehr ist nicht mög­lich. Da wird nichts geklaut oder ander­wei­tig beein­flusst noch pas­siert etwas Span­nen­des. Zusätz­lich feh­len die ech­ten Här­ten. Selbst bei einem Fehl­wurf wird man noch mit einem absei­ti­gen Tul­pen­feld belohnt, was im nächs­ten Zug viel­leicht ver­hin­dert, dass man schon wie­der einen Fehl­wurf macht. Aber die­ses Weich­ge­spül­te ver­hin­dert ein ech­tes Mit­fie­bern, TULPENFIEBER plät­schert somit eher dahin, als dass es mitreißt.

Tulpenfieber - Scan
Da muss doch ein Code dahin­ter liegen!

Über Geschmack lässt sich bekannt­lich strei­ten. Aber ich kann nur fest­stel­len, dass die Gestal­tung von TULPENFIEBER mei­nen über­haupt nicht getrof­fen hat. Das Cover-Bild sug­ge­riert mir ein Duell und wäre für ein rei­nes 2‑Per­so­nen-Spiel ange­brach­ter gewe­sen. Manch ein ande­rer Illus­tra­tor hät­te viel­leicht auch noch Wür­fel als zen­tra­les Spiel­ele­ment ein­ge­bun­den, so dass man zumin­dest grob eine Vor­stel­lung hat, was einen im Spiel erwar­tet. Die ein­zel­nen Tul­pen­fel­der sind als sol­che nicht erkenn­bar und ich könn­te immer noch wet­ten, dass dort irgend­ei­ne Art QR-Code hin­ter­legt ist – auch wenn ich mit der Scan-App nicht erfolg­reich war.

Das gefällt mir gut: Nur weil Uwe Rosen­berg der Autor ist, muss man nicht sofort bei jedem neu­en Spiel ein zwei­tes ARLER ERDE oder AGRICOLA erwar­ten. Es darf auch ger­ne mal etwas seich­ter sein. Zumal TULPENFIEBER als leicht zugäng­li­ches Wür­fel­spiel funk­tio­niert. Die Regeln sind schnell ver­in­ner­licht und man kann durch­aus wäh­rend des Spiels klei­ne Ent­schei­dun­gen tref­fen, ob man sich nun lie­ber auf die­ses oder jenes Feld fokus­sie­ren will. Die Wür­fel als bekann­te Emo­ti­ons­ver­stär­ker tun dann ihr übri­ges, um zu unterhalten.

Tulpenfieber - Finale
bald geschafft

Fazit: TULPENFIEBER schei­tert an der Erwar­tung, die Titel und Autor vor­ge­ben. In ande­rem Gewand wäre man wohl mil­der bei der Beur­tei­lung. So ist es lei­der eine Ent­täu­schung, auch wenn es grund­so­li­de Wür­fel-Kost ist.

TitelTul­pen­fie­ber
AutorUwe Rosen­berg
Illus­tra­tio­nenRober­to Freire
Dau­er30 Minu­ten
Per­so­nen­an­zahl1 bis 4 Personen
Ziel­grup­pewür­feln­de Familienspielrunden
Ver­lagAMIGO
Jahr2021
Hin­weisfür die Bespre­chung wur­de vom Ver­lag ein Rezen­si­ons­exem­plar zur Ver­fü­gung gestellt

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