Wildes Weltall von Joachim Thôme – erschienen bei Board Game Circus
Es war einmal vor langer Zeit in einer weit, weit entfernten Galaxis. Am äußersten Rande des Imperiums machen Gerüchte um die Entdeckung einer neuen Galaxie die Runde. Zwei einleitende Sätze geschickt kombiniert und schon wundert sich niemand, warum auf dem Cover von WILDES WELTALL ein Bär, ein Affe und eine Echse abgebildet sind. Denn auch bei Star Wars laufen genügend komisch behaarte und echsenhafte Wesen durch die Szenerie.
Thema... natürlich wollen wir nun diese neue Galaxie entdecken und die dortigen Geheimnisse erforschen. Und wenn es dort Schätze gibt, dann wehren wir uns auch nicht dagegen und nehmen die mit. Also heuern wir eine fähige Mannschaft an, die aus unterschiedlichen Tieren besteht. Außerdem besorgen wir uns noch ein paar hilfreiche Roboter und ein paar Gesandte, um so zu tun, als dass es uns um Diplomatie ginge. Mit allen an Bord machen wir uns auf ins Wilde Weltall.

Illustrationen… fallen auf – was sicherlich hauptsächlich am besonderen Stil von Amélie Guinet liegt. Ich finde ihre Arbeiten für WILDES WELTALL großartig! Mir gefällt das Farbenfrohe und die vielen kleinen Details. Allerdings ist mir klar, dass es auch andere Meinungen dazu gibt. Deswegen Respekt an die Beteiligten für den Mut, bei WILDES WELTALL bewusst einen etwas anderen Weg zu gehen.
Ausstattung… besteht hauptsächlich aus ganz vielen quadratischen Karten. Der Großteil davon sind tierische Crew-Karten, die man während des Spiels sammelt und ausspielt. Ein Dutzend weiterer Karten sind für das Solo-Spiel notwendig. Damit es etwas zu entdecken gibt, stehen 10 Planeten-Tafeln bereit, auf denen man dann im Spielverlauf die bunten kleinen Holz-Raumschiffe ablegt. Abgerundet wird das wertige Marterial mit kleinen Papp-Ordens-Marker sowie einem Wertungsblock.
Bei den Planeten-Tafeln sind die beiden Start-Planeten immer mit von der Partie, während von den 3er‑, 6er- und 9er-Planeten immer nur ein Exemplar benötigt wird. Gemeinerweise sind diese anfangs aber noch unentdeckt und somit auch verdeckt. Erst im Laufe der Partie erkennt man dann, welche Aktionen darüber möglich sind.

Ablauf… WILDES WELTALL ist Set Collection in Reinkultur. Wir spielen Crew-Karten vor uns aus und bekommen am Ende für die Auslage auf unterschiedliche Art Punkte. So wird man bspw. belohnt, wenn man alle 6 Tierarten bei sich ausliegen hat. Man kann aber auch Punkte darüber generieren, wenn man viele Karten einer Tierart gesammelt hat. Zusätzlich wird man belohnt für manche Roboter und für Auftragskarten (nennen sich Gesandte), die Teil unserer Crew sind und Vorgaben haben, für welche Konstellationen sie Punkte ausschütten.
Das Ausspielen und Nachziehen der Karten erfolgt über die Planetentafeln. Dort sind auf den einzelnen Sektoren die Aktionsmöglichkeiten abgebildet. Man beginnt immer mit der Aktionsmöglichkeit an unteren Rad des Planeten und schiebt dann im späteren Spielverlauf das Raumschiff nach oben, um die dortige Aktionsmöglichkeit zu nutzen. Anfangs stehen nur die Startplaneten als Aktions-Auswahl zur Verfügung. Hat man eine bestimmte Crew-Anzahl ausliegen, kann man aber auch die 3er‑, 6er- oder gar 9er-Planeten nutzen. Diese Planeten werden übrigens erst bei Erreichen der Vorgabe aufgedeckt, so dass man anfangs noch gar nicht weiß, welche Optionen sich darunter befinden.
Zusätzlich passiert es oft, dass beim Ausspielen der Karten weitere direkte Aktionen folgen können. So kann man bspw. den Orden auf der eigenen Startkarte verschieben, was neue Aktionen auslöst oder auch am Ende mit Siegpunkten belohnt wird. Das Nachziehen der Karten passiert übrigens über eine offene Auslage von drei Karten oder verdeckt vom Nachziehstapel.
Da alle nur fünf Raumschiffe zur Verfügung haben, ist eine Partie WILDES WELTALL nach zehn Aktionsrunden beendet, was je nach Anzahl der Mitspielenden etwa 20 bis 40 Minuten dauert. Wenn man alleine ist und Lust auf WILDES WELTALL hat, dann muss man übrigens nicht verzagen. Denn über die beiliegenden "feindlichen Planetenkarten" hat man eine Art Automa gegen den man spielt. Je nach eigenem Anspruch kann man dabei das Schwierigkeitslevel der Herausforderung selbst bestimmen.
Das gefällt mir nicht so gut: Da das Material sprachunabhängig ist, wird sehr viel über Symbole erklärt. Wenn man diese mal verinnerlicht hat, dann sind sie auch eindeutig – bis dahin hat das aber etwas von Vokabeln lernen. Die Anleitung gibt eine gute Hilfestellung, da auf der letzten Seite die einzelnen Symbole in ihrer Gesamtheit nochmals aufgeführt werden. Noch besser hätte ich allerdings eine Spielhilfe für alle Personen gewünscht. Vielleicht hätte man das Ganze als eine Art Raumhafen gestalten können, um diese auch thematisch einzubinden. Und ja, ich kenne die dankenswerterweise zum Download angebotene Mini-Raumstation-Erweiterung – die hat mich erst auf diesen konkreten Gedanken gebracht.
Etwas unpraktisch ist auch, dass die Karten verhältnismäßig viel Informationen vermitteln müssen. Hat man viele Karten auf der Hand, dann sortiert man diese meist abwechselnd hin und her, um sich einen Überblick zu verschaffen. Lediglich die Karten auf der Hand auf zu fächern reicht meist nicht aus, um alle Infos vollständig zu erkennen, da immer eine Ecke mit Informationen abgedeckt wird. Nicht nur für das Spielen mit Kindern empfehle ich daher Kartenhalter.
Während des Spielens ist man schon ziemlich dem Glück ausgesetzt. Diesen Glücksanteil finde ich für ein 30-Minuten-Spiel nicht unpassend. Aber man darf sich nun einmal nicht dem Glauben aussetzen, dass wirklich etwas planbar ist. Passen die aufgedeckten Karten gut zur eigenen Strategie, dann darf man sich glücklich schätzen. Ansonsten muss man eben etwas weniger effizient spielen und kann dann lauthals mit der Ungerechtigkeit der Welt hadern...
Das gefällt mir gut: ...oder man erfreut sich an den vielen Kettenzügen, die trotz allem möglich sind. Denn diese sind das Salz in dieser Set Collection Suppe und fühlen sich so wunderbar belohnend an. Es ist einfach ein zu schönes Gefühl, statt der einen popeligen Standardaktion ein wahres Aktionsfeuerwerk zünden zu können. Somit wird man auch ständig in Versuchung gebracht, auch noch diesen oder jenen Effekt mit nutzen zu wollen – auch wenn man eigentlich eine ganz andere Karte ausspielen sollte.
Trotz dieser damit einhergehenden Verzahnung ist das Spielprinzip immer noch leicht zugänglich, da man wenig im Blick haben muss. Es reicht aus, sich ganz auf die eigene Kartenhand zu konzentrieren. Natürlich schaut man schon einmal auf die Auslage an Karten. Aber da sich dort in kurzer Zeit viel verändern kann, fokussiert man sich lieber auf das, was aktuell schon möglich ist. Insgeheim hofft man aber darauf, dass diese oder jene Karte noch im Angebot ist, wenn man selbst gleich dran ist.
Als ein sehr schönes Element empfinde ich, dass nicht von Anfang an alle Aktionsmöglichkeiten offen ersichtlich sind. Man weiß nicht, welche Elemente durch die unterschiedlichen Planeten ins Spiel kommen wird. Erst muss man eine ausreichend große Crew haben, um dieses Wissen zu erlangen. Somit wird auf einfachem Wege recht effektiv verhindert, dass man von Anfang an sich nur auf die eine Strategie konzentriert. Durch die anfangs unbekannten Planeten muss man flexibel bleiben.
Vor allem bei den Planeten kommt auch die wundervolle Gestaltung richtig zur Geltung. Ich mag den besonderen Stil von WILDES WELTALL wirklich gerne. Natürlich hätte man auch die Karten mit Menschen und fremdartigen Aliens illustrieren können, aber die nun vorhandenen Tiere gefallen mir außerordentlich gut – auch wenn man sich ein wenig fragt, durch welche Umstände es zu dieser Entscheidung kam. Egal, denn die Entscheidung war eine gute!
Das Solo-Spiel ist übrigens keine bloße Krücke, sondern aufgrund des simulierten Gegners durchaus reizvoll. Der Hit wäre dabei vielleicht noch eine kleine Story-Kampagne. Aber erst einmal ist nun als Erweiterung ein wenig Ressourcen-Management angekündigt.
Fazit: WILDES WELTALL besticht nicht nur durch eine extravagante Optik, sondern hat auch als schnelles Familienspiel einige innere Werte vorzuzeigen.
Titel | Wildes Weltall |
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Autor | Joachim Thôme |
Illustrationen | Amélie Guinet |
Dauer | 20 bis 40 Minuten |
Personenanzahl | 1 bis 5 Personen |
Zielgruppe | sammelnde Familienspielrunden |
Verlag | Board Game Circus |
Jahr | 2020 |
Hinweis | für die Besprechung wurde vom Verlag ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt |
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