Yukon Airways von Al Leduc – erschienen bei Ludonova
Berechtigterweise werden Inlandsflüge in Deutschland immer kritischer hinterfragt. Zumal wir mit der Bahn auch ein relatives dichtes Alternativ-Verkehrsnetz zur Verfügung haben. Anders sieht das in Alaska aus, weswegen dort eine Fluggesellschaft wie YUKON AIRWAYS eine ganz andere Bedeutung hat.
Thema... ist eine Herzensangelegenheit von Autor Al Leduc. Denn dessen Vater war Inhaber und Betreiber der realen Fluggesellschaft Yukon Airways. Auch wenn das Spiel keine Simulation sein soll, so spürt man doch zu jeder Zeit, wie sehr das besondere Thema Triebfeder war. Im Spiel müssen wir als Piloten von kleinen Wasserflugzeugen Passagiere einsammeln und diese an Orte des Yukon-Territoriums fliegen. Dabei sollten wir unbedingt die Treibstoffanzeige unsere Fluggeräts im Auge behalten – weswegen wir auch durchaus wählerisch bei der Auswahl der Passagiere sind.
Illustrationen… sind von Eric Hibbeler. In Zusammenarbeit mit Grafiker David Prieto setzt die Gestaltung dabei auf ungewohnte Farbakzente. Das mag vielleicht nicht allen gleichermaßen gefallen, somit hat YUKON AIRWAYS aber zumindest einen eigenen Charakter, der mir auch sehr gut gefällt.
Ausstattung… die besonderen Farben der Gestaltung machen sich auch bei der Ausstattung bemerkbar – zumindest kenne ich kaum andere Spiele mit rosa Würfeln. Doch irgendwie benötigte man wohl eine eindeutige fünfte Farbe. Diese findet sich nicht nur bei den Würfeln, sondern auch bei den vielen kleinen Ortsmarker-Klötzchen, die anfangs auf dem Spielplan verteilt werden.
Hingucker sind aber vor allem die eigenen Tableaus der Spielenden, die als Cockpits gestaltet sind. Besonders sind aber nicht die Armaturen mit den drehbaren Pfeilen, sondern die vielen On-Off-Schalter, die clever über kleine Pappschieber simuliert werden.
Weniger spektakulär, aber spielmechanisch wichtiger sind die Karten, die sich in Ticketkarten und Auftragskarten unterteilen. Von letzteren kommen jedoch pro Partie immer nur drei von neun Möglichkeiten zum Einsatz.
Ablauf… über sechs Runden (= Wochentage) sucht man sich erst Passagierwürfel von einem der sechs Stege aus und liefert diese dann an bestimmten Orten ab. Dafür benötigt man allerdings die passende Ticketkarte und man muss ausreichend Treibstoff im Flugzeug haben. Zusätzlich kann man weitere Ticketkarten ausspielen, um damit bestimmte Boni freizuschalten.
Immer wenn man Passagiere zu den Orten bringt, darf man sich mindestens einen grauen Ortsmarker nehmen. Stimmt aber die Farbe des Passagierwürfels mit einem vor Ort liegenden Klötzchen überein, dann nimmt man sich dieses und darf eine Verbesserung am eigenen Cockpit vornehmen – und das will man auch unbedingt machen, da diese verdammt stark sind.
Für diese Transporte erhält man bei Erfüllung der offen liegen Aufträge kleine Boni. Viel wichtiger sind aber die damit verdienten Geldscheine, die verkappte Siegpunkte sind. Denn am Ende gewinnt die Person, die am meisten Geld besitzt. Zusätzlich wird final auch noch berücksichtigt, wie viele unterschiedliche Orte man besucht hat.
Bei der Passagierauswahl besteht übrigens die Einschränkung, dass man lediglich nur die Würfel einer Farbe nehmen kann. Die Verteilung dieser ist zufällig und geschieht über das Würfelergebnis. Man kann jedoch mit Geldeinsatz Würfel von einem Steg zum nächsten verschieben. Zusätzlich erhält man auch noch einen eigenen Steg-Bonus. Dieser wird stärker, je höher die Augenzahl ist. Allerdings beginnt man dann auch später mit dem Flug, was durchaus von Nachteil sein kann.
Das gefällt mir nicht so gut: Bei YUKON AIRWAYS ist man sehr von der eigenen Kartenhand abhängig. Diese ist aber immer ziemlich beschränkt, da es ein Handkarten- und ein Nachziehlimit gibt. Beide Limits kann man zwar über Cockpit-Erweiterungen erhöhen, aber das benötigt Zeit. Man kann sich also glücklich schätzen, wenn die anfänglichen Karten gut zueinander passen. Ich empfinde das als unnötig einschränkend und ich hätte mich über etwas mehr Kontrolle gefreut – bspw. über eine offene Auslage, aus der man sich beim Nachziehen bedienen kann oder ganz profan über mehr Karten beim Nachziehen.
Das Herzstück von YUKON AIRWAYS ist übrigens die Auswahl der Passagiere und weniger das eigentliche Fliegen – hier hakt es meiner Meinung leider thematisch etwas. Dabei sollte diese Entscheidung sehr genau geplant werden, damit am Ende nicht ein Treibstoff fehlt und der ganze Plan in sich zusammen fällt. Man muss sich somit schon genau überlegen, was man mit den eigenen Handkarten und der Auswahl an Ortsmarkern am besten anstellen kann. Dabei gilt es auch die Mitspielenden im Auge zu behalten und deren Pläne zu erraten. Somit besteht Analyse-Paralyse-Gefahr und entsprechend lang kann diese eigentlich so simpel klingende Phase dauern.
Die Symbolsprache ist eigentlich gut verständlich. Aber aufgrund der großen Fülle an verschiedenen Boni ist man sich doch immer wieder unsicher und muss in der Anleitung nachschlagen. Die ist glücklicherweise gut strukturiert und lässt keine Fragen offen. Trotzdem wäre vielleicht eine zweite Übersichtskarte, auf der dann die Symbole erklärt werden, eine gute Hilfe gewesen.
Ich selbst hatte übrigens beim Lesen des "Klappentextes" eine andere Art von logistischer Aufgabe erwartet. Ich ging fälschlicherweise davon aus, dass man eine Art Tourenplanung machen muss. Wo beginne ich den Flug und wie kann ich diesen dann später sinnvoll weiterführen? Das ist aber nicht die Aufgabe, die uns YUKON AIRWAYS stellt, denn wir beginnen den Tag immer in Whitehorse. Das ist, spätestens wenn man die einleitenden Worte gelesen hat, logisch und nachvollziehbar. Allerdings ist es somit eher ein ungewöhnliches Pick-up and Deliver-Spiel.
Das gefällt mir gut: da ich mich auch gerne beruflich mit tüfteliger Planung im Verkehrswesen auseinandersetze, hat YUKON AIRWAYS bei mir ganz gut den Nerv getroffen. Ich finde die Art der Aufgabe fordernd und somit äußerst reizvoll. Dabei ist es naheliegend, dass man erst die leicht erreichbaren Ziele anfliegt und dann mit verbessertem Flugzeug den Orbit vergrößert. Aber wollen das nicht auch die anderen und wird dadurch die Konkurrenz zu groß? Komme ich nicht durch passende Ortsmarker an anderer Stelle schneller zu meinen Verbesserungen? Lohnt es sich also nur einen Passagierwürfel zu nehmen, weil somit die Reichweite des Flugs vergrößert wird? Das sind Fragen, mit denen man sich auseinander setzt. Dabei sind glücklicherweise die Regeln recht schlank gehalten und man kann sich auf das Wesentliche konzentrieren.
Trotzdem sind die Möglichkeiten vielfältig, was vor allem an den Verbesserungsmöglichkeiten des eigenen Flugzeugs liegt. Diese sind nicht nur haptisch toll umgesetzt, sondern es bieten sich auch interessante Entscheidungen. Dabei kann man viele unterschiedliche Wege ausprobieren. Soll ich lieber erst das Handkartenlimit erhöhen oder die Reichweite? Die Funktion, unterschiedliche Würfelfarben nehmen zu dürfen ist genauso attraktiv wie die Funktion, Kartenboni für nur zwei passende Kartentypen zu erhalten. Nach jeder Partie denke ich mir, dass doch eine andere Kombination sicher noch besser gewesen wäre. Noch bin ich nicht so weit, die vermeintlich ideale Mischung gefunden zu haben. Wahrscheinlich gibt es diese auch gar nicht, weil alle Verbesserungen sinnvoll sind. Aber dieses ständige Werkeln am eigenen Flugzeug löst bei mir den größten Wiederspielreiz von YUKON AIRWAYS aus.
Trotz aller Tüfteleien ist die Interaktion bei YUKON AIRWAYS nicht zu unterschätzen. Denn man giert sehr darauf, die passenden farbigen Klötzchen einzusammeln, um damit das Cockpit verbessern zu können. Es ist schon extrem ärgerlich, wenn einem ein geplantes Klötzchen weggeschnappt wird. Also versucht man bei der Auswahl der Würfel die Gedanken der Mitspielenden zu erraten. Man versucht sich in deren Situation hinein zu versetzen und plant für diese mit – um dann zu erleben, dass diese doch ganz andere Züge machen, da denen wahrscheinlich die entsprechenden Karten fehlten. Der Solo-Modus von YUKON AIRWAYS funktioniert ganz passabel und dort kann man in aller Seelenruhe vor sich hin knobeln. Aber es fehlen die kleinen feinen emotionalen Momente, die erst durch die Mitspielenden entstehen.
Fazit: Man merkt YUKON AIRWAYS an, wie viel Herzblut des Autors darin eingeflossen ist. Das Spiel erzählt eine Familiengeschichte und wir dürfen dankenswerterweise spielerisch daran teilhaben – und haben Spaß dabei, denn YUKON AIRWASY ist ein tolles Spiel. Wir müssen planvoll Passagiere durch das Yukon-Territoriums fliegen, aber in Wirklichkeit schrauben wir am liebsten an unseren Maschinen herum.
Titel | Yukon Airways |
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Autor | Al Leduc |
Illustrationen | Eric Hibbeler |
Dauer | 60 bis 90 Minuten |
Personenanzahl | 1 bis 4 Personen |
Zielgruppe | genau planende Kennerspielrunden |
Verlag | Ludonova (Asmodee Germany) |
Jahr | 2020 |
Hinweis | für die Besprechung wurde vom Verlag ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt |
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