Es gibt verschiedene Gründe, warum wir spielen. Mal will man sich entspannen vom stressigen Alltag, mal wollen wir gepflegten Eskapismus betreiben und vielleicht auch mal Charaktereigenschaften ausleben, die wir ansonsten im Alltag lieber nicht an den Tag legen. Manchmal wollen wir aber auch so richtig gefordert werden und Anspruchsvolles auf den Tisch bringen. Doch ab wann wird das dann zu viel? Ab wann greift die Überforderung? Diese Fragen stellt die aktuelle #BG2GETHER-Aktion. Oder um es für alle teilnehmenden Blogs zu vereinheitlichen:
"Welches Spiel hat deiner Meinung nach den anspruchsvollsten Schwierigkeitsgrad, der selbst erfahrene Spieler:innen an ihre Grenzen bringt? Was macht das Spiel so herausfordernd? Genießt du diese Art Spiel oder ist hier weniger mehr?"
Ich bin kein Fan von Superlativen. Deswegen möchte ich gar nicht behaupten, dass ROBO RALLY das anspruchsvollste Spiel in meinem Bestand ist. Da gibt es von der Regelfülle ganz sicher noch andere Kaliber, wie das aktuelle WEIMAR oder bspw. auch MAGE KNIGHT. Trotzdem habe ich den Eindruck, dass ROBO RALLY viele Menschen überfordert. Zusätzlich gehe ich sogar davon aus, dass diese Überforderung erwünscht ist. Denn dadurch machen wir Fehler. Und Fehler verursachen Chaos, was wiederum einen Großteil des Spielreizes von ROBO RALLY ausmacht.
Was machen wir in ROBO RALLY? Wir schicken unseren Roboter durch eine Fabrikhalle und sollen dabei in einem Wettrennen Zielpunkte ansteuern. Für die Fortbewegung unserer Roboter müssen wir diese programmieren: immer fünf Bewegungsschritte am Stück. Haben alle ihre Programmierung abgeschlossen, werden diese dann ausgeführt. Dabei sorgen die anderen Roboter meist dafür, dass nicht alles nach Plan verläuft. Allerdings ist Programmierung nun einmal Programmierung – und so spulen unsere Roboter stumpf ihre Befehle ab, auch wenn sie sich nun vielleicht an anderen Orten der Fabrik befinden als vorher gedacht. Hinzu kommt noch, dass die Fabrik selbst ein paar Unwägbarkeiten bereit stellt. Denn die Halle ist voll von Laufbändern, Pressen, Schieber und ausgelaufenen Ölfeldern. Diese Hürden ohne fremden Einfluss zu meistern, stellt schon an sich eine Herausforderung dar.
Somit ist die Zielgruppe von ROBO RALLY ziemlich eingeschränkt. Einerseits muss Spaß am Planen vorhanden sein, um fünf Schritte im Voraus bedenken zu wollen. Andererseits benötigen wir auch ein gutes Raumverständnis gepaart mit der entsprechenden Vorstellungskraft. Und schlussendlich müssen wir Ärgernisse verdauen können, wenn wir von Lasern beschossen werden oder in den Abgrund fallen. Ich selbst liebe das Spiel für genau diese Herausforderungen und genieße die wenigen Partien in vollen Zügen. Aber ich kann gut verstehen, warum viele Leute bei diesem Spiel abwinken. Manchmal versuche ich dann mit einem COLT EXPRESS den Weg zu ROBO RALLY zu ebnen, denn das Spielgefühl ist dabei nicht unähnlich.
Doch lasst uns mal ein wenig von ROBO RALLY lösen und den Blick etwas schweifen lassen. Grundsätzlich merke ich bei mir eine gewisse Veränderung. In jüngeren Jahren konnten die Spiele nicht kompliziert genug sein. Mittlerweile bin ich froh, um jede Reduzierung von unnötigem Ballast. Denn oftmals ist das Mehr an Regeln und Beschränkungen nicht zwangsläufig auch ein Mehr an Spielspaß – ganz im Gegenteil. Vor allem bei älteren Spielen bewundere ich, wie mit kompakten Regeln eine hohe Spieltiefe hergestellt wird. Von diesem Design-Grundsatz können sich viele aktuelle Spiele noch ein wenig etwas abschauen. Allerdings habe ich das Gefühl, dass dafür gar nicht mehr die entsprechende Entwicklungszeit zur Verfügung steht, da immer mehr Spiele veröffentlicht werden wollen. Aber ich schweife ab...
Kurz möchte ich noch auf die Bonusfrage eingehen: Wie stehst du zu Spielen, bei denen sich Spieler:innen durch falsche Aktionen direkt zu Beginn ins Aus befördern können? Schwer, diese Frage zu beantworten, weil das immer im Kontext zum Spiel zu sehen ist. Wie lange dauert das Spiel und welche Zielgruppe soll es ansprechen? Für mich ist es nur dann ein Unding, wenn ich durch Zufall in diese Situation kommen kann, weil bspw. die Karten ungünstig verteilt sind oder Würfel doof fallen. Wenn dieses vermeintliche Aus jedoch nur durch meine falschen Entscheidungen entsteht, dann laste ich das nicht dem Spiel an. Wichtig ist jedoch, dass diese Problematik vorher angesprochen wird, damit ich mich darauf einstellen kann. Aber da ich ohnehin den Spielspaß nicht davon abhängig mache, ob ich gewinne, kann ich auch solchen scheinbar ausweglosen Situationen noch etwas abgewinnen. Dann packt mich der Ehrgeiz, noch das Beste aus der Situation zu machen.
Ihr interessiert euch für andere Meinungen und weitere herausfordernde Spiele? Dann folgt doch mal den nun aufgeführten Links:
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