Wie konnte ich letztes Jahr so naiv sein und freudig stöhnen, dass doch endlich das Jahr 2020 vorbei sei? Hätte ich nicht erahnen können, dass 2021 ähnlich verlaufen wird? Wahrscheinlich schon, aber irgendwie wollte ich das nicht wahrhaben. Allerdings war man dann im laufenden Jahr nicht mehr ganz so überrascht und hatte sich schon ein wenig auf die neue Welt eingestellt – gewöhnen möchte ich mich an diese aber nicht. Deswegen bleibe ich im Ausblick auf 2022 naiv und hoffe, dass die Situation wieder besser wird.
Damit das eintreten kann, gleich vorweg eine Bitte: lasst euch bitte impfen! Mittlerweile ist auch Novavax in der EU zugelassen, so dass hoffentlich bei manch skeptischen Leuten nun eine innerliche Hürde weniger im Weg steht. Ansonsten will hier gar nicht all zu lange auf dem Thema herum reiten. Ich bin aber froh, dass sich viele Organisationen und Verlage aus der Brettspielwelt eindeutig positioniert und sich bspw. der Aktion #zusammengegencorona angeschlossen haben. Auf der anderen Seite war ich darüber glücklicherweise auch nicht verwundert.
Quelle: Spiel des Jahres e.V. Quelle: Pegasus Spiele Quelle: Lookout Spiele
Ohnehin sollte man bei dem ganzen Medien-Gedöns zu diesem Thema nämlich die Relationen nicht außer Acht lassen. Während in Deutschland am Wochenende in einigen Städten ein paar tausend Hanseln lautstark protestieren, lassen sich gleichzeitig mehrere Zehntausend täglich impfen. Es gibt keinen Riss durch die Gesellschaft, wenn ein verschwindend kleiner im Abseits stehender Teil sich nicht ausreichend gehört gefühlt. Denn der Großteil der Gesellschaft sieht die Notwendigkeiten und passt das eigene Verhalten entsprechend an. Ich habe jedenfalls im letzten Jahr schon oft genug im Kontext meiner Aphorismen des Monats kommentiert, wie sehr ich von der falschen medialen Wahrnehmung genervt bin.
Aufgrund des nervigen Covid-19-Themas kann man das Jahr jedenfalls schnell Revue passieren lassen. Spielwarenmesse in Nürnberg war nicht. Der Wunsch, erstmals die SPIEL DOCH! zu besuchen, wurde ebenfalls im Keim erstickt. Zumindest fand die SPIEL in Essen statt! Die Zeit dort habe ich genossen, auch wenn mich die Umsetzung des Hygiene-Konzeptes nicht vollauf überzeugt hat. Aber aufgrund des eigenen Impfstatus und besonnener Herangehensweise fühlte ich mich auch nicht unsicher – und so langsam sollte man auch versuchen, wieder ins "normale" Leben zu kommen. So habe ich mich gefreut, wieder viele bekannte Gesichter gesehen und auch die ein oder andere Neuheit gemeinsam gespielt zu haben.
Die oftmals zu Jahresanfang gehörte Befürchtung, dass unausgegorene Spiele auf dem Markt geworfen werden würden, habe ich dabei nicht wahrgenommen. Ich hatte dahingegen eher das Gefühl, dass sich die Verlage im Zweifel lieber ein wenig zurück genommen haben – zumal diese auch ganz andere Probleme als zu wenig Testmöglichkeiten hatten. Enorme Preissteigerungen bei den Rohstoffen und den Transport haben bestimmt einige Kostenkalkulationen ad absurdum führen lassen. Wir werden uns daran gewöhnen müssen, dass Brettspiele teurer werden – und wahrscheinlich immer noch zu billig sind, wenn man sich die Vergütung der einzelnen Beteiligten vor Augen führt. Wir können dabei nur hoffen, dass insbesondere nicht zu viele kleinere Verlage die Segel streichen müssen. Denn in meinen Augen sind es besonders diese Verlage, die innovativ arbeiten und somit die Brettspielwelt besonders bereichern.
Doch kommen wir wieder konkreter auf mich und den Blog zu sprechen. Ich habe im letzten Jahr wieder das ein oder andere Spiel auf den Tisch gebracht und darüber geschrieben. Gerne wäre ich noch etwas produktiver gewesen, aber Zeit ist nun mal ein endliches Gut. Davon habe ich 2021 ziemlich viel in Hintergrundprozesse gesteckt. Das im November neu eingeführt Layout macht diesen Zeiteinsatz ansatzweise offensichtlich, aber auch schon im Vorfeld habe ich viel an der Technik getüftelt. Mittlerweile bin ich damit auch zufrieden und hoffe, mich somit wieder mehr auf die Inhalte konzentrieren zu können. All zu große Veränderungen sind dabei aber nicht geplant. Vielleicht wird es noch die ein oder andere neue Kategorie geben und auch bei den Empfehlungen versuche ich weiter zu überraschen. Zusätzlich habe ich mir vorgenommen, konstant bei #BG2GETHER mitzumachen, weil man darüber gut den gewohnten Blickwinkel verlassen kann. Weiterhin versuche ich mich daran, gendergerechter zu schreiben. Da ich gerne ohne Gendersternchen auskommen möchte, klappt das noch nicht so ganz zu meiner vollsten Zufriedenheit und bestimmt vergesse ich die richtige Formulierung an der ein oder anderen Stelle. Aber ich bin zumindest bemüht und hoffe, dass das definitiv vorhandene Verbesserungspotenzial immer kleiner wird.
Einiges an meiner freien Zeit wird allerdings wieder für mein Mitwirken an Beeple benötigt. Dort habe ich mein erstes Jahr als einer von drei Sprechern hinter mir und ich werde diese Aufgabe weiterhin ausfüllen. Auch dort haben wir einiges im letzten Jahr angestoßen und verändert – und ich bin sehr zufrieden mit der eingeschlagenen Richtung. Ein Highlight war sicherlich wieder das Beeple-Radio zur SPIEL: eine Podcast-Serie mit Spielvorstellungen und Interviews. Da war ich selbst wieder involviert, weswegen ich nun nicht nur eine kleine Auflistung meiner Podcast-Beiträge erstellt, sondern auch noch etwas mehr in eine ansprechende Technik investiert habe. Ich hoffe, man hört diesbezüglich in Zukunft einen Unterschied.
Doch auch wenn ich nun ein etwas besseres Mikrofon habe, sehe ich mich weiterhin der schreibenden Zunft zugehörig. Das macht mir am meisten Spaß und in dieser Nische fühle ich mich wohl. Dieses Gefühl wird übrigens verstärkt, wenn ich die vielen Selbstdarstellungen auf YouTube oder Instagram betrachte. Es sind viele neue Medienschaffende in die Brettspielwelt hinzu gekommen, was prinzipiell zu begrüßen ist. Format C ist beispielsweise ein empfehlenswerter YouTube-Kanal und BoardgameTonic hat mit der BoardgameTimes gezeigt, wie man als Instagram-Kanal die Szene bereichert. Die reale Ausgabe, die auf der SPIEL verteilt wurde, war ein echtes Highlight in diesem Jahr – und das lag definitiv nicht nur an den dort enthaltenden Kontaktanzeigen. Aber leider nehme ich viel öfter wahr, wie sich eine Content Creator-Szene gebildet hat, die sich nur um sich selbst dreht. Dabei werden mehr die eigenen Gesichter als Brettspiele präsentiert. Der eine Kanal lädt den anderen ein, um dann gemeinsam über einen dritten Kanal zu reden. Was fehlt, sind die eigentlichen Inhalte! Können alle gerne machen, aber ich halte es da lieber mit Peter Lustig und schalte ab. So bleibt mein Blog ein kleines Hobby-Projekt, dass ich allein aufgrund des Spaßes an der Sache betreibe. Monetarisierung-Gedanken sind mir fremd und ich will auch nicht mit Gewinnspielen locken oder mich Zirkelkreisen innerhalb der Blase anschließen. Wenn das Geschreibsel hier ein paar Leute gerne lesen, dann bin ich zufrieden. Und natürlich freue ich mich über jeden lieben Kommentar hier auf der Seite oder im Beeple-Discord. Aber es ist mir letztlich egal, ob nun 10, 20 oder 100 Personen meine Beiträge lesen, da dies nicht meine Motivation ist. Ich bin neugierig auf Neuheiten und habe ein gewisses Mitteilungsbedürfnis – nicht mehr, nicht weniger. Deswegen werde ich auch weiterhin nur die Spiele besprechen, die mich persönlich interessieren. Das können kleine Kartenspiele sein, aber auch mal das ein oder andere Expertenspiel. Wichtig ist mir, dass ich damit in keine Abhängigkeiten gerate. Zusätzlich versuche ich, eine zu große Nähe zu Verlagen zu vermeiden, auch wenn die Branche sehr herzlich und familiär ist. Auf der anderen Seite möchte ich aber auch nicht Teil eines Elfenbeinturms sein und ellenlange Abhandlungen schreiben, um den kulturkritischen Beitrag dieses oder jenes Spiels zum Gesamtkanon zu erörtern. Ich will aufzeigen, was mir an einem Spiel gefällt und was nicht. Wem das zu wenig Kritikertum ist, muss eben woanders fündig werden.
Somit: bleibt gesund habt eine gute Zeit! Der Rest ist Spielen.
Es ist Dir hoch anzurechnen, dass Du "bei Deinen Leisten bleibst". Viel zu oft jagt man einem Trend hinterher, um dann irgendwann festzustellen, dass man sich von seinem starken Kern viel zu weit entfernt hat. Und ja, ein weiterer Teilnehmer am allgemeinem Social Media Circle-Jerk braucht es nun wirklich nicht.
Von der schreibenden Zunft ist mir dein Blog nach wie vor das Liebste, dass ich regelmässig besuche und lese – und mich freue wenn es wieder etwas Neues zu entdecken gibt. Daher kann ich wirklich nur sagen: Danke für den Rückblick und mach bitte genau weiter so!
Hallo Tobias,
ich finde Dein Ansinnen großartig. Ich habe sehr viele Spiele Aufgrund Deines Blogs ausprobiert, die ich sonst niemals gespielt hätte.
Ich habe Deine Seite auf "Wiedervorlage"
sonnige Grüße Daniel