Eine heiß erwartete Erweiterung (FLÜGELSCHLAG EUROPA-ERWEITERUNG), ein neuer Teil der ADVENTURE GAMES (DIE VULKANINSEL) und ein kleiner Crowdfunding-Beifang (A FISTFUL OF MEEPLES) – das heutige Speed-Dating sollte somit wieder sehr abwechslungsreich verlaufen. Mal schauen, wer davon ein Kandidat für eine Dauerbeziehung ist.
A Fistful of Meeples von Jonny Pac – erschienen bei Final Frontier Games
Im Gegensatz zur Allgemeinheit triggern mich Spiele mit Western-Thema (dafür kann ich nichts mit Zombies und Cthulhu anfangen). Leider gibt es immer noch zu wenig richtig gute Western-Spiele, so dass ich weiterhin dabei bin, potentielle Top-5-Spiele zu erkunden, um dann einmal eine entsprechende Liste veröffentlichen zu können. Ein potentieller Kandidat dafür war in meinen Augen COLOMA, was zwar ein schönes Spiel ist, mir aber trotzdem zu wenig Western-Gefühl vermittelt. Trotzdem hat sich COLOMA für mein Western-Herz gelohnt, da in dessen Windschatten eine kleine Überraschung die staubige Crowdfunding-Straße entlang getrottet kam. Denn mehr oder weniger als Nebenprodukt erschien im gleichen Verlag A FISTFUL OF MEEPLES.
Das Spielprinzip von A FISTFUL OF MEEPLES ist schnell erklärt: Mancala trifft Worker-Placement. So verteilen wir nach und nach Handwerker, Bergleute, Banditen und Hilfssheriffs in die Häuser entlang einer langen staubigen Straße. An deren Ende treffen sich stilgerecht zwei Revolverhelden zu einem Duell, was auch in der tollen Covergestaltung von The Micu gut zu erkennen ist. Im Kern geht es aber immer hauptsächlich darum, möglichst viel Gold und Stein aus einem Beutel zu ziehen. So ist A FISTFUL OF MEEPLES schnell verstanden und auch schnell gespielt. Denn man nimmt sich die Meeples aus einem Gebäude und verteilt diese nach und nach die Straße entlang – Mancala eben. In diesen Gebäuden führen die Meeples eine kleine Aktion durch und schon ist der nächste Cowboy an der Reihe.
Glücklicherweise wird bei den Aktionsmöglichkeiten auf zu viel Brimborium verzichtet. Trotzdem sind die Aktionen halbwegs thematisch und auch so verzahnt, dass die Verteilung der Meeples in den Häusern nicht zu statisch ist. Die Verlierer des Duells kommen auf den Friedhof, die Sieger in den Saloon. Banditen überfallen Bergleute in ihren Häusern, werden aber selbst wiederum von den Hilfssheriffs in den Knast gebracht. Da dort aber auch ein Dynamit-Depot gelagert ist, kommt es logischerweise auch zu Ausbrüchen. Das alles wird von einem leicht ironischen Illustrationsstil begleitet, bei dem sich The Micu glücklicherweise etwas zurück genommen hat und somit nicht überfrachtet wirkt. Hinzu kommt noch, dass die Auswahl und Verteilung der Meeple auch nicht so restriktiv wie bspw. beim aktuellen HUMBOLDT'S GREAT VOYAGE ist, welches ebenfalls den Mancala-Mechanismus benutzt. In der Summe liegt somit ein kleines aber feines Spiel vor, dass mich positiv überrascht hat. Manchmal ist weniger eben mehr!




Adventure Games: Die Vulkaninsel von Phil Walker-Harding,
Matthew Dunstan und Chihiro Mori – erschienen bei KOSMOS Verlag
Nachdem wir einem Verlies und unlauteren Machenschaften in einem Hochhaus entkommen sind, führt uns das neueste ADVENTURE GAME auf DIE VULKANINSEL. Eigentlich sind wir ja "nur" Studenten und der Ausflug dorthin ist Teil eines Seminars. Aber wenn wir schon einmal dort sind, dann kann man sich vielleicht auch mal genauer auf der Insel umsehen – schließlich betreiben dort Schmuggler ein schmutziges Geschäft.
Von der Mechanik hat sich wenig geändert. Weiterhin gilt es hauptsächlich Orte zu erkunden und dabei eine Geschichte zu erleben. Dabei bekommen wir immer mal wieder Gegenstände in die Hände, die man gut miteinander aber auch mit den Orten kombinieren kann. So erfährt man nach und nach immer mehr über die Zusammenhänge und erlebt ein spannendes Abenteuer.
An den ersten beiden ADVENTURE GAMES wurde oftmals die Kritik geübt, dass die jeweilige Story doch eher flach ist. Mich hat das wenig gestört, da ich mich gut unterhalten gefühlt habe und auch keine übermäßige Erwartungen hatte. Allerdings merkt man im direkten Vergleich der VULKANINSEL nun schon an, dass hier zusätzliche Kompetenz vertreten ist. Denn die Spielautoren haben sich Hilfe bei der schreibenden Zunft in Person von Chihiro Mori gesucht. Das Ergebnis ist erkennbar. Allerdings ist das auch mit einem Mehr an Verwaltungsaufwand verbunden. Nun gibt es ganz viele kleine Pappmarker, die man immer mal wieder auf die Ortskarten legen muss. Das können dann Personen oder Gegenstände sein – oder einfach nur X‑Marker, die somit diese Orte für eine bestimmte Zeit sperren.
Noch deutlicher ist diese zusätzliche Erzählkompetenz aber durch komplett unterschiedliche Handlungsstränge. Bei den anderen beiden Abenteuern hatte ich das Gefühl, dass die Geschichte doch recht linear verläuft und man lediglich den einen Schlenker mehr oder weniger erlebt. Das ist nun bei der VULKANINSEL anders. Denn spätestens beim letzten der vier Kapiteln geht der Erzählstrang komplett auseinander. Das hat die Konsequenz, dass nicht alle Ortskarten benötigt werden und manche noch jungfräulich in der Schachtel liegen bleiben. Aber auch schon vorher gibt es parallele Handlungen. So ist der Reiz nun wesentlich ausgeprägter, das Abenteuer nochmals von vorne zu beginnen und sich an der ein oder anderen Stelle anders zu entscheiden. Allerdings bin ich der Meinung, dass die Geschichte als solches zu lang geworden ist. Je länger das Abenteuer andauerte, um so mehr stellte sich bei uns das Gefühl ein, dass es doch bitte bald zu Ende gehen sollte. Mich hat zumindest der aufgebaute Spannungsbogen am Ende nicht wirklich abgeholt und ich hätte nichts dagegen gehabt, wenn wir effektiv 60 Minuten weniger gespielt hätten. So haben wir für jedes der vier Kapitel etwa 75 Minuten benötigt. Die ersten beiden haben wir an einem Tag gespielt, die anderen beiden an den Folgetagen. Das hat ganz gut geklappt – eine längere Pause dazwischen wäre aber vielleicht schwierig geworden.
Dabei haben wir das Glück gehabt, dass kurz vor unserer Reise auf die Vulkaninsel vom KOSMOS Verlag die Meldung kam, dass in der Erstauflage ein Fehler vorliegt. Dafür gibt es nun ein Update, dass die entstehende Sackgasse verhindern soll. Die sofort aktualisierte App hatte diesen Fehler zwar immer noch, aber zumindest waren wir nun dafür sensibilisiert. Die Verwendung der App empfehle ich immer noch – nun allerdings nicht mehr ganz vorbehaltlos. Denn bei uns waren da noch ein paar Fehler enthalten. Am nervigsten fand ich, dass teilweise der Text nicht vollständig hinterlegt war. Ich höre zwar gerne dem guten Sprecher zu, lese aber meist parallel auch den Text dazu, was nun aber nicht immer möglich war. So hatten wir doch zur Sicherheit immer auch das Abenteuerbuch in Benutzung. Die Hilfen in dem anderen Buch haben wir auch das ein oder andere Mal benutzt. Uns haben sie immer weitergeholfen, aber manchmal waren sie mir nicht eindeutig genug. Wenn man diese schon meint benutzen zu müssen, dann will man auch direkt die Lösung erfahren und nicht etwas schwammig umschrieben zu bekommen. Hier wäre vielleicht so ein System wie bei den EXIT-Spielen hilfreich. Ein erster Hinweis, der einen die Richtung vorgibt und dann eine finale Auflösung, wenn dieser Hinweis nicht weiterhilft.
Insgesamt haben wir uns aber ein weiteres Mal wieder gut unterhalten gefühlt. Für nostalgische Fans der Point-and-Click-Adventures am PC bleibt diese Reihe eine Empfehlung. Allerdings sollte man dabei darauf achten, die richtige Reihenfolge einzuhalten. Denn DIE VULKANINSEL hat doch einige Easter Eggs zu den beiden Vorgängern zu bieten. Die sind zwar nett und spaßig – aber eben auch nur, wenn man vorher diese anderen beiden Spiele auch gespielt hat. Deswegen wäre eine Art Nummerierung hilfreich. Neben den Easter Eggs sind übrigens auch einige schöne weitere Anspielungen auf die Popkultur vorhanden, die uns einige Lacher entlockt haben. Kurzum: die bekannten Schwächen bleiben vorhanden – wer diese aber aushält, darf eine weitere spannende Geschichte erleben.
Insgesamt habe ich das Gefühl, dass man mit der VULKANINSEL vielleicht sogar etwas überambitioniert war. Das ganze Spiel ist ziemlich komplex geworden und uns fehlte dabei die Leichtigkeit. Trotzdem bin ich gespannt, wie die Reihe weitergehen wird.


Mittlerweile hat der KOSMOS Verlag sogar noch etwas mehr nachgesteuert und bietet nun für DIE VULKANINSEL einen sogenannten "Walkthrough" an. Das ist ein über 20seitiges pdf-dokument, bei dem recht detailliert ein möglicher Lösungsweg aufgezeigt wird. Mal schauen, ob ich den nochmals nachspiele, um festzustellen, was ich so übersehen habe.
Flügelschlag Europa-Erweiterung von Elizabeth Hargrave – erschienen bei Feuerland Spiele
Nun sind also alle Vögel da – zumindest die, die wir als Kenner des deutschen Liedguts so sehr vermisst haben. Aber neben Amsel, Drossel, Fink und Star ist noch viel mehr heimisches (europäisches) Federvolk vorhanden, so dass wir ganz schön lange an einer FLÜGELSCHLAG-Vogelhochzeit zu singen hätten.
81 neue Vögel bereichern mit dieser Erweiterung nun das Basis-Spiel. Da diese in die schon vorhandene Auswahl eingemischt werden, wird man aber vielleicht nur einen Bruchteil davon in einer Partie antreffen. Das ist schade, bieten diese doch teilweise sehr interessante neue Funktionen. Da sind z.B. die Vogelkarten, die nun eine petrol-farbene Aktion nach sich ziehen. Diese kommt immer zum Runden-Ende zum Einsatz und erlaubt ganz neue Taktiken. Gut gefallen mir auch die Vögel, die man um 90° gedreht ausspielt, so dass man schneller die lukrativeren Aktionsboni erhält.
Neben neuen Automata-Karten für das Solo-Spiel fallen einem auch noch die fünf neuen Zielplättchen auf. Die machen die Zwischenwertungen in meinen Augen etwas einfacher, aber damit auch umkämpfter. Die zusätzliche Aufbewahrungsbox hätte ich nicht gebraucht, denn noch bekomme ich gerade so alle Karten in die Box des Grundspiels. Aber es sollen neue Erweiterungen erscheinen, vielleicht kann dann bei diesen auf dieses zusätzliche Plastik verzichtet werden. Die neuen Karten fühlen sich übrigens unwesentlich anders an als die bisherigen, was aber zu keiner Zeit im Spiel relevant ist.
Auch wenn nun eine neue Farbe für die Eier im Spiel ist (was haben wie alle violett vermisst), hat die Farbgebung immer noch keine wirkliche Funktion, die über das Deko-Element hinaus geht. Wer also der Meinung ist, dass die Farbe der Eier beim Spielen zu berücksichtigen sei, der muss sich weiterhin gedulden. Aber es gibt bekanntlich noch weitere Kontinente und wer weiß, was zukünftige Erweiterungen für Veränderungen bringen. Der "alte" Kontinent belässt es bei nur kleinen Änderungen, so dass FLÜGELSCHLAG das bekannte Kennerspielniveau besitzt.
Somit ändert sich trotz einiger neuer Funktionen das Spielgefühl von FLÜGELSCHLAG kaum. Es bleibt der wunderschön gestaltete Engine-Builder, bei dem man auf die richtigen Kombination hofft. Somit kann ich nicht behaupten, dass man die FLÜGELSCHLAG EUROPA-ERWEITERUNG wirklich benötigt. Ich besitze sie nun aber und so freue ich mich über Eichelhäher, Zilpzalp und Bachstelze.




Ich bedanke mich bei KOSMOS für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars sowie bei Feuerland für die Möglichkeit, das Spiel zu einem vergünstigten Preis zu erwerben. Ich bin mir sicher, dass durch diese Bereitstellung meine Meinung nicht beeinflusst wurde. Die Besprechung spiegelt meine gemachte Erfahrung wider.
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