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Speed-Dating: Die verlorenen Ruinen von Arnak, Everdell, CloudAge und Bonfire

Speed-Dating - 21-06 quadrat

In mei­nen bis­he­ri­gen Speed-Datings ging es haupt­säch­lich um klei­ne­re Spie­le und Erwei­te­run­gen. Die kann man schnell erklä­ren, das passt gut zusam­men. Aber ist das nicht unfair gegen­über den Schwer­ge­wich­ten? Wol­len die nicht auch ins Ram­pen­licht? Müs­sen die­se sich etwa wegen ihrer aus­ufern­den Maße schä­men? Kann ich das wirk­lich mit mei­nem Gewis­sen ver­ein­ba­ren, wo ich doch auch Far­be zu Tole­ranz beken­ne? Und müs­sen die­se Ein­zel­gän­ger, die alle auch solo spiel­bar sind, nicht mal raus unter Leu­te? Des­we­gen gibt es heu­te eine Son­der­aus­ga­be für die etwas üppi­ger aus­ge­stat­te­ten Spie­le – also eine Art Big Size Dating. So stel­len sich heu­te DIE VERLORENEN RUINEN VON ARNAK vor, ein EVERDELL will sei­ne Rei­ze zei­gen, CLOUDAGE ver­spricht ein luf­ti­ges Erleb­nis und BONFIRE will uns erleuchten. 

Die verlorenen Ruinen von Arnak von Mín und Elwen – erschienen bei Czech Games Edition (bzw. HeidelBär Games)

Die verlorenen Ruinen von Arnak - Box
Foto: Hei­del­BÄR Games

DIE VERLORENEN RUINEN VON ARNAK ist ein inter­es­san­ter Mecha­nis­men-Cock­tail: als Basis fun­giert ein Kar­ten­ma­nag­ment per Deck­buil­ding, im Spiel­ver­lauf müs­sen dann in bes­ter Worker-Pla­ce­ment-Manier Akti­ons­or­te besetzt wer­den und zusätz­lich schrei­tet man auf einer Ent­wick­lungs­leis­te fort, um damit am Ende mas­sig Punk­te zu machen. Wobei, das nur auf den ers­ten Blick so zu sein scheint. Denn es gibt durch­aus unter­schied­li­che Wege, um spä­ter den Sieg­punkt-Sieg ein­fah­ren zu kön­nen. Somit ist DIE VERLORENEN RUINEN VON ARNAK ein klas­si­sches Euro­spiel mit auf­ge­setz­tem The­ma und auf­ge­motz­tem Mate­ri­al – und so etwas mag ich bekannt­lich gerne.

DIE VERLORENEN RUINEN VON ARNAK mixen also fröh­lich vie­le bekann­te Ele­men­te zusam­men. Aller­dings ist das Ergeb­nis dafür erstaun­lich homo­gen. Alle Hob­by-Spie­len­den fin­den sich sehr schnell rein, weil alles so schön ver­traut ist. Alle ande­ren wer­den sich aber auf­grund der guten Anlei­tung eben­falls schnell zurecht fin­den. Ein­zig die gra­fi­sche Gestal­tung hät­te in mei­nen Augen ger­ne noch etwas kla­rer sein kön­nen. Denn es fällt schon schwer, sich bei die­sem bun­ten Rei­gen zurecht zu fin­den. Alles ist so bunt und unüber­sicht­lich. Zuge­ge­be­ner­ma­ßen passt das aber gut zum The­ma, schließ­lich durch­for­schen wir einen Dschun­gel. Den pas­sen­den Schlapp­hut und die Peit­sche gibt es übri­gens als Gegen­stands-Kar­ten zu kaufen...

Die­se Gegen­stän­de sind wich­tig, da sie uns hel­fen effi­zi­en­ter zu wer­den – und um nicht zu oft ver­flucht zu wer­den. Denn die meis­ten neu ent­deck­ten Orte wer­den von Wäch­tern bewacht, die dann mit Fluch-Kar­ten unser Deck zumül­len. Die Wäch­ter muss man aller­dings nicht wirk­lich bekämp­fen (dann wäre wohl noch ein Kampf-Wür­fel-Mecha­nis­mus inte­griert wor­den), son­dern es reicht aus, die­se mit Gütern wie Geld, Kom­pas­se, Stein­ta­feln, Pfeil­spit­zen oder Rubi­ne zu bestechen. Der Groß­teil die­ser Güter ist übri­gens nicht als Pappplätt­chen vor­han­den, son­dern ist aus Plas­tik. Man­che fin­den das doof, ande­re freu­en sich an der Hap­tik. Mir wäre übri­gens Holz am liebs­ten. Aber eigent­lich stört mich mehr, dass das Mate­ri­al nicht ein­heit­lich, son­dern als Mix vor­han­den ist. Ansons­ten muss man aber das durch­dach­te und wer­ti­ge Mate­ri­al loben – damit spielt man ein­fach gerne.

Das Spiel selbst fes­selt anfangs sehr. Man will unbe­dingt neue Orte und Wäch­ter ent­de­cken und schaut sich auch jede neu ins Spiel kom­men­de Kar­te ganz genau an. Nach­dem sich die­se Anfangs-Eupho­rie gelegt hat, wird einem aber klar, wie mecha­nisch DIE VERLORENEN RUINEN VON ARNAK am Ende doch sind – was über­haupt kein Makel sein muss. Aber mit Erfah­rung geht es eben deut­lich mehr dar­um, wie man vie­le eige­ne Aktio­nen ermög­licht und weni­ger, nun Orte und Wäch­ter zu erfor­schen. Hat man dann das Gefühl, immer das Glei­che zu tun, bie­tet der Spiel­plan glück­li­cher­wei­se einen Twist an. Denn die­ser ist dop­pel­sei­tig bedruckt und zeigt auf der Rück­sei­te eine neue Her­aus­for­de­rung mit anders ange­ord­ne­ten Orten und einer ver­än­der­ten For­schungs-Leis­te. Zusätz­lich ist mitt­ler­wei­le auch schon die ers­te Erwei­te­rung ange­kün­digt. Ohne­hin ist die Arnak-Spie­le­welt ein leben­di­ger Kos­mos, was sich bei­spiels­wei­se auch an der for­mi­da­blen Solo-Kam­pa­gne zeigt.

DIE VERLORENEN RUINEN VON ARNAK sind viel­leicht nicht das inno­va­tivs­te Spiel des Jah­res. Aber es ist abso­lut rund und bedient sich vie­ler Sachen an, die ich an Euro­spie­len mag. Kein Wun­der also, dass mir die­ses Spiel auch gut gefällt.

Die ver­lo­re­nen Rui­nen von Arnak | Mín und Elwen| 30 Minu­ten pro Per­son | 1 bis 4 Per­so­nen | Czech Games Edi­ti­on (bzw. Hei­del­Bär Games)


Everdell von James A. Wilson – erschienen bei Pegasus Spiele

Everdell - Box
Foto: Pega­sus Spiele

Eines vor­weg: EVERDELL ist wun­der­schön! Also wirk­lich, ein so schö­nes Spiel habe ich sel­ten gese­hen. Es ist ein­fach ... ach ... schön!

Mehr aber auch nicht! Denn spie­le­risch hat es mich wenig über­zeugt und das Hand­ling ist ein Graus! Denn so wun­der­schön die­ser gro­ße Papp-Baum auch aus­sieht: er ist total unprak­tisch. Erst­ein­mal muss man den jedes Mal müh­se­lig zusam­men­bau­en und dann dafür auch noch einen Platz am Tisch fin­den, was bei vier Mit­spie­len­den gar nicht so ein­fach ist. Hat man ihn erfolg­reich an den Rand gedrängt, wird er nicht nur mit tol­len klei­nen Holz­fi­gu­ren und über­ra­gend schö­nen Roh­stof­fen bestückt, son­dern auch mit Kar­ten – deren Schrift kein nor­ma­ler Mensch auf eine gewis­se Ent­fer­nung lesen kann. Wir gin­gen am Ende dazu über, die dort lie­gen­den Kar­ten mit dem Smart­phone abzu­fo­to­gra­fie­ren, damit man die­se am eige­nen Platz vor Augen hat­te. Doch auch die Kar­ten­tex­te der ande­ren Kar­ten im Spiel kann man schwer­lich erken­nen. Was man aber tun soll­te. Denn einer­seits soll man sich die­se im Spiel­ver­lauf aus einer offe­nen Aus­la­ge neh­men, ande­rer­seits soll­te man auch wis­sen, was bei den Mit­spie­len­den schon für Kar­ten aus­ge­spielt lie­gen – sei es, um die­se bes­ten­falls selbst nut­zen zu kön­nen oder zumin­dest zu ver­hin­dern, dass dort tol­le Kom­bi­na­tio­nen auf­ge­baut wer­den. Nein, Über­sicht­lich­keit ist etwas anderes.

Doch viel­leicht soll­te ich erst ein­mal einen Schritt zurück gehen. Was machen wir bei EVERDELL? Wie­der ein­mal ist Worker Pla­ce­ment ange­sagt. Wir plat­zie­ren unse­re Figu­ren auf Orte auf dem Spiel­plan oder auf Kar­ten und füh­ren damit eine Akti­on aus. Oder wir spie­len Hand­kar­ten gegen Abga­be von Roh­stof­fen in unse­re Aus­la­ge aus, die aller­dings nur begrenzt Platz hat. Anfangs denkt man sich, wo dar­in ein Pro­blem lie­gen soll, da man in der ers­ten Pha­se kaum etwas aus­spie­len kann. Aber das ändert sich. Zum einen kann man Kar­ten spä­ter umsonst aus­spie­len, wenn man schon das pas­sen­de Gegen­stück bei sich lie­gen hat (7 WONDERS lässt bspw. grü­ßen). Zum ande­ren wer­den die ein­zel­nen Run­den immer län­ger und län­ger, da man pro Spiel­pha­se zusätz­li­che Figu­ren zur Ver­fü­gung gestellt bekommt. Somit ent­steht das Spiel­ge­fühl eines sich zie­hen­den Kau­gum­mis. Anders als bspw. bei FLÜGELSCHLAG, bei dem das Tem­po durch die sich ver­rin­gern­den Akti­ons­mög­lich­kei­ten immer wei­ter anzieht, pas­siert bei EVERDELL das Gegen­teil. Im Extrem­fall been­det eine Per­son schon ihr Spiel, wäh­rend die ande­ren noch mun­ter eine hal­be Stun­de wei­ter­spie­len. In die­ser Zwi­schen­zeit kann man sich aber zumin­dest noch an dem wun­der­schö­nen Mate­ri­al laben...

Eben­falls gefällt mir nicht, dass man schon sehr stark von der anfäng­li­chen Kar­ten­hand abhän­gig ist. Hat man hier Glück und es passt viel zusam­men, dann hat man einen deut­li­chen Start­vor­teil. Natür­lich kann sich das im Lau­fe der Par­tie noch anpas­sen, aber ungleich sind die Vor­aus­set­zun­gen trotz­dem (es sei denn, man führt noch eine anfäng­li­che Draf­ting-Pha­se ein). Aber viel­leicht den­ke ich auch viel zu wett­be­werbs­ori­en­tiert. Ich soll­te wohl eher die wun­der­schö­ne Aus­stat­tung genie­ßen und mich dar­an erfreu­en, wie sich die put­zi­gen Tie­re ihre klei­ne Stadt bau­en. Dass die­se dann am Ende Sieg­punk­te abwirft, wen küm­mert das schon? Denn nicht die Sieg­punk­te sind das The­ma, son­dern die erleb­ten Geschich­ten der Wald­be­woh­ner, was auch opu­lent in der Anlei­tung mit vie­len unter­schied­li­chen Tex­ten behan­delt wird. EVERDELL ist ein Lieb­ha­ber­pro­jekt. Da durf­ten sich die Macher aus­le­ben und konn­ten ganz in ihrer Welt auf­ge­hen. Vie­len scheint die­ses Gesamt­kunst­werk auf­grund des zur Schau gestell­ten Detail­lie­rungs­gra­des auch zu gefal­len. Ich gehö­re nicht dazu.

Ever­dell| James A. Wil­son | 40 bis 80 Minu­ten | 1 bis 4 Per­so­nen | Pega­sus Spiele


CloudAge von Alexander Pfister und Arno Steinwender – erschienen bei Nanox Games (bzw. dlp games)

CloudAge - Box
Foto: dlp games

Auch CLOUDAGE weist ein beson­de­res The­ma aus, was viel­leicht weni­ger uto­pisch ist, als wir uns das alle wün­schen. Die Erde ist aus­ge­trock­net, die Mensch­heit steht unter einer Schre­ckens­herr­schaft. Wir bewe­gen uns als klei­ne unab­hän­gi­ge Grup­pe mit Luft­schif­fen über die Ein­öde und zu ver­ein­zel­ten Städ­ten – immer auf der Suche nach Was­ser und Metall. Spä­ter kön­nen wir dann aber dafür sor­gen, dass wie­der die ein oder ande­re Pflan­ze den tris­ten Spiel­plan schmückt. Aller­dings wird unser Enga­ge­ment von der Wol­ken­miliz nicht so ger­ne gese­hen, wes­we­gen wir auch noch den ein oder ande­ren Kampf erleben.

Das alles ist von den bei­den Autoren in ein über­ra­schend schnel­les Ken­ner­spiel gepackt wor­den. Nach und nach ver­bes­sern wir dabei die Fähig­kei­ten unse­rer Luft­schif­fe und spie­len Pro­jekt­kar­ten aus, die ganz ent­fernt an TERRAFORMING MARS erin­nern – wahr­schein­lich des­we­gen, weil dar­über ein klei­ner Engi­ne Buil­der ent­steht. Die Haupt­me­cha­nik ist aber eine ande­re, denn es wird mal wie­der Deck­bau betrie­ben. Aller­dings weist CLOUDAGE noch mit einem gro­ßen Clou auf: die neu zu erwer­ben­den Kar­ten wer­den zu Beginn in Kar­ten­hül­len gesteckt. Die haben die Beson­der­heit, dass dort Wol­ken abge­bil­det sind, die dann Tei­le der Kar­ten­ab­bil­dun­gen ver­de­cken. Das ist des­we­gen span­nend, weil bei dem Aus­wahl­pro­zess der Kar­te alle Mit­spie­len­den an den dort abge­bil­de­ten Roh­stof­fen par­ti­zi­pie­ren. Wie viel man aller­dings wirk­lich von dem jewei­li­gen Roh­stoff bekommt, kann man nur erahnen.

Dabei spielt sich CLOUDAGE recht strin­gent – sogar etwas zu sehr, so dass bei mir nach einer anfäng­li­chen Begeis­te­rung rela­tiv schnell die Luft drau­ßen war. Alle Par­tien haben sich irgend­wie gleich ange­fühlt. Man muss schon enor­mes Pech oder sich doof ange­stellt haben, wenn man die stän­di­gen Kämp­fe ver­liert. Da die­se über die Spiel­ge­schwin­dig­keit bestim­men, spielt man effek­tiv eine fes­te Run­den­an­zahl – auch wenn die Regel das eigent­lich offen lässt. So ver­sucht man nun in der kur­zen Zeit das Opti­mum aus sei­nen Hand­kar­ten zu machen. Das macht Spaß und for­dert auch, aber es fehlt bei mir ein wenig die Langzeitmotivation. 

Die hat­te ich mir eigent­lich von der bei­gefüg­ten Kam­pa­gne erhofft, da mich eine sol­che bspw. bei MARACAIBO doch ziem­lich gut abge­holt hat. Aber bei CLOUDAGE pas­siert auch hier zu wenig Neu­es. Es kom­men ein paar zusätz­li­che Kar­ten und Plätt­chen ins Spiel, aber das Spiel­ge­sche­hen als sol­ches änder­te sich zu wenig. Hier hät­te ger­ne mehr pas­sie­ren dür­fen. Trotz­dem ist eine sol­che Kam­pa­gne natür­lich toll, weil die­se zumin­dest eine klei­ne Geschich­te erzählt. Da erwar­te ich auch kei­ne lite­ra­ri­schen Best­sel­ler-Qua­li­tä­ten, mir reicht es schon, wenn man­che Bil­der im Kopf ent­ste­hen können.

CLOUDAGE ist somit in mei­nen Augen ein soli­des Ken­ner­spiel. Alles passt, alles funk­tio­niert, aber mit fehlt das emo­tio­na­li­sie­ren­de Etwas. Der Mecha­nis­mus mit den Kar­ten­hül­len ist klas­se und den könn­te ich mir noch in dem ein oder ande­ren Fami­li­en­spiel vor­stel­len, in dem die­ser dann mehr im Mit­tel­punkt steht und noch mehr Emo­tio­nen aus den Mit­spie­len­den her­aus­kit­zelt. Bis dahin ist dann hof­fent­lich auch eine Mög­lich­keit gefun­den, die Auf­kle­ber für die Hül­len ver­nünf­tig in die Spiel­box ein­zu­pa­cken. Denn bei mei­nem Exem­plar waren die­se beim Aus­pa­cken schon ziem­lich zer­knit­tert, was das fol­gen­de Bekle­ben der Hül­len zu einer Straf­ar­beit wer­den ließ. Aber ich gehe davon aus, dass die Betei­lig­ten dar­aus gelernt haben. Man darf näm­lich nicht ver­ges­sen, dass CLOUDAGE das gelun­ge­ne Erst­lings­werk des Ver­la­ges ist. Viel­leicht hät­te eine erfah­re­ne­re Redak­ti­on hier noch etwas mehr her­aus­kit­zeln kön­nen, aber auch das Gebo­te­ne bie­tet ins­be­son­de­re am Anfang Freu­de am Entdecken.

Clou­dA­ge | Alex­an­der Pfis­ter und Arno Stein­wen­der | 60 bis 100 Minu­ten | 1 bis 4 Per­so­nen | Nan­ox Games (bzw. dlp games)


Bonfire von Stefan Feld – erschienen bei H@ll Games

Bonfire - Box
Foto: Pega­sus Spiele

Von zu wenig redak­tio­nel­len Schliff darf man bei BONFIRE nicht aus­ge­hen. Es gibt auch kei­ne Anzei­chen dafür, denn BONFIRE ist als Gesamt­pa­ket rich­tig schön rund: ver­ständ­li­che Anlei­tung, tol­le Aus­stat­tung, span­nen­de gra­fi­sche Gestal­tung und eine bun­te Mischung aus ver­schie­de­nen Mecha­nis­men. Das alles ergibt ein Spiel, das bei mir vor allem ein Man­ko auf­weist: es ist zu schnell vor­bei! Oft­mals ist es bei Exper­ten­spie­len (und als sol­ches wür­de ich BONFIRE ein­ord­nen) anders her­um, aber bei die­sem Spiel wür­de ich mir ger­ne noch die ein oder ande­re Extra­run­de wün­schen. Dann stün­de viel­leicht auch der Auf­bau­auf­wand in bes­se­rer Rela­ti­on zum Spiel­spaß. Ich über­trei­be nun maß­los, aber gefühlt braucht man für das gan­ze Vor­sor­tie­ren und Anord­nen des üppi­gen Mate­ri­als genau­so lan­ge wie für das Spiel selbst.

Hin­zu kommt noch ein wei­te­rer Kri­tik­punkt. Der eigent­li­che Kern­me­cha­nis­mus ist span­nend, kommt aller­dings zu ver­steckt daher. Für alle Aktio­nen, die ich aus dem Pot­pour­ri der Mög­lich­kei­ten aus­wäh­le, muss ich klei­ne Papp­mar­ker aus­ge­ben. An die­se gelangt man, in dem man vor­her läng­li­che Papp­strei­fen cle­ver anein­an­der puz­zelt. Bil­det man dabei gleich­far­bi­ge Flä­chen, bekommt man auch mehr ent­spre­chen­de Mar­ker. Und natür­lich bekommt man auch noch Boni, wenn man am Rand des mög­li­chen Ras­ters puz­zelt. Zusätz­lich habe ich dabei aber nur zwei Strei­fen zur Aus­wahl. Die­se kom­men zumin­dest nicht zufäl­lig daher, son­dern lie­gen offen aus und dem­entspre­chend kann man vor­pla­nen. Das soll­te doch eigent­lich für ein kna­cki­ges Ken­ner­spiel aus­rei­chen, oder? Aller­dings ist das nur der Motor, für das eigent­li­che Spiel. Denn über die so gene­rier­ten Mar­ker kann man nun die eigent­li­chen Aktio­nen frei­schal­ten: man kann mit dem Schiff fah­ren, Tem­pel­pries­te­rin­nen ein­sam­meln, Opfer­ga­ben able­gen, hilf­rei­che Gno­me anheu­ern, das titel­ge­ben­de Bon­fi­re ver­schie­ben, Tem­pel­gän­ge frei­schal­ten und, und, und...

Ja, BONFIRE ist kom­plex und ver­schnör­kelt. Aber durch­aus noch auf eine Art, die beherrsch­bar ist, wenn man sich an sol­che Gewichts­klas­sen her­an traut. Gro­ßer Plus­punkt ist die hel­fen­de Gestal­tung von Den­nis Lohau­sen, die vie­les neben­bei erklärt und eine rie­si­ge Hil­fe im gan­zen Wirr­warr der Mög­lich­kei­ten dar­stellt. Man fühlt sich also gut mit­ge­nom­men und erfreut sich an der gro­ßen Frei­heit, sich auf die ein oder ande­re Sache spe­zia­li­sie­ren zu kön­nen. Damit las­sen sich auch toll ver­schie­de­ne Stra­te­gien erfor­schen, weil es natür­lich mehr als nur einen Weg zum Sieg gibt. 

Über all die­sen Wegen schwebt aber ein gewis­ser Zeit­druck. Denn gefühlt steht immer eine Per­son dau­er­haft auf dem Gas­pe­dal und macht Druck. Statt in Ruhe genie­ßen zu kön­nen, wie die­ser und jener Plan lang­sam sei­ne Früch­te treibt, treibt einen das Spiel zur Eile an. BONFIRE ist meist deut­lich schnel­ler vor­bei, als einem das lieb ist. Ganz sel­ten hat­te ich das woh­li­ge Gefühl, all das geschafft zu haben, was ich mir so vor­ge­nom­men habe. Des­we­gen füh­le ich mich oft­mals bei BONFIRE gestresst – und das ist nicht das schöns­te Gefühl bei einem Spiel. In der Sum­me ist es mir des­we­gen ein biss­chen zu über­dreht. Einer­seits was die vie­len Mecha­nis­men betrifft, ande­rer­seits was den Zeit­druck angeht. Mir per­sön­lich wäre die Reduk­ti­on auf weni­ger Mög­lich­kei­ten lie­ber gewe­sen, viel­leicht könn­te ich dann die vor­han­de­ne Spiel­tie­fe auch bes­ser genießen.

Bon­fi­re | Ste­fan Feld | 60 bis 90 Minu­ten | 1 bis 4 Per­so­nen | H@ll Games


Hin­weis: für die Bespre­chung von BONFIRE wur­de vom Ver­lag ein Rezen­si­ons­exem­plar zur Ver­fü­gung gestellt

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