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Speed-Dating: Kites, Quicksand, Eine Tulpe für Dich und Schätz it – if you can!

Speed-Dating-04-24

Am heu­ti­gen Oster­sonn­tag flu­ten wahr­schein­lich vie­le Bei­trä­ge das Netz, wel­che die opti­ma­le Eig­nung von Spie­len als Bei­fang für das Oster­nest bewer­ten. Mei­ne heu­ti­gen Speed-Dating-Kan­di­da­ten bie­ten sich dies­be­züg­lich zumin­dest the­ma­tisch wenig an. KITES und QUICKSAND wären eher etwas für die anste­hen­den Herbst­stür­me, SCHÄTZ IT IF YOU CAN eher ein pas­sen­des Rah­men­pa­ket für die nächs­te ame­ri­ka­ni­sche Prä­si­dent­schafts­wahl. Ein­zig EINE TULPE FÜR DICH kann durch bun­te Tul­pen­pracht punk­ten, auch wenn aktu­ell eher Oster­glo­cken ange­bracht wer­den – und ohne­hin wer­den hier beim Dating Rosen verteilt...

Kites von Kevin Hamano – erschienen bei HUCH!

Kites - Box
Bild: HUCH!

Da ich frü­her im Eng­lisch-Unter­richt nicht immer opti­mal auf­ge­passt habe, ist mir der Begriff „Kite“ das ers­te Mal bewusst im Zusam­men­hang mit Kitesur­fen über den Weg gelau­fen. Gut so, denn ansons­ten hät­te ich mir unter KITES nichts vor­stel­len kön­nen. Das wäre aber scha­de gewe­sen, denn das Spiel trans­por­tiert erstaun­lich gut das unge­wöhn­li­che The­ma: Wir müs­sen ver­su­chen, unse­re Dra­chen am Him­mel zu hal­ten. Schnell kom­men dabei Bil­der aus mei­ner Kind­heit in den Kopf, wie ich mit einer Freun­din stun­den­lang einen Hügel her­un­ter­ge­rannt bin, damit der selbst gebau­te (und viel zu schwe­re) Papier­dra­chen ansatz­wei­se in die Lüf­te stei­gen konn­te – um dann immer wie­der post­wen­dend abzu­stür­zen. Ganz so anstren­gend ist KITES nicht, auch wenn unser Puls regel­mä­ßig hoch­ge­trie­ben wird.

Denn KITES ist ein Echt­zeit­spiel. Dabei müs­sen wir aber nicht etwa einen Bla­se­balg benut­zen, son­dern Sand­uh­ren am Lau­fen hal­ten. Sechs die­ser Bies­ter war­ten auf uns, alle in unter­schied­li­chen Far­ben und auch mit unter­schied­li­chen Lauf­zei­ten. Wäh­rend die lila­far­be­ne etwa 2 Minu­ten benö­tigt (und somit durch­aus auch zum Eier kochen benutzt wer­den könn­te), braucht die rote Sand­uhr nur etwa 30 Sekun­den, um ein­mal den Sand kom­plett durch­rau­schen zu las­sen. Das wol­len wir aber tun­lichst ver­mei­den. Denn unser obers­tes Ziel lau­tet: nie­mals den obe­ren Teil einer Sand­uhr leer wer­den zu las­sen. Dem­entspre­chend müs­sen die Sand­uh­ren recht­zei­tig umge­dreht wer­den. Damit wir das tun dür­fen, müs­sen wir pas­sen­de Kar­ten aus­spie­len. Die­se zei­gen manch­mal nur eine Far­be, wesent­lich öfter aber zwei Far­ben. Und intui­tiv ist klar, was wir nun zu tun haben. Lege ich eine gel­be Kar­te ab, dre­he ich im Anschluss die gel­be Sand­uhr um. Aller­dings kommt erschwe­rend hin­zu, dass wir nur eine begrenz­te Aus­wahl von Kar­ten auf der Hand haben und nicht immer ist dort die Far­be dabei, die wir benö­ti­gen. Da hilft kein Jam­mern, wir müs­sen eine Kar­te spie­len und dann beim Nach­zie­hen auf eine bes­se­re Kar­te hoffen.

Außer­dem sind wir nicht auf uns allei­ne gestellt. Denn in KITES spie­len wir zusam­men gegen die dro­hen­den Dra­chen­ab­stür­ze. Wir dür­fen – und soll­ten – uns abspre­chen. Wer hat noch Gelb auf der Hand? Soll ich nun die blaue Sand­uhr umdre­hen, weil jemand nach mir eben­falls blau spie­len kann? Und ver­damm­te Axt, wir müs­sen ganz schnell die wei­ße Sand­uhr umdre­hen! Die­se besitzt ohne­hin einen Son­der­sta­tus, da auf den Kar­ten die­se Far­be nicht auf­taucht. Um die wei­ße Sand­uhr umdre­hen zu kön­nen, kann ich jede Kar­te spie­len, die ledig­lich eine Far­be zeigt. Und am Ende, wenn kei­ne Kar­ten mehr nach­ge­zo­gen wer­den kön­nen, darf ich die wei­ße Sand­uhr gar nicht mehr umdre­hen. Hier ist also Stress pur ange­sagt. Schaf­fen wir es, alle Kar­ten aus­zu­spie­len, ohne dass eine Sand­uhr in der Zwi­schen­zeit abge­lau­fen ist, haben wir das Spiel besiegt. Wenn uns das zu ein­fach erscheint, dann kön­nen wir noch Her­aus­for­de­rungs­kar­ten mit dazu neh­men. Dann dür­fen wir bei­spiels­wei­se zwi­schen­zeit­lich nicht mehr mit­ein­an­der reden oder müs­sen plötz­lich Kar­ten nach links weitergeben.

Ähn­lich wie bei HANABI bezieht KITES sei­ne Span­nung aus der Her­aus­for­de­rung, das Spiel besie­gen zu wol­len – was vor allem als grö­ße­re Grup­pen gar nicht so ein­fach ist. Wir benö­ti­gen schon eine gewis­se Hart­nä­ckig­keit, um uns als Grup­pe ein­zu­groo­ven und vor allem die Fal­len der sich schnell wie­der­ho­len­den Far­ben erfolg­reich zu umge­hen. Hat sich die­ser Erfolg dann ein­ge­stellt, fehlt ein wenig die Pro­gres­si­on, um es wie­der und wie­der ver­su­chen zu wol­len. Punk­ten kann KITES aber über das The­ma und den lie­be­vol­len Illus­tra­tio­nen von Beth Sobel. Dabei wer­den die ange­zeig­ten Far­ben auch über die Dra­chen ange­zeigt, womit wir ein Gefühl für das Gewu­sel am Him­mel bekom­men. Trotz­dem erhält KITES von mir kei­ne (Wind-)Rose. Mei­ne Grup­pen fühl­ten sich zu oft von den unpas­sen­den Kar­ten bestraft und dadurch unnö­tig gehetzt. KITES kann stres­sen – und das traf nicht immer auf Gegenliebe.

Kites | Kevin Hama­no | Beth Sobel | 10 Minu­ten | 2 bis 6 Per­so­nen | HUCH!


Quicksand von Hjalmar Hach und Lorenzo Silva – erschienen bei Horrible Guild

Quicksand - Box 2
Bild: Hor­ri­ble Guild

Auch in QUICKSAND spie­len wir gemein­sam gegen das Spiel und dür­fen dabei die Sand­uh­ren nicht aus­lau­fen las­sen. Wie­der legen wir Kar­ten aus, um die Sand­uh­ren umzu­dre­hen. Und wie­der soll­ten wir uns dabei abspre­chen. Trotz­dem erle­ben wir QUICKSAND deut­lich anders als KITES. Denn bei QUICKSAND bewe­gen sich die Uhren eine Stre­cke ent­lang. Wir haben ein deut­li­ches Ziel vor Augen und erken­nen unse­ren Fort­schritt durch die jewei­li­gen Posi­tio­nen. Ansons­ten ist die Mecha­nik sehr ähn­lich. Bei QUICKSAND gibt nicht die Beschaf­fen­heit der Uhr an, wel­che Kar­te zu spie­len ist, son­dern das Feld auf dem die Uhr steht. Die­se Fel­der besit­zen Far­ben aber auch Sym­bo­le – und eines die­ser Merk­ma­le muss unse­re aus­ge­spiel­te Kar­te anzei­gen. Aller­dings kön­nen wir auch auf das Aus­spie­len von Kar­ten ver­zich­ten und pas­sen, was deut­lich den Stress reduziert.

QUICKSAND for­dert trotz­dem her­aus. In der Box befin­den sich unter­schied­lich schnell lau­fen­de Sand­uh­ren, was durch die Anzahl an Zahn­rä­der auf dem Deckel ange­zeigt wird. Zusätz­lich kön­nen wir eine Stre­cke län­ger oder kür­zer gestal­ten. Die Anlei­tung führt 21 unter­schied­lich schwie­ri­ge Sze­na­ri­en auf und natür­lich wol­len wir die­se nach und nach meis­tern. Und die ulti­ma­ti­ve Her­aus­for­de­rung besteht noch in Form einer schwar­zen, höl­lisch schnel­len Sand­uhr, die als zusätz­li­che klei­ne Erwei­te­rung noch zu erwer­ben ist. 

KITES simu­liert den Stress, die Dra­chen am Him­mel zu hal­ten, wenn der Wind hin und her wech­selt. QUICKSAND hat kein so star­kes The­ma. Das ist etwas scha­de, denn das erleb­te Gefühl hat etwas von einem Tanz. Nicht immer müs­sen wir schnell sein, genau­so oft soll­ten wir auch mal bewusst Pau­sen machen. Den Sand durch­strö­men las­sen, um dann nach dem Wen­den wie­der mehr Zeit zur Ver­fü­gung zu haben. Wir wech­seln wäh­rend unse­res Ritts den Rhyth­mus, wir las­sen uns mal ein wenig trei­ben, um dann wie­der das Tem­po anzu­zie­hen. Die­se im Ver­gleich zu KITES ver­än­der­te Ton­la­ge ist ein Gewinn. Auf­grund der unter­schied­li­chen Sze­na­ri­en stel­len sich frü­her Erfolgs­er­leb­nis­se ein und QUICKSAND wirkt dadurch moti­vie­ren­der – was mit einer Rose aus mei­ner Hand belohnt wird.

Quick­sand | Hjal­mar Hach und Loren­zo Sil­va | Maxi­me Mor­in | 15 Minu­ten | 1 bis 7 Per­so­nen | Hor­ri­ble Guild (im Ver­trieb von Asmodee)


Eine Tulpe für Dich von Sara Perry – erschienen bei TOPP

Eine Tulpe für dich - Box
Bild: frech­ver­lag

War­um fällt es uns in Spie­len so schwer, etwas zu ver­schen­ken? Wahr­schein­lich, weil wir schon viel zu oft erlebt haben, dass ein Geschenk sel­ten selbst­los ist. Und wenn doch, dann wider­spricht das etwas dem Spiel­ziel, dass Spiel gewin­nen zu wol­len. Doch ist Gewin­nen wirk­lich immer das Ein und Alles beim Spie­len? Kön­nen wir uns nicht ein­fach an dem Zusam­men­sein erfreu­en, an der gemein­sa­men Zeit? Sicher­lich, aber die­se Gefüh­le wer­den trotz des zen­tra­len Schen­ken-Aspek­tes bei EINE TULPE FÜR DICH nicht in den Vor­der­grund gestellt. Denn meis­tens wer­den direkt nach einer Akti­on Punk­te ver­teilt. Punk­te hier­für, Punk­te dafür. Und wenn wir nicht direkt punk­ten, dann berei­ten wir die fina­le Punk­te­ver­ga­be am Ende vor.

Was machen wir in EINE TULPE FÜR DICH? Bin ich an der Rei­he, dann zie­he ich eine Tul­pen­kar­te und kann die­se nun in mei­ne eige­ne Abla­ge spie­len. Oder aber ich ver­schen­ke sie an eine ande­re Per­son. Als drit­te Mög­lich­keit kann ich die Kar­te im offe­nen Markt able­gen oder aber in einem ver­deck­ten Schat­ten-Markt. Wobei Markt der fal­sche Begriff ist, denn die Anlei­tung spricht von einem Tul­pen­fest. Bei uns hat sich aber der Begriff Markt ein­ge­bür­gert, da die­se Aus­la­ge am Spie­len­de für die fina­le Aus­schüt­tung der Sieg­punkt zustän­dig ist. Je nach Kar­ten­men­ge und deren Wer­te wer­den dort ver­schie­de­ne Rän­ge gebil­det, die dann unter­schied­li­che Mul­ti­pli­ka­to­ren bil­den. Die­se Rän­ge sind aber auch schon im Spiel zu beach­ten, weil dar­über die Höhe der Punk­te­bo­ni bestimmt wird, wenn ich eine Kar­te ver­schen­ke oder ander­wei­tig able­ge. Die sind je nach der Anzahl der mit­spie­len­den Per­so­nen unter­schied­lich, so dass wir eigent­lich dau­ernd nach­schau­en müs­sen, wel­cher Wech­sel­kurs denn in der aktu­el­len Par­tie gilt.

So ent­steht ein erstaun­lich mathe­ma­tisch ange­hauch­tes Spiel­ge­fühl. Dau­ernd wird berech­net, wel­che Opti­on für mich wohl die bes­te wäre; kurz- aber auch lang­fris­tig. Aller­dings wird die­se Ent­schei­dung durch ein mecha­ni­sches Detail erschwert: wir müs­sen immer zwei Kar­ten direkt nach­ein­an­der spie­len. Dabei muss ich mich für die ers­te Kar­te für eine Akti­on ent­schei­den und darf dann die­se Akti­on für die zwei­te Kar­te nicht mehr nut­zen. So bin ich im Zwie­spalt. Soll ich die gel­be 3er-Tul­pe nun schon in mei­ne Aus­la­ge spie­len? Dann wür­de ich mich aber ärgern, wenn ich danach die gel­be 4er-Tul­pe zie­he. Genau­so ärge­re ich mich aber auch, wenn ich die gel­be 3er-Tul­pe zu erst ver­schen­ke und danach die für mich wert­lo­se blaue 1er-Tul­pe zie­he. Die hät­te ich ganz sicher lie­ber verschenkt.

Dadurch wird EINE TULPE FÜR DICH ziem­lich von Zufäl­len gelenkt. Die­se Gefühl wird noch am Spie­len­de durch die Aus­wer­tung des Schat­ten­mark­tes ver­stärkt. Dort wer­den zu Spiel­be­ginn schon Kar­ten hin­ein­ge­legt, die­ser Markt kann aber auch noch wäh­rend des Spiels befüllt wer­den. Am Spie­len­de wer­den dar­aus noch fünf Kar­ten zum offe­nen Markt dazu gelegt, so dass sich dort noch ent­schei­dend die Rän­ge ver­än­dern kön­nen. Somit ist das Ende aber nicht wirk­lich plan­bar, auch wenn uns das Spiel das zwi­schen­zeit­lich sug­ge­riert. Ich habe schon Spiel­run­den erlebt, da umfass­te die­ser Schat­ten­markt eine Fül­le von Kar­ten, weil wäh­rend des Spiels ungern Geschen­ke ver­teilt wur­den. Die Bestü­ckung des fina­len Mark­tes ver­kam dann zu einem Glücks­spiel ohne Glei­chen und man frag­te sich, war­um haben wir vor­her über­haupt Kar­ten aus­ge­spielt. Die­se Spiel­wei­se ist sicher­lich extrem. Aber sie kam auch des­we­gen zustan­de, weil die direk­te Punk­te­ver­ga­be als zu kom­pli­ziert ange­se­hen wurde.

Zusätz­lich konn­te durch die­se Spiel­wei­se eine inten­si­ve Anpas­sung der Punk­te­mar­ker wäh­rend der Par­tie ver­mie­den wer­den. So knuf­fig die ein­zel­nen Holz­fi­gu­ren auch sind, im prak­ti­schen Gebrauch ist die Hand­ha­bung der Leis­te ein Ärger­nis. Wer nicht über gra­zi­le Fin­ger ver­fügt, wird es schwer haben, ziel­ge­nau den rich­ti­gen Mar­ker fort­zu­be­we­gen. Schön­heit schlägt lei­der wie­der die Funk­ti­on. Das ist scha­de, denn die stim­mungs­vol­le Gestal­tung von Katy Grier­son, Emi­ly Han­cock und M.G. Pati­ño gefällt mir ansons­ten sehr gut.

EINE TULPE FÜR DICH ist das anspruchs­volls­te Werk der drei aktu­el­len Kar­ten­spie­le von TOPP. Aller­dings ist es in mei­nen Augen lei­der auch das schwächs­te. Der hohe Zufalls­an­teil wider­spricht etwas den viel­fäl­ti­gen Mög­lich­kei­ten zu punk­ten. Hät­ten wir doch nur etwas mehr Kon­trol­le, in dem wir bspw. bei­de Kar­ten gleich­zei­tig zie­hen könn­ten und uns dann ent­schei­den müss­ten. Zusätz­lich wird in mei­nen Augen das Schen­ken zu sehr zu einem berech­nen­den Ele­ment – und das gefällt mir nicht, weil es den Zau­ber des Schen­kens nimmt. Trotz der Ver­lo­ckung des Titels, ver­ge­be ich des­we­gen kei­ne Rose und auch kei­ne Tul­pe an EINE TULPE FÜR DICH.

Eine Tul­pe für Dich | Sara Per­ry | Katy Grier­son, Emi­ly Han­cock und M.G. Pati­ño | 20 Minu­ten | 2 bis 6 Per­so­nen | TOPP (eine Mar­ke des frechverlag)


Schätz it – if you can! von Ralf zur Linde – erschienen im moses. Verlag

Schätz It - Box
Bild: moses. Verlag

Na, gera­de ein Tof­fi­fee im Mund? Schon mal Gedan­ken gemacht, aus was die­ser Happs so besteht? Was ist wohl mehr ent­hal­ten? Zucker oder pflanz­li­che Fet­te? Mager­milch­pul­ver oder Salz? Kei­ne Ahnung, na dann SCHÄTZ IT – IF YOU CAN. Oder wel­ches Wort kommt öfters im Grund­ge­setz vor? Gott oder das Nähe­re? Ihr wisst was jetzt kommt: SCHÄTZ IT- IF YOU CAN.

Die­ses Quiz-Spiel von Ralf zur Lin­de weiß dann zu unter­hal­ten, wenn kein direk­tes Wis­sen mehr vor­han­den ist und wir Fak­ten ein­schät­zen müs­sen. Dabei füh­len wir uns erin­nert an ANNO DOMINI oder für die jün­ge­ren Kali­ber unter uns an HITSTER. Denn auch bei SCHÄTZ IT – IF YOU CAN müs­sen wir unse­re Ant­wort in Rela­ti­on zu bis­he­ri­gen Ant­wor­ten geben. Dabei hel­fen uns far­bi­ge Wür­fel, die wir zuein­an­der anord­nen. Die­se Wür­fel plat­zie­ren wir auf der Spiel­ta­fel, in die wir auch die aktu­el­le Fra­gen-Kar­te für jedes neu ein­zu­ord­nen­de Detail nach unten schie­ben. Dort ist auch ein Über­prü­fungs­feld ange­ord­net, wel­ches aller­dings durch einen Holz­klotz ver­deckt wird. Die­ser wird dann gelüf­tet, wenn die aktu­el­le Rei­hen­fol­ge ange­zwei­felt wird. Denn bevor ich selbst das nächs­te Detail anord­nen muss, kann ich die aktu­el­le Farb­zu­sam­men­set­zung anzwei­feln. Habe ich recht, erhal­te ich einen Zusatz­punkt und die Wür­fel wer­den nun rich­tig ange­ord­net. Habe ich dahin­ge­gen zu Unrecht den Bes­ser­wis­ser gespielt, ver­lie­re ich einen Punkt. Ach ja, zwei Punk­te erhal­te ich übri­gens, wenn mei­ne Ant­wort durch­ge­wun­ken wird oder aber der Über­prü­fung stand­hält. Leicht ver­wirrt mit den Punk­ten? Kei­ne Angst, das geht allen so und dazu wäre eine klei­ne aus­lie­gen­de Spiel­hil­fe hilfreich.

Aller­dings wird die­se kaum ver­misst, weil wir uns bei der Punk­te­ver­ga­be über eine ganz ande­re Sache auf­re­gen: die Punk­te­leis­te am Schach­tel­rand. Dort sol­len wir einen Papp­mar­ker nach vor­ne und manch­mal auch nach hin­ten bewe­gen. Das erzeugt meh­re­re Pro­ble­me. Ers­tens sind sich die Mar­ker so ähn­lich, dass wir uns die­se kaum mer­ken und auch unter­schei­den kön­nen. War ich nun der rosa Bal­lon oder der lila Astro­naut? Eine klas­si­sche Farb­ge­bung war wohl nicht hipp genug. Aller­dings ist die Farb­ge­bung noch das klei­ne­re Pro­blem. Schlim­mer wird es, wenn sich die Mar­ker in den Ecken gegen­sei­tig den Platz weg­neh­men. Und noch schlim­mer wird es, wenn wir SCHÄTZ IT – IF YOU CAN zu oft gespielt haben. Denn dann sind die Schlit­ze der Mar­ker aus­ge­lei­ert und wol­len nicht mehr ihre ange­dach­te Posi­ti­on hal­ten. Spä­tes­tens jetzt wird die Punk­te­an­zei­ge zum Cha­os. Aber ganz ohne Punk­te möch­te ich auch nicht spie­len wol­len, denn ansons­ten wäre das Anzwei­feln fol­gen­los und es wür­de eine gehö­ri­ge Por­ti­on Thrill feh­len. Mitt­ler­wei­le hat das unver­meid­li­che Feed­back zu die­sem Faux­pas den Ver­lag bewo­gen, die zukünf­ti­gen Auf­la­gen zu ver­än­dern. Nun wer­den zukünf­tig ganz klas­sisch schnö­de Punk­te­mar­ker ver­teilt. Wie so oft dür­fen Ele­men­te ger­ne etwas weni­ger sty­lisch sein, wenn sie dafür bes­ser zu hand­ha­ben sind.

Quiz­spie­le leben in ers­ter Linie von der Qua­li­tät der Fra­gen – und die ist bei SCHÄTZ IT – IF YOU CAN erfreu­lich hoch. Dabei ist es von Vor­teil, dass die Fra­gen in vier unter­schied­li­che Schwie­rig­keits­stu­fen ein­ge­ord­net sind. Bei den ein­fa­chen gibt es man­che Fra­gen, bei denen noch zu oft das Wis­sen ent­schei­den kann. Wenn zum Bei­spiel die Har­ry Pot­ter Bän­de in die rich­ti­ge Rei­hen­fol­ge gebracht wer­den müs­sen, dann wis­sen man­che dazu gar nichts uns ande­re lächeln dar­über nur mit­lei­dig. Viel schö­ner sind aber die Fra­gen, wo wir grob etwas wis­sen aber eben nicht genau. Wenn wir bspw. das Gewicht von einer 1-Euro-Mün­ze im Ver­hält­nis zu einem Duplo ein­schät­zen müs­sen. Dann neh­men wir ima­gi­när die eine Sache in die lin­ke und die ande­re Sache in die rech­te Hand und ver­su­chen die­se dann gegen­ein­an­der abzu­wä­gen. Das ist natür­lich absurd, aber trotz­dem glau­ben wir, dass wir uns dann bes­ser das Gewicht vor­stel­len kön­nen. Auch in der schwe­ren Kate­go­rie geht manch­mal jeg­li­ches Gefühl für eine Fra­ge ver­lo­ren, aber vor allem bei den mitt­le­ren Schwie­rig­kei­ten sind die Fra­gen abwechs­lungs­reich und regen zur Dis­kus­si­on an.

Das ist übri­gens ein oft zu beob­ach­ten­des Phä­no­men. Am liebs­ten wür­den wir schon wäh­rend der Run­de jede Ant­wort aus­gie­big kom­men­tie­ren. Soll­ten wir natür­lich nicht machen, da wir gegen­ein­an­der um Punk­te quiz­zen. Doch spä­tes­tens bei der nächs­ten Über­prü­fung wer­den die aktu­el­len Ant­wor­ten bes­ser­wis­se­risch kom­men­tiert. Dann drängt sich ein wenig das Gefühl auf, dass SCHÄTZ IT – IF YOU CAN viel­leicht bes­ser als koope­ra­ti­ves Quiz­spiel kon­zi­piert wor­den wäre. Die­ses Gefühl ent­steht auch in grö­ße­ren Grup­pen, wenn wir viel­leicht nur zwei­mal unse­ren Senf abge­ben dür­fen. Ger­ne wären wir akti­ver. Denn SCHÄTZ IT – IF YOU CAN lädt ein, mit dem eige­nen ver­meint­li­chen Wis­sen glän­zen zu wol­len. Und wenn ich die rich­ti­ge Zuord­nung nicht weiß, dann kann ich immer noch bluf­fen. Mit gro­ßer Selbst­si­cher­heit lege ich dann den Wür­fel an die Stel­le, von der ich in mei­nem Inne­ren aber über­haupt nicht über­zeugt bin. Doch die­se Zwei­fel müs­sen die ande­ren ja nicht mer­ken. Manch­mal kom­me ich damit durch, manch­mal auch nicht. Schön ist aber, dass ich die­se Bluff-Mög­lich­keit habe. Und somit ist SCHÄTZ IT – IF YOU CAN ein ech­tes Quiz-High­light, was somit von mir auch eine Rose über­reicht bekommt.

Schätz it – if you can! | Ralf zur Lin­de | crosscrea­ti­ve | 20 bis 40 Minu­ten | 2 bis 5 Per­so­nen | moses. Verlag


Hin­weis: für die Bespre­chung wur­den von den Ver­la­gen Rezen­si­ons­exem­pla­re zur Ver­fü­gung gestellt

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