Lange habe ich nach Gemeinsamkeiten der besprochenen Spiele gesucht, um daraus eine halbwegs sinnige Einleitung zu basteln. So habe ich krampfhaft versucht, etwas mit dieser Nummer aus THE NUMBER und LUCKY NUMBERS zu machen. Oder aber etwas mit dem "The", welches sich auch in THE CHOICE wiederfindet. Dabei habe ich ein Kriterium vergessen, was auf alle vier Spiele zutrifft und eigentlich prädestiniert für ein Speed-Dating ist: aller vier Spiele sind in etwa 20 Minuten gespielt. Wobei das bei GET IT! relativ ist. Aber darauf gehe ich später noch genauer ein – genau wie auf die Frage, welches Spiel denn eine heiß ersehnte Rose erhält.
The Number von Hisashi Hayashi – erschienen bei Repos Production
Ich rühme mich gerne damit, ein Faible für Zahlen zu haben. Schon in der Schule war Mathematik eines meiner Lieblingsfächer und dabei half es mir ungemein, dass ich einfach gefühlt habe, ob eine Antwort falsch oder richtig war. Dieses besondere Gefühl hätte ich gerne während meiner Zeit als Nachhilfelehrer weitergegeben. Allerdings habe ich schnell lernen müssen, dass dies ein besonderes Talent ist, was man nicht so ohne weiteres erlernen kann.
Allerdings hilft mir dieses Talent bei THE NUMBER wider Erwarten überhaupt nicht. Denn bei diesem Spiel geht es nicht um Rechenoperationen, sondern um Psychologie. Wieder einmal dreht sich alles um die bekannte Situation: ich denke, dass du denkst, dass ich denke, dass…
In THE NUMBER schreiben wir alle eine dreistellige Zahl auf. Dabei dürfen sich die einzelnen Ziffern gerne wiederholen. Ohnehin bestehen in der ersten Runde keine Einschränkungen. Erst in den folgenden Runden stehen uns die Ziffern nicht mehr zur Verfügung, die wir in den Vorgänger-Runden bei einer erfolgreichen Wertung benutzt haben.
Wertung? Ja, genau. Nachdem alle geheim eine dreistellige Zahl auf das eigene Tableau geschrieben haben, zeigen wir diese Zahlen vor. Dann werden diese von größter Zahl nach oben bis kleinste Zahl nach unten sortiert. Allerdings kann es passieren, dass wir dabei einzelne Zahlen aussortieren müssen. Denn wenn eine hohe Zahl eine Ziffer benutzt, die später bei den niedrigen Zahlen ebenfalls auftritt, dann wird diese hohe Zahl aus der aktuellen Wertung genommen.
Die Wertung ist dann ganz einfach: der Punktewert berechnet sich aus der vorderen Ziffer, bspw. die 2, plus einen Bonus für die aktuelle Runde, bspw. +8 in der letzten, fünften Runde. Nach fünf Runden addieren wir alle jeweils unsere Wertungspunkte und erhalten noch einen Bonus für die Anzahl der gewerteten Ziffern. Dann beginnt der ganze Ablauf noch einmal von vorne und nach zwei Durchgängen liegt dann die finale Siegpunktsumme vor.
Wirklich planbar ist dabei am Anfang nichts. Erst gegen Ende des Durchgangs kann ich auf bereits gewertete Ziffern reagieren. Haben alle anderen bspw. schon eine 7 benutzt, dann kann ich darüber sichere Punkte einfahren. Bis es soweit ist, reagiert aber der Zufall – oder doch Menschenkenntnis?
Nicht ohne Grund beschreibt THE NUMBERS sich selbst als Glücksspiel – allerdings auch als Bluffspiel, was ich nicht ganz nachvollziehen kann. Denn im eigentlichen Sinn wird nicht geblufft. Ich kann vielleicht unverfroren mit der 9 anfangen – in der Hoffnung, dass niemand sonst diese Ziffer benutzt – aber das Spiel sieht nicht vor, dass auch über die Zahlen gesprochen wird. Somit kann ich auch nicht bluffen, auch wenn in der gelebten Wirklichkeit meist schon auch etwas Table Talk betrieben wird. Recht schnell setzen sich allerdings Verhaltensweisen durch, die etwas den Spielspaß trüben. Entweder wird nur eine Ziffer dreimal genutzt, weil dann die Wahrscheinlichkeit einer späteren Dopplung kleiner ist. Oder aber, es wird erst eine kleine Ziffer am Anfang benutzt und dann folgen die hohen Ziffern. So werden recht zielsicher die hohen Zahlen aus der Wertung gedrängt.
Gelingt mit diesen dann doch ein Coup, ist die Freude groß. Aber solche emotionalen Highlights sind eher selten. Die ansteigenden Boni erzeugen zwar eine gewisse Spannungskurve, aber zu selten fängt THE NUMBER die Spielenden emotional ein. Insgesamt plätschert THE NUMBER eher ein wenig vor sich hin und es macht sich ein gewisses Gefühl der Belanglosigkeit breit, weil der eigene Einfluss doch eher begrenzt ist und zweimal fünf Runden gefühlt zu lange dauern. Eine Rose erhält THE NUMBER aus diesen Gründen von mir nicht.




The Number | Hisashi Hayashi | Ryo Nyamo | 20 Minuten | 3 bis 5 Personen | Repos Production (im deutschen Vertrieb bei Asmodee)
Lucky Numbers von Michael Schacht – erschienen bei Game Factory
LUCKY NUMBERS ist eine Neuauflage des 2012 erschienenen 5 VOR 12, welches damals Teil der "Einfach spielen"-Reihe von Ravensburger war. Dort war der Name Programm – entsprechend zugänglich ist nun auch LUCKY NUMBERS.
Ziel des Spiels ist es, zuerst alle 16 Felder des eigenen Tableaus mit kleinen Zahlenplättchen zu füllen. Diese ziehen wir nacheinander entweder verdeckt aus der Mitte oder offen aus einer Auswahl von bisher verschmähten Plättchen. Die Ablegeregeln sind dabei ganz einfach: in jeder Reihe und Spalte müssen die Zahlen von oben nach unten bzw. von links nach rechts aufsteigend angeordnet werden. Kann ich die gezogene Zahl nicht direkt in meiner Zahlenfolge einbauen, kann ich sie vielleicht aber regelkonform gegen ein anderes Plättchen tauschen. Wenn nicht, lege ich es zurück in die Mitte, wo es dann das offene Angebot erweitert.
Natürlich spielt bei LUCKY NUMBERS Glück eine wichtige Rolle. Das wird schon durch den Titel deutlich und auch die Gestaltung betont das. Dadurch wird frühzeitig eine Marke gesetzt, an der sich alle orientieren können. Trotzdem lautet der Untertitel nicht ohne Grund auch: Glück will gelernt sein. Denn trotz des Zufalls, wann welche Zahlen auftauchen und wann nicht, fühlen sich unsere Entscheidungen gewichtig an: Will ich lieber schnell das Plättchen legen? Dann schränke ich mich für später aber vielleicht extrem ein, weil nur noch ein Zahlenwert in die Lücke passt. Wenn ich das Plättchen aber ablege, freut sich vielleicht schon meine Nachfolgerin, die genau diese Zahl benötigt.
So sind wir dauernd in der Kürze der Zeit gefordert. Wir jubeln über passende Zahlen und verfluchen Fortuna, wenn nun schon die dritte 19 gezogen wird, wo doch bei mir rechts unten die 18 liegt. Die Regeln sind flott gelernt und auch von jüngeren Kindern schnell verinnerlicht, so dass problemlos ein Generationen übergreifendes Spielen möglich ist.
Kleine Varianten sind auch noch in der Anleitung beschrieben. So können wir mit einem Extrazug belohnt werden, wenn zwei gleiche Zahlenwerte diagonal zueinander liegen. Dieser Extrazug ist deswegen so wertvoll, weil LUCKY NUMBERS im Grund ein Wettrennen ist – was übrigens sofort endet, wenn eine Person ihr Tableau voll hat. Wir haben uns entgegen der Regel angewöhnt, zumindest die laufende Runde noch zu Ende zu spielen, weil wir auch gut mit einem Unentschieden leben können und somit alle gleich oft am Zug waren. Das Solo-Spiel ist dahingegen übrigens eher eine Sammlung von Denksportaufgaben. Ähnlich wie Schachrätsel, muss nun ein korrekt gefülltes Tableaus in einer bestimmten Anzahl von Zügen erzeugt werden.
Die neue Gestaltung von Christine Alcouffe ist eine große Verbesserung im Vergleich zur alten Ravensburger-Auflage. Diese kam damals doch arg nüchtern daher und bot wenig Anreize. Nun ist alles etwas verspielter, ohne das dabei allerdings an Klarheit verloren geht. LUCKY NUMBERS verdient sich seine Rose durch einen leichten Einstieg und eine angemessene Spieltiefe. Somit ist das Spiel auch ein starker Vertreter, um Menschen an den Tisch zu bringen, die mit Brettspielen noch nicht all zu viel Erfahrung haben.




Lucky Numbers | Michael Schacht | Christine Alcouffe | 20 Minuten | 1 bis 4 Personen | Game Factory
The Choice von Reinhard Staupe – erschienen bei KENDi
Vor nicht all zu langer Zeit hat mit KENDI ein neuer Verlag das Licht der Welt erblickt. Die Namensgebung ist dabei Programm: sowohl die Köpfe dahinter wie auch die Erscheinungsform sind bekannt und erinnern doch sehr an NSV. Und auch die ersten drei Spiele erinnern an wage an Spiele aus dem NSV-Portfolio. Zwei davon möchte ich nachfolgend vorstellen.
THE CHOICE ist ein klassisches Roll-and-Write-Spiel. Der Clou liegt darin, dass wir zwei Entscheidungsebenen im Spiel haben. So kann ich einerseits die Zahlen auf den drei Würfeln beachten oder andererseits die Farben. Dabei bin ich recht frei und kann mich bei jedem Würfel für ein Kriterium entscheiden. So kann ich beispielsweise die grüne Seite des einen Würfels benutzen und dann die beiden Zahlen der anderen Würfel. Genutzte Würfel übertrage ich auf meinem Spielplan, der ebenfalls die beiden Kriterien berücksichtigt. Außen verläuft eine Farbgrenze. Wenn ich dort ein erstes Kreuz gemacht habe, dann müssen die anschließenden Markierungen immer angrenzend sein. Noch eingeschränkter bin ich bei den Zahlen im Innenraum. Denn dort wird eine Art Snake gespielt. Ich darf von einem Startpunkt aus nur zu einer benachbarten Zahl wandern. Dabei gibt es nur eine Laufrichtung und ich darf nicht meine bisherige Linie nochmals berühren.
Der Ablauf sieht vor, dass ich als aktive Person alle drei Würfel werfe und dann auch alle drei benutzen muss. Zahlenwerte darf ich dabei auch summieren. Kann ich nicht regelkonform etwas ankreuzen, dann muss ich mir neben möglicher Kreuze zusätzlich auch noch einen Fehlwurf markieren. Auch die Mitspielenden nutzen die Würfel, allerdings müssen nur zwei benutzt werden um der Fehlwurf-Strafe zu entgehen. Nach dem dritten Fehlwurf endet die Partie allerdings noch nicht, sondern wir können dann unseren Spielplan umdrehen – und fangen dort wieder von vorne an. Dieser Neuanfang ist übrigens auch freiwillig möglich. Das Spiel endet erst, wenn auf der Rückseite alle drei Fehlwurf-Kreuze gemacht wurden. Dann werden abschließend Punkte für die Farb- und Zahlenreihen auf beiden Seiten vergeben.
THE CHOICE ist somit ein idealer Name, da wir ständig die Wahl haben: Farbe oder Zahl? Vorderseite oder Rückseite? Soll ich das Spiel schnell machen oder auf ideale Würfe hoffen? Während des ganzen Spieles sind wir in Aktion. Trotz dieses neuen Wähl-Elementes fühlt sich THE CHOICE sehr vertraut an – was Segen und Fluch zugleich ist. Einerseits finde ich mich schnell zurecht und kann sofort in meinen Entscheidungstunnel abtauchen. Andererseits fühlt sich THE CHOICE aber zu wenig neu an. Es erinnert eben doch auch sehr stark an den schon modernen Klassiker QWIXX. Und da ich diesen im Zweifel vorziehen würde, erhält THE CHOICE ganz knapp auch keine Rose.



The Choice | Reinhard Staupe | Oliver und Sandra Freudenreich | 20 Minuten | 2 bis 4 Personen | KENDi
Get It! von Steffen Benndorf – erschienen bei KENDi
Auch GET IT! hat Anleihen zu einem bekannten NSV-Spiel. Denn wie bei THE MIND müssen wir gemeinsam durch abgeworfene Handkarten eine aufsteigende Zahlenreihe in der Mitte bilden. Aber keine Angst, GET IT! fühlt sich ganz anders an, auch wenn in diesem Spiel ebenfalls nicht geredet werden darf.
Trotzdem ist eine gemeinsame Kommunikation nicht nur erlaubt, sondern auch unabdingbar. Im Gegensatz zu THE MIND kenne ich nämlich die Zahlenwerte meiner eigenen Karten nicht. Wie bei HANABI sehe ich immer nur die Rückseite meiner Karten. Allerdings auch die Vorderseiten meiner Mitspielenden – und damit den Großteil der notwendigen Informationen.
Nach und nach sollen wir nun aufsteigend Karten in die Mitte legen. Damit das funktionieren kann, muss ich erst einmal die Karten meiner linken Nachbarin richtig ordnen und diese mit der Rückseite nach oben übergeben. Dann zeigen wir alle unsere erste Karte. Meine Aufgabe ist nun, die Person mit der kleinsten Zahl intensiv anzuschauen. Sollte diese mich ebenfalls anschauen – und alle anderen starren auch zu mir – dann habe ich wohl die Karte mit dem kleinsten Zahlenwert in der Hand und sollte diese schleunigst ablegen. Denn wir spielen gegen eine Sanduhr an und entsprechend dem gewähltem Level müssen wir eine feste Anzahl an Karten als Team meistern.
Mit ansteigenden Leveln nimmt nicht nur die Zahl der auszuspielenden Karten zu, sondern es kommen auch noch Sonderkarten hinzu. Mal muss ich dann die Person anlächeln, mal demonstrativ neben sie schauen. Oder ich darf mir meine Karte ansehen oder auf einmal sogar reden. Da sind schon lustige Ideen umgesetzt.
Ohnehin ist GET IT! eine spaßige Sache! Wir lachen uns an und manchmal auch über uns selbst. Denn viel zu oft stehen wir auf dem Schlauch und merken nicht, dass wir von allen anderen durch intensive Blicke dazu aufgefordert werden, unsere Karte auszuspielen. Nicht alle mögen dabei die Sanduhr, aber ohne diese gäbe es keine Hektik und das Spielprinzip wäre zu einfach zu meistern. Durch die Level können wir aber meist einen guten Kompromiss finden. Schade ist eigentlich nur, dass schon bei Level 6 Schluss ist. Denn oftmals kommt man in einen Sog, der dadurch endet, dass man Level 6 gemeistert hat. Das dauert unterschiedlich lange, aber spätestens nach einer halben Stunde haben die Gruppen dann genug.
Sehr gerne hätten meine Runden noch weitere Herausforderungen gehabt. Aber die Rose hat sich GET IT! trotzdem verdient.



Get It! | Steffen Benndorf | Christian Opperer | 20 Minuten | 3 bis 6 Personen | KENDi
Hinweis: für die Besprechung wurden von den Verlagen Rezensionsexemplare zur Verfügung gestellt
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