unterwegs auf der Spielwarenmesse Nürnberg 2019 – Teil 1
Auch in diesem Jahr war ich wieder auf der Spielwarenmesse in Nürnberg. Wie schon im letzten Jahr, möchte ich nun gerne etwas ausführlicher über einzelne Spiele berichten. Denn schließlich kann im Gegensatz zur SPIEL in Essen nicht jeder Interessierte selbst dorthin fahren, weswegen man anderweitig seine Neugierde befriedigen muss. Ich hoffe, ich kann dabei ein wenig helfen.
Allerdings habe ich mir nicht zum Ziel gesetzt, eine allumfassende Übersicht zu erstellen. Das können andere sicherlich besser (ich verweise mal auf die Brettspielbox und Spiel-doch-mal, allerdings gibt es auch noch ganz viele andere lesenswerte Berichte). Nein, ich bin wieder gnadenlos subjektiv und berichte nur über die Spiele, die mein Interesse geweckt haben. Meist kann man ohnehin nicht all zu viel über die einzelnen Spiele schreiben. Denn im Gegensatz zur SPIEL in Essen werden in Nürnberg meist nur Handmuster oder Vorab-Produktionen ausgestellt. Außerdem ist es in Nürnberg unüblich, die Spiele auch vor Ort spielen zu können. Oftmals werden sie nur regeltechnisch vorgestellt und man kann ein Blick aufs Material werfen. Mit etwas Glück liegt sogar schon ein wenig Spielerfahrung vor und man kann dann noch ein wenig über das Spielgefühl sprechen.
So muss also wieder die Zukunft zeigen, ob meine Ersteinschätzungen sich bewahrheiten oder ob ich völlig daneben liege. Im letzten Jahr war meine Trefferquote ganz gut – aber trotzdem habe ich natürlich auch die ein oder andere interessante Neuheit komplett im Trubel übersehen (bspw. WOODLANDS). Ich bin selbst gespannt, wie ich diesen Bericht in einem Jahr lesen und innerlich bewerten werde.
Eine wichtige Sache vorab noch: wie schon geschrieben, waren viele Spiele lediglich als Handmuster zu betrachten. Deswegen muss man alle gemachten Fotos mit einer gewissen Vorsicht genießen. Hier kann es beim Endprodukt noch zu Änderungen kommen, bzw. die Fotos zeigen nicht die endgültige Qualität der einzelnen Komponenten.
Nürnberger-Spielkarten-Verlag
Wer ein Heimspiel hat, der darf auch beginnen. Außerdem hat man beim Nürnberger-Spielkarten-Verlag glücklicherweise immer die Möglichkeit, tatsächlich schon fertige Neuheiten spielen zu können. Dieses Jahr habe ich dort den Anfang mit OHANAMI gemacht. Das ist das neue Kartenspiel von Steffen Benndorf und hat gewisse Anleihen zu seinem Spiel THE GAME. Allerdings auch nicht zu viele. Denn bei OHANAMI wird nicht kooperativ gespielt, sondern mit einem Drafting-Elementen gegeneinander. Ähnlich ist, dass Kartenreihen mit den Zahlenwerten gebildet werden. Nun darf man aber an beiden Enden einer Reihe neue Karten anlegen und man hat gleich drei Reihen zur Verfügung. Auf den Karten sind verschiedene Symbole abgebildet, die am Spielende unterschiedliche Punkte ergeben. OHANAMI hat mir recht gut gefallen, auch wenn ich die gewählte Thematik als recht beliebig empfinde und ich diesbezüglich lieber etwas peppigeres gesehen hätte.
Ansonsten gibt es mit KNASTER noch eine Fortführung von KNISTER. Nun wird es ein wenig taktischer und damit auch anspruchsvoller, da man aktiv bestimmt, welche Zahlen gewertet werden und welche nicht. Das passt gut in die bestehende Reihe und wird sich sicherlich auch noch intensiver angeschaut (dann aber auch in größerer Gruppe). Ebenfalls für größere Gruppen eignet sich auch TRÄXX, das nun in einer reduzierten Aufmachung (Abreißblock statt abwischbarer Tafeln) daher kommt, womit es kostengünstiger wird und auch besser bspw. in der Schule oder der Betreuung eingesetzt werden kann.
Eine weitere spannende Neuheit ist SILVER & GOLD von Erfolgsautor
Phil Walker-Harding. Auch dieses Spiel trägt seine prägnante Handschrift, was als Qualitätsmerkmal zu deuten ist. Zusätzlich kombiniert es zwei aktuelle Trends: es wird tetrishaft gepuzzelt und es ist in gewisser Weise ein Roll-and-Write-Spiel, da die Tetristeile auf Schatzkarten eingezeichnet werden (die abwischbar sind!). Solche Puzzle-Spiele habe ich in Nürnberg öfters gesehen und SILVER & GOLD hat mich auf den ersten Blick am meisten überzeugt. Zu dumm nur, dass ich aufgrund eines Anschlusstermins in der Hektik vergessen habe, ein halbwegs vernünftiges Foto davon zu machen.
eggertspiele / Plan B Games
Auch im angekündigten ERA von Matt Leacock wird gepuzzelt. Trotz Würfel im Spiel, ist es allerdings kein klassisches Roll-and-Write-Spiel, da hier mit 3D-Figuren eine mittelalterliche Stadt nachgebaut wird. Mir war das auf den ersten Blick etwas zu viel Plastik und teilweise etwas fuddelig. Allerdings machte mich der Mechanismus hellhörig, der mich wage an IM WANDEL DER ZEITEN – DAS WÜRFELSPIEL – BRONZEZEIT erinnert – und das ist keine schlechte Erinnerung!
Vom ebenfalls vor kurzem angekündigten 3. Teil der CENTURY-Reihe (in diesem Fall A NEW WORLD) konnte man noch nichts sehen. Dafür aber vom Verlagsableger Next Move das kleine Kartenspiel 5211. Eines der wenigen Spiele, welches die Kernregeln schon im Spieletitel benennt. Das Ganze ist ein schnelles Kartenspiel um Mehrheiten mit dem ein oder anderen netten Kniff. Hat für mich hohes Absackerpotential!
Zoch
Wo ich schon beim Absackerpotential bin. In dieser Kategorie steckt wohl auch RÜCK'S RAUS von Antonin Boccara. Ein kleines Stichspiel ums Beute machen – mit dem Trick, dass derjenige gewinnt, der die zweitmeiste (!) Beute gemacht hat. Ein Hauen und Stechen sollte garantiert sein.
Als Familienspiel wurde bei Zoch AB DURCH DIE MAUER von Jürgen Adams vorgestellt. Dabei huschen Gespenster durch ein Gemäuer auf der Suche nach Kostümen. Gesteuert werden die Gespenster mittels Magneten, was recht tricky ist, da auch noch der gesamte Spielplan gedreht werden kann. Bei diesem Spiel bin ich gespannt, wie alt die Mitspieler sein müssen, um das Ganze wirklich durchschauen zu können.
Noris
Neben vielen klassischen Spielideen führt Noris auch seine ESCAPE ROOM Reihe weiter. Die neuen Spiele sind nun aber auch ohne den markanten Plastik-Decoder spielbar. Dabei kommt eine ganz neue Mechanik ins Spiel: es darf kräftig gefaltet (!) werden. Hier bin ich gespannt, wie praktikabel das dann im tatsächlichen Gebrauch ist. Auf alle Fälle mal wieder etwa Neues.
Game Factory
Was macht mehr Spaß: Kickern zu zweit oder zu viert? Diese Frage lässt sich bald auch bei KLASK stellen. Denn in Nürnberg wurde nun ein neues Spielbrett für 4 Personen vorgestellt. Allerdings spielt man nicht etwa 2 gegen 2, sondern tatsächlich jeder für sich alleine gegen die anderen 3.
Queen Games
Die letztjährige große Queen-Games-Neuheit in Nürnberg war LUXOR von Rüdiger Dorn – welches es dann bis nach Berlin geschafft hat. Nun folgt also die obligatorische Erweiterung. Mit LUXOR: THE MUMMY'S CURSE kann nun auch ein fünfter Spieler nach Artefakten suchen. Außerdem sind vier neue Module im Spiel, wie bspw. bestimmte Charakterfähigkeiten oder eine individuelle Startausrüstung. Und die feist grinsende Mumie auf dem Cover ist dort nicht ohne Grund abgebildet...
Interessanter ist in meinen Augen aber die eigentliche Neuheit COPENHAGEN von Asger Harding Granerud und Daniel Skjold Pedersen. Auch in der dänischen Hauptstadt wird wieder tetrishaft gepuzzelt. Diesmal müssen die Häuser in Nyhavn mit komisch anmutenden Fertigteilen erbaut werden. Na ja, thematisch punktet COPENHAGEN nicht unbedingt – dafür aber mechanisch. Denn die Art und Weise, um an die Fertig-Puzzle-Teile zu gelangen, ist doch recht trickreich. Wie auch bei LUXOR liegt dem Spiel ein interessanter Kartenmechanismus zugrunde, der Lust auf Mehr macht. Schön finde ich auch, dass COPENHAGEN ein verkapptes Wettrennen um eine feste Siegpunktanzahl ist. So etwas mag ich meist recht gerne.
Schmidt Spiele
Noch erfolgreicher mit seinen Nürnberg-Neuheiten im letzten Jahr war Schmidt Spiele und Wolfgang Warsch mit GANZ SCHÖN CLEVER und vor allem DIE QUACKSALBER VON QUEDLINBURG. Für beide gibt es nun Erweiterungen. In DOPPELT SO CLEVER haben die Würfel nicht nur andere Farben, sondern natürlich auch andere zugeordnete Leisten. In der Box der quedlinburgischen DIE KRÄUTERHEXEN ist nun ebenfalls das Material für einen 5. Spieler enthalten. Natürlich dürfen dabei Hexen und ihre Kessel nicht fehlen. Außerdem gibt es eine neue Zutat. Das Narrenkraut ist gerade zur aktuellen 5. Jahreszeit sicherlich eine beliebte Beigabe.
Vor allem Würfelfreunde unter uns werden bei Schmidt Spiele mit neuem Stoff versorgt. KNIFFEL DICE DUEL kommt nicht nur international daher, sondern ist auch erstaunlich frisch. Nur das viele Plastik stört mich doch ein wenig. Von der Aufmachung eher unscheinbar kommt DIZZLE von Ralf zur Linde daher. Allerdings wäre es nicht das erste kleine Würfelspiel, welches im ersten Moment durch einen ungewöhnlichen Namen auffällt, der dann aber doch lange im Gedächtnis bleibt.
Auch die neue große Neuheit DIE TAVERNEN IM TIEFEN THAL von Wolfgang Warsch benötigt Würfel. Diese werden – hört, hört ihr Leute – allerdings gedraftet. Auf den ersten Blick ist das vielfältige Material zwar etwas fummelig, aber alleine schon die Grafiken von Dennis Lohausen holen mich wieder vollständig ab. Wenn sich DIE TAVERNEN IM TIEFEN THAL so gut spielen lassen, wie die verheißungsvolle Präsentation es erahnen lässt, dann kann die Kombination Schmidt Spiele und Wolfgang Warsche schon wieder eine ziemliche Erfolgsstory werden.
Ravensburger
Bei Ravensburger bin ich ersteinmal über die Ankündigung eines MINECRAFT BOARD GAME gestolpert, was ich auch gleich meinem Sohn per sms mitteilen musste. Was es damit auf sich hat, kann ich aber nicht sagen. Konsequenterweise müssten dort jedenfalls eine Menge Würfel im Spiel sein, so dass der Begriff "Würfelschubser" eine neue Bedeutung bekommt.
Weitere spielerische Neuheiten sind die deutschen Lokalisierungen von WERWÖRTER und DISNEY VILLANIOUS. Letzteres reizt mich sehr, da ich als Kind mit Disney-Filmen aufgewachsen bin. Mein Lieblingsheld war Robin Hood als Fuchs mit einem wunderbar weinerlichen Gegenspieler Prince John. Dieser wird nun in einen Konkurrenzkampf mit anderen Disney-Bösewichten geschickt. Wer davon ist der bösere? Durch Ausspielen der "guten Charaktere" werden den Mitspielern Knüppel zwischen die Beine geworfen. Mir gefällt dabei nicht nur die Gestaltung, sondern eben auch die Umkehrung des Narrativs. Allerdings finde ich den englischsprachigen Titel des Spiels von Prospero Hall als äußerst unglücklich. WERWÖRTER von Ted Alsbach habe ich auf einer gedanklichen Liste, da es zu diesem Spiel damals ein ziemliches großes Plagiats-Hickhack gab. Davon unabhängig, scheint das Spiel aber schon Spaß zu machen und ist eine interessante Werwolf-Variation.
Ganz sicher kein Plagiat ist RED PEAK von Carlos A. Rossi. In diesem kooperativen Familienspiel muss man sich mal wieder vor einem ausbrechendem Vulkan retten. Wichtiges Spielelement ist dabei eine Sanduhr – damit man sich auf keinen Fall zu viel Zeit lässt und sich richtig schön gestresst fühlt. Das Gegenteil davon sind die EXIT PUZZLES. Die sind nämlich durchaus anspruchsvoll, so dass man doch längere Zeit konzentriert damit beschäftigt ist, sie zusammen zu setzen. Hat man das geschafft, wird man mit netten Rätseln belohnt. Wer davon Nachschub benötigt, bekommt nun drei neue Motive an die Hand gegeben.
Zu Ravensburger gehört auch alea. Dieser "Verlag" feiert nun das offizielle 20-jährige Jubiläum. Das wird mit verschiedenen Neuauflagen begangen, die alle auch eine eigene Nummerierung bekommen (die sind bei alea-Fans immer der wunde Punkt). Begonnen wird mit DIE BURGEN VON BURGUND und LAS VEGAS ROYAL. Da ich beide Spiele besitze und oft genug gespielt habe (und noch werde), möchte ich mich gar nicht an eine neue Grafik gewöhnen. Allerdings wird der deutsche Markt wahrscheinlich auch gar nicht das Ziel dieser Neuauflagen sein – und international wünscht man sich dann doch eine zeitgemäßere Gestaltung.
Ravensburger gilt nicht ohne Grund als innovatives Unternehmen, welches immer versucht, moderne Techniken in seine Produkte zu integrieren. Neuester Versuch ist die Konsole toi+, die man ganz platt als Wii ohne Bildschirm charakterisieren könnte. Kernelement dieser Konsole ist der toi+-Core, der problemlos in einer Hand zu halten ist. Allerdings macht man das eher selten, denn dieser Kern wird in Spielbretter, Figuren oder bspw. in einen Kompass eingesetzt. Dabei besitzt die Konsole unter anderem verschiedene Sensoren, einen Prozessor und einen Lautsprecher. Die Sensoren registrieren dabei jede Bewegung, jeden Positionswechsel, jede Handlung und jede Eingabe. Somit kann man sich frei im Zimmer bewegen und dabei bspw. einen Dschungel erkunden. Die ersten Demonstrationen waren schon recht beeindruckend. Das werde ich mir sicherlich nochmals genauer ansehen.
Zu guter letzt habe ich mir natürlich auch noch die neuesten GRAVITRAX-Elemente angesehen. Dieses Kugelbahnsystem wird bei uns in den Kinderzimmern begeistert genutzt – nicht nur von den Kindern. Also war ein Besuch bei den aufgebauten Bahnen ein Muss. Für alle Neugierigen habe ich mal mit dem Foto-Apparat zwei Videos gedreht. Bei deren Qualität merkt man allerdings, dass ich "nur" Blogger bin und kein "Vlogger" – die Qualität ist nämlich ziemlich mies. Trotzdem kann vielleicht der ein oder andere Gravitrax-Experte daraus etwas schließen.
Sodele, genug für heute! Morgen oder übermorgen mache ich mich dann an Teil 2...
Toller Überblick über die Messe! 🙂