Auf der Spielwarenmesse in Nürnberg sind mir wieder einige ungewöhnliche thematische Einbettungen aufgefallen – und damit meine ich noch nicht einmal die schon als normal geltenden Stuhlgang-Spiele. Vor allem bei Kinderspielen ist dieses Kacka-Thema immer wieder ein Renner, weil Kinder tatsächlich gerne mit diesem Tabu spielen wollen. Aber wie ist das mit anderen, deutlich unappetitlicheren Themen? Sollte es in der Brettspielwelt ein Themen-Tabu geben? Und wie stehen wir dazu? Diese Fragen stellt die aktuelle #BG2GETHER-Aktion:
"Es gibt Brettspiele mit unangenehmen Themen und solche, die noch einen großen Schritt weitergehen. Als Beispiel hätten wir ein Kickstarter Projekt zu "Haus der 1000 Leichen", in dem wir Irre spielen, die Menschen quälen und ausweiden (auf den Link wird verzichtet). Oder auch ein Brettspiel über den aktuellen Krieg in der Ukraine. Benötigt das Brettspiel eine Beschränkung in der Thematik um für dich als Spiel zu gelten? Wann ist die Grenze überschritten? Oder darf Brettspiel alles?"
Gleich zu Anfang: ich bin gegen eine Beschränkung von Themen – sowohl im Brettspielbereich wie auch in der Literatur, Musik oder sonstiger Kultur. Denn Kunstfreiheit ist richtig und wichtig, so fern die Inhalte bspw. keine Hetze oder ähnliches enthalten.
Das bedeutet aber nicht, dass ich alle gewählten Themen gutheiße. Nur bin ich der Meinung, es sollte dem Geschmack des Publikums überlassen werden, ob ein Spiel auf dem Markt bestehen kann oder nicht. Denn ich sehe auch schon aus praktischen Gründen keine Einsatzmöglichkeit einer solchen Brettspiel-Polizei, die dann im Endeffekt Zensur ausüben würde: Wer sollte denn über genehme Themen bestimmen dürfen? Ein Zentralrat für Brettspielthemen? Welche Personen und Verbände wären darin vertreten? Hat dieser Zentralrat nur nationale oder gar auch internationale Bedeutung? Und wo sollen denn dann die Grenzen gezogen werden? Darf ich Freiheitskämpfer als Thema nutzen und zugleich Terroristen verbieten (wohl wissend, wie schmal dieser Grat sein kann)? Ist die Pest zu tolerieren, aber eine aktuelle Pandemie nicht, weil sie noch zu aktuell ist?
Schon für mich selbst hätte ich da Probleme, eine eindeutige Grenze im Vorfeld zu definieren. Es kommt oftmals auf den Gesamtkontext an. Mal kann ein Thema völlig platt sein und mich moralisch abstoßen, mal kann es aber auch durch eine Überspitzung wieder erträglich sein, weil somit das Abstoßende vielleicht noch deutlicher heraus gearbeitet wird. Ich mache zwar einen Bogen um das ein oder andere Thema, aber deswegen maße ich mir nicht an, dass diese Themen zu verbieten sind.
Zusätzlich plädiere ich diesbezüglich einerseits für Gelassenheit, andererseits sollten wir aber auch nicht als verstärkendes Sprachrohr fungieren. Gelassenheit insofern, dass wir manche Sachen auch einfach mal aushalten müssen, auch wenn der persönliche Geschmack nicht konform damit geht. Natürlich kann ich mich über ein Spiel aufregen, dass bspw. die monströsen Taten eines Rechtsextremisten in Norwegen nachspielt. Aber ich sollte aufpassen, dass dann durch mich dem Spiel nicht zu viel Aufmerksamkeit entgegen gebracht wird. Nicht jede Nachricht muss verbreitet werden, nicht jedes obskure Spiel muss erwähnt werden. Wenn mir ein Spiel aus diesen oder jenen Gründen nicht gefällt, dann wird es meist ignoriert. Und wenn ich doch eine gewisse Relevanz sehe, dann kann ich natürlich darüber berichten – sollte dabei aber das Thema oder die Gestaltung entsprechend einordnen. Wir müssen uns im Zweifelsfalls also unangenehmen Thema stellen und nicht durch Verbote so tun, als gäbe es sie nicht.
Ich bin gespannt, wie die anderen Meinungen zu diesem Fragekomplex sind? Folgt doch mal den nun aufgeführten Links:
Kommentar hinzufügen