Manch einer, der in den Sozialen Medien in der Brettspielblase aktiv ist, wird es mitbekommen haben: heute wurden die Nominierungs- und Empfehlungslisten für das Spiel des Jahres veröffentlicht. Nein, keine Angst, ich werde das (noch) nicht kommentieren. Einerseits habe ich bei meiner Vorhersagung schon einiges geschrieben (zumal ich dabei erstaunlich treffsicher war) und andererseits warte ich die Verleihung ab, um dann das Gesamtpaket entsprechend einordnen zu können. Heute mache ich mir stattdessen den Spaß, mal zurück in die 1990er Jahre zu blicken. Welche Spiele wurden damals mit dem roten Pöppel ausgezeichnet? Und was ist davon in meinen Augen gut gealtert?
Da heute aber schon genug palavert wurde, höre ich auch schon mit den Vorrede auf und lasse die Liste sprechen:

- Elfenland von Alan R. Moon (erschienen bei AMIGO)
- Die Siedler von Catan von Klaus Teuber (erschienen Franckh-Kosmos)
- Um Reifenbreite von Rob Bontenbal (erschienen bei Jumbo)
- El Grande von Wolfgang Kramer und Richard Ulrich (erschienen im Hans im Glück Verlag)
- Drunter & Drüber von Klaus Teuber (erschienen im Hans im Glück Verlag)
ELFENLAND (Preisträger 1998) spiele ich immer noch sehr gerne mit ungebremster Leidenschaft. Das liegt vielleicht auch daran, dass in diesem Spiel Verkehrswege geplant werden müssen – etwas, was ich nun einmal auch beruflich aus voller Überzeugung mache. Somit passt ELFENLAND wohl einfach zu mir. Aber auch damals schon konnte ich mich dem Reiz des rennenden Wildschweins und des scheuen Einhorns nicht erwehren (Flugdrachen waren ja schon immer toll). Das Beste an Elfenland war aber, dass man es auch gut in größeren Gruppen spielen konnte. Was mir übrigens gar nicht gefällt, sind die Barrikaden. Aber dir muss man ja nicht setzen. ELFENLAND ist eines der wenigen Spiele, die ich mir nochmals in neuerer Auflage gekauft habe. Denn 2008 kam die Jubiläumsedition in der Blechbox daher – und da konnte ich nicht widerstehen. Zumal die ursprüngliche Box ganz schön mitgenommen aussah.
DIE SIEDLER VON CATAN (Preisträger 1995) müssen natürlich auch auf dieser Liste stehen – genauso wie in meinem Spieleregal. Dort steht es zusammen mit den Erweiterungen in sechs unterschiedlichen Boxen. Es ist schon so viel zu diesem "Überspiel" geschrieben worden, dass es eigentlich keiner weiteren Worte von mir dazu bedarf. Insbesondere deswegen nicht, da Klaus Teuber zum diesjährigen 25. Geburtstag ein ganzes Buch dazu schrieb (Mein Weg nach Catan). Hier in Darmstadt ist das Spiel auch immer noch sehr präsent, da unser Spielekreis maßgeblich die Entwicklung begleitet haben will. Ich kenne das aber nur vom Hörensagen, da ich damals noch nicht in Darmstadt lebte. Ich selbst halte CATAN, wie es nun genannt werden will, gar nicht einmal für so überragend gut und spiele lieber andere Spiele. Trotzdem kann ich die Bedeutung für die Szene ungeteilt nachvollziehen und würdigen.
UM REIFENBREITE (Preisträger 1992) bis vor einiger Zeit habe ich noch mit Überzeugung behauptet, dass UM REIFENBREITE das beste Brettspiel mit Radrenn-Thema ist. So wunderte ich mich bspw., warum in der Hochzeit des deutschen Radsports um Jan Ullrich keine magentafarbene Sonderedition auf den Markt kam. Obwohl, dann hätte man die Doping-Karte vielleicht raus lassen müssen. 2016 kam dann aber FLAMME ROUGE zur Tür hinein und UM REIFENBREITE ging es so, wie vielen alternden Sportstars: es war einfach nicht mehr gut genug. Still und leise ist es nun abgetreten. Aber manchmal lebt noch die Erinnerung auf. Da gab es denkwürdige Stürze kurz vor dem Gipfel und verrückte Sprints mit irrsinnigen Positionsgerangel auf dem Kopfsteinpflaster. Doch, doch, UM REIFENBREITE gehört definitiv auf das Treppchen!
EL GRANDE (Preisträger 1996) hat den unschönen Ruf inne, das meistgekaufte Spiel des Jahres zu sein, welches dann nie gespielt wurde. Im Windschatten von CATAN rauschte es von den Geschäften in die Haushalte – und hat dort viele fragende Gesichter beim Lesen der Regeln verursacht. Für den Großteil der Zielgruppe war EL GRANDE zu schwergewichtig und so findet es man heute oftmals entweder in den hintersten Regalen oder zuhauf auf Flohmärkten. Für die sich herauskristallisierende Hobby-Spielerschaft war es trotzdem ein gefundenes Fressen. Auch heute sieht man vereinzelt auf Spieletreffs noch den charakteristischen Castillo aufragen. Mir selbst hat immer der Zugang zu EL GRANDE gefehlt. Ich habe es ein paar Mal mit Interesse, aber ohne echtes Können mitgespielt. Ich empfand es als reizvoll, ohne dass es mich aber nachhaltig gepackt hätte.
DRUNTER & DRÜBER (Preisträger 1991) hat ein verrücktes Thema, das auch heutzutage noch zieht. Neulich hat die Tochter unserer Nachbarn über ein neu kennengelerntes Spiel geschwärmt, bei dem man Klohäuschen überbauen muss! Da war es nicht schwer, ihr beim gesuchten Namen zu helfen. Ich verbinde DRUNTER & DRÜBER hauptsächlich mit der verrückten grafischen Gestaltung von Franz Vohwinkel und den immer spannenden Abstimmungen. Wenn ich ganz ehrlich bin, würde es bei mir zuhause heutzutage aber nicht mehr auf dem Spieletisch landen. Diesbezüglich ist DRUNTER & DRÜBER aber auch in Gesellschaft von mindestens fünf weiteren ehemaligen Spiel des Jahres Preisträgern.
Ganz im Gegensatz übrigens zu Spielen, die damals zum Teil unverständlicherweise nicht ausgezeichnet wurden. 6 NIMMT! (1994) muss in diesem Zusammenhang genannt werden oder auch BOHNANZA (1997). Ebenfalls finde ich ein MAMMA MIA! (1998) großartig. Aber damals herrschte noch die Meinung, dass ein kleines Kartenspiel nicht den großen Brettspielpreis gewinnen könne. Das wurde glücklicherweise später anderes gesehen – aber das ist dann eine andere Top-Liste. Schließlich arbeite ich mich von hinten nach vorne durch.
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