Dieses Jahr hatte die Spiel das Jahres Verleihung ein Novum zu bieten: die heißbegehrten Pöppel wurden an einem Samstagabend verliehen. Allerdings war die Medienresonanz leider etwas mau. Wie das erfolgreicher möglich ist, konnte man an diesem Wochenende erleben. Denn zur Prime Time wurde vor 10 Millionen Menschen über die verschiedensten Gewinnertitel gesprochen. "Wetten dass…?" machte es möglich. Ich gestehe, dass ich das nicht live mitbekommen habe, da ich zu der Zeit lieber selbst bei Darmstadt spielt unterwegs war. Allerdings gab mir das folgende Medienecho den notwendigen Kick, endlich meine kleine Reihe an Top-Listen zum Spiel des Jahres zu beenden. Nachdem ich schon die 1980er, die 1990er und 2000er Jahre durchgegangen bin, folgt nun endlich auch die Auflistung meiner liebsten Siegertitel aus den 2010er Jahren.
Einfach ist mir das aber nicht gefallen, da ich alle Titel aus dieser Dekade recht gerne spiele. So hat es dieses Mal doch einige Härtefälle gegeben und es könnte gut möglich sein, dass ich in einem Jahr die hinteren Plätze anders verteilen würde. Unerreicht bleibt allerdings die Nummer 1. Welches Spiel dort steht? Seht selbst...
- Colt Express von Christophe Raimbault (erschienen bei Ludonaute)
- Azul von Michael Kiesling (erschienen bei Plan B Games)
- Codenames von Vlaada Chvatil (erschienen bei Czech Games Edition)
- Dixit von Jean-Louis Roubira (erschienen bei Libellud)
- Hanabi von Antoine Bauza (erschienen bei Abacusspiele)
COLT EXPRESS (Preisträger 2015) ist eines meiner absoluten Lieblingsspiele. Es verknüpft gekonnt eigene Ideen mit spielerischen Elementen aus ROBORALLY und MAMMA MIA!. Zusätzlich hat es eine phänomenale Tischpräsenz und auch noch ein cooles Thema, welches überzeugend erlebbar wird. Nach Platz 1 auf der Top-Liste "Western" kann es sich somit auch in dieser Liste den Spitzenplatz sichern – und dabei habe ich noch gar nicht den DeLorean als eines der besten Promos überhaupt berücksichtigt. Ich bin immer noch glücklich, dass sich die Jury damals getraut hat, trotz Überfall-Themas und Schießereien dieses Spiel mit der Auszeichnung zu beglücken.
AZUL (Preisträger 2018) weist dahingegen ein ganz anderes Spielgefühl auf. Aufgrund des trockenen „Themas“ kann es keinen Film vor dem inneren Auge bieten. Trotzdem lässt einen das Spiel nicht kalt. Durch den anziehenden Spannungsbogen und der besonderen Art der Interaktion werden auch bei AZUL die Emotionen geweckt. Da die Ausstattung über jeden Zweifel erhaben ist, war AZUL nicht nur ein Highlight des damaligen Jahrgangs, sondern meiner Meinung nach auch des 2010er Jahrzehnts.
Die besonderen Qualitäten eines CODENAMES (Preisträger 2016) kamen spätestens in der COVID-19-Pandemie zum Vorschein. Denn dieses Kommunikationsspiel haben wir mit Abstand am häufigsten in unseren Video-Spieleabenden auf die einzelnen Bildschirme gebracht. Doch auch vorher schon habe ich einige besondere Abende mit CODENAMES verbracht. Da ich verständlicherweise eine gewisse Vorliebe für Sprache habe, war der Platz auf dem Treppchen für CODENAMES sicher. Allerdings auch nur, weil es den Bonus des älteren Jahrgangs hat. Denn mit JUST ONE hat es hier in dieser Liste starke Konkurrenz.
DIXIT (Preisträger 2010) ist schon eine Besonderheit. Was habe ich noch die damaligen Klagen im Ohr, dass dies doch kein richtiges Spiel sei und wie man denn so etwas banales auszeichnen könnte. Allerdings zeigen mir öffentliche Spieleveranstaltungen jedes Jahr wieder, wie hoch die Qualität eines DIXIT ist. Gerade die Einfachheit ist eine Stärke. Die vielen ähnlichen Nachfolgespiele sind sicherlich haben zwar meist noch den ein oder anderen zusätzlichen Kniff, aber die sind gar nicht notwendig, wenn man eine schöne Zeit haben und wunderschöne Illustrationen betrachten will. Besonderen Spaß machen mir übrigens Partien, die unter einem bestimmten Motto laufen. Also bspw., dass nur Brettspieltitel genannt werden dürfen, oder deutschsprachige Songs usw. Das hebt das Spiel dann noch auf ein ganz anderes Level.
Auch HANABI (Preisträger 2013) war damals nicht unumstritten. Wobei viele die Entscheidung auch feierten, weil endlich auch ein Kartenspiel die Ehre einer Auszeichnung zum Spiel des Jahres empfangen durfte. Nicht wenige sind der Meinung, dass dieses Novum einige Jahre zuvor schon 6 NIMMT zugestanden hätte. Aber HANABI war nicht nur ein bloß ein Kartenspiel, sondern auch noch ein kooperatives Spiel (und damit eine Kompensation für die fehlende Auszeichnung für PANDEMIE einige Jahre zuvor). Zugegebenermaßen habe ich HANABI im Gegensatz zu anderen Titelträgern aus den 2010er Jahren schon länger nicht mehr gespielt. Aber mit dieser Platzierung möchte ich gerne den Willen zur Innovation würdigen.
JUST ONE (2019) erlebt gerade durch die Umsetzung bei der Board Game Arena bei mir eine Renaissance, da ich dort aktuell eine Partien am Laufen habe. Wobei Renaissance der falsche Begriff ist, war es doch nie weg und ist bspw. schon für den nächsten Silvester-Abend fest eingeplant. Und hätte drei Jahre vorher nicht CODENAMES den Titel gewonnen, dann wäre JUST ONE auch auf der Liste gelandet. Aber so habe ich mich in diesem Fall für das ältere Spiel und dessen Vorreiterrolle entschieden. Auch KINGDOMINO (2017) spiele ich immer noch recht gerne. Übrigens am liebsten ohne Erweiterungen oder Spin-Offs. Die ursprüngliche Version ist mir am liebsten, weil sie so schön auf den Punkt gebracht ist. Ähnliches kann ich auch von KINGDOM BUILDER (2012) sagen. Diesem merkt man zwar mittlerweile schon etwas die Jahre auf dem Buckel an, aber trotzdem kommt das schon noch auf den Tisch. Und wenn wir schon dabei sind: mit QWIRKLE (2011) ist das nicht anders. Dieses Spiel hatte schon lange vor AZUL das Wort "Haptik" für Besprechungen reserviert – und das völlig zurecht. Nur CAMEL UP (2014) hat es mittlerweile nicht mehr so leicht. Irgendwie ist bei diesem Spiel die Luft bei uns ein wenig raus. Zumindest habe ich es schon lange nicht mehr auf den Tisch gebracht und es fehlt mir auch ein wenig die Lust dazu.
So, für die nächste Top-Liste an Titelträgern kann ich mir nun ein paar Jahre Zeit lassen. Ich bin gespannt, wie ich dann die letztjährigen Preisträger einordnen werde. Wenn Interesse besteht, kann ich aber gerne auch einen Blick auf die Kennerspiele des Jahres werfen. Da dieser Preis seit 2011 verliehen wird, hätte ich eigentlich genug Auswahl. Und wenn ich mir die Titel vergegenwärtige, dann wird das kein leichte Entscheidung werden.
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