Besondere Zeiten und so. Eigentlich wäre ich heute wohl auf der SPIEL DOCH! gewesen und hätte in letzter Zeit etwas ausführlicher vom ebenfalls ausgefallenen KOSMOS Bloggerbistro berichtet. Aber Covid 19 wollte es anders. Dankenswerterweise bekamen wir Blogger von KOSMOS aber vorab MY CITY zum Spielen – ein familienfreundliches Legacy-Spiel von Reiner Knizia. Dabei puzzelt man sich in PATCHWORK-Manier eine kleine eigene Stadt zusammen. Wenn man allerdings ehrlich ist, so muss man zugeben, dass ein richtiges Städtebau-Feeling nicht aufkommt.
Da ich dieses Thema aber sehr gerne mag, kam ich auf die Idee, dazu doch mal wieder eine kleine Top-Liste zu erstellen. Tusch und Vorhang auf...
- NEOM von Paul Sottosanti (erschienen Lookout Spiele)
- SUBURBIA von Ted Alspach (erschienen bei Lookout Spiele)
- THE CITY von Tom Lehmann (erschienen bei AMIGO)
- TINY TOWNS von Peter McPhersons (erschienen bei Pegasus Spiele)
- WELCOME TO... von Benoit Turpin (erschienen bei Blue Cocker Games)
NEOM hat mehrere Parallelen zum Gewinner der letzten Top-Liste. Es ist ebenfalls bei Lookout Spiele erschienen, hat gefühlt einen Regelteil in Schriftgröße 6 und wird auch in manchen Spielerunden aufgrund der Optik verschmäht – was es natürlich überhaupt nicht verdient hat. Denn NEOM ist ein klasse Drafting-Spiel, bei dem wunderbar das Städtebau-Thema zum Tragen kommt. Aber nicht nur Städtebau an sich ist wichtig, sondern es ist auch die richtige Planung von Straßen zu berücksichtigen, was ich als Verkehrsingenieur natürlich nur befürworten kann (leider fehlen die noch wichtigeren Fuß- und Radwege). Aber neben den wichtigen Verkehrswegen ist ebenfalls der richtige Nutzungsmix in der Stadt zu beachten. Wohngebäude direkt neben Schwerindustrie wird den wenigsten Wünschen der Menschen gerecht und gilt es deswegen natürlich zu vermeiden.
NEOM hat als Drafting-Spiel übrigens BETWEEN TWO CITIES aus der Liste gekickt, welches ebenfalls sehr viel Städtebau-Gefühl vermittelt. Aber dieses Spiel erreicht nicht ganz die Qualitäten eines NEOM und außerdem finde ich das Nachfolgeprojekt ZWISCHEN ZWEI SCHLÖSSERN noch einen Ticken besser – was aber nichts mehr mit Städtebau zu tun hat.
SUBURBIA wurde nur ganz knapp auf Platz 2 verwiesen – und das nicht nur, weil es ebenfalls viele Parallelen mit dem Sieger der letzten Top-Liste aufweist. Diese sind neben dem gleichen Verlag übrigens ein wenig anders: Klemens Franz war am Werk und ich habe mich bei ebay in Unkosten gestürzt, um mir eine passende Lego-Minifigur zu besorgen. SUBURBIA hätte auch gut als offizielles Brettspiel zum Computer-Spiel-Klassiker SimCity auf den Markt gebracht werden können. Hier sind die Abhängigkeiten der einzelnen Gebäude noch ausgeprägter. Außerdem muss man sich nicht nur um ein geregeltes Einkommen kümmern, sondern man muss auch die Parameter Einwohner und Ruf im Auge behalten. Das Ganze macht SUBURBIA deutlich anspruchsvoller als NEOM.
Im letzten Jahr gab es eine sehr umfangreiche Neuauflage als Kickstarter. Allerdings gab es für mich da keinen Grund mitzumachen. Erstens bin ich mit meiner bestehenden Auflage sehr zufrieden und zweitens hatte ich die Angst, dass dann meine tollen Promoplättchen zur SPIEL nicht mehr in eine Partie integriert werden könnten. Und auf was soll ich mich dann beim Spielen konzenrieren?
THE CITY hat es das letzte Mal nicht mit auf die Liste geschafft. Umso mehr freue ich mich, dass ich es dieses Mal berücksichtigen kann. Denn es bereichert gut diese Liste um ein kleines aber feines Leichtgewicht. THE CITY ist ein sehr schnell gespieltes Kartenspiel, bei dem aber ebenfalls Abhängigkeiten der einzelnen Gebäude zu berücksichtigen sind. Als Clou fungieren die Karten allerdings auch als Geld, so dass man oftmals vor schwere Entscheidungen gestellt wird. Will man jetzt die Oper bauen? Dann muss ich aber zum Bezahlen auch das Einkaufszentrum abwerfen, welches ich doch ebenfalls noch auslegen wollte.
Leider wird THE CITY meines Wissens nach aktuell nicht mehr in deutscher Sprache vertrieben. Natürlich kann man sich stattdessen ähnlicher Spiele von Tom Lehmann bedienen. Am nächsten kommt noch JUMP DRIVE. Allerdings muss man dann dabei auf das schöne Städtebau-Thema verzichten, was bei THE CITY erstaunlich gut zum Tragen kommt und es dadurch besonders macht.
TINY TOWNS hätte man problemlos auch als ein Flip-and-Write Spiel umsetzen können – aber dann gäbe es nicht so tolle Holzfiguren für die verschiedenen Bauwerke. Die machen allerdings ganz schön was her und erhöhen den Spielreiz enorm. Das Besondere an TINY TOWNS ist, dass die einzelnen Gebäude ganz unterschiedliche Funktionen haben. Dadurch wird eine enorme Varianz erreicht, die man dem Spiel auf dem ersten Blick gar nicht zugetraut hätte. Trotzdem korrespondieren die Gebäude miteinander, weswegen man planvoll an die Sache herangehen sollte. Wenn doch nur die Rohstofflieferungen etwas vorhersehbarer wären...
Die thematische Aufmachung von TINY TOWNS ist sicherlich nicht jedermanns Sache. Aber so etwas finde ich eher begrüßenswert als abstoßend. Vom stumpfen Allerlei, was einem sonst oft genug geboten wird, hat man doch langsam die Nase voll.
WELCOME TO... kann ich nicht zu diesem thematischen Allerlei hinzuzählen. Denn hier wird ganz wunderbar eine amerikanische Vorort-Siedlung im Amerika der 50er-Jahre entwickelt – perfekt unterstützt von den wunderbaren Illustrationen von Anne Heidsieck. Zusätzlich haben wir hier somit doch noch ein Flip-and-Write Spiel in dieser Top-Liste.
WELCOME TO... hat zwar nicht mehr den allumfassenden Blick auf eine ganze Stadt, allerdings muss man trotzdem ein wenig Stadtplanung betreiben. Wo sollen straßenbegleitende Grünflächen angelegt werden? Wie sind die einzelnen Häuser in Siedlungsabschnitte zusammen zu fügen? Und natürlich auch die wichtigste Frage von allen: Wo soll der Pool gebaut werden?
Mittlerweile gibt es einige thematische Abwandlungen (inklusive Kalter Krieg und auch Zombies), aber das original Spiel macht mir immer noch am meisten Spaß.
Sodele, die Top 5 habe ich nun etwas ausführlicher dargestellt. Bleibt die Frage, welche Spiele noch in der engeren Auswahl waren. Ganz sicher ist noch QUADROPOLIS zu nennen, was sicherlich auch seine Berechtigung gehabt hätte. Aber mir ist in dieser Anspruchsklasse NEOM einfach deutlich lieber. Viele andere Leute hätten sicherlich auch noch ein MACHI KORO genannt. Allerdings bin ich bekanntlich nicht der größte Fan von diesem Spiel, auch wenn dieses durch den Würfelmechanismus sicherlich einen neuen Blickwinkel in den Kreis der Auserwählten gebracht hätte. Da ich aber mittlerweile lieber für derartige Würfeleien in den Weltraum entfliehe, hatte MACHI KORO bei mir keine Chance.
Noch auf meiner erweiterten Liste stand SAINT MALO. Kein Flip, sondern ein verwandtes Roll-and-Write Spiel, was etwas seiner Zeit voraus war. Vielleicht wird das auch irgendwann mal wieder aufgelegt und dann hoffentlich mit nicht-schmierenden Stiften ausgestattet. Ebenfalls muss ich neben MY CITY und TINY TOWNS mit LITTLE TOWN noch ein weiteres aktuelles Spiel nennen, was thematisch gut in die Liste gepasst hätte. Aber nicht nur thematisch, denn dieses pfiffige kleine Worker Placement Spiel hat schon was. Im ersten Anlauf ganz vergessen habe ich noch CITIES SKYLINES, welches sogar tatsächlich eine Brettspielumsetzung eine Computerspiels ist. Auch dieses Spiel kommt kooperativ daher und ist deswegen für Liebhaber dieses Genre sicherlich einen Blick wert.
Zusätzlich möchte ich gerne noch MEIN TRAUMHAUS erwähnen. Das ist thematisch allerdings eher eine Weiterführung. Wurde nämlich endlich ein neues Wohngebiet erschaffen und das geliebte Eigenheim gebaut, will dieses auch noch vernünftig eingerichtet werden.
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