Erlebnisbericht zu Pandemic Legacy Season 2 von Matt Leacock und Rob Daviau – erschienen bei Z Man Games
Achtung, dieser Text enthält Spoiler zum Spiel PANDEMIC LEGACY Season 2
Nach den Erfahrungen mit SEASON 1 hatte ich mir für SEASON 2 einige Sachen fest vorgenommen. So wollte ich auf keinen Fall wieder über ein ganzes Jahr verteilt die einzelnen Partien spielen, sondern von Anfang an am Ball bleiben und alles halbwegs in einem Rutsch erleben. Zusätzlich hatte ich mir vorgenommen, ganz viele Notizen zu machen und am besten eine Art kleines Tagebuch zu führen. Aber wie das bei Vorsätzen so ist: nicht alles konnte ich auch umsetzen. Das ein oder andere Foto habe ich dann doch nicht gemacht und möglicherweise trügt mich auch an manchen Stellen die Erinnerung. Trotzdem denke ich, dass es die ein oder andere neugierige Seele befriedigen kann. Hier nun also mein Erlebnisbericht zu PANDEMIC LEGACY SEASON 2...
Wie lief es bei uns? Anders als bei SEASON 1 haben wir SEASON 2 dieses mal nur zu zweit gespielt. Somit war es leichter gemeinsame Termine zu finden – zumal wir die Box clevererweise mit in den Sommerurlaub genommen haben. So kamen wir anfangs schnell zu vielen Partien. Erst als der Urlaub vorbei war und uns der Alltag wieder hatte, wurde das Spieltempo leider wieder langsamer, was dann schon wieder grenzwertig war. Mein Tipp bleibt also: versucht PANDEMIC LEGACY halbwegs in einem Rutsch durchzuspielen. Auch wenn wir nur zu zweit waren, hatten wir übrigens immer drei Charaktere in Gebrauch. Die 3 ist in meinen Augen zumindest beim normalen PANDEMIE die ideale Spieleranzahl, weswegen ich diese auch bei PANDEMIC LEGACY zum Einsatz kommen lassen wollte. Im Spielverlauf habe ich mich auch bestätigt gefühlt – auch wenn mir natürlich andere Erfahrungen fehlen.
Anfangsphase: Nachdem wir uns durch eine Prolog-Partie mit den Änderungen zum ursprünglichen PANDEMIE vertraut gemacht hatten, begannen wir mit der Benennung der drei Start-Zufluchten ("Hope", "Deepwater" und "Middle of nowhere – M.O.N.") und mit der Erstellung der Charaktere. Die ursprünglichen PANDEMIE-Rollen haben zwar neue Namen bekommen (bzw. sind nun Ausbildungen), aber gestartet sind wir dann mit den klassischen Rollen Logistiker, Forscherin und Wissenschaftlerin. Ein wenig haben wir uns dann beim Start geärgert als wir festgestellt haben, dass genau diese drei Rollen unsere Männer waren (Kevin, Fred und Mad Max) und die beiden erstellten Frauen erst einmal nur als Zuschauerinnen fungierten. Aber wir dachten uns, dass man zu Beginn einer Partie die Charaktere wechseln kann, so dass uns irgendwann schon noch Frauen Power helfen würde. Allerdings irrten wir uns dabei. Denn im Endeffekt haben wir alle Partien mit diesen drei Charakteren begonnen. Und so viel sei vorweg genommen: in der letzten Partie benötigten wir dann doch noch einen neuen Charakter.
Grund dafür war, dass über lange Zeit eine zwingende Aufgabe lautete, jeweils drei Versorgungszentren zu bauen. Da ist es schon praktisch, wenn man dafür eine Karte weniger ausgeben muss und auch mit weniger Aufwand Karten tauschen kann. Entsprechend gut kamen wir in die Partie rein und natürlich wurde schnell Nordamerika entdeckt – schließlich wollten wir, dass unsere Karte größer wird. Zusätzlich zu den offensichtlichen Aufgaben, haben wir viel Energie darauf verwendet, dass keine Städte untergehen. Wir wollten nicht schon am Anfang unachtsam sein und später dadurch Probleme bekommen. Aus SEASON 1 habe ich gelernt, dass es kompliziert werden kann, wenn Städte infiziert sind. Deswegen lieber eine Aktion "zu viel" ausgeben, um später nicht durch solchen Geiz in Situationen gebracht zu werden, wo genau eine Aktion fehlen wird.
Insgesamt lief alles recht reibungslos, auch wenn wir im März die erste Partie verloren. Aber Südamerika wurde entdeckt und wir haben im Pazifik eine neue Zuflucht gefunden ("New Darmstadt"). Unsere Taktik war, dauerhafte Versorgungszentren an den Stellen bauen, an denen man später Aufklärungen durchführen musste (Sao Paulo, Kairo, Lagos). Dankenswerterweise kamen auch die entsprechenden Belohnungssticker für dauerhafte Zentren recht früh in die Partie. Somit musste man nicht doppelt entsprechende Farbreihen sammeln und konnte besser die Aufklärungen durchführen (zumindest in der Theorie). Allerdings hatten wir dadurch kaum Kapazitäten, um einzelnen Städte- bzw.- Infektionskarten hochzuleveln. Aber man kann eben auch nicht alles machen. Im April wurde dann noch Europa entdeckt und wir waren uns sicher, dass wir auf einem guten Weg sind.
Mittelspiel: Begann im Mai mit einem kleinen Paukenschlag: die erste Narbe musste hingenommen werden. Alles halb so wild, schließlich hätte diese auch schon früher auftreten können. Aber wir hatten Glück beim Aufrubbeln. Richtig geärgert haben wir uns nicht, da uns bewusst war, dass das früher oder später ohnehin passieren würde. Viel eher waren wir im Hochgefühl, weil nun die Gewissheit gegeben war, dass wir richtig spekuliert haben. Wie auch bei SEASON 1 bekamen wir nun die Möglichkeit, direkt von Versorgungszentrum zu Versorgungszentrum zu fliegen (und eben auch zu den Zufluchten). Das bestätigte unsere Taktik, dauerhafte Versorgungszentren zu errichten, weil somit eine gute Mobilität gegeben war.
Allerdings sollte sich schnell zeigen, dass sich Narben häufen sollten. Im Juni gab es jedenfalls eine zweite dazu – gleichzeitig mit der nächsten verlorenen Partie. Auch kleine Erfolgserlebnisse wurden sofort wieder getrübt. Durch die erfolgreiche Suche in Lagos kamen nun auch die ersten verpesteten Städte ins Spiel – und ebenfalls die erste verlassene Stadt. Los Angeles gilt ohnehin als Sündenpfuhl, da kann man diese Stadt ruhig aufgeben. Na ja, ganz freiwillig war das zwar nicht, aber Opfer mussten gebracht werden und wie konzentrierten uns lieber auf die noch unbekannten Gebiete der Karte als auf "unwichtige" Städte im Nordwesten.
Allerdings gab es bald einen Strategiestreit in unserer kleinen Gruppe. Mittlerweile gab es nämlich die Möglichkeit, Städte zu impfen und somit Einfluss auf die Städte- und insbesondere auf die Infektionskarten zu nehmen. Es gab nun die Option, alles, was irgendwie möglich war, zu impfen und die entsprechenden Karten zu entfernen. Der andere Plan lautete, nur manche Städte zu impfen und dadurch gezielt Infektionen in bekannten Städten zu forcieren. Diese Städte würden am Anfang vorrangig versorgt werden und zusätzlich könnten die entsprechenden Infektionskarten mit Stickern versehen werden. Das Ergebnis war, dass wir uns eher auf den zweiten Plan konzentriert haben – was auch in einem ziemlichen Verwaltungsakt endete, da ich versuchte, den Überblick zu behalten. Dennoch verfolgte uns diese Grundsatzdiskussion bis ans Ende. In diesem Punkt ist auch der größte Wiederholungsreiz gegeben: wie hätte sich die Partie entwickelt, wenn wir noch konsequenter auf kleinere Stapel gespielt hätten?
Im Sommer kamen dann die Satellitenanlagen ins Spiel, die wir auch gleich sehr aktiv genutzt haben. Insbesondere die Funktion, die nächsten vier Stadtkarten anzusehen und Funksprüche abzuhören, haben wir oft angewandt. Allerdings waren wir trotzdem zu langsam, um bis zum Juli den Nahen Osten aufzuklären. Zu diesem hatten wir im gesamten Spiel kein gutes Verhältnis und wir haben uns dann lieber auf die See-Erkundung spezialisiert. Dann machten wir noch den Fehler, ein dauerhaftes Versorgungszentrum in Mexiko Stadt zu errichten. Das war unnötig, da wir sowieso komplett Nordamerika geimpft hatten und somit dort kaum noch aktiv sein mussten. Außerdem wäre es im weiteren Spielverlauf praktisch gewesen, wenn wir noch an anderer Stelle solch ein dauerhaftes Zentrum hätten bauen können.
Zusätzlich haben wir noch einen weiteren dicken Fehler begangen. In der begleitenden Geschichte gab es einen Hinweis auf Labore. Den haben wir mal so hingenommen, aber nicht weiter verfolgt. Kurz danach gab es jedoch einen sehr deutlichen Tipp, wo sich diese Labore befinden würden – und diesen haben wir komplett verdrängt. Erst im November sind wir dann eher zufällig auf ein Labor gestoßen. Aber wir hätten natürlich schon viel früher fündig werden können, wenn wir diesen einen Tipp nicht übersehen hätten. Mit Zufall wäre uns dieser Fehler allerdings schon früher aufgefallen. Denn hätten wir in Buenos Aires nicht auf dem Wasser sondern an Land gesucht, dann wäre vielleicht einiges einfacher geworden. So aber waren wir auf diesem Auge blind.
Insgesamt fanden wir das Mittelspiel etwas fad. Die Aufgaben haben recht wenig variiert und man hatte das Gefühl, immer das gleiche zu machen. Dabei war die Glückskomponente beim Ziehen der Städtekarten recht hoch, musste man doch einige Vorgaben bei den Aufklärungen einhalten bzw. benötigte man Städtekarten mit Suchfunktionen. Zwischenzeitlich hatten wir uns etwas geärgert, dass wir unsere Charaktere so auf die Aufklärung spezialisiert hatten und diese nun offensichtlich nicht mehr gebraucht würde. Allerdings waren uns die Charaktere nun so ans Herz gewachsen (und eben auch ausgebildet), dass wir nicht mit neuen eine Partie beginnen wollten. Außerdem hat sich dann ja gezeigt, dass weiterhin Aufklärungsarbeit vonnöten war.
Endspiel: Begann positiv, da wir gleich im September eine neue Zuflucht im Indischen Ozean ("Eastside") entdeckten und sogar Ostasien erfolgreich aufklären konnten. Damit hatten wir insgeheim natürlich schon gerechnet, schließlich war die Karte in diesem Bereich noch gut zu erweitern. Etwas verspekuliert haben wir uns dann allerdings im Oktober. Dort kam die Aufgabe, dass sich mindestens eine Figur Hohle Männer in 3 verschiedenen Zufluchten befinden mussten. Ich war felsenfest davon überzeugt, dass wir diese Aufgabe am besten sofort am Anfang der Partie erfüllen müssten, da wir dadurch bestimmt eine ganz tolle Belohnung bekämen. War aber überhaupt nicht so. Natürlich wurde die Geschichte auch ohne diese Belohnung schlüssig fortgesetzt, aber die Partie war nun höllenschwer, weil auf einmal diese Hohlen Männer in den Zufluchten standen, die wir doch immer gerne als Abflugsort und Vorratslager wahrgenommen haben.
In Folge dessen ging die erste Oktoberpartie verloren und der Untergang von Tripolis wurde eingeleitet (was wir eigentlich die ganze Zeit mit Mann und Maus am Überleben gehalten hatten). Das war ziemlich deprimierend. Im Endeffekt war es aber auch eine gute Lehre. Man sollte nicht glauben, dass man alle Wendungen schon vorhersehen und somit das Spiel überlisten könnte. Diese Oktoberpartie zeigte auch, dass man eine drohende Niederlage noch gut für sich nutzen kann. Durch eine Sonderfunktion einer Stadtkarte konnte ein Charakter sehr gut weitere Städte ans Raster anbinden, was dann für fast alle ostasiatischen Städte genutzt wurde. So kamen viele rote Städtekarten ins Spiel, die wir gut für das Endspiel nutzen konnten. Außerdem war uns bewusst, dass Shanghai eine besondere Bedeutung besitzt und haben dort einen der wenigen dauerhaften Schutzräume errichtet.
Anfang November fiel uns dann in der gefühlten Verzweiflung beim Aufbau ein großer Regelfehler auf! Wir hatten es uns unnötig schwer gemacht. Denn wir gingen bisher davon aus, dass man lediglich die immer kleiner werdenden Vorräte der Versorgungsleite direkt beim Aufbau auf die Städte verteilen konnte. Die mittlerweile 30 zusätzlichen Rationen landete bei uns lediglich im Lager. Das hatten wir bis dahin gut überwinden können, weil wir glücklicherweise anfangs oft die "Vorräte produzieren-Karte" im Spiel hatten, die natürlich gleich als erste Aktion gespielt wurde. Aber hier wurde mir bewusst, wie gefährlich so ein Legacy-Spiel für Regelfehler ist. Wir hätten uns ganz schön in den Allerwertesten gebissen, wenn uns ein noch entscheidenderer Fehler erst im November aufgefallen wäre. Im Nachhinein ist mir durch das Lesen der FAQ noch aufgefallen, dass bei den Schutzräumen ein Fehler in der Regel war, den wir aber in unser Spiel übernommen haben. Auch so ein Grund, weswegen wir kaum Schutzräume gebaut haben. Außerdem bin ich mir sicher, dass wir an der ein oder anderen Stelle einen kleinen Regelfehler begannen haben. Da aber der Spielspaß im Mittelpunkt stand, kann ich damit problemlos leben. Aber die FAQ hätte ich mal früher wieder entdecken sollen.
Apropos entdecken: mittlerweile fanden wir eine weitere Zuflucht ("New Hope") und wurden in Wellington bei der in Vergessenheit geratenen Laborsuche fündig. Das sollte noch wichtig werden, weil wir dort auch noch einen Charakter erschaffen konnten. Prinzipiell war unser Spiel darauf ausgelegt, dass wir die erste Novemberpartie verlieren würden (weswegen wir uns überhaupt erst auf den Weg nach Wellington machten). Aber durch eine glückliche Fügung bei den Karten, könnten wir doch noch auf den letzten Drücker den Plan durchführen und waren nun auf den Dezember gespannt.
Dieser lief dann doch anders als erwartet. Denn in der letzten Partie wurde doch noch ein tragisches Opfer notwendig. In Utopia verstarb unser Logistiker Kevin. Dabei war alles so schön geplant. Er sollte die Probe in Baikalsee aufnehmen und sich dann nach Johannesburg bringen, wo gerade ein Versorgungszentrum (und eben das JADE-Labor) errichtet wurde. Nun wurde es doch sehr knapp. Zum Glück durften wir nun "Smart Max" aus Wellington ins Spiel bringen. Das war nicht so weit weg von Utopia und außerdem konnte er leichter Schutzräume errichten, was nun in dem Moloch Utopia wichtig war. Smart Max hat dann die Probe in sich aufgenommen, was natürlich relativ folgenlos war, da er noch keine Krankenakte besaß und topfit war. So rettete er unseren Plan und wir konnten erfolgreich unsere Probe in Johannesburg abliefern und die Kampagne beenden.
Fazit: Wie es sich für so ein Szenario gehört gab es Opfer. Einige Städte konnten nicht gerettet werden (wobei es interessanterweise schon wieder Los Angeles erwischte) und viele Menschen mussten sterben – u.a. unser ehrenvoller Kevin. Aber wir haben auch viel geleistet! An erster Stelle stehen die Erfolge im Labor. Doch auch ein Großteil der Städte wurde wieder aufgebaut. Kairo, Frankfurt, New York, Lagos, Sao Paulo blühten geradezu auf. Die Endabrechnung ist sicherlich ein wenig fehlerhaft, da wir bei der letzten Partie im Dezember keine große Lust mehr hatten, die ganzen Schritte bei Partienende durchzuführen. Wir waren glücklich, dass wir ein weiteres Mal die Welt gerettet haben – da waren uns die finalen Punkte ziemlich egal.
Die Story war ganz nett, aber hat mich jetzt nicht so mitgerissen wir bei SEASON 1. Natürlich sind schöne Anspielungen auf COdA enthalten (auch bei den tollen Illustrationen), aber insgesamt war durch die durchmischten Zeitebenen der rote Faden nur schwer erkennbar. Insbesondere nachdem eine längere Pause zwischen einzelnen Partien vorlag, hat man genug damit zu tun gehabt, die Regeln wieder parat zu haben. Da hatte man keinen Nerv mehr, sich auch noch irgendwie in die Geschichte hinein zu fuchsen.
Ich überlege aktuell, was ich mit dem finalen Spielplan machen werde. Ich hätte schon Lust, mir daraus eine Collage zu bauen, die ich dann als Art Wandgemälde aufhänge. Denn immer wenn ich mir den Plan so anschaue, kommen Erinnerungen hoch. Aufgrund der Erfahrungen aus SEASON 1 war ich wesentlich planvoller und habe mehr versucht, im Gesamtzusammenhang zu denken. Deswegen (und wahrscheinlich auch wegen diversen Kartenglücks) waren wir recht erfolgreich und mussten nur wenige Niederlagen in Kauf nehmen. Aber auch so fühlte ich mich am Ende geschafft – sowie traurig und froh zugleich. Traurig, dass nun dieses Erlebnis vorbei war. Doch natürlich auch fröhlich euphorisch, dass wir ein weiteres Mal die Welt gerettet haben!
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