Krakel Orakel von Die 7 Bazis – erschienen bei TOPP
Nein, auf dem Cover von KRAKEL ORAKEL ist nicht Paul abgebildet. Denn die dortige Krakelei zeigt schließlich keine Krake, oder?
Thema... ist nicht vorhanden und wird auch nicht vermisst.
Illustrationen... werden als solche nicht namentlich zugeordnet. Allerdings wird Eva Hook als Gestalterin der Verpackung genannt – und das setze ich nun einfach mal gleich. Ob von ihr nun auch das durchaus stimmige Grafikdesign stammt oder ob dafür andere Personen zuständig waren, das lässt das Impressum der Anleitung offen.
Ausstattung… konzentriert sich auf das Wesentliche. Auf uns warten acht doppelseitige und abwischbare Tableaus mit den dazugehörigen Stiften sowie eine beachtliche Menge an Begriffskarten. Diese zeigen immer zwei Begriffe: einen vermeintlich leichter zu zeichnenden Begriff mit weißem Hintergrund und einen meist deutlich schwerer zu zeichnenden mit schwarzem Hintergrund.
Ablauf… KRAKEL ORAKEL ist ein kooperatives Spiel. Wenn wir alle bereit sind, schauen wir uns den zufällig erhaltenen Begriff an und zeichnen diesen auf unsere Tafel. Dabei dürfen wir allerdings nur an den Stellen einen Strich oder Punkt machen, an denen das Tableau über gestrichelte Linien eine Vorlage liefert. Spielen wir nur zu zweit oder zu dritt, dann müssen wir auf unserer Tafel zwei Begriffe zeichnen.
Sobald wir damit fertig sind (und laut Anleitung nach maximal zwei Minuten), legen wir das Begriffskärtchen verdeckt zurück in die Mitte und mischen dort nun noch Kärtchen dazu, bis wir die doppelte Anzahl an möglichen Begriffen haben. Dann werden die Kärtchen aufgedeckt und nach und nach muss jede Person einen Begriff ausschließen, der nicht gezeichnet worden sein soll. Werden dadurch Begriffe aussortiert, die versucht wurden darzustellen, erhalten wir dafür Minuspunkte.
Das gefällt mir nicht so gut: Es ist schon von Vorteil, dass in der Spielbox von KRAKEN ORAKEL keine Sanduhr oder etwas ähnliches beiliegt. Ansonsten hätten wir noch mehr das Gefühl, gegen die eigentliche Regel zu spielen. Denn die darin festgeschriebene künstliche Zeitbegrenzung von 2 Minuten, für die wir einen Smartphone-Timer nutzen sollen, wird von eigentlichen allen Gruppen als nervig und unnötig bezeichnet. Warum sollen wir noch zusätzlich durch einen Timer gestresst werden? Wir merken auch ohne diesen, dass die anderen warten und fühlen uns dadurch unter Druck gesetzt – zumal früher oder später sowieso entsprechende Kommentare kommen. Und wie sieht das eigentlich im Spiel zu zweit oder dritt aus? Haben wir dort dann nun 4 Minuten Zeit oder auch nur 2 Minuten? Dieser Frage bin ich nicht weiter nachgegangen, da wir ohnehin nicht mehr mit Zeitbegrenzung spielen!
Der Verlag bewirbt KRAKEL ORAKEL als "das Zeichenspiel für alle, die nicht zeichnen können". Das stimmt in gewisser Hinsicht auch. Allerdings ist KRAKEL ORAKEL dennoch nicht für alle gleichermaßen gut geeignet. Denn auch wenn Zeichentalent nur bedingt ausschlaggebend ist, sind nun andere Fähigkeiten gefragt: wie um Himmels Willen soll ich bei den ganzen Linien etwas erkennen, das ansatzweise wie [nun einen passenden Begriff einsetzen] aussieht? Eine nicht zu kleine Gruppe fühlt sich von dieser Frage überfordert. Einige Mitspielende hätten lieber frei entschieden, wie sie bspw. einen Baum zeichnen würden und fühlten sich von den Vorgaben auf der Tafel gegängelt. Stattdessen wird dann gefühlt stundenlang auf die vielen wirren Linien gestarrt und man sieht von außen, wie es im Kopf zu rauchen scheint.
Ein wenig klemmt die finale Auswertungsphase. An für sich ist diese recht zugänglich, weil wir Begriffe ausschließen müssen. Es ist schon deutlich einfacher, in den einzelnen Zeichnungen etwas nicht zu erkennen als genau benennen zu müssen, was wir sehen. Allerdings holpert es dazu in unserem Kopf, weil wir natürlich erst einmal versuchen, die ausliegenden Begriffe in den Zeichnungen zu erkennen. Zusätzlich fühlt es sich ein wenig falsch an, dass wir zwar kooperativ spielen, wir uns aber bei diesem Ausschlussverfahren nicht mit den anderen abstimmen dürfen. Wie viel schöner wäre es, wenn wir doch gemeinsam schon beim Ausschluss miteinander reden dürften und nicht erst nach den einzelnen ganzen Entscheidungen.
Das Material ist zweckdienlich – glücklicherweise haben sich nun bestimmte Stifte etabliert, so dass die schlimmen Schmierorgien der Vergangenheit angehören. Verwundert bin ich aber ein wenig über die Karten. Denn diese biegen sich nach einiger Zeit ganz schön durch. Das stört nicht die Funktionalität, aber den Sinn für Ästhetik. Außerdem scheint das kein Einzelfall zu sein, denn auch bei einem anderen Exemplar habe ich diese Tendenz zum Biegen erkennen können.
Das gefällt mir gut: Ich mit meinem beschränkten zeichnerischen Talent profitiere sehr von den gestrichelten Vorlagen. Mein Problem im Kunstunterricht vergangener Tage lag nicht darin, dass ich mir kein Bild im Kopf vorstellen konnte, sondern dass ich dieses Bild nicht annähernd auf das Papier brachte. Meistens empfinde ich meine Zeichnungen zwar als irgendwie zweckdienlich, aber auch als hässlich – was mich oftmals sehr unzufrieden sein lässt. Bei KRAKEL ORAKEL habe ich nun aber die perfekte Ausrede. Nicht ich zeichne so hässlich, sondern die vorgegeben Linien haben mich dazu gezwungen. Das empfinde ich als befreiend. Allerdings bin ich auch der Typ, der die Grundaufgabe reizvoll findet, aus dem ganzen Gewirr von Linien entsprechende Formen entdecken zu müssen. Mich animieren diese Leitlinien, meine Kreativität zu kanalisieren. Natürlich fluche ich dabei erst einmal gerne vor mich hin, dass nichts passen würde. Aber dann stelle ich mich der Herausforderung. Und überraschenderweise gibt es häufig bei der Auflösung deutlich mehr Übereinstimmungen, als wir das vorher angenommen haben.
Neben der besonderen Aufgabe liegt die große Stärke von KRAKEL ORAKEL in den zu zeichnenden Begriffen. Selbstredend ist die Zuordnung (weißer Hintergrund = leicht und schwarzer Hintergrund = schwer) in manchen Fällen diskutabel, zumal wir auch immer von den Vorlagen auf den Tafeln abhängig sind. Aber oftmals sind die leichten Begriffe bekannte Objekte, während die schwereren Begriffe auch unbestimmte Sachen von uns fordern. Schon ohne die Strich-Vorgaben hätte ich Schwierigkeiten Begriffe wie Macht, Stille oder Traum zu zeichnen.
Auch wenn die Auswertungsphase gerne etwas kooperativer gestaltet sein könnte: die Zeichnungen sorgen für Diskussionen und bleibende Momente. Wie oft wurden schon die Tableaus abfotografiert und deren Fotos unbeteiligten Menschen unter die Nase gehalten, um von denen bestätigt zu bekommen, dass dies doch ein Flamingo oder eine Tastatur wäre. Selten wird die Auflösung einfach nur hingenommen. Meist wird heiß diskutiert, werden die Kunstwerke gelobt und sich selbst auf die Schulter geklopft, wie gut wir doch waren. Ob wir dadurch nun die notwendigen Punkte eingefahren haben oder nicht, wird meist nicht als wichtig erachtet.
Ich war doch sehr skeptisch, ob KRAKEL ORAKEL auch in kleinen Gruppen zündet. Aber da bin ich eines besseren belehrt worden. Selbst als 2‑Personen-Spiel funktioniert es ausgesprochen gut. Einerseits haben wir dann mehr Kontrolle bei der Ausschlussphase, andererseits haben wir nun die Schwierigkeit, zwei Begriffe auf einer Tafel zeichnen zu müssen. Einen Begriff sieht man meist noch recht gut, aber den anderen dort auch noch unterzubringen, ist dann eine echte Herausforderung.
Fazit: KRAKEL ORAKEL hat kleine Schwächen und ist sicherlich nicht so massenkompatibel, wie es der gewählte Untertitel suggerieren möchte. Allerdings ist es schon faszinierend zu erleben, wie auch in diesem Genre immer noch überraschende Neuerungen möglich sind. Die Eingeschränktheit fördert die Kreativität – und über die Ergebnisse wird dann gerne diskutiert.
Titel | Krakel Orakel |
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Autoren | Die 7 Bazis |
Illustrationen | Eva Hook |
Dauer | 30 Minuten |
Personenanzahl | 2 bis 8 Personen |
Zielgruppe | Familienspielrunden |
Verlag | TOPP (eine Marke des frechverlag) |
Jahr | 2024 |
Hinweis | Vielen Dank an den Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars! |
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