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Empfehlung: Medical Mysteries

Medical Mysteries von Nicholas Cravotta und Rebecca Bleau – erschienen im KOSMOS Verlag

Medical Mysteries - Boxen
Bild: KOSMOS Verlag

TV-Seri­en im Kran­ken­haus lie­fern regel­mä­ßig Quo­ten­hits – und das kommt nicht von unge­fähr. Wir hier in Deutsch­land haben noch das Glück gehabt, dass Die Schwarz­wald­kli­nik nur drei Staf­feln umfass­te. Grey’s Ana­to­my kann mitt­ler­wei­le über 400 Fol­gen in 21 Staf­feln sowie zwei zusätz­li­che Spin-Offs vor­wei­sen. Da ist es fast schon über­ra­schend, wie sel­ten die­ses anschei­nend hoch­po­pu­lä­re The­ma in Brett­spie­len ver­wen­det wird. Aller­dings zei­gen die weni­gen Bei­spie­le auch, wo die Pro­ble­me in einer sol­chen Umset­zung lie­gen. Einer­seits sol­len Spie­le unter­hal­ten, ande­rer­seits aber auch sen­si­bel mit dem The­ma umge­hen. Zusätz­lich kön­nen mora­li­sche Dilem­ma ent­ste­hen, die nicht immer ger­ne gou­tiert wer­den. In DICE HOSPITAL kann ich viel­leicht mehr Sieg­punk­te gene­rie­ren, wenn ich gezielt die ein oder ande­re Per­son nicht behan­de­le und mich dafür stär­ker auf ande­re fokus­sie­re. Doch kann ich das machen? Was ist mir wich­ti­ger: das Spiel gewin­nen oder lie­ber im The­ma auf­ge­hen und ver­su­chen, allen zu hel­fen? Die­ses Pro­blem hat MEDICAL MYSTERIES nicht. Denn hier spie­len wir gemein­sam und wir haben ein kla­res Ziel: die ein­ge­lie­fer­ten Pati­en­ten und Pati­en­tin­nen sol­len nicht nur bloß über­le­ben, son­dern am bes­ten lie­fern wir auch noch eine voll­stän­di­ge Dia­gno­se und küm­mern uns auch um das lang­fris­ti­ge Wohl. Doch ich mer­ke, dass ich viel zu nüch­tern unter­wegs bin. Zu viel Schwarz­wald­kli­nik, zu wenig Emer­gen­cy Room. Wie will ich so mein Publi­kum fes­seln? Das muss doch auch anders gehen...

Medical Mysteries - KI-Bild
vom Spie­le­tisch an den OP-Tisch [Quel­le: Leo­nar­do AI]

Blau­licht ertönt, die Tür der Not­auf­nah­me wird auf­ge­ris­sen. Wir sind Frisch­lin­ge auf der Sta­ti­on, sol­len uns nun aber um die neue Pati­en­tin küm­mern. Lehr­schwes­ter Judy steht uns zwar mit Rat (und wenig Tat) zur Hil­fe, aber auch sie kann sich nicht stän­dig um uns küm­mern. Wir müs­sen eigen­stän­dig aktiv wer­den. Also schnap­pen wir uns die Pati­en­ten­ak­te, über­prü­fen die wich­tigs­ten Daten und füh­ren ein ers­tes Ana­mne­se-Gespräch. Doch was nun tun? Wei­ter das Gespräch suchen? Ers­te Tests anfor­dern? Medi­ka­men­te ver­ab­rei­chen? Lie­ber noch eine Fach­ab­tei­lung hin­zu­zie­hen? Das alles kos­tet Zeit – und die­se rennt uns davon. Genau drei Aktio­nen kön­nen wir durch­füh­ren, dann bekom­men wir einen klei­nen Zwi­schen­stand. In der Zwi­schen­zeit kann es aber schon zu Kri­sen gekom­men sein, die uns in Auf­re­gung ver­set­zen. Hät­ten wir doch mal bes­ser in der Aus­bil­dung auf­ge­passt. Glück­li­cher­wei­se haben wir noch eini­ge Über­sich­ten aus die­ser mit auf die Sta­ti­on genom­men. In die­sen schla­gen wir nach, bil­den uns blitz­schnell wei­ter. Was ist das Ergeb­nis eines gro­ßen Blut­bilds? Was ist eine Kryp­to­kok­ken­me­nig­in­tis und wie macht sich die­se bemerk­bar? Kön­nen wir nun pro­blem­los Clari­thro­my­cin ver­ab­rei­chen oder sol­len wir lie­ber ein ande­re Prä­pa­rat anwenden?

So rich­tig den Über­blick haben wir Anfän­ger aber noch nicht. Also ein­fach mal machen und schau­en was pas­siert? Doch Vor­sicht – es kann wirk­lich was pas­sie­ren. Wenn wir zu unbe­darft sind und wir fal­sche Prio­ri­tä­ten set­zen, kann unser feh­ler­haf­ter Ein­satz mit dem Tod der ein­ge­lie­fer­ten Per­son enden. Das nimmt mit und die­se Emo­tio­nen müs­sen aus­ge­hal­ten wer­den. Auch dür­fen wir nicht zu zart­be­sai­tet sein, denn wir bekom­men Sachen zu sehen, die nichts im Kin­der­fern­se­hen zu suchen haben. Aber wir erle­ben auch Geschich­ten. Natür­lich ver­wal­ten wir unse­re Aktio­nen, kreu­zen Sachen ab, machen Noti­zen. Aber wir neh­men auch an der Geschich­te teil. Wir bekom­men Reak­tio­nen der Ange­hö­ri­gen oder der Freun­de. Wir erfah­ren etwas aus dem Leben der uns Anver­trau­ten. Das fühlt sich gut an, weil wir somit rich­tig ein­tau­chen kön­nen. Ja, die Pro­ble­me mit puber­tie­ren­den Teens ken­nen wir und ist es nicht bewun­derns­wert, wie gelas­sen der Sur­fer auf die Schick­sals­schlä­ge reagiert? Wir sind an den Men­schen inter­es­siert. Des­we­gen machen wir viel­leicht auch Über­stun­den, um doch noch der ein oder ande­ren Sache genau­er nach­ge­hen zu kön­nen. Und des­we­gen neh­men wir uns auch die Zeit, in Ruhe den Abschluss­be­richt aus­zu­fül­len, wenn unse­re Schicht endet. Was haben wir ent­deckt? Was raten wir für die Zukunft? Und müs­sen wir noch Infor­ma­tio­nen an ande­re Stel­len wei­ter­ge­ben? Unse­re Pati­en­ten und Pati­en­tin­nen sind kei­ne blo­ßen Fäl­le, die wir stumpf abar­bei­ten. Das sind Men­schen, denen wir hel­fen wollen!

MEDICAL MYSTERIES haucht dem Gen­re der Escape- und Kri­mi­spie­le neu­es Leben ein. Nun ermit­teln wir nicht im Duns­te eines Ver­bre­chens, son­dern wir gehen Krank­hei­ten und Ver­let­zun­gen auf dem Grund. Dafür reicht das all­ge­mei­ne Basis­wis­sen sel­ten aus, wes­we­gen wir die not­wen­di­gen Infor­ma­tio­nen an die Hand bekom­men. Doch wel­che sind davon für das aktu­el­le Pro­blem rele­vant? Wel­cher medi­zi­ni­scher Fähr­te sol­len wir nach­ge­hen? MEDICAL MYSTERIES kon­fron­tiert uns mit Rea­li­tä­ten – zumin­dest füh­len sich die Fäl­le so an. Wir ler­nen etwas über Medi­zin, aber durch die gut geschrie­be­nen Hin­ter­grund­ge­schich­ten auch etwas über die Men­schen. Das ist gro­ßes Kino und nicht ver­staub­te Mattscheibe!

TitelMedi­cal Mysteries
AutorenNicho­las Cra­vot­ta und Rebec­ca Bleau
Illus­tra­tio­nen?
Dau­er45 bis 60 Minu­ten pro Fall
Per­so­nen­an­zahl1 bis 4 Personen
Ziel­grup­peange­hen­de Mediziner:innen aber auch TV-Serien-Junkies
Ver­lagKOSMOS
Jahr2024
Hin­weisVie­len Dank an den Ver­lag für die Bereit­stel­lung
eines Rezen­si­ons­exem­plars!

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