Volt von Emerson Matsuuchi – erschienen bei HeidelBÄR Games
Vor einigen Jahren machte eine Meldung die Runde, dass der Mensch bedingt durch Smartphone & Co angeblich nun eine geringere Aufmerksamkeitsspanne als ein Goldfisch besitzt. Allerdings ist das immer so eine Sache mit diesen Meldungen, die recht unqualifiziert weitergegeben werden. Glücklicherweise gibt es aber immer noch Qualitätsmedien, die solche News richtig einordnen. Was hat das alles mit VOLT zu tun? Gute Frage. Eigentlich wollte ich in der Einleitung darlegen, dass es immer schwieriger wird, Mitspielende von lang dauernden Brettspielen zu überzeugen. So war es früher gefühlt einfacher, bspw. eine epische Runde ROBO RALLY zu spielen. Glücklicherweise gibt es aber genau dafür nun eine echte Alternative für die Fast-Food-Generation: VOLT!
Thema... kennt manch junger Cineast aus Real Steel und manch ältere Techniktüftler aus Robot Wars: statt mehr oder weniger austrainierte Menschen kämpfen nun Roboter im Ring gegeneinander. Aber die sind natürlich nicht frei in ihrem Willen, sondern müssen von außen gesteuert werden. Das geht aber nur per vorausschauender Programmierung – und somit nicht immer gut.
Illustrationen… sind von Annika Brüning und Marina Fahrenbach und kommen im angemessenen futuristischen Look daher. Die Energieblitze strömen in VOLT nur so daher und die Roboter sind eindrucksvoll gefährlich. Schade nur, dass die beiliegenden Minis farbrikgrau daher kommen und mein Anmal-Talent so gering ausgeprägt ist. Wäre dem nicht so, dann hätte ich sicherlich dieses passende Gewand auch auf die Figuren übertragen. Die grafische Gestaltung ist jedenfalls sehr stimmig, was nicht nur an den tollen fiktiven Werbebanden liegt.
Ausstattung… die Roboter-Minis habe ich schön erwähnt. Deren Einsatzgebiet wird durch die Mitbenutzung des Schachtelbodens erzeugt. Dafür werden vier Pfosten an die Ecken eingesteckt und sich für einen von vier Spielplänen entschieden. Ansonsten erhalten alle noch Übersichten, eine kleine Ablage, ein Controller-Tableau sowie jeweils zwei blaue und zwei rote Würfel. Damit die Programmierung geheim bleibt, bekommen alle auch noch einen Sichtschirm. Hat man nun noch die Startnummern, die Siegpunktmarker und die Schadensmarker griffbereit, dann kann ein Trainingsspiel beginnen.
Damit möchte man sich aber nicht lange begnügen. Deswegen kommen im eigentlichen Spiel noch Modul-Karten hinzu, mit denen man die eigenen Roboter modifizieren kann. Und für ganz spezielle Module benötigt man auch noch die kleinen gemeinen Minenmarker.
Ablauf… VOLT ist ROBO RALLY auf Speed. Auf nur noch einem Spielplan versucht man mit dem eigenen Roboter wechselnde Zielfelder zu besetzen. Steht man am Ende einer Runde auf einem solchen, erhält man einen Siegpunktmarker und besitzt damit ein Fünftel des Spielziels. Man erhält aber auch Siegpunktmarker, wenn man gegnerische Roboter zerstört. Diese kann man ganz profan kaputt schießen oder etwas ausgefeilter in Abgründe schubsen.
Bewegungen und Schüsse werden vorher mithilfe der Würfel programmiert. Diese muss man nicht werfen, sondern man kann sich die jeweiligen Werte aussuchen – was natürlich mit Bedacht erfolgen sollte. Außerdem ist es sehr hilfreich, sich schnell zu entscheiden, da sich im Zweifelsfall immer der Roboter zuerst bewegen darf, dessen Programmierung schneller war. Bei den Bewegungen zieht man seinen Roboter entsprechend der Augenzahl orthogonal über das Brett. Für die Schüsse ist die Augenzahl im ersten Moment unerheblich. Da allerdings alle Würfel von kleiner zu großer Augenzahl abgehandelt werden, kann es schon einen Unterschied machen, ob ich den roten Schusswürfel mit einer 1 einstelle (früher Schuss) oder mit einer 6 (später Schuss).
Im vollwertigen Spiel kommen dann noch über Karten Module hinzu, bei denen der Würfelwert ebenfalls maßgeblich sein kann. Beispielsweise kann man sich mit der Steuerdüse nun diagonal fortbewegen, auch wenn dadurch die Reichweite auf maximal drei Felder begrenzt ist. Von diesen Modul-Karten erhält man anfangs zwei Stück. Jedes Mal, wenn man zerstört wird, erhöht sich das Angebot an Karten. Trotzdem darf man weiterhin nur zwei nutzen. Neue Modul-Karten erhält man auch, wenn man die Runde auf einem Werkstattfeld beendet und darauf verzichtet, den eigenen Schaden reparieren zu lassen.
Für geübte Roboter-Lenker wird noch ein Meisterschaftssystem angeboten. Außerdem kann man mit Killbots spielen, damit auch immer genug auf dem Spielplan los ist.
Das gefällt mir nicht so gut: Die Möglichkeit, die Würfel frei nach eigener Vorliebe auf den Wunschwert einzustellen, ist natürlich eine feine Sache für den Planer in mir. Ich fände aber VOLT noch spaßiger, wenn man tatsächlich würfeln müsste. Wir haben das mal ausprobiert. Natürlich war das Spiel noch chaotischer – aber genau das ist doch auch der Anspruch an das Spiel. Durch die aktuelle Regelung kann man in doofe Situationen kommen. Dann gibt man zwar seine Züge ab, weiß dabei aber schon, dass diese Makulatur sein werden. Denn durch die schnellere Programmierung der Gegner wird man mit ziemlicher Sicherheit über den Abgrund geschoben. Bei zufälligen Befehlsvorgaben hätte man immer noch die Hoffnung, dass die Mitspieler keine eins gewürfelt haben und man vorher noch entwischen kann. Aktuell wird der schneller Planende belohnt, was besonders für Mitspielende ein Problem darstellt, die mit der räumlichen Ausrichtung aller Elemente im Kopf zu kämpfen haben. Da Würfel aber zum Schummeln einladen (ich kenne meine Pappenheimer aus ROLL FOR THE GALAXY), müsste man wahrscheinlich eher mit Zahlen-Plättchen arbeiten, die man aus einem Beutel zieht. Aber Bag Buildung ist doch ohnehin ein unterschätztes Spielegenre!
Nicht ganz glücklich bin ich mit der Bestimmung der Orte für die Siegpunktmarker. Diese Orte sind von 1 bis 6 durchnummeriert. Allerdings wird damit keine Reihenfolge angegeben, sondern es werden zufällig Plättchen gezogen und dann dort abgelegt. Mit viel Glück stehe ich schon direkt daneben, mit Pech sind eine Menge Mauern dazwischen, so dass ich in der aktuellen Runde dort niemals hin komme. Wenn ich jetzt aber wüsste, dass danach ein erreichbarer Ort ins Spiel kommt, könnte ich schon planvoll agieren. So ist es allerdings reiner Zufall.
Da ich noch die erste Auflage von VOLT besitze, fehlen mir leider die farbigen Miniaturen-Basen, die ab der zweiten Auflage in der Box enthalten sind. Das ist ein sehr empfehlenswertes Upgrade, da man auf dem ersten Blick die Roboter-Miniaturen nicht immer gut unterscheiden kann. Wie oben schon gebeichtet: ich bin kein Miniaturen-Bemaler und deswegen sind bei mir immer noch alle Roboter aschgrau.
Als alter ROBO-RALLY- Veteran hätte ich mir gerne noch spannendere Spielpläne gewünscht. So ganz ohne Förderband und Pressen fühlt sich der Arena-Untergrund etwas langweilig an. Allerdings kann ich mir gut vorstellen, dass in dieser Hinsicht noch nachgelegt wird. Das erste Promo zum Spiel bringt schon einmal bekanntes Gleitmittel ins Spiel.
Das gefällt mir gut: Bei VOLT gibt es keine lange Anlaufphase. Schon der erste Würfel kann mit einem Laserstrahl für ein gezieltes "Hallo! Schön, dass du da bist!" sorgen. Meist muss auch schon nach der ersten Runde ein Roboter neu gestartet werden. Es gibt also kein echtes Abtasten, das Hauen und Stechen beginnt sofort. Genauso schnell geht eine Partie auch weiter und zu Ende, so dass meist direkt nach mindestens einer Revanche gerufen wird.
Diese Schnelligkeit wird nicht nur durch das begrenzte Spielfeld erzeugt, auch der Programmiervorgang geht meist erfreulich fix. Da lediglich drei Programmierschritte vorzubereiten sind, kommt es selten zu langen Denk-Orgien. Bei ROBO RALLY verfangen sich gerne mal Mitspielende in der Analyse-Paralyse, bei Volt habe ich das nie erlebt – zumal man meist auch gerne die aktuelle Runde beginnen will, weswegen lieber schnell als sorgfältig geplant wird. Das nachfolgende Chaos ist natürlich gewollt.
So richtig Würze kommt übrigens erst durch die Module ins Spiel. Diese sind meist derart selbsterklärend, dass auch Neueinsteiger damit nicht überfordert werden. Deswegen sollte man das Trainingsspiel definitiv auch nur als solches ansehen und recht schnell auf das vollständige Spiel umschwenken. Denn nur dann hat man die Chance, wirklich denkwürdige Spielsituationen hervorzurufen. Wer einmal durch eine fremde Fernsteuerung auf eine selbst ausgelegte Mine gelenkt wurde, der hat ab dann ein echtes Ziel für die nächsten Runden!

Fazit: Nach ROBO RALLY und COLT EXPRESS füllt VOLT eine weitere Lücke im Segment der Aktions-Programmier-Spiele. Denn bei VOLT gibt es sofort eines auf die Mütze und die einzelnen Partien sind knackig kurz. Das Thema passt perfekt zur Spielmechanik und ist glücklicherweise durch den Verlag auch entsprechend überzeugend umgesetzt worden.
Titel | Volt |
Autor | Emerson Matsuuchi |
Illustrationen | Annika Brüning und Marina Fahrenbach |
Dauer | ca. 15 bis 30 Minuten |
Spieleranzahl | 2 bis 4 Spieler |
Zielgruppe | programmierende Familienspieler |
Verlag | HeidelBÄR Games |
Jahr | 2019 |
Ich bedanke mich bei HeidelBÄR Games für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars. Ich bin mir sicher, dass durch diese Bereitstellung meine Meinung nicht beeinflusst wurde. Die Besprechung spiegelt meine gemachte Erfahrung wider.
Hallo Tobias,
vielen Dank für die tolle Review. Ich freu mich immers sehr, wenn nicht nur die Regeln wiedergegeben werden.
Zu ein paar Punkten aus meiner natürlich völlig unerheblichen Entwicklersicht:
INI 1: Ich wähle sie eigentlich nur auf der Tokiomap, da es ansonsten oft darauf ankommt mit der letzten Bewegung einen Gegner vom Siegpunkt in die Tonne zu stopfen. In Tokio will ich dagegen schnell da sein, da ich nur diagonal geschubst geschubst werden kann mit speziellen Modulen.
RR-Maps: Wir haben lange sehr viele Ideen der RR-Maps getestet. Gerade die berühmten Laufbänder führten dazu, dass man mehr gegen die Map kämpft als gegen die anderen Robots. Die Killbots stellen etwas ähnliches zur Verfügung, was man z.B. auf yucata mit der tollen Umsetzung von Henning Dudat ausprobieren kann. Sie agieren ähnlich wie das Monster von Friedemann, haben aber etwas mehr drauf – hoffe ich.
Würfeln: Ich habe es oft erlebt, dass Spieler beim ersten Spiel einfach würfeln und dann einsetzen. Ich hab es auch probiert, fühle mich dann aber total hilflos. Wichtig beim Balancieren der Module war mir, dass es eigentlich immer einen Ausweg gibt, für einen bedrohten Spieler am Anfang einer Runde und ein Risiko am Ende. Emerson hat das dadurch erzeugt, dass die Bewegung bei gleicher Augenzahl vor dem Schießen kommt. Eigentlich gibt es nur den Schwenkkopf, der einen mit einer roten 1 auch dann immer treffen kann, wenn man sich vorher ein Feld bewegt unter der Bedingung, dass die Robots direkt benachbart stehen.
SP-Platzierung: Du kannst als Hausregel natürlich einfach am Anfang einer Runde bereits den SP für die nächste Runde aufdecken.
Drehung und Breakpoints: Für mich waren der spannendste Punkte von der ersten Edition von Volt gegenüber RR, dass die Drehung der Bots keine Rolle spielt und selbst Anfänger dadurch so gut wie keine ungewollten Fehler bei der Programmierung machen, neben der Konzentration auf den Kampf. Dazu kam bei unserer Neuauflage, dass man seine Programmierung während der Ausführung anpassen kann, wenn man die richtigen Module hat. Das war wiederum das Einzige, was mich an Colt Express interessiert hat, dort aber auf Grund der sehr reduzierten Topologie meist verpufft.
So genug geschwätzt. Besser noch 'ne Runde auf yucata zocken. Mein nick ist da: kongo
Für mich war das
Dann kann ich nur "Danke" sagen für die gewährten Einblicke!