Die Blutige Herberge von Nicolas Robert erschienen bei Pearl Games

Thema... ist schwarzhumorig morbide. Warum als Räuber noch in dunklen Wäldern auf Reisende warten, die man dann ausraubt und unter die Erde bringt? Im Wald, da ist es doch nur kalt, nass und langweilig. Darum also lieber eine Herberge gründen, in der es nicht nur warm und trocken ist, sondern zu der auch ganz automatisch die Reisenden kommen. Nun muss noch überprüft werden, wen es sich zum umbringen lohnt. Und natürlich muss auch noch die Leiche fachgerecht entsorgt werden.
Ich kann verstehen, dass dieses Thema nicht jeden direkt anspricht. Etwas neues ist es auch jeden Fall!
Grafik... ist von Weberson Santiago und auch etwas neues. Ich bin jetzt kein Kunstexperte und kann deswegen den Stil nicht einordnen. Surreal? Expressionistisch? Auf jeden Fall anders – und sehr passend zum Thema. Ich hätte wohl größere Probleme, das Thema spielerisch anzugehen, wenn die Karten in einem realistischen Stil à la Michael Menzel gezeichnet wären. So geht man mit den Personen auf eine gewisse Distanz und hat trotzdem echte Charaktere vor Augen. Wirklich sehr gute Grafik und nicht ohne Grund zum Graf Ludo nominiert.
Material... ist einem Kartenspiel angemessen. Neben den Karten gibt es noch einen zentralen Spielplan, ein paar Holzscheiben und einige Stanzteile. Nichts, was es heraus zu heben gäbe.
Ablauf... ist gar nicht so einfach in kurzen Worten zu beschreiben. Erst hab ich mich ein wenig über die Regel geärgert, da sie mir unnötig kompliziert erschien. Beim Erklären fiel mir dann auf, dass es gar nicht so einfach ist, knapp und präzise zu erklären. Jeder Spieler hat zwei Aktionen zur Verfügung und kann damit entweder neue Handkarten aufnehmen (die am Ende der Runde aber Geld kosten), einen Anbau durchführen, einen Reisenden umbringen oder einen Umgebrachten fachgerecht zu begraben. Um diese Aktionen durchzuführen, muss ich Handkarten abgeben, wovon man in der Regel zu wenige hat – bzw. man will sie nicht abwerfen, da man sie anderweitig noch gut gebrauchen kann. Denn die meisten Karten haben einen Vorteil, wenn man sie in der entsprechenden Phase ausspielt (man bekommt sie nämlich auf die Hand zurück). So möchte ich gerne "Killer" behalten, da ich mit ihnen Leute um die Ecke bringen kann. Aber irgendwann muss ich die Personen auch unter meinen Anbauten begraben – und dafür muss ich eben Handkarten abgeben. Zusätzlich gibt es noch einige schöne Kniffe. Die Umgebrachten sollten zeitnah begraben werden. Denn sitzen am Ende der zwei Züge noch Polizisten in der Herberge, dann gibt es Ärger mit herumliegenden Toten. Auf der anderen Seite kann man auch darauf hoffen, dass die Polizisten selbst zu Opfern werden, so dass man es mit dem Begraben doch nicht so eilig haben muss. Gut, wer hier seine Mitspieler richtig einschätzen kann. Man kann seine Toten auch in fremden Anbauten begraben – muss dann aber die Beute teilen. Auf der anderen Seite kann man so seinen Mitspielern wertvolle Plätze auch verbauen. Denn es ist noch so eine Gemeinheit eingebaut: Die Geldleiste (=Siegpunkte) ist gedeckelt. Ist die 40 voll, dann kann ich nicht mehr bekommen. Damit es nicht so weit kommt, kann ich auch auf eine Kartenaktion verzichten und über Geldwäsche Geld in Schecks anlegen und die Leiste wieder herunterklettern. Aber wer verzichtet schon gerne auf Aktionen?
Die Chance auf einen Zweiteindruck... ist hoch – allerdings wohl nur in einer Runde, die die satirische Herangehensweise an das Thema zu schätzen weiß. Aufgrund der verwobenen Mechanik ist es aber auch kein schnelles Spiel für eine lustige Gruppe, sondern schon eher für Freunde komplexerer Spiele. Gut gefallen hat mir, dass auf den Karten sowohl die Aktion mit Symbolen wie auch mit einem beschreibenden Text versehen sind. Für das erste Spiel waren die Texte hilfreich – bei Folgepartien sollte die Symbolik für einen flüssigeren Spielverlauf sorgen.
Wichtiger Hinweis: Dies ist ein Ersteindruck nach einer gespielten Partie! Sehr subjektiv und durchaus auch abhängig von Tageslaune, Mitspielern und sonstigen Einflüssen. Bei grundsätzlichem Interesse empfehle das Lesen "richtiger" Rezensionen oder noch besser: ausprobieren!
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