Expedition von Wolfgang Kramer erschienen bei Amigo

Brettspielpoetin Sonja hat die Frage aufgeworfen, ob der aktuelle Trend in der Brettspielbranche nicht "Neuerscheinungen" sind. Je länger ich darüber nachdenke, umso mehr würde ich die Frage eher mit "Nein" beantworten. Denn meiner Meinung nach sind Neuerscheinungen, Jubiläums-Editionen, Re-Themes usw. kein neuer Trend, sondern sie sind eigentlich ein dauerhaftes Muss für Verlage. So wollen und sollen erfolgreiche Spiele (-familien) gehegt und gepflegt werden. Insbesondere der Amigo-Verlag macht das schon seit Jahren sehr umtriebig und scheinbar auch erfolgreich (ich möchte gar nicht die vielen verschiedenen Versionen von 6 NIMMT! oder WIZARD in meinem Regal zählen). So ist es nicht verwunderlich, dass auch EXPEDITION bei Amigo eine neue Heimat gefunden hat (als Neuauflage vom 1996er EXPEDITION bei Queen Games bzw. vom 2005er EXPEDITION NATIONAL GEOGRAPHIC bei Ravensburger).
Thema... Die Spieler schlüpfen "in die Rolle eines reichen Unterstützers, der es sich zum Ziel gesetzt hat, möglichst viele eindrucksvolle Orte zu besuchen und Informationen für die Wissenschaft zu sammeln." Klingt jetzt etwas hochtrabend. Im Endeffekt ist es ein Reisespiel, dieses Mal haben die zu besuchenden Orte den Schwerpunkt Abenteuer, Entdecker und Mythen.
Grafik... ist von Marc Margielsky, den ich zugegebenermaßen noch gar nicht auf dem Schirm hatte. Aber der gute Mann hat nicht nur EXPEDITION toll illustriert, sondern scheint auch außerhalb der Brettspielszene sehr vielfältig unterwegs zu sein. Das gesamte Artwork bei EXPEDITION mit ganz viel Sepia gefällt mir zumindest richtig gut.

Ausstattung... auffallend dabei sind die Expeditionspfeile aus Plastik in drei Farben (die kennt man schon aus den Vorgänger-Versionen). Ansonsten sind neben dem vielfach gefalteten Spielplan (diese Falterei ist der erfreulich kompakten Spielbox geschuldet) noch eine Menge Karten sowie Ortsmarker und Reisetickets aus Pappe enthalten. Alles in gewohnt guter Amigo-Qualität.
Ablauf... nachdem jeder Spieler eine bestimmte Anzahl an Expeditionskarten (= Karten, auf denen Orte benannt sind) bekommen hat, gilt es nun dafür zu sorgen, dass diese eigenen Orte auf der Strecke der drei Expeditionen liegen. Sprich: im Laufe des Spiels müssen die Orte Teil des Wegenetzes der aneinandergereihten farbigen Pfeile sein (die Farben symbolisieren jeweils eine Expedition). Damit dies möglich wird, haben die Spieler drei Optionen:
- ein Pfeil legen
- aussetzen und ein Reiseticket nehmen
- bis zu zwei Reisetickets einsetzen
Der Clou bei den Pfeilen ist die Pfeilspitze (ist das jetzt philosophisch?) Denn dadurch ist eine Strecke nur in einer Richtung nutzbar und die neuen Pfeile müssen an diese anschließen (natürlich mit dem Pfeilende). So ist eine Expedition nur an einem Ort verlängerbar (anders als Schienennetze wie bspw. bei TRANS AMERICA). Die Folge ist, dass auch mal Schleifen gelegt werden müssen, wenn die lieben Mitspieler andere Pläne für die jeweilige Expedition hatten. Durch die Reisetickets kann man allerdings auch Pfeile wieder vom Plan nehmen (oder einen zweiten Pfeil legen, Expeditionskarten tauschen oder Expeditionskarte ablegen, falls an dem dazugehörigen Ort schon mindestens ein Expeditionspfeil liegt). Endet ein Pfeil nicht an einem Ort sondern im Meer, dann kann man entweder sofort einen zweiten Pfeil legen oder man bekommt ein Reiseticket.
Das Spiel endet, wenn ein Spieler die letzte Expeditionskarte von seiner Hand ablegt – wobei eine laufende Runde noch zu Ende gespielt wird. Hier ist noch eine Besonderheit zu erwähnen. Am Anfang bekommt man erst Karten, die offen ausgelegt werden und somit für jeden sichtbar sind. Erst dann bekommt man noch Handkarten – und diese sind für das Einläuten des Spielendes von Bedeutung. Hier kann also durchaus ein wenig taktiert werden.

Die Chance auf einen Zweiteindruck... ist durchaus gegeben. EXPEDITION ist ein grundsolides Familienspiel. Es ragt nicht aus der Masse heraus, aber auf dem Esstisch darf ja auch mal gerne Hausmannskost aufgetischt werden. Die Idee mit den Pfeilen finde ich klasse, da man hier seine Mitspieler schon ganz schön ins Leere laufen lassen kann. Allerdings haben diese durch die Reiseticket auch wieder Möglichkeiten, sich aus dieser Bredouille zu befreien, so dass lediglich kleine Gemeinheiten ausgehalten werden müssen. Und sind wir mal ehrlich: kleine Gemeinheiten wecken doch erst die Emotionen am Spieletisch! 😯
Nochmals loben möchte ich die kompakte und schön Ausstattung. Besonders gut hat mir gefallen, dass auf den Karten ein kleiner Text über den Ort vermerkt ist. Man kann also durchaus noch etwas lernen beim Spielen. EXPEDITION ist in meinen Augen ein richtig gutes Familienspiel – und davon kann es eigentlich nicht genug geben.
Wichtiger Hinweis: Dies ist ein Ersteindruck nach wenigen gespielten Partien! Sehr subjektiv und durchaus auch abhängig von Tageslaune, Mitspielern und sonstigen Einflüssen. Bei grundsätzlichem Interesse empfehle das Lesen "richtiger" Rezensionen oder noch besser: ausprobieren!
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