Coralia von Michael Rieneck – erschienen bei Huch!
Okay, so langsam sollte uns allen klar sein, dass dieses Jahr eher Balkonien angesagt ist als irgendwelche Inselwelten in der Karibik oder im Pazifischen Ozean. Wer also unbedingt bunte Fische, Korallen und allerlei bizarre Meeresbewohner sehen will, der muss sich neu orientieren. Für alle mit einer Badewanne zu Hause kann ich einen ungewöhnlichen Tipp geben: taucht doch nach den tollen bunten Würfeln aus CORALIA. Die sind wasserbeständig und sehen schon auf dem Spielplan toll aus.
Thema... als Meereswissenschaftler untersuchen wir ein Korallenriff vor der Küste einer alten Pirateninsel. Mit im Gepäck haben wir ganz viele sechsseitige Tauchroboter in verschiedenen bunten Farben. Diese schicken wir nach und nach unter Wasser und hoffen damit allerlei neue Erkenntnisse zu gewinnen – und mit etwas Glück sogar alte Piratenschätze zu heben. CORALIA hat somit ein eher ungewöhnliches Thema. Aber das fordern wir doch immer wieder. Um so schöner, wenn es, wie in diesem Fall, mit einem gewissen Augenzwinkern präsentiert wird.

Illustrationen… sind von Miguel Coimbra und erinnern nicht nur vom Thema ein wenig an seine Mitarbeit an DEEP BLUE. Das Unterwassergebiet ist eindrucksvoll in Szene gesetzt und am oberen Rand thront erhaben die alte Insel – das hat schon was! Nur die Meeresbewohner kommen mir etwas zu Disney-haft daher (Nemo lässt grüßen).
Ausstattung… hat keine bunten Fische zu bieten, sondern stattdessen ganz viele bunte Würfel. Der Rest ist allerdings weniger wasserbeständig. Denn sowohl die unterschiedlichen Punktekarten sowie die verschiedenen Pappmarker der Schatztruhen und Schildkröten sollte man nicht in die Badewanne mitnehmen – vom Spielplan und den Kurzübersichten ganz zu schweigen. Selbst die Forschungsstation, die als Würfelauswahl-Hilfe dient, ist aus Pappe und hält keinem Tauchgang stand.
Ablauf… am Anfang einer Runde wirft man vier Würfel und sucht sich davon einen aus. Diesen Würfel legt man dann auf das entsprechende Feld des Spielplans und führt die zugehörige Aktion aus. Meist bedeutet dies, dass man Punktekarten auf die Hand nimmt, manchmal darf man sich aber auch Schildkröten oder Schatzkisten nehmen, die sofort einen Bonus ausschütten.
Je länger die Partie dauert, um so öfter kann es vorkommen, dass schon alle Würfelfelder besetzt sind. Als Notaktion legt man dann einen Würfel auf die Insel und bekommt – Überraschung – wieder eine Punktekarte. Diese gibt es in drei Kategorien und werden am Spielende unterschiedlich abgehandelt.
Das ist alles bekannte Hausmannskost. Lediglich die Sache mit den vier Würfeln am Anfang der Runde ist etwas außergewöhnlich. Denn man erhält immer die drei restlichen Würfel vom Vorgänger-Spielzug. Hat man nun schon eine oder mehrere Schildkröten bei sich ausliegen, dann kann man sich aus diesem speziellen Angebot Würfel für die Auswahl sichern. Danach nimmt man aus dem Vorrat einen neuen Würfel und wirft alle zur Verfügung stehenden Sechskanter – in der Hoffnung, dass diese danach bitte schön die erhoffte Seite anzeigen.
Das gefällt mir nicht so gut: In CORALIA ist man schon ziemlich dem Glück ausgeliefert. Den größten taktischen Einfluss hat man lediglich bei der Wahl der Würfelfarbe am Anfang des Zuges. Alles andere müssen die Würfel richten. Was bringt es mir, wenn ich mir zu Beginn vornehme, auf Fische zu spielen, wenn diese nie von mir gewürfelt werden? Somit lebt man eigentlich nur von der Hand in den Mund. Man würfelt und schaut, ob man diese Würfel überhaupt ablegen kann. Anfangs hat man meist noch ein wenig Auswahl. Gegen Spielende freut man sich, wenn man überhaupt noch eine Wahl hat – unabhängig davon, was die Würfelseiten überhaupt zeigen.
Aber selbst wenn man Glück mit den gewürfelten Ergebnissen hat, muss man selbiges noch beim Karten nachziehen haben. Zieht man hier nur Nieten, dann hat man sich zu früh gefreut. Entsprechend begehrt sind die Einsetzfelder, bei denen man sicher seine Punkte bekommt. Noch gefragter sind zu Anfang die Schildkröten. Einerseits durch den meist lukrativen Bonus, andererseits aber noch mehr aus dem Grund, dass man damit am Ende etwas flexibler mit den Würfeln agieren kann. Doch wie erlangt man Schildkröten? Richtig, durch Glück!
Mit dem Material bin ich nicht zu hundert Prozent zufrieden, zumal für keine vernünftige Aufbewahrungsmöglichkeit (bspw. Zipptüten oder ein Inlay) gesorgt wird. Die bunten Würfel sind Oberklasse und echte Hingucker! Auch die Holzfiguren sind wertig und insbesondere die Kraken laden zum Zweckentfremden ein. Allerdings ist die Kartenqualität eher dürftig und ich fand es auch befremdlich, dass bspw. die Spielplanversätze am Rand auf die falsche Seite geklappt wurden. An die mehrsprachigen, aber jeweils nur einmal in der Muttersprache vorhandenen, Kurzanleitungen habe ich mich mittlerweile bei Huch! gewöhnt. Ich bin da tolerant und praktisch veranlagt: so kann ich jedenfalls mein Englisch und Französisch auffrischen. Aber manch Mitspielende fanden diese Begrenztheit ärgerlich. Ich empfinde die Kurzanleitungen eher vom Aufbau verbesserungswürdig. Denn diese Beiblätter sind ein kurze Regelzusammenfassung und keine ausschließlich begleitende Spielhilfe. Bei diesem Element wurde meiner Meinung nach aber die Chance verpasst, darüber einzelne Symbole auf den Karten zu erklären, wofür man nun immer wieder zur Anleitung greifen muss.

Das gefällt mir gut: Wie schon beschrieben, ist der eigene Einfluss eher gering. Viele andere Spiele bieten einem insbesondere heutzutage mehr Entscheidungsfreiheiten. Trotzdem habe ich CORALIA nie als spielerische Enttäuschung wahrgenommen. Es ist – um bei der Wasserthematik zu bleiben – nun einmal eher ein seichtes Familienspiel, womit man aber durchaus seinen Spaß haben kann.
Vor allem beim entspanntem Spiel mit jüngeren Kindern oder unerfahrenen Spielenden konnte CORALIA mit dem Thema, aber auch mit der Aufmachung punkten. Das Spielprinzip ist leicht verstanden und die grafische Gestaltung unterstützt gut die einzelnen Mechaniken. Gut finde ich dabei, dass bei den etwas komplizierteren Regeln zur Krake und den Tauchern gar nicht erst versucht wurden, diese krampfhaft in eine Symbolsprache zu übersetzen. Für diese Sonderfälle kommt dann die erklärende Spielhilfe zum Einsatz.
Fazit: Ich gebe zu, ich hatte mir von CORALIA etwas mehr erhofft. Die bezaubernden Würfel üben zwar eine große Anziehungskraft aus und auch die restliche Gestaltung hat mich sehr angesprochen. Aber um auch spielerisch dauerhaft begeistern zu können, fehlt mir etwas Fleisch auf den Gräten.
Titel | Coralia |
Autor | Michael Rieneck |
Illustrationen | Miguel Coimbra |
Dauer | 30 bis 45 Minuten |
Spieleranzahl | 2 bis 4 Spieler |
Zielgruppe | würfelnde Familienspieler |
Verlag | Huch! |
Jahr | 2019 |
Ich bedanke mich bei Huch! für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars. Ich bin mir sicher, dass durch diese Bereitstellung meine Meinung nicht beeinflusst wurde. Die Besprechung spiegelt meine gemachte Erfahrung wider.
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