Sky Team von Luc Rémond – erschienen im KOSMOS Verlag
Es soll Menschen geben, für die Spiele mehr sein sollen als ein paar Karten, Würfel, Spielfiguren. "Das ist alles Kinderkram und nicht das richtige Leben!" Und es soll Menschen geben, die unter Flugangst leiden und sehr viel Geld für Seminare ausgeben, die ihnen diese Angst nehmen sollen. Könnten solche Menschen vielleicht in SKY TEAM einen gemeinsamen Nenner finden?
Stellen wir uns vor, Senior Cabin Crew Member Konstantin nutzt SKY TEAM zukünftig für seine Flugangst-Intensivseminare, um die angespannte Stimmung vor dem obligatorischen Übungsflug aufzulockern. Wie würde er wohl seine Einführung ausarbeiten? Vielleicht folgendermaßen...
Wir haben nun auch den zweiten Teil des Theorie-Blockes abgeschlossen. Nachdem wir Sie am Vormittag über die Arten von Angst und deren Entstehung unterrichtet haben und Sie nun auch noch einiges über die Flugsicherheit und Technik gelernt haben, steht bald als nächste Punkt dieses Seminars an: der Übungs-Rundflug. Wir wissen, wie heikel das für manche von Ihnen ist. Sie haben eine Menge Geld gezahlt und Sie haben teilweise einen sehr weiten Weg auf sich genommen, um nun hier zu sein. Und jetzt sind Sie vielleicht trotz der ganzen Informationen unsicher.
Müssen sie aber gar nicht sein. Denn auch wenn so ein Cockpit beeindruckend voll von Hebeln und Instrumenten ist: im Grunde ist Fliegen gar nicht so schwer. Das wollen Sie mir nicht glauben? Dann lassen Sie es uns doch direkt hier in dieser kleinen Pause ausprobieren. Wir haben jetzt 15 bis 20 Minuten Zeit und ich habe hier ein Spiel dabei, SKY TEAM, das Ihnen zeigen wird, wie selbst unter widrigen Umständen eine sichere Landung gelingen wird.
Wir bilden dazu 2er-Teams. Eine Person ist der Pilotin und die andere der Co-Pilot. Als Pilotin müssen Sie dafür sorgen, dass rechtzeitig das Fahrwerk ausgefahren und die Bremse für den Haltevorgang aktiviert wird. Die Aufgabe des Co-Piloten besteht darin, die Landeklappen auszufahren und Funkkontakt mit dem Tower zu halten – was aber natürlich auch der Pilotin möglich ist. Durch das Funken sorgen Sie dafür, dass andere Flugzeuge nicht mehr in ihrem Landekorridor sind und somit ein freies Flugfeld auf Sie wartet. Zusätzlich müssen Pilotin und Co-Pilot gemeinsam dafür sorgen, dass die Maschine die richtige Geschwindigkeit aufweist und am Ende des Landevorgangs die Achse des Flugzeugs horizontal gleichmäßig ausgerichtet ist.
Allerdings ist SKY TEAM keine Simulation, sondern ein Spiel. Auch deswegen wird ein Zufallselement benötigt. All diese notwendigen Aktionen werden nämlich durch Würfel ausgelöst – und die Augenzahl des Würfels bestimmt die Stärke der Aktion. Wenn ich die Maschine mit einer 4 nach links neige, dann benötigen wir auch eine 4 auf der anderen Seite, um wieder ausgeglichen zu sein. Lege ich eine 6 auf das Triebwerk, dann fliege ich schneller als wenn ich dort eine 1 hingelegt habe. Das ist eingängig und erklärt sich fast von selbst. Ebenso ist sofort ersichtlich, wie ich die Schalter aktiviere. In die dortige Ausbuchtung lege ich den Würfel mit der angezeigten Augenzahl.
Anfangs sprach ich von „widrigen Umständen“. Die kommen nun ins Spiel. Während einer Spielrunde dürfen nämlich Co-Pilot und Pilotin nicht miteinander reden. Beide würfeln hinter ihrem Sichtschirm und kommunizieren dann nur noch über die abgelegten Würfel miteinander. Keine Angst, das ist im wahren Leben natürlich anders. Wobei, wenn man eine Crew beim Landeanflug beobachtet, dann wird man überrascht sein, wie viel Automatismen dort ablaufen. Dann wird nur das Nötigste miteinander gesprochen, weil sich voll auf die Landung konzentriert wird. Es wird in kurzen Worten besprochen, was ansteht und dann werden routinemäßig die notwendigen Handgriffe getätigt. Somit ist dieses kurzzeitige Redeverbot nicht völlig unrealistisch. Zusätzlich stärkt das auch das Einfühlvermögen der Handelnden. Ständig gilt es zu hinterfragen, was ich mit meinem abgelegten Würfel mitteile bzw. was die andere Person vielleicht zu sagen hat, ohne reden zu dürfen. Sie werden sehen: in den Zwischenphasen der einzelnen Runden wird ganz viel miteinander gesprochen, weil dann das Leid geklagt werden muss, wie man mit den Würfelergebnissen umgehen musste. Und weil die nächsten Aktionen durchgesprochen werden wollen.
Die Würfel sind also der Motor des Spiels. Aber wir sind ihnen nicht gänzlich ausgeliefert. Denn wir haben auch die Möglichkeit, die Würfelwerte zu verändern, wenn wir im Vorfeld ausreichend Kaffee gekocht haben. Da hat sich der Autor einen schönen Scherz erlaubt, der später noch verstärkt wird. Später? Wenn Sie die einfache Übungsstrecke zum Flughafen Montreal-Trudeau erfolgreich absolviert haben, dann wird Ihnen noch etliches Material für andere Strecken an die Hand gegeben. In einzelnen Szenarien können wir dann dem Wind von Rio de Janeiro, der Eiseskälte von Keflavík oder dem dichten Flugverkehr von Heathrow strotzen. Dabei ist als kleines Modul auch ein Praktikant im Cockpit integriert, der alle Handgriffe durchführen kann – nur ausgerechnet Kaffee kochen darf er nicht!
Aber keine Angst, mit diesen optionalen Modulen wollen wir Sie nun gar nicht antreten lassen. Wir wollen schließlich nur, dass Sie sich mit dem Gefühl des Fliegens vertraut machen können. Und Sie werden einiges wiederfinden, was wir eben im Technick-Themenblock vorgestellt haben. Denn die Gestaltung des Materials finde ich sehr passend gewählt. Das Spielbrett hat etwas von einem echten Cockpit mit den umzulegenden Schaltern und der Anzeige der X‑Achse des Flugzeugs. Okay, manchmal kann es auch etwas fuddelig werden, wenn Sie keine grazilen Finger besitzen. Aber allein die kleinen Kaffeetassen oder Flugzeuge sind schon eine Augenweide. Und ich rechne es dem Verlag hoch an, dass weitestgehend auf Kunststoff verzichtet wurde. Ohnehin kann die redaktionelle Arbeit nur gelobt werden, was durch viele kleine Details sichtbar wird.
Doch ich schweife ab und will Sie gar nicht länger von einer Partie abhalten. Und wenn sie keine Partnerin oder Partner finden: Sie können das Ganze auch problemlos als kleine Gruppe spielen. Dann sitzen vielleicht zwei oder drei Personen hinter einem Sichtschirm und beraten zusammen, wie sie nun ihre Würfel legen. Das macht auch viel Spaß, weswegen Sie sich nicht all zu sehr von der Bezeichnung "Spiele für 2" abschrecken lassen sollten. So wünsche ich Ihnen nun viel Spaß und viel Erfolg. Und passen Sie auf, dass Sie den anschließenden Übungs-Rundflug nicht verpassen. Denn SKY TEAM kann einen regelrechten Rausch erzeugen. Waren wir erfolgreich, wollen wir gleich ein neues Ziel ausprobieren. Und scheiterten wir, dann waren es einerseits die bösen Würfel und andererseits wissen wir nun, was wir besser machen können.
| Titel | Sky Team |
|---|---|
| Autor | Luc Rémond |
| Illustrationen | Eric Hibbeler und Adrien Rives |
| Dauer | 15 bis 20 Minuten |
| Personenanzahl | 2 Personen |
| Zielgruppe | kooperative Gedankenlesende |
| Verlag | KOSMOS |
| Jahr | 2024 |
| Hinweis | Vielen Dank an den Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars! |



















Manchem Erstspieler wird es leichter fallen, wenn man den ersten Testflug mit "Beratung" absolviert, d. h. Hinweise werden ausgetauscht. Insbesondere bei unterschiedlichen "fliegerischen" Fähigkeiten empfehle ich dies nach eigener Erfahrung. Selbst für eine zweite Durchführung des leichtesten Kurses war es hilfreich.
Mit dem Fortschritt beim fliegerischen Verstehen, kann das Schweigen während eines Zuges den Reiz und die Herausforderung steigern. Das sollte ab dem dritten Versuch etwa gelingen.
Mich haben meine ersten Flugversuche zum Wiederholen gereizt.
Dieses ist das erste kooperative Spiel, das mich wirklich überzeugt hat und dem ich den Titel "Spiel der Jahres" (2024) als angemessen gönne.